Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein Staatsbürger von Albanien, der am 22. Dezember 1997 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 29. Dezember 1997 die Gewährung von Asyl. Er wurde am selben Tag und am 2. Jänner 1998 niederschriftlich einvernommen.
Die Behörde erster Instanz gab die Angaben des Mitbeteiligten in ihrem unter anderem den Asylantrag abweisenden Bescheid vom 23. Juli 1998 folgendermaßen wieder:
"Sie seien immer als Kraftfahrer beschäftigt gewesen. Von August 1993 bis Dezember 1996 hätten Sie z.B. als solcher bei der Firma Shqiponja gearbeitet. Von Jänner 1997 bis Oktober 1997 seien Sie als privater Taxifahrer selbstständig gewesen - im Zuge dessen hätten Sie auch Journalisten chauffiert. Ihr Fluchtgrund stehe mit Ihrer Beschäftigung bei der Firma Shqiponja im Zusammenhang.
Ziel der Firma Shqiponja sei von Gründung an die Stärkung des Budgets der Demokratischen Partei Albaniens gewesen. Abgeordnete dieser Partei seien Eigentümer der Firma gewesen. Gemeinsam mit einem Arbeitskollegen, mit dem Sie bei der Firma Minergoimpeks beschäftigt gewesen seien, hätten Sie im August 1993 zur Firma Shqiponja gewechselt. Sie seien Kraftfahrer für den Präsidenten dieser Firma gewesen, und zwar Mitro CELA, der auch Abgeordneter sowie Leiter der Wirtschaftsabteilung der Demokratischen Partei Albaniens gewesen sei. Die Firma sei mit Treibstoffschmuggel und dem Brechen des Embargos gegen die Bundesrepublik Jugoslawien befasst gewesen. Dies sei tatsächlich die Haupttätigkeit der Firma gewesen. Später sei diese Angelegenheit von den Abgeordneten der Sozialistischen Partei aufgegriffen worden, nämlich, dass diese Firma - die der Demokratischen Partei nahestehe - das Embargo breche.
Im September 1995 habe Mitro CELA seine Funktion als Präsident der Firma zurückgelegt und habe Tritan SCHEHU diese übernommen. Sie aber hätten es abgelehnt, der Chauffeur von Tritan SCHEHU zu sein. Daher habe man Sie dem Konsulenten der Firma Shqiponja, und zwar Saimir KADIU, zugeteilt. Dieser sei darüber hinaus auch Finanzdirektor des Gesundheitsministeriums gewesen.
Im Dezember 1995 - Sie korrigierten auf 1996 - seien Sie von KADIU mit der Begründung, dass Sie für Ihre Beschäftigung bei der Firma nicht die Voraussetzungen erfüllen würden, entlassen worden.
Seit Jänner 1997 seien Sie auf Grund Ihrer bisherigen Tätigkeit bei der Firma Shqiponja immer wieder Belästigungen und Beleidigungen ausgesetzt gewesen.
Befragt, wie oft Sie in welcher Zeit von wem und auf welche Art und Weise belästigt bzw. beleidigt worden seien, gaben Sie an:
Am 03.02.1997 sei jemand von der Demokratischen Partei zu Ihrem Taxi gekommen und habe Sie aufgefordert, sich ins Parteibüro zu begeben. Sie hätten dieser Aufforderung auch Folge geleistet. Shaban MEMIA - Sekretär der Demokratischen Partei - habe Ihnen gegenüber dann erklärt, dass Sie jenes Wissen, was Sie über die Firma Shqiponja hätten, nicht weitergeben dürften, anderenfalls Ihr Leben in Gefahr sei. Sie hätten vorerst daran gedacht, diesen Vorfall bei der Polizei anzuzeigen, hätten schließlich aber davon Abstand genommen, zumal die Polizei von dieser Partei eingesetzt worden sei.
Eines Tages im März 1997 seien Sie auf dem Nachhauseweg von drei Personen niedergeschlagen worden. Eine dieser Personen hätten Sie von der Demokratischen Partei gekannt. Sie hätten sich in der Folge drei Tage zu Hause aufgehalten und diesen Vorfall danach dem Chef des Rayons, und zwar Herrn Lutzim SALLAKU, gemeldet. Er aber habe Ihnen gegenüber erklärt, dass Sie auf Grund Ihrer Tätigkeit bei der Firma Shqiponja damit rechnen müssten, zumal Sie nunmehr als Fahrer für Journalisten - u.a. der BBC - tätig gewesen seien. Es sei demnach klar gewesen, dass von Seiten der Polizei keine Maßnahmen für Ihren Schutz getroffen werden würden.
Zwei bis drei Tage später hätten Sie Genc KATROSHI, einen Kraftfahrer, der zum damaligen Zeitpunkt für die Firma Shqiponja gearbeitet habe, getroffen. Seinen Angaben zufolge sei er ebenfalls solchen Belästigungen ausgesetzt. Im April/Mai 1997 sei die Firma aufgelöst worden.
Nach dem Vorfall im März 1997 sei es immer wieder zu Drohungen gekommen. Genc KATROSHI hätten Sie bis zum Vorfall Ende April 1997 mehrmals getroffen; auch er sei solchen Vorfällen ausgesetzt gewesen.
Befragt, um welche Drohungen es sich gehandelt habe, auch, durch wen, sagten Sie aus:
Solche Drohungen seien von Leuten der Demokratischen Partei ausgesprochen worden. Es habe sich um Drohungen gegen Ihr Leben gehandelt, auch, um Beschimpfungen gegen Ihre Familie. Derartige Drohungen seien auf der Straße ausgesprochen worden. Es habe sich um Provokationen gehandelt. Die Leute seien bewaffnet gewesen. Sie hätten diese vom Sehen her gekannt, zumal Sie selbst für diese seinerzeit gearbeitet hätten. Diese Vorfälle hätten sich innerhalb dieses Monats etwa sieben- bis achtmal zugetragen, d.h., etwa alle drei Tage.
Ende April 1997 hätten Sie eine Gruppe von Journalisten sowie einen Dolmetscher - vier Ausländer und einen Dolmetscher - zum Amt des Präsidenten in Tirana gefahren. Vor dem Hotel Rogner seien Sie von zwei Polizeiautos - in denen Zivilbeamte gesessen seien - zum Anhalten gezwungen worden. Mit den Worten "Wieder bist Du da, wir suchen Dich" seien Sie aus dem Auto gezogen worden. Ca. zehn Personen hätten dann auf Sie eingeschlagen und eingetreten, und zwar mit Pistolen und Fäusten. Auf Grund der Schläge hätten Sie das Bewusstsein verloren und habe man Sie ins Krankenhaus gebracht. Glaublich 24 Stunden hätten Sie kein Bewusstsein gehabt. Erst im Krankenhaus seien sie erwacht. Nach der Ohnmacht seien Sie noch etwa zweieinhalb Tage im Krankenhaus aufhältig gewesen. Ihr Vater und Ihr älterer Bruder hätten Sie aber zweieinhalb Tage nach Erwachen aus der Ohnmacht mit nach Hause genommen, zumal die Bedingungen im Krankenhaus zum damaligen Zeitpunkt sehr schlecht gewesen seien.
Befragt, ob Sie im Zuge des oben angeführten Vorfalles auch offene Wunden erlitten hätten, antworteten Sie, ja, an der Nase, vermutlich durch einen Faustschlag.
Befragt, ob diese Wunde ärztlich versorgt worden sei, führten Sie an, sich nicht erinnern zu können, zumal Sie vorerst bewusstlos gewesen seien. Vielleicht sei im Krankenhaus eine Klammer zur Versorgung der Wunde verwendet worden. Zum Zeitpunkt des Verlassens des Krankenhauses hätten Sie einen Verband an der Nase getragen, in weiterer Folge noch drei Tage. Im Anschluss daran sei Ihnen dieser Verband in der Ambulanz in jenem Stadtviertel, in dem Sie gewohnt hätten, abgenommen worden, ebenso die Klammer.
Mitte Mai 1997 seien Sie dann von Ihrem Vater und Ihrem älteren Bruder zu Ihrem Onkel mütterlicherseits nach Vlora gebracht worden und hätten Sie sich dort bis Ende Juli 1997 aufgehalten. In dieser Zeit hätten Sie keinerlei Schwierigkeiten gehabt, da nur Ihrer Familie der Aufenthaltsort bekannt gewesen sei und hätten sich darüber hinaus dort viele Verwandte aufgehalten, von denen Sie bewacht worden seien.
Nachdem die Sozialistische Partei die Wahlen gewonnen habe, hätten Sie sich Ende Juli 1997 wiederum nach Tirana zu Ihrer Familie begeben.
Befragt, ob Sie bis zu Ihrer Flucht im Dezember 1997 noch irgendwelche Probleme gehabt hätten, sagten Sie aus, ja, und zwar bis Oktober 1997, danach hätten Sie sich wieder versteckt gehalten.
Mitte August 1997 hätten Sie neuerlich Genc KATROSHI, und zwar in seiner Wohnung in Tirana, getroffen und ihn gefragt, ob er noch irgendwelchen Belästigungen ausgesetzt sei. Er habe erwidert, dass er Anrufe erhalten und auch Leute der Demokratischen Partei zur Türe kommen würden.
Ende August 1997 hätten Sie sich dann an den Abgeordneten der Sozialistischen Partei - Anastas ANGJELI - gewandt, um ihn von Ihren Problemen in Kenntnis zu setzen. Seinen Angaben zufolge hätten jene, die bei der Firma Shqiponja gearbeitet hätten, keine Chance mehr, in Albanien zu leben. Sie hätten ihm entgegnet, lediglich als Kraftfahrer für diese Firma tätig gewesen zu sein und hätten Sie mit den Dingen dieser nichts zu tun. Er aber habe erwidert, dass 'der große Fisch den kleinen fresse'. Seine Partei könne im Moment nichts gegen die Leute der Demokratischen Partei unternehmen, da diese wiederum Abgeordnete seien. Lediglich später könnte etwas gegen diese unternommen werden.
Auf Grund seiner Worte hätten Sie jede Hoffnung verloren und gesehen, dass es für Ihr Leben keine Garantie mehr gegeben habe. Sie hätten sich daher Anfang September 1997 um eine Vorsprache bei dem Kommandanten der Sondereinsatztruppe der Polizei - und zwar bei Artan DIDI - bemüht und diesem Ihr Problem dargestellt, auch, dass Sie nicht gedenken würden, Albanien zu verlassen. Seinen Angaben zufolge könne er das Leben von niemandem sicherstellen. Es sei für ihn schon schwierig, sein eigenes Leben sicherzustellen.
Sie hätten jede Hoffnung verloren. In der Folge hätten Sie die elterliche Wohnung kaum mehr verlassen. Darüber hinaus sei dort ständig der ältere Bruder anwesend gewesen. Weil Sie die Wohnung nicht verlassen hätten, hätten Sie bis zur Flucht im Dezember 1997 auch keinerlei Probleme mehr gehabt.
Befragt, warum Sie die Flucht erst im Dezember 1997 ergriffen hätten, antworteten Sie, dass Sie Albanien ursprünglich nicht verlassen, sondern abwarten hätten wollen.
Befragt, warum Sie dann Albanien verlassen hätten, führten Sie an, dass Ihnen am 06.10.1997 das Auto gestohlen worden sei. Sie hätten sich zur Polizei begeben, doch hätte man Ihnen dort gesagt, dass Ihnen dies recht geschehe.
Am 22.10.1997 hätten Sie von der Ermordung Genc KATROSHI erfahren. Von der Demokratischen Partei - auch vom Präsidenten selbst - sei behauptet worden, dass KATROSHI von Leuten der Sozialistischen Partei ermordet worden sei, obwohl dies nicht den Tatsachen entspreche.
Befragt, durch wen Sie davon Kenntnis erlangt hätten, gaben Sie an, dass Freunde Ihnen das gesagt hätten. Es sei allgemein bekannt, dass solche 'Schläger' der Demokratischen Partei solche Morde durchführen würden. Bei diesen 'Schlägern' soll es sich um Nordalbaner handeln.
Nachdem Sie von der Ermordung KATROSHI erfahren hätten, hätten Sie sich zu Ihrem Onkel väterlicherseits nach Durres begeben, dort bis zu Ihrer Flucht versteckt aufgehalten und dadurch auch keine Probleme gehabt."
Die Behörde erster Instanz sprach dem Mitbeteiligten die Glaubwürdigkeit ab. Sie stützte sich hiebei auf Widersprüche, insbesondere zwischen Angaben des Mitbeteiligten in der niederschriftlichen Einvernahme bzw. gegenüber dem ärztlichen Sachverständigen, und auf das Ergebnis des ärztlichen Sachverständigengutachtens. In der dagegen erhobenen Berufung wendete sich der Mitbeteiligte im Wesentlichen gegen die Wertung seiner Angaben als unglaubwürdig. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (Erlassung durch mündliche Verkündung am 29. Oktober 1998) gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten statt und gewährte ihm gemäß § 7 AsylG Asyl. Die belangte Behörde stellte gemäß § 12 AsylG fest, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Die belangte Behörde erhob die vom Bundesasylamt in dessen Bescheid "im Wesentlichen vollständig und richtig" wiedergegebenen Angaben des Mitbeteiligten anlässlich seiner niederschriftlichen Vernehmung zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Nach Wiedergabe des Inhalts der Berufung legte die belangte Behörde den Gang des Berufungsverfahrens dar.
Nach einer ersten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung sei der Mitbeteiligte aufgefordert worden, "einen vorbereitenden Schriftsatz" beizubringen. Die belangte Behörde habe einen Sachverständigen bestellt, "der als Journalist neben seiner Sprachkundigkeit regelmäßig für albanische Zeitungen arbeitet", und deshalb "beste Kenntnisse des albanischen Wirtschaftsraumes ... und eine weitgehende Kenntnis des politischen Alltages im Heimatland des Asylwerbers" habe. In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung sei das schriftliche Gutachten des Sachverständigen durch dessen Einvernahme ergänzt und seien die vom Mitbeteiligten vorgelegten Beweismittel, insbesondere über seine medizinische Behandlung im Krankenhaus Tirana und danach erörtert worden. Weiters sei in die im Entscheidungszeitpunkt gegebene politische Lage Albaniens durch Berichte (z.B. Kronen Zeitung, 17. Oktober 1998) "Einsicht genommen" worden. Die belangte Behörde erkannte den Angaben des Mitbeteiligten nunmehr Glaubwürdigkeit zu.
Die belangte Behörde stellte folgenden Sachverhalt fest:
"1) Der Asylwerber war in seiner Heimat immer Kraftfahrer, arbeitete vorerst bei der Firma Minergoinex, und wechselte August 1993 zusammen mit einem leitenden Angestellten und einem Kollegen zur Firma Shqiponja.
Hier war er als Kraftfahrer des Präsidenten des Unternehmens eingeteilt und hat das Schicksal des Unternehmens bis 1996 verfolgt, bis er von dem neuen Vorstand entlassen wurde.
Dies ergibt sich aus dem glaubwürdigen Einvernahmeergebnis des Asylwerbers und zum Teil aus der Botschaftsbestätigung ./A des Aktes.
2) Der Asylwerber war zwar selbst nicht politisch tätig (war auch im Wesentlichen nur als Chauffeur, fallweise als Geldbote bzw. für Botenfahrten eingesetzt) bekam aber im Rahmen seiner Tätigkeit als Chauffeur, sei es aus Gesprächen der Passagiere - (da das verwendete Fahrzeug keine Trennungsvorrichtung zwischen Fahrgastraum und Chauffeur hatte) zum Teil aus Gesprächen (auch mit Autotelefonen bzw. Handy) - aber auch aus Beobachtungen während der Wartezeiten nicht nur die tatsächliche Geschäftstätigkeit des Unternehmens mit, sondern war mit vielen hochrangigen Funktionären der demokratischen Partei Albaniens hiebei konfrontiert, die in der Geschichte Albaniens eine Rolle gespielt haben.
Dies ergibt sich aus der glaubwürdigen Einvernahme des Asylwerbers.
3) Er war auch für die Abholung von ausländischen Gästen, im Zusammenhang mit der Tätigkeit dieses Unternehmens zuständig (die zum Teil mit Privatflugzeugen eingeflogen wurden).
4) Die Resolution 757 des UN Sicherheitsrates aus dem Jahre 1992 sah, in Verbindung mit den Kampfhandlungen (insbesondere in Bosnien und Herzegowina), ein Embargo gegen Restjugoslawien (BR Jugoslawien) vor - amtsbekannter Weise hat es Embargobrüche gegeben.
Dies ergibt sich aus dem eingesehenen und erörterten Text der UN-Resolution in Verbindung mit der Amtskenntnis.
5) Es ist sogar der Mission der RP Albanien bei den internationalen Organisationen in Wien bekannt, dass Zeitungsberichten zufolge in diese Embargobrüche, die Firma Shqiponja verwickelt war.
Es ist der Vertretung auch bekannt, dass der Asylwerber Angestellter dieses Unternehmens war und, dass ein anderer, ebenfalls bei diesem Unternehmen angestellter Fahrer (Kostroci), ermordet wurde.
Dies ergibt sich aus der vom Asylwerber vorgelegten Originalbestätigung, der Mission der RP-Albanien bei internationalen Organisationen in Wien, dem Sachverständigengutachten des Mag. MISHA Gjergj und den glaubwürdigen Einvernahmeergebnissen des Asylwerbers bzw. seiner Erklärung in Form eines vorbereitenden Schriftsatzes.
6) Die Firma Shqiponja war in Schmuggelaffären verwickelt und wahrscheinlich eine der Hauptträgerorganisationen des Embargobruches und ist auf Grund eines Gesetzes über politische Parteien aus dem Jahre 1991, als Parteifirma der damals regierenden, demokratischen Partei, im Handelsregister des Erstgerichtes der Hauptstadt Tirana eingetragen worden.
Die Embargobrüche (insbesondere gewerbsmäßiger Treibstoffschmuggel) wurden von der Opposition in Albanien und der Presse aufgegriffen und somit die persönlichen Zusammenhänge zu einzelnen Politikerpersönlichkeiten der damals regierenden demokratischen Partei aufgezeigt bzw. thematisiert.
Insbesondere aus der Treibstoffverschiebung ist von Umsätzen in Höhe von mehreren Millionen US-Dollar die Rede.
Das Unternehmen wurde in der Folge unter höchst merkwürdigen Umständen mit einem Konkurs geschlossen.
Die neu an die Macht gekommene sozialistische Regierung hat die Vorgänge um dieses Unternehmen zum Anlass genommen, eine Änderung der Gesetze über wirtschaftliche Tätigkeiten der politischen Parteien zu fordern, wozu es letztlich nicht kam, da auch auf sozialistischer Seite ein ähnliches (wenn auch nicht so ausgeprägtes) Unternehmen gegeben war, wo es auch kriminelle Machenschaften (Veruntreuungen öffentlicher Gelder - allerdings nicht in diesem Ausmaß) gab.
Diese Bestrebung auf Änderung gesetzlicher Grundlagen verlief dann in der albanischen Tagespolitik im Sande.
Diese Feststellung ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Mag. Misha, zum Teil in Verbindung mit den glaubwürdigen Aussagen des Asylwerbers.
7) Die Autorität der Regierung Albaniens ist in jenen Tagen nicht gegeben gewesen und auch nach wie vor in Albanien nicht im erforderlichen Umfang gegeben - politische Querelen zeichnen den Alltag aus.
Insbesondere sind Schmuggel und Zollvergehen an der Tagesordnung, der Zoll selbst ist bestechlich, die albanische Polizei arbeitet mit Gangsterbanden zusammen.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Artikel (in Verbindung mit Gutachten Mag. Misha) mit dem vielsagenden Titel:
'Sind die Albaner reif für einen eigenen Staat?', 17.10.1998, Kronen Zeitung.
8) Bei der Tätigkeit des genannten Unternehmens, war eine so hochgradige Verflechtung wirtschaftlicher Interessen einer Partei und persönliche Interessen von Politikern gegeben, dass extrajudizielle Gewalt, in diesem Zusammenhang glaubwürdig erscheint.
Hiezu die Feststellung des Sachverständigen Mag. Misha: 'Wenn es um Verletzung von Wirtschaftsinteressen, Aufdeckung von Geheimnissen in diesem Bereich geht, dann wird auch nach meinem Kenntnisstand klar, dass die Rechnung auf der Straße ausgetragen wird.
Ich möchte bemerken, dass die mir im übermittelten Aktenauszug bekannt gewordenen, vom Asylwerber genannten Namen auch hinsichtlich der Funktion und ihrer Zuordnung nach meinem Kenntnisstand richtig sind.'
Diese Feststellung gründet sich auf dem Ergebnis der ergänzenden Einvernahme des Sachverständigen in der Berufungsverhandlung (in Form eines wörtlichen Zitates) sowie den glaubwürdigen Aussagen des Asylwerbers.
9) Der Asylwerber hat nach seiner Entlassung aus dem Unternehmen (vor Zusammenbruch desselben) versucht, sich eine neue Existenz (als Taxifahrer) aufzubauen, wurde jedoch einerseits mit der Vergangenheit befasst und aufgefordert über alles Stillschweigen zu bewahren, wurde ferner auch (gleich anderen Personen aus demselben Firmenbereich) bedroht.
Zumindest eine dieser Personen verstarb auf ungeklärte Weise.
Dies ergibt sich aus der Amtsbestätigung der albanischen Vertretungsbehörde in Verbindung mit glaubwürdigen Aussagen des Asylwerbers.
10) In Verbindung mit Beförderung von BBC-Journalisten (im Rahmen seiner nachmaligen Tätigkeit als Taxifahrer) kam es in der Folge zu einem Vorfall mit der Polizei, bei welchem der Asylwerber von der Polizei zusammengeschlagen wurde, wobei das Bewusstsein des Asylwerbers zumindest stark beeinträchtigt wurde.
Zu diesem Zeitpunkt war die BBC stark am albanischen Geschehen interessiert.
Die BBC nahm - ohne zu wissen bei wem es sich beim konkreten Taxifahrer handelt - die Dienste des Asylwerbers in Anspruch, weil er eine besondere, seltene KFZ-Type (Kombibus) hatte, wovon es wenige Taxis in Tirana gibt.
Diese Feststellungen ergeben sich aus der informativen Befragung des Sachverständigen in der Verhandlung vom 29.10.1998 und glaubwürdigen Schilderungen des Asylwerbers.
11) Genaue Vorgangsweise der Misshandlung des Asylwerbers durch mehrere Polizisten, die genauen Folgen und der genaue Krankheitsverlauf, kann nicht mehr mit absoluter Sicherheit festgestellt werden.
Es ist jedoch festzustellen, dass dieser Zeitabschnitt exakt mit dem gänzlichen Zusammenbruch des Staates Albanien zusammenfällt, von welchem auch die medizinische Infrastruktur Krankenhaus und Ambulanzbetrieb in starkem Ausmaß betroffen war."
Daran schließen Feststellungen über die Art der bei der Misshandlung durch albanische Polizisten Ende April 1997 erlittenen Verletzungen an. Die belangte Behörde setzt fort:
"13) Nach seiner Misshandlung hoffte der Asylwerber in der Folge, dass die Änderung der politischen Verhältnisse (durch den erdrutschartigen Wahlsieg der sozialistischen Partei) auch für ihn Ruhe in sein Leben bringen würde.
Er verblieb in Albanien, wandte sich in der Folge an einen sozialistischen Abgeordneten und einen Kommandanten der Sondereinsatztruppe der Polizei, die ihm jedoch keine Sicherheit bieten konnte, sondern ihn vielmehr auf die Gefährlichkeit seiner Situation aufmerksam machten.
Als die Polizei ihm auch nach Diebstahl seines Taxis nicht half, sondern ihn verhöhnte und er zu alldem erfuhr, dass sein Arbeitskollege von der Firma Shqiponja (mit gleichem Kenntnisstand) ermordet wurde, versteckte sich der Asylwerber in der Folge und floh schließlich nach Österreich."
Nach allgemeinen rechtlichen Ausführungen begründete die belangte Behörde sehr ausführlich, warum sie den Angaben des Mitbeteiligten Glaubwürdigkeit zuerkenne.
In rechtlicher Sicht kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass dem Mitbeteiligten auf Grund der als Chauffeur der Firma Shqiponja erfahrenen Kenntnisse der kriminellen Machenschaften dieser "Firma" politische Verfolgung drohe. Sie begründete diese Ansicht im Wesentlichen folgendermaßen:
"Wenn daher eine Vielzahl von Politikern (Anm.: der demokratischen Partei), die ihre Macht mit dem Sturz der demokratischen Partei verloren haben, persönliche Konfrontation, Bloßstellung, Aufdeckung, allenfalls sogar gerichtliche Verfahren durch die Aufarbeitung aller Vorkommnisse der Firma Shqiponja, zu fürchten haben, wenn für diesen Personenkreis feststeht, dass sogar gegen den politischen Erzfeind der sozialistischen Partei ein Putsch versucht wurde, dieser jedoch endgültig misslungen ist, wenn feststeht, dass alle diese Sachverhalte möglicherweise in Untersuchungen polizeilicher, gerichtlicher Art, in fortlaufender Medienbefassung, möglicherweise parlamentarischer Befassung, bis hin zu einem Thema in der nächsten Wahlauseinandersetzung eine Bedeutung haben werden, so ist klar, dass Mitwisser (insbesondere politisch nicht zuordenbare) gefährdet erscheinen, insbesondere wenn diese - und sei es aus der Zufälligkeit des persönlichen Schicksals - in Verbindung gebracht werden mit ausländischen Kamerateams, die sich um die Ereignisse in Albanien besonders bemüht haben (wie dies bei der BBC der Fall war).
Denn eines ist nach dem Selbstverständnis und dem Ehrenkodex des Balkan klar - wie auch immer man mit dem Erzfeind im eigenen Land umgeht, welche Verhältnisse auch immer durch eigenes Unvermögen im Lande herrschen - im Ausland würde man das nie zugeben.
Ein jeder, der dem Ausland hierüber ernst zu nehmende Information liefert, ist (oft sogar über verfeindete Grenzen hinweg) ein 'Verräter'.
Daher ist aus diesem Szenario insbesondere mit der belastenden Kenntnis um die Vorgänge der Firma Shqiponja, andererseits aber zumindest mit gleichem Gefahrenpotential auf Grund der Kenntnis der seinerzeit handelnden Personen, eine latente Verfolgungssituation bzw. auch objektive Gefahr für den Asylwerber -sowohl im Fluchtzeitpunkt als auch noch heute - gegeben.
In dieser Betrachtung ist dann eigentlich die im konkreten Zusammenhang mit Chauffeurleistungen für ein ausländisches Fernsehteam erlittene Misshandlung nur mehr von sekundärer (allerdings selbstständig Verfolgung indizierender) Bedeutung.
Dass die Misshandlung eine doch schwerere war, dass nebst objektiven Merkmalen eine Bewusstseinsbeeinträchtigung gegeben war, konnte eindeutig festgestellt werden.
...
Wenn all dies vom Sachverständigen, einem Kenner der politischen insbesondere wirtschaftspolitischen Situation, als glaubwürdig bezeichnet wird, wenn bescheinigt wird, dass alle vom Asylwerber aufgezählten handelnden Personen tatsächlich in diesen Zusammenhängen gearbeitet haben und tätig waren, wenn auch die Bedrohungssituation indirekt durch das Sachverständigengutachten bestätigt wird und feststeht, dass diese unrühmliche Zeit der albanischen Geschichte noch lange Zeit nachwirken wird, so ist letztlich dies die wesentliche (entscheidungstragende) Grundlage dafür, dass die Berufungsbehörde nicht nur im Fluchtzeitpunkt - wo der Asylwerber endgültig erkannte, diesem Teufelskreis zumindest im Heimatland nicht mehr zu entkommen, sondern mit Verfolgung persönlicher Art gegen ihn auf Grund seiner persönlichen Kenntnisse rechnen musste und diese nicht zuletzt auf Grund der bereits erlittenen Misshandlung, als eine schwere Furcht empfinden musste - von Bedeutung, sondern auch die Tatsache, dass diese ungeklärten Verhältnisse, ohne dass dieser Geschichtsabschnitt hinreichend bereits aufgeklärt, verarbeitet und gesellschaftspolitisch bewältigt wäre, nach wie vor (auch im Bescheidzeitpunkt) noch aufrecht sind und daher auch in diesem Zeitpunkt eine persönliche Verfolgungsgefahr für die Person des Asylwerbers gegeben ist.
Wie auch immer die geschichtliche Verantwortung dafür ausschauen wird - gerade im Zeitraum nach der Misswirtschaft der Demokraten und vor dem Regierungsantritt der Sozialisten (über deren Regierungszeitraum eine Beurteilung noch nicht möglich ist) - gibt es einen Abschnitt des gänzlichen Zusammenbruches aller staatlichen Systeme in Albanien.
In diesen Zeitpunkt fallen die Misshandlungen des Asylwerbers, seine aus medizinischer Sicht nur notdürftigste Spitalsversorgung und mit irgendwelchen unzulänglichen Mitteln zu Hause durch wahrscheinlich sogar unkompetente medizinische Kräfte fortgeführte Behandlung.
...
Aus den genannten Gründen war daher aus politischen Gründen (unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es für eine politische Verfolgung nicht erforderlich ist, selbst eine politische Gesinnung zu haben - sondern es genügt, wenn die Verfolgung durch politische Motivation indiziert ist) eine Verfolgung des Asylwerbers anzunehmen.
Dies weil eben der Asylwerber vermöge seinen besonderen Informationen, die er - nolens volens -, als Chauffeur mitbekam, letztlich zu einem Geheimnisträger wurde und als potentielle Gefährdung der weiteren vitalen Lebensinteressen von Politikern, aber auch einer nach wie vor nach der Macht strebenden Parteien in Albanien erkannt wurde.
All dies in Verbindung mit der Tätigkeit in einer, diese Partei finanzierenden und unter Einfluss deren Mandatare und Exponenten stehenden Unternehmung, welche ihre unglaublichene Einkünfte und Umsätze aus verbotenen Geschäften (zum Teil sogar in Widerspruch zu den Zielen der Völkergemeinschaft unter Verletzung von ausdrücklichen UN Resolutionen) bezog."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres gemäß § 38 Abs. 5 AsylG (zur Entscheidung über den der Beschwerde folgenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird auf den Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 99/01/0246, verwiesen).
Der Beschwerdeführer begründet die Beschwerde im Wesentlichen folgendermaßen:
"Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen vermögen die von ihr vorgenommene Subsumtion, der Asylwerber sei auf Grund dieser Feststellungen als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anzusehen, nicht zu tragen:
Die belangte Behörde scheint ohne weiteres davon auszugehen, dass jede Nachstellung der eine Person ausgesetzt ist und an der ein 'Politiker' (im weitesten Sinn des Wortes) in irgendeiner Form beteiligt ist, 'politische Verfolgung' darstellt. So führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (25, letzter Absatz) aus: 'Aus den genannten Gründen war daher aus politischen Gründen (unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es für eine politische Verfolgung nicht erforderlich ist, selbst eine politische Gesinnung zu haben - sondern es genügt, wenn die Verfolgung durch politische Motivation (!) indiziert ist) eine Verfolgung des Asylwerbers anzunehmen.'
(Ausgedrückt wollte wohl werden, dass die Verfolgung aus politischen Gründen erfolgte, nicht, wie hier formuliert ist, aus politischen Gründen eine Verfolgung anzunehmen ist.)
Diese Meinung ist jedoch unzutreffend. Im gegenständlichen Fall mögen zwar 'Politiker' daran interessiert gewesen sein, dass ein bestimmtes Wissen, das der Asylwerber während seiner Berufsausübung zwangsläufig erworben hatte, von diesem nicht preisgegeben wird. Dieses Interesse war (den Feststellungen der belangten Behörde folgend) jedoch nicht politisch sondern kriminell motiviert. Der beteiligte Personenkreis wollte verhindern, dass sein verbrecherisches Handeln publik würde und deshalb Zeugen bedrohen und einschüchtern. Wenn ein 'Politiker' seine Ehefrau aus Eifersucht ermordet und dann versucht, einen Mitwisser zu beseitigen, wird dieser durch die Qualität seines Verfolgers dennoch nicht zum Verfolgten auf Grund seiner politischen Gesinnung im Sinne des Art. 1 GFK, wie dies die belangte Behörde jedoch annimmt."
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter politischer Gesinnung (oder Anschauung) als Ursache eines drohenden Eingriffes wird von der herrschenden Lehre
Folgendes verstanden:
"Politisch ist in diesem Sinne alles, was auf die staatliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Ordnung und ihre konkrete sachliche und personelle Ausgestaltung bezogen ist, alles, was 'der Staat gegen sich, seine Ordnung, seinen Bestand, eventuell seine Legitimität gerichtet erachtet' (vgl. Walter Kälin, Grundriß des Asylverfahrens 1990, Seite 98 mwN)."
Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Kommentar 1999, Seite 255, Rz 408, setzt nach Zitierung der Definition Kälins fort:
"Anders könnte man formulieren: Politisch ist alles, was für den Staat für die Gestaltung bzw. Erhaltung der Ordnung des Gemeinwesens und des geordneten Zusammenlebens der menschlichen Individuen in der Gemeinschaft von Bedeutung ist. Maßfigur ist in diesem Zusammenhang der potentielle Verfolgerstaat. Was für den einen Staat 'politisch' ist, muss es für den anderen nicht sein. Dass hier der Verfolgerstaat als Maß heranzuziehen ist, liegt daran, dass einem Staat, welcher das tägliche Leben 'verpolitisiert', im Bereich des politischen Überhanges keine zusätzlichen - sozusagen gebilligten - Verfolgungsursachen zur Verfügung stehen dürfen, und eine Person einem daraus drohenden Eingriff nicht ungeschützt ausgeliefert sein darf."
Bereits aus diesen Definitionen ist die Berechtigung der Beschwerde zu ersehen. Denn kriminelle Machenschaften von Politikern, die sich nicht mehr an der Macht befinden, die darauf abzielen, Mitwisser früherer (wirtschafts-)krimineller Taten dazu zu bringen, ihr Wissen nicht preiszugeben, können schon aus dem Grund nicht unter Verfolgung wegen (allenfalls auch unterstellter) politischer Gesinnung angesehen werden, weil Kriminalität und Folgehandlungen zu deren Vertuschung nicht der "Erhaltung der Ordnung des Gemeinwesens und des geordneten Zusammenlebens der menschlichen Individuen in der Gemeinschaft" dienlich anzusehen ist.
Die belangte Behörde geht davon aus, dass dem Mitbeteiligten Gefahr seitens Mitgliedern der demokratischen Partei drohe, die nach "erdrutschartigem Wahlsieg" der Sozialisten "ihre Macht verloren haben", und deren Putsch (Anm.: im September 1998) "endgültig misslungen" sei. Die in der Gegenschrift geäußerte Meinung, die Demokraten hätten auf Gemeindeebene und in vergleichbaren Instanzen noch immer die Macht, steht demnach mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides nicht im Einklang.
Die Verflechtung von Politikern einer nicht mehr an der Macht befindlichen Partei (Anm.: die Sozialisten sind nach ihrem Wahlsieg im Juli 1997 auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides an der Regierung) mit kriminellen Machenschaften und die davon ausgehende Gefahr für "Mitwisser" ist grundsätzlich daher nicht geeignet, als Verfolgung aus Gründen der politischen Gesinnung angesehen werden zu können. Durch die fehlende "einflussreiche Stellung" der Mitglieder der demokratischen Partei unterscheidet sich gegenständlicher Fall wesentlich von dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierten hg. Erkenntnis vom 6. März 1996, Zl. 95/20/0204.
Die belangte Behörde lässt bei der ausführlichen Befassung mit dem polizeilichen Übergriff aus Ende April 1997 und dessen Folgen den im Juli 1997 erfolgten Machtwechsel außer Acht. Der Übergriff erfolgte also zu einem Zeitpunkt, als die demokratische Partei noch an der Macht war; dass nach der Machtübernahme durch die Sozialisten im Juli 1997 durch die Behörden des Heimatstaates überhaupt weitere Verfolgungen gedroht hätten, hat der Mitbeteiligte im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Er hat sich sogar selbst zur Polizei begeben und um Hilfe ersucht. Diese Hilfe wurde ihm nicht etwa deshalb verweigert, weil die sozialistische Partei die Machenschaften von Mitgliedern der demokratischen Partei decke, sondern die sozialistische Partei "im Moment nichts gegen die Leute der demokratischen Partei unternehmen" könne, "da diese wiederum Abgeordnete seien, lediglich später könne etwas gegen diese unternommen werden" (Anm.: es ist allgemein bekannt, dass gegen den Vorsitzenden der demokratischen Partei, Sali Berisha, und einen anderen Abgeordneten im September 1998 Anklage wegen der Organisation einer illegalen Demonstration erhoben wurde, und dieser Klage weitere Schritte der sozialistischen Partei zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern der Demokratischen Partei folgten). Daraus zeigt sich, dass die nunmehrigen Machthaber im Heimatstaat des Mitbeteiligten die Machenschaften der Politiker der Demokratischen Partei nicht decken wollten, sondern grundsätzlich gewillt wären, etwas dagegen zu unternehmen. Daher liegt auch aus dieser Sicht keine dem Mitbeteiligten drohende Verfolgung aus Gründen der politischen Gesinnung vor.
Nach den Feststellungen der belangten Behörde droht dem Mitbeteiligten Verfolgung durch Mitglieder der Demokratischen Partei ausschließlich zwecks Vertuschung deren kriminellen Machenschaften. Fehlt es aber an einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe, so kann grundsätzlich auch dahingestellt bleiben, ob der Heimatstaat des Beschwerdeführers in der Lage wäre, ihm Schutz zu gewähren.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 16. September 1999
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)