VwGH 95/18/0176

VwGH95/18/017623.2.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über den Antrag des M in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 22. August 1994, Zl. Fr-5335/94, betreffend Aufenthaltsverbot, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit hg. Beschluß vom 1. Dezember 1994, Zl. 94/18/0741, wurde das Verfahren über die gegen den oben bezeichneten Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 VwGG eingestellt, weil der Beschwerdeführer dem seinem Vertreter am 16. November 1994 zugestellten Mängelbehebungsauftrag zur Vorlage einer weiteren Ausfertigung der Beschwerde innerhalb einer Frist von zwei Wochen durch die - mit Postaufgabe vom 18. November 1994 erfolgte - Vorlage einer nicht die Unterschrift des Beschwerdevertreters aufweisenden Ablichtung des Beschwerdeschriftsatzes nicht nachgekommen war.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist. Zur Fristversäumung sei es infolge eines Versehens des Beschwerdevertreters gekommen, der bei der Unterfertigung des ihm mit zahlreichen anderen Schriftstücken vorgelegten, als Mängelbehebung bezeichneten Schriftsatzes am 18. November 1994 übersehen habe, auch die diesem Schriftsatz beigeschlossene zusätzliche Ausfertigung des Beschwerdeschriftsatzes zu fertigen. Dieses Versehen sei ausschließlich auf einen sich plötzlich verschlechternden grippalen Infekt, welcher neben Fieber und Schüttelfrost auch mit starken Kopfschmerzen verbunden gewesen sei, zurückzuführen, sodaß von einer einmaligen, unverschuldeten Ausnahmesituation gesprochen werden könne.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei (siehe den hg. Beschluß vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0226). Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen.

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist das Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun. Bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die dem Beschwerdevertreter obliegende Sorgfaltspflicht erfordert, sich bei der Unterfertigung des Schriftsatzes zur Mängelbehebung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages zu vergewissern. Dabei hätte ihm auffallen müssen, daß die zur Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof vorbereitete Ablichtung des Beschwerdeschriftsatzes noch nicht von ihm unterfertigt war. Daß er dies infolge der behaupteten plötzlich aufgetretenen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes verabsäumt hat, vermag ihn nicht zu entschuldigen. Sein Zustand, der nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag keineswegs zu einer völligen Dispositionsunfähigkeit geführt hatte, hätte ihn vielmehr veranlassen müssen, der Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages ein höheres als das unter normalen Umständen erforderliche Maß an Aufmerksamkeit zuzuwenden, wenn er diese Aufgabe nicht überhaupt unter Berücksichtigung der hiefür offenstehenden Frist auf einen späteren Zeitpunkt verschieben wollte.

Das Außerachtlassen dieser im gegebenen Fall erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt ist als ein den minderen Grad des Versehens überschreitendes Verschulden des Beschwerdevertreters zu werten.

Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher nicht stattzugeben.

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