VwGH 2002/07/0005

VwGH2002/07/000525.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des J und der JL in W, vertreten durch Hopmeier, Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Burgenländischen Landesregierung vom 19. November 2001, Zl. LAS-D121/4-2001, betreffend Anteilsrechtsübertragung (mitbeteiligte Partei: Urbarialgemeinde W, vertreten durch den Obmann FR, W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §18 Abs1;
FlVfGG §36;
FlVfLG Bgld 1970 §51 Abs3;
FlVfLG Bgld 1970 §51 Abs4;
FlVfLG Bgld 1970 §56;
FlVfLG Bgld 1970 §57 Abs1;
FlVfLG Krnt 1979 §48;
FlVfLG Krnt 1979 §51;
FlVfLG Krnt 1979 §93;
GdO Stmk 1967 §43 Abs2 litd idF 1976/014;
GdO Stmk 1967 §45 Abs1 idF 1976/014;
JagdG Krnt 1978 §11;
JagdRallg;
Satzungen AgrG Bgld 1971 §8 Abs2;
VwGG §23 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §18 Abs1;
FlVfGG §36;
FlVfLG Bgld 1970 §51 Abs3;
FlVfLG Bgld 1970 §51 Abs4;
FlVfLG Bgld 1970 §56;
FlVfLG Bgld 1970 §57 Abs1;
FlVfLG Krnt 1979 §48;
FlVfLG Krnt 1979 §51;
FlVfLG Krnt 1979 §93;
GdO Stmk 1967 §43 Abs2 litd idF 1976/014;
GdO Stmk 1967 §45 Abs1 idF 1976/014;
JagdG Krnt 1978 §11;
JagdRallg;
Satzungen AgrG Bgld 1971 §8 Abs2;
VwGG §23 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der im Eigentum des JF stehenden Stammsitzliegenschaft EZ 37, GB W, sind je sieben Anteile an den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften EZ 5 und EZ 7, GB W, verbunden. Die EZ 5 und die EZ 7 gehören der Urbarialgemeinde W (Urbarialgemeinde), der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

JF will diese Anteile verkaufen.

Notar Dr. Z erstellte den Entwurf eines Kaufvertrages, der einen Verkauf dieser Anteile an FP, der kein Mitglied der Urbarialgemeinde ist, um einen Kaufpreis von S 500.000,-- vorsah.

Dieser von den Vertragsparteien nicht unterfertigte Kaufvertragsentwurf wurde der Urbarialgemeinde übermittelt.

In der Vollversammlung der Urbarialgemeinde am 24. September 1999 berichtete der Obmann, dass JF seine je sieben Anteile an den EZ 5 und 6 laut vorliegendem Kaufvertrag des Notars Dr. Z um S 500.000,-- verkaufen möchte. Der Obmann schlug vor, dass die Urbarialgemeinde diese Anteile selbst um S 500.000,-- erwirbt. Die Beschlussfassung ergab eine 2/3-Mehrheit für den Kauf der Anteile durch die Urbarialgemeinde.

Mit Schreiben vom 27. September 1999 teilte der Obmann der Urbarialgemeinde JF mit, dass die Urbarialgemeinde beschlossen habe, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. JF wurde ersucht, sich betreffend Errichtung eines Kaufvertrages mit dem Obmann der Urbarialgemeinde in Verbindung zu setzen.

Es kam weder zum Abschluss eines Kaufvertrages zwischen JF und FP noch zu einem Kaufvertrag zwischen der Urbarialgemeinde und JF.

Mit Kaufvertrag vom 8. Oktober 1999 veräußerte JF seine je sieben Anteile an den EZ 5 und 6 an die Beschwerdeführer um einen Kaufpreis von S 600.000,--.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 1999 übersandte Notar Dr. Z dem Obmann der Urbarialgemeinde diesen Kaufvertrag sowie ein Protokoll mit dem Ersuchen, für den Fall, dass die Urbarialgemeinde das Vorkaufsrecht nicht in Anspruch nimmt, dieses Protokoll zu unterfertigen und sodann an die Kanzlei Dr. Z zurückzuschicken.

Am 12. Oktober 1999 fand eine Sitzung des Verwaltungsausschusses der Urbarialgemeinde statt. Das Protokoll über diese Sitzung weist nach der Auflistung der Teilnehmer folgenden Text auf:

"Der Obmann FR eröffnet die Sitzung, begrüßt die Erschienenen und stellt fest, dass sämtliche Mitglieder des Verwaltungsausschusses anwesend sind und dieser somit beschlussfähig ist.

Die Urbarialgemeinde nimmt das ihr zustehende

1. Vorkaufsrecht in Anspruch (sh. Beschluss d. Vollversammlung).

Der Obmann berichtet, dass die (Beschwerdeführer) um die Erteilung der Zustimmung der Urbarialgemeinde W zum Erwerb der dem JF gehörigen sieben Anteile an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ 5 und 7 Anteile an agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ 6 ersucht hat. Lt. Beschl. d. Urbarial v. 24.09.1999 erwirbt Agrargemeinschaft um S 500.000,-- die sieben Anteile d. Hr. FJ."

Es folgen die Unterschriften des Obmann und der Schriftführerin.

Im Text des Protokolls findet sich folgender Satz, der jedoch durchgestrichen ist:

"Der Obmann ersucht um Abstimmung und stellt die einhellige Zustimmung der Mitglieder des Verwaltungsausschusses zum Erwerb der Anteilsrechte durch die (Beschwerdeführer) fest."

Der Satz "Lt. Beschl. d. Urbarialv. 24.09.1999 erwirbt Argargemeinschaft um S 500.000,-- die sieben Anteile d. Hr. FJ" ist in den mit Schreibmaschine verfassten Text handschriftlich eingefügt.

Dieses Protokoll wurde laut einem im Akt befindlichen Aufgabeschein Notar Dr. Z übermittelt. Der Aufgabeschein trägt den Poststempel vom 14. Oktober 1999.

Mit Eingabe vom 23. November 1999 beantragte Notar Dr. Z namens der Beschwerdeführer beim Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (AB) die agrarbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages vom 8. Oktober 1999. Er führte in dem Antrag aus, die Beschwerdeführer seien Mitglieder der Urbarialgemeinde. Mit Schreiben vom 8. Oktober 1999 sei der Urbarialgemeinde mitgeteilt worden, dass die Beschwerdeführer die Anteile von JF erworben hätten. Das Schreiben samt dem dazugehörigen Kaufvertrag habe der Obmann der Urbarialgemeinde am 11. Oktober 1999 übernommen und die Übernahme am Übernahmsschein bestätigt. Am 22. November 1999 sei die Sechswochenfrist abgelaufen, ohne dass die Agrargemeinschaft erklärt habe, die Agraranteile selbst erwerben zu wollen.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 1999 teilte die AB dem Obmann der Urbarialgemeinde mit, dass JF mit Kaufvertrag vom 8. Oktober 1999 die ihm gehörigen je sieben Anteile an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ 5 und 7 an die Beschwerdeführer verkauft habe. Die Urbarialgemeinde werde eingeladen, bis spätestens 31. Dezember 1999 bekannt zu geben, ob die Beschwerdeführer bereits Teilhaber an der Urbarialgemeinde seien. In diesem Fall möge bekannt gegeben werden, ob die Urbarialgemeinde von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch mache.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 teilte der Obmann der Urbarialgemeinde der AB mit, betreffend den Rückkauf der Anteile des JF werde auf den bereits gefassten Beschluss der außerordentlichen Vollversammlung (vom 24. September 1999) verwiesen. Auf Grund dieses Beschlusses sei JF angeschrieben worden, dass die Urbarialgemeinde die Anteile um einen Preis von S 500.000,-- kaufe. Innerhalb der Auflagefrist des Beschlusses sei von den Beschwerdeführern kein Einspruch gegen diesen Beschluss erhoben worden. Die Urbarialgemeinde sei weiterhin daran interessiert, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen.

Mit Schreiben vom 5. Jänner 2000 teilte die AB dem Beschwerdeführer mit, dass die agrarbehördliche Genehmigung zur Übertragung der Anteile nicht erteilt werden könne, weil die Urbarialgemeinde bekannt gegeben habe, dass sie weiterhin gewillt sei, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen.

Dazu äußerte sich Notar Dr. Z im Namen der Beschwerdeführer in einem Schriftsatz vom 12. Jänner 2000 dahingehend, dass sich die Urbarialgemeinde zu dem allein relevanten Kaufvertrag zwischen den Beschwerdeführern und JF vom 8. Oktober 1999 innerhalb der ihr zustehenden Frist nicht geäußert habe. Sie habe daher ihr Vorkaufsrecht nicht in Anspruch genommen.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2000 versagte die AB gemäß § 56 des Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970 (FLG) den Beschwerdeführern die agrarbehördliche Genehmigung der Übertragung der bei der EZ 37, GB W, ersichtlich gemachten je sieben Anteile an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ 5 und 6.

Begründet wird diese Entscheidung damit, die Urbarialgemeinde habe mit Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999 unter Berufung auf den Beschluss der Vollversammlung vom 24. September 1999 von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Sie machten geltend, der Beschluss der Vollversammlung der Urbarialgemeinde vom 24. September 1999 könne nicht als Geltendmachung des Vorkaufsrechtes angesehen werden, weil er sich auf einen bloßen Vertragsentwurf beziehe, der außerdem nicht die Partner des Vertrages vom 8. Oktober 1999 betreffe, sondern in dem als Käufer FP aufscheine, der gar kein Mitglied der Urbarialgemeinde sei. Zum Kaufvertrag zwischen den Beschwerdeführern und JF vom 8. Oktober 1999 aber habe sich die Agrargemeinschaft nicht innerhalb der Sechswochenfrist ordnungsgemäß geäußert, obwohl ihr dieser Kaufvertrag angezeigt worden sei. Der am 12. Oktober 1999 vom Verwaltungsausschuss gefasste Beschluss sei rechtsunwirksam, weil der Verwaltungsausschuss hiefür unzuständig gewesen sei. Überdies seien im Protokoll Passagen durchgestrichen und durch andere Passagen ergänzt worden; dies offenbar zu einem Zeitpunkt, da ein Teil der Mitglieder des Verwaltungsausschusses gar nicht mehr anwesend gewesen sei. Selbst wenn man aber von einer Wirksamkeit des Beschlusses des Verwaltungsausschusses ausgehe, stelle er keine ordnungsgemäße Geltendmachung des Vorkaufsrechts dar, da er sich auf einen Kaufpreis von S 500.000,-- beziehe, während der Kaufvertrag zwischen den Beschwerdeführern und JF einen Kaufpreis von S 600.000,-- vorsehe. Die Urbarialgemeinde habe auch nicht ordnungsgemäß erklärt, die Anteilsrechte selbst erwerben zu wollen. Die Übermittlung des Protokolls des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999 sei keine formelle Erklärung im Sinne des Gesetzes. Überdies komme im Protokoll des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999 zum Ausdruck, dass der Verwaltungsausschuss nicht selbst den Beschluss gefasst habe, die Anteile zu erwerben, sondern es werde auf einen Beschluss der Vollversammlung vom 24. September 1999 Bezug genommen. Da aber zu letztgenanntem Zeitpunkt der Kaufvertrag vom 8. Oktober 1999 noch gar nicht vorgelegen sei und darüber hinaus auch ein nicht mit dem Kaufvertrag übereinstimmender Kaufpreis angeführt worden sei, seien die Beschwerdeführer durch den Erhalt des Protokolls vom 14. Oktober 1999 nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Urbarialgemeinde ihr Vorkaufsrecht in Anspruch nehme.

In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wurde auch die Frage erörtert, wie es zur Streichung von Passagen im Protokoll des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999 und zur Einfügung neuer Passagen gekommen sei. Dazu erklärten die Vertreter der Urbarialgemeinde, es sei der von Notar Dr. Z übermittelte vorgeschlagene Protokollentwurf verwendet worden. Daher sei die Passage über die "positive Entscheidung" des Verwaltungsausschusses durchgestrichen und die tatsächliche Entscheidung des Verwaltungsausschusses dazu handschriftlich ergänzt worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. November 2001 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.

In der Begründung ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

Im Rahmen der Vollversammlung der Urbarialgemeinde am 24. September 1999 sei entsprechend Tagesordnungspunkt 2. der Rückkauf von Anteilen des JF um einen Kaufpreis von S 500.000,-- mit 2/3-Mehrheit beschlossen worden. Laut Protokoll dieser Versammlung habe sich der Obmann auf einen Kaufvertrag von Notar Dr. Z betreffend den Verkauf von sieben Anteilen an EZ 5 und EZ 6 bezogen. Laut JF handle es sich um einen Kaufvertragsentwurf, der noch nicht unterzeichnet und beglaubigt gewesen sei. Der Vertragsentwurf sei von FP, der nicht Mitglied der Urbarialgemeinde sei, an diese herangetragen bzw. dem Obmann übergeben worden.

Der Beschluss sei vom 28. September 1999 bis 14. Oktober 1999 zur Einsichtnahme aufgelegen.

Laut Schreiben des Notars Dr. Z vom 8. Oktober 1999 an den Obmann der Urbarialgemeinde habe JF mit Kaufvertrag vom 8. Oktober 1999 seine sieben Anteile an die Beschwerdeführer um einen Kaufpreis von S 600.000,-- veräußert.

Das Schreiben sei vom Obmann der Urbarialgemeinde übernommen worden.

Die Käufer seien Mitglieder der Urbarialgemeinde.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, es sei unbestritten, dass die Käufer der Anteilsrechte, nämlich die Beschwerdeführer, Mitglieder der Urbarialgemeinde seien. Die beabsichtigte Übertragung der Anteilsrechte sei mit Schreiben des Notars Dr. Z vom 8. Oktober 1999 an den Obmann der Urbarialgemeinde angezeigt worden. Innerhalb der Sechswochenfrist sei von der Urbarialgemeinde das Protokoll einer Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999, unterschrieben vom Obmann der Urbarialgemeinde, mit Aufgabeschein vom 14. Oktober 1999 Notar Dr. Z übermittelt worden. Aus diesem Protokoll gehe hervor, dass die Urbarialgemeinde auf Grund eines Beschlusses der Vollversammlung vom 24. September 1999 ihr Vorkaufsrecht in Bezug auf die Anteilsrechte ausüben bzw. diese Anteilsrechte erwerben wolle. Bei der Vollversammlung am 24. September 1999 habe die Urbarialgemeinde beschlossen, die Anteilsrechte zurückkaufen zu wollen. Anlass für diesen Beschluss habe nicht der Kaufvertrag zwischen JF und den Beschwerdeführern, sondern ein offenbar ursprünglich beabsichtigter Verkauf an FP, der kein Mitglied der Urbarialgemeinde sei, gebildet.

Der Auffassung der Beschwerdeführer, die Urbarialgemeinde habe nicht von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht, könne nicht gefolgt werden. Am 24. September 1999 habe die Vollversammlung der Urbarialgemeinde den Erwerb ("Rückkauf") der Anteilsrechte beschlossen. Dieser Beschluss sei zum Zeitpunkt der Anzeige des Kaufvertrages zwischen JF und den Beschwerdeführern weiter aufrecht gewesen. Er beziehe sich konkret auf die verfahrensgegenständlichen Anteilsrechte und sei nicht auf den Fall des Verkaufes durch JF an FP eingeschränkt. Laut dem Protokoll über die Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999 nehme dieser ausdrücklich Bezug auf den weiter aufrechten Beschluss der Vollversammlung vom 24. September 1999, die verfahrensgegenständlichen Anteilsrechte zurückkaufen zu wollen. Dieses vom Obmann der Urbarialgemeinde, der die Agrargemeinschaft nach Außen vertrete, gefertigte Protokoll sei innerhalb der Sechswochenfrist der anzeigenden Person Notar Dr. Z übermittelt worden. Die Urbarialgemeinde habe daher fristgerecht unter Hinweis auf den Beschluss vom 24. September 1999 erklärt, die verfahrensgegenständlichen Anteilsrechte selbst erwerben zu wollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, die Urbarialgemeinde habe von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch gemacht. Die Begründung decke sich im Wesentlichen mit ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Urbarialgemeinde hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 56 Abs. 1 lit. a FLG ist die Übertragung von Anteilsrechten durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden, durch letztwillige Verfügungen oder im Wege der Zwangsversteigerung durch Absonderung von einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) nur mit Genehmigung der Agrarbehörde zulässig.

Nach § 56 Abs. 2 FLG ist die Übertragung von Anteilsrechten unbeschadet der Bestimmung des Abs. 3 nur zu genehmigen, wenn

a) das Anteilsrecht von einem Mitglied der Agrargemeinschaft erworben wird und die Agrargemeinschaft vom Vorkaufsrecht gemäß § 57 Abs. 1 nicht Gebrauch macht,

b) die Agrargemeinschaft als Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundbesitzes das Anteilsrecht erwirbt oder,

c) falls es von einem Nichtmitglied erworben werden soll, die Agrargemeinschaft zustimmt. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn die Übertragung an Personen erfolgen soll, die zur gesetzlichen Erbfolge nach dem Verfügenden berufen wären.

Nach § 57 Abs. 1 FLG ist die beabsichtigte Übertragung eines Anteilsrechtes an ein Mitglied der Agrargemeinschaft gemäß § 56 Abs. 2 lit. a der Agrargemeinschaft schriftlich anzuzeigen. Erklärt die Agrargemeinschaft nicht innerhalb von sechs Wochen vom Tage der Anzeige der beabsichtigten Übertragung an gerechnet, das Anteilsrecht selbst erwerben zu wollen, kann die Übertragung durchgeführt werden. Die Anzeigepflicht besteht jedoch nicht, wenn die Übertragung an Personen erfolgen soll, die zur gesetzlichen Erbfolge nach dem Verfügenden berufen wären.

Wird keine Einigung über den Übernahmspreis erzielt, so entscheidet nach § 57 Abs. 2 FLG die Agrarbehörde unter Zugrundelegung der ortsüblichen Preise.

§ 57 Abs. 1 FLG knüpft an die im § 56 leg. cit. statuierte Genehmigungspflicht für die Übertragung von Anteilsrechten an. Diese Genehmigungspflicht bezieht sich auf konkrete Rechtsgeschäfte, d.h., die Partner dieses Rechtsgeschäftes müssen feststehen. Daraus folgt, dass einerseits auch die Anzeigeverpflichtung nach § 57 Abs. 1 erster Satz FLG sich auf einen konkreten, die Partner des Rechtsgeschäftes umfassenden Übertragungsvorgang zu beziehen hat und dass andererseits die im § 57 Abs. 1 zweiter Satz FLG vorgesehene Erklärung der Agrargemeinschaft sich auch nicht bloß auf bestimmte Anteile beziehen kann, sondern immer nur auf einen konkreten, die Vertragspartner umfassenden Übertragungsvorgang. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Person desjenigen, auf den die Anteile übertragen werden sollen, für die Entscheidung der Agrargemeinschaft, ob vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden soll oder nicht, unter Umständen von entscheidender Bedeutung sein kann.

Daraus folgt für den Beschwerdefall, dass der Beschluss der Vollversammlung der Urbarialgemeinde vom 24. September 1999, die Anteile des JF erwerben zu wollen, und die Mitteilung dieses Beschlusses an JF nicht zu bewirken vermag, dass die Urbarialgemeinde in Bezug auf den in Rede stehenden beabsichtigten Übertragungsvorgang von JF an die Beschwerdeführer von ihrem Vorkaufsrecht im Sinne des § 57 Abs. 1 FLG Gebrauch gemacht hat. Dieser Beschluss und seine Mitteilung ist für den Kaufvertrag zwischen den Beschwerdeführern und JF auch deswegen nicht als Geltendmachung des Vorkaufsrechtes anzusehen, weil FP, der im Kaufvertragsentwurf, der dem Vollversammlungsbeschluss vom 24. September 1999 zu Grunde lag, kein Mitglied der Urbarialgemeinde ist und der Urbarialgemeinde daher zu diesem Zeitpunkt noch gar kein Vorkaufsrecht zustand.

Die belangte Behörde hat aber ohnehin nicht in erster Linie den Vollversammlungsbeschluss vom 24. September 1999 als Ausübung des Vorkaufsrechtes angesehen, sondern die Übermittlung des Protokolls über die Sitzung des Verwaltungsausschusses der Urbarialgemeinde vom 12. Oktober 1999, in welchem auf diesen Vollversammlungsbeschluss Bezug genommen wird, an Notar Dr. Z. Dem halten die Beschwerdeführer entgegen, die Übermittlung dieses Protokolls könne schon deswegen nicht die Ausübung des Vorkaufsrechtes darstellen, weil der Verwaltungsausschuss zur Ausübung des Vorkaufsrechtes gar nicht zuständig sei, sondern die Vollversammlung. Die Beschwerdeführer verweisen diesbezüglich auf § 8 Abs. 2 lit. d der mit Verordnung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 29. Mai 1971, kundgemacht im Landesamtsblatt für das Burgenland,

21. Stück 1971 (geändert mit Verordnung vom 2. Mai 1977, kundgemacht im Landesamtsblatt für das Burgenland, 20. Stück 1997) erlassenen Satzungen für Agrargemeinschaften (Satzungen).

Nach § 8 Abs. 2 lit. d der Satzungen obliegt der Vollversammlung die Beschlussfassung über Angelegenheiten, die über die ordentliche Verwaltung und Benützung hinaus gehen, wie Ankauf von Liegenschaften, Veräußerung und Belastung agrargemeinschaftlicher Liegenschaften und Anteilsrechte, Verpachtung für nicht landwirtschaftliche Zwecke und Verpachtung für landwirtschaftliche Nutzung für eine Pachtdauer von mehr als sechs Jahren, Verfügungen über das Stammvermögen, Aufnahme und Gewährung von Darlehen.

Es braucht für den Beschwerdefall nicht untersucht zu werden, ob § 8 Abs. 2 lit. d der Satzungen oder eine andere Bestimmung die Vollversammlung zur Beschlussfassung über die Geltendmachung des Vorkaufsrechtes nach § 57 Abs. 1 FLG beruft. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre damit noch nichts darüber ausgesagt, ob nicht trotz Fehlens eines solchen Beschlusses die Agrargemeinschaft eine rechtswirksame Erklärung über die Ausübung ihres Vorkaufsrechtes abgegeben hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich zwischen den Normen über die interne Willensbildung einer juristischen Person und der rechtswirksamen Abgabe von Erklärungen nach Außen zu unterscheiden.

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, 2671/78 (= VwSlg. 10.147/A) hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:

Ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen für juristische Personen auch des öffentlichen Rechtes können nach Außen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe vorsehen; sprechen die Normen jedoch von einer Vertretung nach Außen schlechthin, so kann nicht auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zurückgegriffen werden.

Im Erkenntnis vom 11. Juni 1981, 684/80 (= VwSlg. 10.479/A) hat der Verwaltungsgerichtshof zu einer Bestimmung der Steiermärkischen Gemeindeordnung, wonach der Bürgermeister die Gemeinde nach Außen vertritt, erklärt, wenn der Bürgermeister im Namen der Gemeinde eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhebe und mit der Vertretung einen Rechtsanwalt betraue, so könne dies, selbst wenn dem keine Beschlussfassung des im Innenverhältnis zuständigen Gemeindeorganes zu Grunde gelegen sei, nicht zu einer Zurückweisung der Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung führen.

Diese Unterscheidung zwischen interner Willensbildung und Vertretung nach Außen hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf Agrargemeinschaften übertragen.

So wurde etwa in dem zum Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 ergangenen Erkenntnis vom 21. Dezember 1994, 92/03/0157, Folgendes ausgesagt:

Da die Vertretungsbefugnis des hierin nach Außen nicht weiter beschränkten Organes einer juristischen Person von einer allenfalls im Innenverhältnis gegebenen Bindung an die Willensbildung durch andere Organe unabhängig ist, ist die Wirksamkeit des durch den Obmann einer Agrargemeinschaft, dessen Wirkungskreis sich gemäß der Satzung der Agrargemeinschaft u. a. auf die Vertretung der Gemeinschaft nach Außen erstreckt, gestellten Antrages auf Abrundung nach § 11 Kärntner Jagdgesetz 1978 von einer allfälligen Zustimmung der Vollversammlung im Innenverhältnis unabhängig.

Für den Beschwerdefall stellt sich daher die Frage, ob die Übermittlung des Protokolls über die Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999 an Notar Dr. Zetter eine außenwirksame Erklärung des zuständigen Organs der Urbarialgemeinde darstellt.

Nach § 51 Abs. 3 FLG vertritt der Obmann der Agrargemeinschaft nach Außen und führt bei den Vollversammlungen und Ausschusssitzungen den Vorsitz. Er leitet und beaufsichtigt die gesamte Verwaltung der Agrargemeinschaft und führt die von der Vollversammlung gesetzmäßig gefassten Beschlüsse durch.

Nach § 51 Abs. 4 FLG ist der Obmann zu allen Vertretungshandlungen, durch die der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten auferlegt werden, nur gemeinsam mit seinem Stellvertreter befugt.

Nach § 19 Abs. 1 lit. a der Satzungen obliegt dem Obmann die Vertretung der Agrargemeinschaft nach Außen.

Der mit "Schriftstücke der Agrargemeinschaft" überschriebene § 20 der Satzungen lautet:

"(1) Alle von der Agrargemeinschaft ausgehenden Schriftstücke müssen die Bezeichnung (z.B. Stampiglie) der Agrargemeinschaft enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift eines zeichnungsberechtigten Organes der Agrargemeinschaft versehen sein.

(2) Zur rechtsgültigen Fertigung von Schriftstücken, durch die der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten erwachsen oder die eine Verbindlichkeit beurkunden (z.B. Kauf- und Pachtverträge, Verpflichtungserklärungen), ist die eigenhändige Unterschrift des Obmannes und des Obmannstellvertreters erforderlich. Wenn einer von ihnen verhindert ist oder wenn die Stelle eines von ihnen dauernd erledigt ist, hat an dessen Stelle die Unterschrift eines weiteren Mitgliedes des Verwaltungsausschusses zu treten.

(3) Zur rechtsgültigen Fertigung anderer Schriftstücke genügt die Unterschrift des Obmannes.

(4) Urkunden über Rechtsgeschäfte, die der Beschlussfassung der Vollversammlung unterliegen, müssen sich auf den Beschluss der Vollversammlung berufen."

Vertretungshandlungen, durch die der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten auferlegt werden, können nach § 51 Abs. 4 FLG nur vom Obmann gemeinsam mit seinem Stellvertreter mit Wirksamkeit nach außen gesetzt werden. Eine solche Vertretungshandlung erfordert daher eine Erklärung, aus der für ihren Adressaten zweifelsfrei erkennbar ist, dass es sich um eine gemeinsame Willenserklärung des Obmannes und seines Stellvertreters handelt, die auf die Vornahme einer solchen Vertretungshandlung gerichtet ist.

§ 20 Abs. 2 der Satzungen regelt die Erfordernisse einer rechtsgültigen Fertigung von Schriftstücken, durch die der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten erwachsen.

In der Erklärung, vom Vorkaufsrecht in der Weise Gebrauch zu machen, dass die Anteile um den Betrag von S 500.000,-- erworben werden, ist ein Angebot zu sehen. Erklärte der Veräußerer der Anteile seine Zustimmung, wäre damit ein Vertrag zu Stande gekommen. Ob mit einer Annahme dieses Angebotes zu rechnen war oder nicht, ist für die Frage, ob ein verbindliches Angebot vorliegt, ohne Bedeutung. Die Abgabe eines solchen Angebotes wäre daher eine Vertretungshandlung, aus der der Agrargemeinschaft Verbindlichkeiten erwachsen, weil sie an dieses Angebot gebunden wäre und im Falle der Einwilligung des Veräußerers der Anteile den Kaufpreis zu entrichten hätte. Darüber hinaus könnte sogar die Zustimmung des Veräußerers durch eine behördliche Preisfestsetzung nach § 57 Abs. 2 FLG ersetzt werden.

Die in schriftlicher Form abgegebene Erklärung, vom Vorkaufsrecht zu einem Preis von S 500.000,-- Gebrauch zu machen, hätte daher zu ihrer Rechtswirksamkeit eines Schriftstückes bedurft, welches sowohl vom Obmann als auch vom Obmann-Stellvertreter unterfertigt ist und aus dem sich für den Empfänger zweifelsfrei das Vorliegen einer auf die Geltendmachung des Vorkaufsrechtes der Agrargemeinschaft gerichteten gemeinsamen Willenserklärung des Obmannes und seines Stellvertreters ergibt.

Diese Voraussetzungen erfüllt das Protokoll über die Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 12. Oktober 1999 schon deswegen nicht, weil es vom Obmann und der Schriftführerin, nicht aber vom Obmann-Stellvertreter unterfertigt ist. Die Übermittlung dieses Protokolls konnte daher nicht wirksam die Ausübung des Vorverkaufsrechtes im Sinne des § 57 Abs. 1 FLG bewirken.

Zum gleichen Ergebnis käme man aber auch dann, wenn man verneinte, dass die besagte Erklärung über die Ausübung des Vorverkaufsrechtes zu einem Preis von S 500.000,-- eine Verbindlichkeit der Urbarialgemeinde im Sinne des § 51 Abs. 4 FLG und des § 20 Abs. 2 der Satzungen begründet.

In diesem Fall käme die Außenvertretungsbefugnis des Obmannes nach § 51 Abs. 3 FLG zum Tragen.

Aus dem Protokoll lässt sich keine auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes gerichtete Willenserklärung des Obmannes entnehmen. Die Unterschrift des Obmannes und der Schriftführerin beurkunden lediglich den Ablauf der Sitzung entsprechend dem Inhalt des Protokolles, wobei unklar ist, ob bei dieser Sitzung überhaupt vom Verwaltungsausschuss oder von sonst irgendjemandem eine auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes gerichtete Willenserklärung abgegeben wurde. Der Verweis auf den Vollversammlungsbeschluss vom 24. September 1999 deutet darauf hin, dass der Verwaltungsausschuss (oder der Obmann) der Meinung war, dass das Vorkaufsrecht bereits mit diesem Vollversammlungsbeschluss ausgeübt worden sei und es daher einer neuerlichen Willenserklärung gar nicht bedürfe.

Lässt sich aber aus dem Protokoll keine auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes gerichtete Willenserklärung entnehmen, dann kann auch die - von wem auch immer veranlasste - kommentarlose Übermittlung dieses Protokolls an Notar Dr. Zetter nicht als eine solche Willenserklärung des Obmannes angesehen werden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. I Nr. 501/2001.

Wien, am 25. April 2002

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