Spruch:
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. August 2001 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines russischen Staatsangehörigen, gegen den seinen Asylantrag zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Jänner 2001 gemäß § 4 AsylG abgewiesen.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 2001, Zl. VH 2001/20/0360, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer gemäß § 61 VwGG die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. August 2001. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer für Wien bestellte daraufhin mit Bescheid vom 9. Oktober 2001 (dem Verfahrenshelfer zugestellt am 20. November 2001) den nunmehr als Vertreter des Beschwerdeführers einschreitenden Rechtsanwalt zum Verfahrenshelfer.
Dieser erhob am 21. Dezember 2001 gegen den vorangeführten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und berief sich dabei auf seine Bestellung zum Verfahrenshelfer. Der Verfassungsgerichtshof wies diese Beschwerde mit Beschluss vom 25. Februar 2002, B 1709/01, (dem Verfahrenshelfer nach seinen Angaben zugestellt am 28. März 2002) als verspätet zurück, weil keine Rechtsvorschrift bestehe, welche die gemäß § 61 VwGG iVm § 464 Abs. 3 ZPO eintretende Wirkung der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes auf den Fristenlauf im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über dieses Verfahren hinaus auf ein anderes Verfahren ausdehne, insbesondere nicht in der anscheinend vom Verfahrenshelfer angenommenen Weise auf ein denselben Bescheid betreffendes Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof. Die Verfassungsgerichtshofbeschwerde sei demnach wegen Versäumung der ab Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer zu berechnenden sechswöchigen Beschwerdefrist des § 82 Abs. 1 VfGG verspätet. Der vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gestellte Antrag, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, sei abzuweisen, weil nach Art. 144 Abs. 3 B-VG (und § 87 Abs. 3 VfGG) eine solche Abtretung nur für den Fall vorgesehen sei, dass der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde abweise oder ihre Behandlung ablehne, nicht aber für den ihrer Zurückweisung.
Die Frist für die Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. August 2001 begann mit der Zustellung des Bescheids des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Wien an den Verfahrenshelfer am 20. November 2001 und endete daher am 2. Jänner 2002 (§ 26 Abs. 3 VwGG).
Am 11. April 2002 erhob der Beschwerdeführer nunmehr Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates (belangte Behörde) vom 21. August 2001 und stellte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist.
Der Beschwerdeführer begründet seinen Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen damit, das sich nach Studium der Verwaltungsakten im Dezember 2001 herausgestellt habe, dass dem anzufechtenden Bescheid möglicherweise ein Mangel anhafte, welchen nach Auffassung des Verfahrenshelfers lediglich der Verfassungsgerichtshof habe wahrnehmen können. Im Bestreben, gerade auch Verfahrenshilfeangelegenheiten möglichst umfassend und sorgfältig zu betreuen, habe daraufhin der Verfahrenshelfer die Beschwerde vom 21. Dezember 2001 an den Verfassungsgerichtshof verfasst. Dabei habe er übersehen, dass dafür die (nur) vom Verwaltungsgerichtshof bewilligte Verfahrenshilfe nicht "ausreiche", was jedoch im Hinblick auf den im gegenständlichen Fall "weit überdurchschnittlichen Umfang der durchzuarbeitenden Akten, den hohen Arbeitsdruck unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen und die (durch die Weihnachtsfeiertage) praktisch verkürzte Anfechtungsfrist wohl nur ein Versehen minderen Grades" gewesen sei. Dieses Versehen sei dem Verfahrenshelfer erst bei Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2002 aufgefallen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu begründen:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Versehen des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0176, mit weiteren Hinweisen). Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt - und zwar auch einem für die Partei zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/1062) - widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war oder es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit zu verstehen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Beschluss vom 8. August 1996, Zlen. 96/14/0072, 0078). Zu beurteilen ist somit das Verhalten des Rechtsanwaltes selbst (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Jänner 1990, Zl. 89/18/0202). Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht grob schuldhaft außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige, bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die schon zitierten hg. Beschlüsse vom 23. Februar 1995 sowie vom 8. August 1996, jeweils mit weiteren Hinweisen).
Bei Anwendung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die dem Rechtsanwalt obliegende Sorgfaltspflicht erfordert, sich über den Inhalt des Bestellungsbeschlusses vom 12. September 2001 ausreichend zu vergewissern. Dabei hätte es dem Verfahrenshelfer jedenfalls auffallen müssen, dass die Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgerichtshof zur Einbringung einer Beschwerde bei diesem Gerichtshof bewilligt und er daher (nur) hiefür von der Rechtsanwaltskammer als Verfahrenshelfer bestellt worden war.
Weder der vom Verfahrenshelfer behauptete "weit überdurchschnittliche Umfang der durchzuarbeitenden Akten" noch der Arbeitsdruck unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen sind geeignet, die unzutreffende Rechtsansicht des Verfahrenshelfers, dass die vom Verwaltungsgerichtshof bewilligte Verfahrenshilfe "auch für den Verfassungsgerichtshof ausreiche", als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis oder als auf einem lediglich minderen Grad des Versehens beruhend zu beurteilen (vgl. etwa zur fehlenden Eignung eines durch die Hektik des letzten Arbeitstages vor dem Urlaub bewirkten Irrtums als Wiedereinsetzungsgrund den hg. Beschluss vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0136).
Im vorliegenden Fall ist somit davon auszugehen, dass dem Verfahrenshelfer ein Versehen unterlaufen ist, das nicht (mehr) minderen Grades ist (vgl. in diesem Sinne schon die hg. Beschlüsse vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0180, und 30. Mai 1997, Zlen. 97/19/0822, 0823, mit weiteren Nachweisen).
Dem Wiedereinsetzungsantrag konnte daher gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattgegeben werden.
Bei diesem Ergebnis war die am 11. April 2002 eingebrachte Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung
des Berichters über den mit der nachgeholten Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigte.
Wien, am 16. Mai 2002
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