Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Datum vom 13. Juni 1996 erging an die beschwerdeführende GmbH basierend auf der Umsatzsteuererklärung eines anderen Steuersubjektes ein Bescheid, mit dem eine Umsatzsteuergutschrift für das Jahr 1995 in Höhe von 406.037 S festgesetzt wurde.
Auf Grund der von der Beschwerdeführerin am 23. Jänner 1997 eingereichten Umsatzsteuererklärung 1995 erging mit Datum vom 27. November 1997 ein weiterer Umsatzsteuerbescheid für dieses Jahr. Die Umsatzsteuerfestsetzung betrug nunmehr 125.842 S.
Begründend führte das Finanzamt aus:
"Am 13.6.1996 erging ein Umsatzsteuerbescheid, dem Daten eines anderen Abgabepflichtigen zugrundegelegt wurden. Damit die Veranlagung der (Beschwerdeführerin( ordnungsgemäß auf Grund der abgegebenen Erklärungen durchgeführt werden konnte, war aus EDVtechnischen Gründen eine Bescheidaufhebung vorzunehmen."
Gegen den Bescheid vom 27. November 1997 erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die sie damit begründete, der auf Basis der Steuerbemessungsgrundlagen eines anderen Steuerpflichtigen ergangene Umsatzsteuerbescheid 1995 vom 13. Juni 1996 sei in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen. Die Behörde sei verbindlich, unwiderrufbar und unwiederholbar an die entschiedene Sache gebunden. Weiters wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und dabei die "als Beweis angeführten Daten des angeblichen anderen Abgabenpflichtigen nebst Würdigung" vorzulegen. Weiters wurde beantragt, den den ursprünglichen Bescheid erlassenden Finanzbeamten einzuvernehmen, um solcherart die von ihm bei der Bescheiderlassung vorgenommenen Handlungen zu ergründen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Februar 1999 wurde der Berufung Folge gegeben und der Bescheid vom 27. November 1997 mit der Begründung aufgehoben, dass zweimal eine Erstveranlagung durchgeführt worden sei und der zweite Erstbescheid nicht vor Beseitigung des ersten hätte ergehen dürfen.
Mit Bescheiddatum vom 25. Februar 1999 erging ein gemäß § 293b BAO berichtigter Bescheid betreffend Umsatzsteuer 1995 unter Zugrundelegung der von der Beschwerdeführerin erklärten Steuerbemessungsgrundlagen (Zahllast in Höhe von 125.842 S). Begründend wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 13. Juni 1996 falsche Daten enthalte, weil ein anderer Steuerpflichtiger in seiner Abgabenerklärung eine unrichtige Steuernummer eingetragen und die EDV-Anlage den Bescheidadressaten automatisch erfasst habe. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides beruhe daher auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen.
Die beschwerdeführende GmbH erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung. Nach telefonischer Aussage der Referentin des Finanzamtes sei der Eingabefehler auf Grund eines Ziffernsturzes erfolgt, eine Aussage, die im Widerspruch zu der Bescheidbegründung hinsichtlich einer falschen Datenübernahme stehe. Es werde daher der Beweisantrag gestellt, die Umsatzsteuererklärung, welche Basis für den Bescheid vom 12. Juni 1996 (gemeint wohl: 13. Juni 1996) gewesen sei, vorzulegen. Sollte es sich tatsächlich um einen Ziffernsturz handeln, wäre eine Berichtigung gemäß § 293b BAO unzulässig, da keine Unrichtigkeiten aus einer Erklärung übernommen, sondern vielmehr der Finanzbehörde ein Fehler bei der Eingabe unterlaufen wäre. Doch selbst für den Fall, dass die Bescheidbegründung zugetroffen habe und die telefonische Auskunft betreffend Ziffernsturz unrichtig gewesen sei, könne lediglich die falsche Steuernummer als einzige Unrichtigkeit berichtigt werden. Der "Rest der Abgabenerklärung" sei nicht falsch und könne daher nicht gemäß § 293b BAO berichtigt werden. Da aber die Änderung der Steuernummer zu keiner inhaltlichen Änderung führen könne, sei eine Berichtigung überhaupt zu unterlassen.
In der mündlichen Berufungsverhandlung führte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin ergänzend aus, dass er nach Erhalt des falschen Umsatzsteuerbescheides 1995 erwartet habe, dass das Finanzamt von sich aus tätig und mittels einer Aufhebung gemäß § 299 BAO vorgegangen werde. Nachdem das Finanzamt keine Handlungen gesetzt habe, sei ein Antrag auf Rückzahlung des Guthabens gestellt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Auf Grund des Soforteingabeverfahrens sei an die Beschwerdeführerin infolge eines Ziffernsturzes im Zusammenhang mit der Steuernummer ein Umsatzsteuerbescheid für 1995 mit Bemessungsgrundlagen, die von einem anderen Steuerpflichtigen erklärt worden seien, ergangen. Diese Rechtswidrigkeit beruhe "auf einer durch Widersprüchlichkeit zum Akteninhalt zutage getretenen offensichtlichen Unrichtigkeit, nämlich die Nichtübereinstimmung des auf der Steuererklärung angeführten Steuersubjektes mit dem unter der dann angegebenen Steuernummer geführten Akt". Die Beseitigung dieser im Soforteingabeverfahren übernommenen Unrichtigkeit im Wege des § 293b BAO sei daher zu Recht erfolgt. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Einsicht in die fremde Abgabenerklärung stünde die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht des § 48a BAO entgegen.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 11. Juni 2002, B 932/02, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, "eine falsche Steuernummer" könne den Tatbestand einer offensichtlichen Unrichtigkeit kaum erfüllen. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die Steuernummern weithin bekannt seien und man die Steuernummern mit den dazugehörigen Personen assoziiere. Davon könne jedoch keine Rede sein. Sogar ein Finanzbeamter könne dies nur unter Zuhilfenahme des entsprechenden Steueraktes erkennen. Selbst wenn der Fehler jedoch offensichtlich sein sollte, hätte sich die Berichtigung nur auf "die falsche Steuernummer" beziehen dürfen. Davon abgesehen habe die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auch in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt. Grundlage für den zu berichtigenden Bescheid sei eine angeblich von einem anderen Steuerpflichtigen eingereichte Steuererklärung. Dies durch Einsichtnahme in die fremde Steuererklärung zu überprüfen, sei der Beschwerdeführerin verwehrt worden, obwohl - auf Grund des Telefonats mit der zuständigen Referentin des Finanzamtes - zweifelhaft sei, ob der Fehler nicht bei der Eingabe der Steuernummer unterlaufen sei. Sollte die Aussage der Referentin zutreffen, wäre nur eine Bescheidaufhebung nach § 299 Abs. 2 BAO möglich gewesen. Einer derartigen Möglichkeit habe sich die belangte Behörde unverständlicherweise dadurch begeben, dass mit der Bescheidberichtigung mehr als 17 Monate zugewartet worden sei.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst zu bemerken, dass die allenfalls der Oberbehörde gegebene Möglichkeit, einen Bescheid gemäß § 299 BAO aufzuheben, es nicht ausschließt, dass das Finanzamt den Bescheid selbst berichtigt, falls die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen hiezu erfüllt sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1968, 301/67, Slg. Nr. 3834/F).
Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
§ 293b BAO gestattet die Berichtigung eines Bescheides, wenn dieser qualifiziert rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit muss ihre Ursache in der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung haben, die die Grundlage des Bescheides gebildet hat (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, S. 2830).
Die Besonderheit des Beschwerdefalles liegt nun darin, dass dem (zu berichtigenden) Umsatzsteuerbescheid die Abgabenerklärung einer anderen, am gegenständlichen Verfahren nicht beteiligten Person deshalb zu Grunde liegt, weil im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung eine Verknüpfung der Steuerbemessungsgrundlagen mit den Grunddaten des Abgabenpflichtigen über den Ordnungsbegriff der Steuernummer erfolgt. Wird eine unzutreffende Steuernummer eingegeben und von der EDV-Anlage nicht als unzulässig zurückgewiesen (weil die eingegebene Steuernummer beim betroffenen Finanzamt tatsächlich existiert), kommt es wie im Beschwerdefall dazu, dass ein Bescheid an eine Person mit solchen Bemessungsgrundlagen ergeht, welche von einer anderen Person erklärt wurden und daher (im Regelfall) in ihrer Gesamtheit auf den Bescheidadressaten nicht zutreffen.
Anders als die Beschwerdeführerin meint, steht der Umstand, dass der Ordnungsbegriff der Steuernummer nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt, sondern erst unter Bedachtnahme auf die Aktenlage erkannt werden kann, der Annahme einer Offensichtlichkeit der Unrichtigkeit nicht entgegen (vgl. Stoll, a. a.O., S. 2834).
§ 293b BAO lässt allerdings, wie sich aus der Verwendung des Wortes "insoweit" ergibt, eine Berichtigung lediglich hinsichtlich der übernommenen "offensichtlichen Unrichtigkeiten" zu, erlaubt also keine darüber hinausgehenden Bescheidänderungen. Mit der Bescheidberichtigung kann damit jener Bescheidspruch hergestellt werden, wie er bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung von vornherein gefasst worden wäre. Bezogen auf den Beschwerdefall ergibt sich daraus, dass die von der belangten Behörde im Instanzenzug bestätigten Bescheidänderungen nicht auf die Bestimmung des § 293b BAO gestützt werden können: Die berichtigten Steuerbemessungsgrundlagen waren dem Finanzamt im Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Umsatzsteuerbescheides gar nicht bekannt und hätten erst durch entsprechende Erhebungen bzw. durch die an die Beschwerdeführerin gerichtete Aufforderung, die Umsatzsteuererklärung abzugeben, festgestellt werden können. Bekannt war der Abgabenbehörde lediglich der Name des intendierten Bescheidadressaten. Um den Bescheidadressaten richtig zu stellen, bedurfte es einer Berichtigung gemäß § 293b BAO wiederum nicht, da an den Abgabenpflichtigen, den die Steuererklärung betraf, ein Umsatzsteuerbescheid noch nicht ergangen war.
Zu den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift, die Berichtigung hätte gegebenenfalls auch auf § 293 BAO gestützt werden können, weil der Fehler auf den Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruht habe, ist zu sagen, dass es Zweck dieser Berichtigungsvorschrift ist, jene (augenfälligen) Fehler zu berichtigen, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillens bestehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1990, 89/13/0113). Solcherart muss eine auf diese Bestimmung gestützte Bescheidberichtigung aus dem selben Grund scheitern wie eine solche nach § 293b BAO. Der Bescheidwille war nämlich unzweifelhaft nicht darauf gerichtet, einen Umsatzsteuerbescheid in seiner später berichtigten Form zu erlassen. Vielmehr wäre vor Abgabe der Umsatzsteuererklärung durch die Beschwerdeführerin, welche nach dem insoweit unstrittigen Sachverhalt erst nach dem Ergehen des fehlerhaften Bescheides erfolgt ist, eine Berichtigung gar nicht möglich gewesen. Ein Sachverhalt, der wohl den Tatbestand des § 303 Abs. 4 BAO erfüllen kann, nicht jedoch - wie dargestellt - eine Bescheidberichtigung gemäß § 293 oder § 293b BAO ermöglicht.
Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 26. März 2003
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