VwGH 2002/10/0189

VwGH2002/10/018911.6.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der Bau-H-GmbH in K, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller und Dr. Markus Orgler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11. September 2002, Zl. U- 13.555/4, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §16 Abs1 litb;
AVG §59 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §16 Abs1 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund und das Land Tirol haben der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 4. Juni 2002 erstattete die Marktgemeinde St. Johann in Tirol bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) Anzeige, dass die beschwerdeführende Partei auf einem Grundstück der Helmtrude S. Bauschutt ablagere.

Die BH ersuchte die Zollwacheabteilung Kössen/MÜG mit der Vornahme genauerer Erhebungen und einer allfälligen Anzeigeerstattung.

Dem Aktenvermerk über einen von einem Organ der BH am 11. Juni 2002 vorgenommenen Ortsaugenschein zufolge wurden von der beschwerdeführenden Partei auf dem Grundstück Nr. 3592, KG St. Johann in Tirol, - entsprechend einem beigelegten Lageplan -

auf einer Fläche von ca. 1.200 m2 unaufbereitete Baurestmassen abgelagert. Direkt angrenzend an diese Ablagerungsfläche sei auf einer ca. 2.000 m2 großen Fläche ein Erdwall aufgeschüttet und Humus abgezogen worden. Mit "allergrößter Wahrscheinlichkeit" sei von diesen Maßnahmen ein Feuchtgebiet betroffen; Torfboden und zahlreiche nässeanzeigenden Pflanzen würden dies belegen.

Die Zollwacheabteilung Kössen/MÜG erstattete am 13. Juni 2002 Anzeige nach dem Abfallwirtschaftsgesetz gegen die Eigentümerin des Grundstücks Nr. 3592, Helmtrude S. Hiezu wurde ausgeführt, dass auf dem genannten Grundstück näher beschriebene Baurestmassen abgelagert worden seien, die Aufschüttung sei durch Vermessung der Beamten und Darstellung in einer Skizze festgehalten worden.

Die BH führte eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durch. In dieser erklärte Helmtrude S., es sei der beschwerdeführenden Partei freigestellt worden, die Grundfläche aufzuschütten; die beschwerdeführende Partei sei für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich gemacht worden. Die beschwerdeführende Partei brachte u.a. vor, sie habe keine Feuchtgebietseigenschaft der Grundfläche feststellen können. Auf der anderen Straßenseite habe sich übrigens eine Baustelle der TIGAS befunden, weil eine Gasleitung im Bereich der verfahrensgegenständlichen Aufschüttung entlang der Straße verlegt worden sei.

Der Amtssachverständige für Naturkunde erstattete ein Gutachten und führte aus, auf Grundstück Nr. 3593, KG St. Johann in Tirol, befinde sich ein Feuchtgebiet mit gut entwickelten Beständen des schmalblättrigen Wollgrases sowie auch mit den geschützten Orchideenarten "Breitblättriges Knabenkraut" und "Zweiblättrige Waldhyazinte". Dieses Feuchtgebiet sei teilweise mit Schüttmaterial (auch Bauschutt) überschüttet worden. Zum Teil sei erst der Niedermoortorf abgehoben und auf einem großen Erdhaufen gelagert worden. Auf diesem Erdhaufen seien ebenfalls noch zahlreiche nässeanzeigende Pflanzen zu finden. Die Veränderungen der Bodenoberfläche sowie die Aufschüttungen seien auch auf Grundstück Nr. 3592 durchgeführt worden, dass östlich an das Feuchtgebiet angrenze und etwas höher liege. Es bestehe ein kontinuierlicher Übergang zwischen Feuchtgebiet und landwirtschaftlich intensiv genutzter Fläche. Die Abgrenzung des Feuchtgebietes sei auf Grund der bereits durchgeführten Aufschüttungen nicht mehr genau feststellbar. Sie dürfte sich aber in der Nähe des Fahrweges sowie etwas weiter nördlich davon im Bereich der Parzellengrenze befinden. Das Feuchtgebiet sei in der Biotopkartierung als artenreiche Nasswiese eingetragen. Im Einzelnen genannte Maßnahmen seien zur Wiederherstellung erforderlich.

Der Verhandlungsleiter präzisierte, dass nach den sachverständigen Ausführungen von einem Beginn des Feuchtgebietes nach einer Entfernung von 5 m vom Straßengrund auszugehen sei. Der 5 m-Streifen sei kein Feuchtgebiet. In diesem Bereich könnten geringfügige Aufschüttungen vorgenommen werden. Die beschwerdeführende Partei verwies auf die Grabungen der TIGAS für die sie nicht verantwortlich gemacht werden könne und darauf, dass die in den behördlichen Schriftstücken getroffenen Flächenangaben betreffend die Aufschüttung nicht stimmten; die Behörde gehe immer nur gegen die beschwerdeführende Partei vor.

Mit Bescheid der BH vom 24. Juni 2002 wurden der beschwerdeführenden Partei ebenso wie der Grundeigentümerin Helmtrude S. gemäß § 16 Abs. 1 lit. b Tiroler Naturschutzgesetz im Einzelnen genannte Maßnahmen zur "Wiederherstellung des früheren Zustandes im Feuchtgebiet auf GrSt. Nr. 3593, KG St. Johann in Tirol (Wiederherstellungsfläche ca. 500 m2 laut beiliegendem Lageplan M = 1:1.000)" binnen festgesetzter Frist aufgetragen (Spruchpunkt I). Außerdem wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 32 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz aufgetragen, unbeschadet der Vorschreibung im Spruchpunkt I sämtliche auf Grundstück Nr. 3592 und 3593, KG St. Johann in Tirol, nach Maßgabe der beigeschlossenen Skizze - die einen Bestandteil dieses Bescheides bildet - näher beschriebene, abgelagerte Baurestmassen im Ausmaß von ca. 300 m3 binnen festgesetzter Frist von der Grundfläche zu entfernen und zu einer genehmigten Baurestmassenaufbereitungsanlage zu verbringen und der Behörde über die ordnungsgemäße Verbringung einen schriftlichen Nachweis vorzulegen (Spruchpunkt II). Begründend wurde u.a. ausgeführt, die Baurestmassenmengenangabe im Spruchpunkt II stütze sich auf die Anzeige vom 13. Juni 2002, die auch die dem Bescheid beigeschlossene Skizze enthalten habe. Auf Grund der Ausführungen des naturkundefachlichen Amtssachverständigen stehe außer Zweifel, dass durch die Geländeabtragung und Aufschüttung bzw. Einbringung von Baurestmassen ein Feuchtgebiet betroffen worden sei. Eine Bewilligung für dieses Vorhaben gemäß § 9 Tiroler Naturschutzgesetz sei nicht erteilt worden. Es sei daher der Grundeigentümerin ebenso wie der beschwerdeführenden Partei die Wiederherstellung des früheren Zustandes aufzutragen gewesen.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und brachte vor, die Aufbringung von Schüttmaterial betreffe nicht das in der Biotopkartierung als artenreiche Nasswiese eingetragene Feuchtgebiet. Es werde beantragt, eine exakte Einmessung der betroffenen Flächen durch einen Zivilgeometer vornehmen zu lassen. Von den Maßnahmen der Beschwerdeführerin sei das Feuchtgebiet jedenfalls nicht betroffen worden. Diese Maßnahmen bedürften auch keiner naturschutzrechtlichen Bewilligung, weil die Schüttfläche 5.000 m2 nicht übersteige und auch kein Sonderstandort betroffen sei. Die beschwerdeführende Partei habe lediglich zur Herstellung einer Zufahrtsstraße auf dem Grundstück Nr. 3593, jedoch außerhalb des kartierten Feuchtgebietes, zur Erreichung einer Standfestigkeit des Untergrundes nicht aufbereitete Baurestmassen eingearbeitet, was gesetzlich zulässig sei. Die Wiederherstellung gemäß Punkt I des Bescheides entbehre somit einer Grundlage in tatsächlicher Hinsicht. Daraus folge, dass auch der Spruchpunkt II gesetzwidrig sei.

Einer ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturkunde zufolge ist das auf Grundstück Nr. 3593, KG St. Johann in Tirol, vorhandene Feuchtgebiet aus folgenden Gründen als solches gut zu erkennen: Die landwirtschaftlich genutzte Fläche befinde sich in einer Geländeverebnung und weise einen Pflanzenbestand auf, der sich von einer heute üblichen landwirtschaftlich intensiv nutzbaren Fläche deutlich unterscheide. Zum Zeitpunkt des Augenscheins am 19. Juni 2002 hätten sich gut entwickelte Bestände des schmalblättrigen Wollgrases in unmittelbarer Nähe der Materialabtragungen und - aufschüttungen befunden. Diese Pflanze sei ein Anzeiger für starke Vernässungen und komme auf üblichen traktorbefahrbaren Futterwiesen nicht vor. Feuchtgebiete wie der gegenständliche Standort zeigten auf Grund der Nährstoffarmut, des hohen Wassergehaltes des Bodens und der dazugehörenden Pflanzengesellschaften ein langsameres Wachstum im Frühjahr, wodurch solche Flächen meistens länger braun blieben bzw. später grün würden als die landwirtschaftlichen Intensivflächen in der unmittelbaren Umgebung. Das Feuchtgebiet sei nach drei Seiten relativ gut von der Umgebung abgrenzbar: Nach Westen durch den Wald, nach Süden durch den Fahrweg bzw. einen ca. 5 m breiten parallel dazu verlaufenden Geländestreifen und nach Osten durch den ansteigenden Hang ungefähr im Bereich der Parzellengrenze zu Grundstück Nr. 3592. Nach Norden setze sich das Feuchtgebiet in der Geländeverebnung und leicht hangwärts ansteigend fort. Der beim Geländeabtrag, welcher als Vorbereitung zu den Aufschüttungsmaßnahmen durchgeführt worden sei, zu Tage tretende Torfhorizont sei für Feuchtgebiete typisch und auch für einen Laien leicht von dem Braunerde-Wiesenboden auf der benachbarten Parzelle Nr. 3592 zu unterscheiden. Im Übrigen sei der Sonderstandort "Artenreiche Nasswiese" in der Biotopkartierung lediglich geringfügig kleiner eingetragen als er im Zuge des Augenscheins am 19. Juni 2002 festgestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 11. September 2002 wiesen 1.) die Tiroler Landesregierung als Naturschutzbehörde zweiter Instanz die Berufung gegen Spruchpunkt I des Bescheides der BH mit der Maßgabe einer Neufestsetzung der Ausführungsfrist (Spruchpunkt I), und

2.) der Landeshauptmann von Tirol als Abfallbehörde zweiter Instanz die Berufung gegen Spruchpunkt II des Bescheides der BH gleichfalls mit der Maßgabe einer Neufestsetzung der Ausführungsfrist als unbegründet ab (Spruchpunkt II). Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die beiden Grundstücke Nr. 3592 und 3593 befänden sich außerhalb der geschlossenen Ortschaft i.S.d. § 3 Abs. 2 Tiroler Naturschutzgesetz. Ausgehend von den dargestellten sachverständigen Ausführungen handle es sich "beim gegenständlichen Bereich des GrSt. Nr. 3593, laut der dem Bescheid beigeschlossenen Skizze, um ein Feuchtgebiet". Eine genaue Einmessung des in der Biotopkartierung verzeichneten Feuchtgebietes sei nicht erforderlich, weil die Qualifikation eines Gebietes als Feuchtgebiet an Hand der tatsächlichen Umstände und nicht nach den Angaben in der Biotopkartierung zu erfolgen habe. Auf Grund des Gutachtens im Zusammenhang mit dem Lageplan, welcher dem Bescheid beigeschlossen sei, sei eindeutig, dass die Geländeveränderungen in einem Feuchtgebiet erfolgt seien. Die durchgeführten Geländeabtragungen und -aufschüttungen hätten gemäß § 9 lit. e Tiroler Naturschutzgesetz einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedurft; eine solche liege nicht vor. Der Auftrag zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bestehe daher zu Recht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangten Behörden legten die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstatteten eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Mit hg. Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2002/07/0134, wurde der Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides (abfallwirtschaftsrechtlicher Auftrag) von dem dafür zuständigen Senat wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben; die Entscheidung über den Aufwandersatz wurde einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.

Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchabschnitt I des angefochtenen Bescheides richtet (naturschutzbehördlicher Auftrag), hat der Verwaltungsgerichtshof in dem dafür zuständigen Senat nunmehr erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Tiroler Naturschutzgesetz hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung nach diesem Gesetz oder einem der in der Anlage zu § 46 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einer in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt wird, demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

  1. a) die weitere Ausführung des Vorhabens zu untersagen und
  2. b) die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

    Gemäß § 9 lit. e Tiroler Naturschutzgesetz bedürfen Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche in Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften einer Bewilligung.

    Gemäß § 3 Abs. 7 Tiroler Naturschutzgesetz ist ein Feuchtgebiet ein vom Wasser geprägter, in sich geschlossener und vom Nachbargebiet abgrenzbarer Lebensraum mit den für diesen charakteristischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Dazu gehören insbesondere auch Röhrichte und Großseggensümpfe, Quellfluren und Quellsümpfe, Flach- und Zwischenmoore, Hochmoore, Moor- und Bruchwälder.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die auf dem Grundstück Nr. 3593, KG St. Johann in Tirol, befindliche, im Westen durch den Wald, im Süden durch den Fahrweg bzw. einen ca. 5 m breiten parallel dazu verlaufenden Geländestreifen und im Osten durch den ansteigenden Hang im Bereich der Grenze zum Grundstück Nr. 3592 begrenzte Fläche stelle zufolge der dort anzutreffenden Vegetation ein Feuchtgebiet dar, das außerhalb geschlossener Ortschaften i.S.d. § 3 Abs. 7 Tiroler Naturschutzgesetz gelegen sei. In diesem Feuchtgebiet habe der Beschwerdeführer bewilligungslos Geländeveränderungen vorgenommen, indem er "dieses Feuchtgebiet teilweise mit Schüttmaterial (auch Bauschutt) überschüttet" und "zum Teil" den "Niedermoortorf abgehoben und auf einem großen Erdhaufen gelagert" habe. Zur Wiederherstellung des früheren Zustandes seien die spruchgemäß vorgeschriebenen Maßnahmen erforderlich, wobei die "Wiederherstellungsfläche" von ca. 500 m2 aus dem, dem erstinstanzlichen Bescheid beiliegenden "Lageplan M = 1:1.000" ersichtlich sei.

    Die beschwerdeführende Partei bringt dagegen vor, es liege keinerlei Beweis für die sachverhaltsmäßige Annahme vor, es handle sich bei der in Rede stehenden Fläche um ein "Feuchtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaften". Soweit auf einen beiliegenden Lageplan verwiesen werde, sei zu rügen, dass ein solcher Plan nicht beigeschlossen gewesen sei. Offenbar handle es sich aber um einen Plan, auf dem handschriftliche Eintragungen vorgenommen worden seien. Exakte Feststellungen ließen sich daraus nicht treffen, insbesondere nicht, in welchem Bereich die Ablagerungen durch die beschwerdeführende Partei erfolgt seien. Diese Feststellungen seien aber notwendig, um beurteilen zu können, ob ein Feuchtgebiet betroffen sei. Der Entfernungsauftrag sei daher in seinem Umfang nicht exakt abgrenzbar und nicht überprüfbar. Der Auftrag, sämtliche Ablagerungen zu entfernen, sei nicht zu Recht erfolgt. Vielmehr hätte es - wie von der beschwerdeführenden Partei beantragt - zuvor einer exakten Einmessung durch einen Zivilgeometer bedurft. Entsprechende Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hätten ergeben, dass für die von der beschwerdeführenden Partei gesetzten Maßnahmen keine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen sei.

    Mit der Frage, ob ein naturschutzbehördlicher Wiederherstellungsauftrag den Bestimmtheitsanforderungen des § 59 Abs. 1 AVG entspricht, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt, zuletzt im Erkenntnis vom 27. Jänner 2003, Zl. 2001/10/0115, beschäftigt. Er hat dabei in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass diese Frage an Hand des Inhaltes des Spruches, gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer, einen Bestandteil des Bescheides bildender Unterlagen, wie z.B. von Plänen, zu lösen ist, wobei zur Auslegung des Spruches im Zweifelsfall die Begründung des Bescheides heranzuziehen ist. Der Spruch muss so bestimmt gefasst sein, dass einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen - ihrem Umfang nach deutlich abgegrenzten - Ersatzvornahme ergehen kann. Ein naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, der die Lage von Anschüttungen, deren Entfernung aufgetragen wird, durch Bezeichnung des Grundstücks, auf dem sich die Anschüttungen befinden, die Angabe des Materials, aus dem diese bestehen, und die Bezeichnung des Ausmaßes der Flächen, die von den Anschüttungen bedeckt werden, beschreibt, entspricht den soeben dargelegten Bestimmtheitsanforderungen dann, wenn im konkreten Fall weder beim Bescheidadressaten noch bei der Vollstreckungsbehörde Zweifel darüber entstehen können, welche Anschüttungen zu entfernen sind, damit dem erteilten Auftrag entsprochen werde. Dabei dürften die Bestimmtheitsanforderungen nicht überspannt werden; auf kleinste Entfernungseinheiten bezogene wörtliche oder vermessungstechnische Angaben über die Position von Anschüttungen innerhalb einer hinreichend bestimmt umschriebenen Fläche sind insbesondere dann entbehrlich, wenn auf Grund der Verhältnisse in der Natur, vor allem auf Grund einer deutlichen Unterscheidbarkeit der zu entfernenden Anschüttungen von den von diesen nicht betroffenen Flächen, beim Verpflichteten und der Vollstreckungsbehörde kein Zweifel über den räumlichen Umfang des Entfernungsauftrages bestehen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1999, Zl. 97/10/0117, und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Davon ausgehend irrt die beschwerdeführende Partei, wenn sie meint, eine eindeutige Feststellung der von ihr vorgenommenen Ablagerungen hätte nur mit Hilfe einer "exakten Einmessung durch einen Zivilgeometer" mängelfrei erfolgen können. Wären die Flächen des sachverständig umschriebenen Feuchtgebietes, die von der beschwerdeführenden Partei überschüttet wurden, entsprechend dem Spruch des Wiederherstellungsauftrages ("laut beiliegendem Lageplan") in einer einen Bestand des Bescheides bildenden Planskizze so festgehalten, dass über den räumlichen Umfang der vom Entfernungsauftrag erfassten Ablagerungen kein Zweifel besteht, begegnete der angefochtene Bescheid unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit keinen Bedenken. Dies ist jedoch nicht der Fall:

    Die beschwerdeführende Partei bestreitet, dass der erwähnte "Lageplan M = 1: 1.000", aus dem die "Wiederherstellungsfläche" ersichtlich sei, dem Entfernungsauftrag beigeschlossen gewesen sei. Dass dem Entfernungsauftrag der "Lageplan M = 1:1.000" angeschlossen gewesen wäre, ist auch den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Weder ist der im Akt erliegenden Urschrift des Entfernungsauftrages ein entsprechender Lageplan angeschlossen, noch findet sich eine Verfügung, einen näher bezeichneten Lageplan den Bescheidausfertigungen anzuschließen. In den vorgelegten Verwaltungsakten befinden sich zwar mehrere Pläne, aber keiner, der durch eine Bezugsklausel als Bestandteil des Entfernungsauftrags ausgewiesen wäre; auf den einzelnen Plänen sind unterschiedlich situierte Ablagerungsflächen dargestellt.

    Es fehlt daher an einer eindeutigen Umschreibung jener Flächen, die von den der beschwerdeführenden Partei aufgetragenen Wiederherstellungsmaßnahmen betroffen sind. Einer solchen Umschreibung hätte es im vorliegenden Fall umso mehr bedurft, als die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren unwidersprochen vorgebracht hat, dass Anschüttungen auch von der TIGAS vorgenommen worden seien, für die sie nicht verantwortlich gemacht werden könne. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, der Umfang des Entfernungsauftrages ergebe sich bereits eindeutig aus den Verhältnissen in der Natur, weil ohnedies nur die beschwerdeführende Partei auf dem erwähnten Grundstück Ablagerungen vorgenommen habe.

    Mangels eines eindeutigen normativen Abspruches erweist sich der angefochtene Bescheid daher (auch) im Umfang des Spruchpunktes I als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

    Wien, am 11. Juni 2003

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