Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 lita;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 lita;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Gemäß § 46 VwGG wird der Antrag ABGEWIESEN.
Begründung
In der am 9. Mai 1990 eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. März 1990 war der 27. März 1990 als Tag der Hinterlegung des angefochtenen Bescheides angegeben, zum Beginn der Abholfrist (§ 17 Abs. 2 Zustellgesetz) fehlte jeder Hinweis. Aus den von der belangten Behörde hiezu vorgelegten Zustellnachweisen geht hervor, daß der 27. März 1990 auch der Beginn der Abholfrist war. Bezogen auf diesen Tag war die am 9. Mai 1990 zur Post gegebene Beschwerde verspätet eingebracht. Mit Verfügung vom 31. Mai 1990 wurde den Beschwerdeführern zuhanden ihres ausgewiesenen Vertreters die nach der Aktenlage gegebene Verspätung vorgehalten. Aufgrund dieser Verfügung, die am 2. Juli 1990 zugestellt wurde, beantragten die Antragsteller mit dem am 16. Juli 1990 zur Post gegebenen und beim Verwaltungsgerichtshof am 18. Juli 1990 eingelangten Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragsteller hätten ihrem Rechtsvertreter am 4. Mai 1990 den Auftrag erteilt, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. März 1990 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Sie hätten ihrem Rechtsvertreter mitgeteilt, daß der Bescheid am 27. März 1990 beim Zustellpostamt hinterlegt worden sei. Der Rechtsvertreter (Dr. X) habe am 5. Mai 1990 einen dreiwöchigen Urlaub angetreten. Noch am 4. Mai 1990 habe er die Beschwerdeschrift verfaßt und seinem Sekretariat die Anweisung gegeben, sie fristgerecht zur Post zu geben. Auf Grund der Hektik des letzten Arbeitstages vor dem Urlaub habe er die Beschwerdefrist jedoch unrichtig mit 9. Mai 1990 im Terminkalender seiner Kanzlei eingetragen. Dies habe zur Folge gehabt, daß das Sekretariat entsprechend der vom Rechtsvertreter im Terminkalender vorgenommenen Eintragung die Beschwerde erst am 9. Mai und sohin um einen Tag verspätet zur Post gegeben habe. Der Rechtsvertreter sei seit 1. September 1981 in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig; seit 1. Jänner 1987 sei er selbständiger Rechtsanwalt, ihm sei bis dato ein derartiger Fehler nicht unterlaufen. Das Versehen ihres Rechtsvertreters stelle für die Beschwerdeführer ein unabwendbares Ereignis dar, welches sie ohne ihr Verschulden gehindert habe, die Beschwerdefrist zu wahren. Die Versäumung der Frist sei erst durch die Zustellung der Verfügung vom 31. Mai 1990 bekanntgeworden.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
In der nach Änderung dieser Gesetzesstelle (vgl. das Bundesgesetz vom 12. Dezember 1985, BGBl. Nr. 564) ergangenen Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Begriff des minderen Grades des Versehens als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen sei. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfen sohin nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Sie dürfen die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche, ihnen nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer acht lassen (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1986, Zlen. 86/01/0235, 86/01/0236, AW 86/01/0061, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Eine Überprüfung des vorliegenden Wiedereinsetzungsantrages nach den durch den Gesetzeswortlaut und die dazu ergangene Judikatur gegebenen Kriterien ergibt, daß der dem Vertreter der Antragsteller unterlaufene Irrtum über das tatsächliche Ende der durch die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 27. März 1990 ins Laufen gebrachten sechswöchigen Frist zur Erhebung der Beschwerde weder als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis angesehen noch daß die Versäumung der Beschwerdefrist als auf einem lediglich minderen Grad des Versehens beruhend beurteilt werden kann. Allein der durch die Hektik des letzten Arbeitstages vor dem Urlaub bewirkte Irrtum kann die unrichtige Eintragung im Terminkalender weder als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis erscheinen lassen, noch als auf einem lediglich minderen Grad des Versehens beruhend.
Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, der Irrtum ihres Rechtsvertreters stelle sich für sie als unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis und somit als Wiedereinsetzungsgrund dar, ist ihnen entgegenzuhalten, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Versehen des Rechtsbeistandes als Versehen des Beschwerdeführers selbst anzusehen ist (vgl. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1951, Zl. 2834/50, vom 16. Dezember 1976, Zlen. 2741, 2742/76, und vom 19. November 1986, Zlen. 86/01/0235, 86/01/0236,
AW 86/01/0061). Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, daß die Antragsteller durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert waren, die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof einzuhalten. Dem
Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte daher nicht stattgegeben werden.
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