VwGH 2002/03/0144

VwGH2002/03/01446.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des JR in S, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 8. April 2002, Zl UVS-5/10976/10-2002, betreffend Übertretung des Schifffahrtsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
SchiffahrtsG 1997 §49 Abs1;
SchiffahrtsG 1997 §53 Abs1;
SchiffahrtsG 1997 §53 Abs2;
SchiffahrtsG 1997 §72 Abs2 Z7;
VStG §22 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
SchiffahrtsG 1997 §49 Abs1;
SchiffahrtsG 1997 §53 Abs1;
SchiffahrtsG 1997 §53 Abs2;
SchiffahrtsG 1997 §72 Abs2 Z7;
VStG §22 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 22. Dezember 2000 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe in 59 im Einzelnen angeführten Fällen zwischen dem 7. Mai 2000 (von 16:25 Uhr bis 16:30 Uhr) und dem 29. August 2000 (um 16:30 Uhr) jeweils in S, Schifffahrtsanlage auf GP 9..., KG S (Anlage F), mit dem Fahrgastschiff "Z" an der Steganlage angelegt und die Fahrgäste über die Steganlage zum Schiff zu- bzw abgehen lassen, obwohl die Benützung der Steganlage mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 16. Juli 1999 rechtskräftig untersagt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 53 Abs 2 Schifffahrtsgesetz, BGBl I Nr 62/1997, in Verbindung mit § 72 Abs 2 Z 7 leg cit verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 72 Abs 1 und Abs 2 Z 7 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils S 2.000,-- (EUR 145,35) (jeweils 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen dieses Straferkenntnis Berufung an die belangte Behörde.

Bei seiner Einvernahme in der Berufungsverhandlung vom 24. September 2001 gab der Beschwerdeführer an, er sei "nicht Adressat des Bescheides", mit dem die Steganlage, an der er mit der "Z" angelegt habe, gesperrt worden sei. (Laut der Schlussäußerung des Beschwerdeführers sei der "Verbotsbescheid" an Johann Peter R gerichtet gewesen (während es sich beim Beschwerdeführer um Johann R handelt)). Er habe von der Sperre von seinem Sohn erfahren, der ihm als Grund hiefür genannt habe, dass der zweite Handlauf gefehlt habe. Den Bescheid habe der Beschwerdeführer aber nie gelesen. Im April 2000 hätten er, seine Tochter und sein Sohn beschlossen, die bestellten Fahrten zwischen S und W von Frühjahr bis Herbst 2000 trotz der Sperre durchzuführen. (Laut seiner Schlussäußerung in dieser Verhandlung habe "die R GmbH" diesen Beschluss gefasst.) Der Beschwerdeführer habe damals noch nicht gewusst, ob das Berufungsverfahren gegen den in Rede stehenden Bescheid bereits abgeschlossen gewesen sei, weshalb er auch nicht gewusst habe, ob er im Falle der Durchführung der Fahrten eine Verwaltungsübertretung begehen würde. In den "Beschluss", die bestellten Fahrten trotz der Sperre durchzuführen, sei "natürlich auch die Benützung der Steganlage inkludiert" gewesen, weil es zum damaligen Zeitpunkt keine andere Möglichkeit gegeben habe, die Gäste zu- und aussteigen zu lassen "als über den Steg, wo der Zugang gesperrt gewesen war". Auf die Frage, welche Aufträge für Schifffahrten damals schon eingelangt gewesen seien, gab der Beschwerdeführer an, "dass dies Aufträge vom Reisebüro A O aus München und vom Reisebüro E aus Wien waren. Das Reisebüro A O hatte die 'Z' für Fahrten an jedem Dienstag, Donnerstag und Sonntag von April bis Oktober reserviert". Die konkrete Anzahl an Passagieren sei dem Beschwerdeführer erst an den jeweiligen Tagen, an denen die Fahrten durchgeführt worden seien, bekannt gegeben worden. Vom Reisebüro E in Wien hätte er damals im April ein Telefax erhalten, auf dem jene Tage angeführt gewesen seien, an denen Fahrten durchgeführt werden sollten. Die Anzahl der Fahrgäste sei nicht bekannt gegeben worden. Wäre an einem der genannten Tage keine Fahrt durchgeführt worden, so hätte der Beschwerdeführer "keine Entschädigung bekommen". Eigentümer der in Rede stehenden Steganlage sei bis 30. Juni 2000 die J R GmbH gewesen, die ab 1. Juli 2000 in die R Schifffahrts-KEG umgewandelt worden sei; deren Gesellschafter seien der Beschwerdeführer, seine Tochter und ein weiterer Gesellschafter gewesen, mittlerweile sei der Beschwerdeführer aber aus der Gesellschaft ausgeschieden. Ende April oder Anfang Mai (2000) hätten sie den fehlenden Handlauf montiert, was er Mag. S. "von der Bezirkshauptmannschaft" auch mitgeteilt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei unbestritten geblieben, dass der Beschuldigte mit dem Fahrgastschiff "Z" zu den vorgeworfenen Zeiten an der Steganlage in S angelegt und es den Fahrgästen ermöglicht habe, über die Steganlage zum Schiff zu- bzw abzugehen. Es sei auch nicht in Abrede gestellt worden, dass die Benützung der Steganlage zunächst mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 11. August 1998 und in der Folge mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 16. Juli 1999 rechtskräftig untersagt worden sei. Im Untersagungsbescheid werde ausgeführt, dass der Zugang zur Steganlage nur durch Übersteigen einer etwa 50 cm hohen und 70 cm breiten Mauer möglich sei. Das Geländer der zum Übersteigen der Mauer angebrachten Stiege beginne erst 40 cm von der Mauer entfernt; es seien keine Aufstiegshilfe auf die Mauer und keine Absturzsicherung im Bereich der Mauer vorhanden. Diese fehlende Absturzsicherung habe nach Ansicht der Behörde eine große Gefahrenquelle, insbesondere für ältere und gebrechliche Menschen dargestellt, weshalb die Schifffahrtsanlage wegen dieses wesentlichen Mangels bis zur Mängelbeseitigung gesperrt worden sei. Eine Mitteilung über eine Mängelbeseitigung sei zumindest bis zum Ende des in Rede stehenden Tatzeitraumes nicht erfolgt. Auf Grund des Inhaltes des erstinstanzlichen Aktes und mangels konkreten Vorbringens des Beschuldigten sei der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Die Bestimmung des § 72 Schifffahrtsgesetz, wonach zu bestrafen sei, wer ungeachtet der Untersagung des Betriebes einer Schifffahrtsanlage diese weiter betreibt oder benützt, richte sich an jeden Benützer der Anlage, sodass der "Tatvorwurf somit keine Feststellungen darüber (erfordert), in welcher Eigenschaft der Beschuldigte gehandelt hat". Zum Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, bei den gegenständlichen Übertretungen handle es sich um ein fortgesetztes Delikt, führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe zwar in der Berufungsverhandlung angegeben, im April 2000 einen "Familienbeschluss" mit seiner Tochter und seinem Sohn gefasst zu haben, von Frühjahr bis Herbst 2000 die bestellten Schifffahrten zwischen S und W unter Benützung der Steganlage durchzuführen. Aus den Aussagen des Beschwerdeführers sei abzuleiten, dass er vorgehabt habe, die Steganlage bei jeder sich bietenden Gelegenheit von Frühjahr bis Herbst 2000 zu benützen, wobei er auch die Begehung von Verwaltungsübertretungen für möglich gehalten und in Kauf genommen habe (somit treffe ihn jedenfalls ein Verschulden - in Form eines dolus eventualis - an den einzelnen Übertretungen), es sei dem Beschwerdeführer aber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er im April 2000, als der "Familienbeschluss" gefasst worden sei, von den gegenständlichen Fahrten bereits Kenntnis gehabt habe, weshalb auch der angestrebte Enderfolg nicht festgestanden sei. Es sei auch wesentlich, dass bei den jeweiligen einzelnen Fahrten nicht dieselben Fahrgäste transportiert worden seien, weshalb durch die einzelnen Benützungen der Steganlage die Gesundheit verschiedener Fahrgastgruppen gefährdet gewesen sei. Somit liege die von Lehre und Rechtsprechung zur Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes bei Gefährdung oder Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter wie Leben, Ehre oder Gesundheit geforderte Identität des Angriffsobjektes bei den gegenständlichen Übertretungen nicht vor. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde u.a. aus, der Unrechtsgehalt der Übertretung sei nicht unbeträchtlich, zumal Benützer der Steganlage auf Grund der Sicherheitsmängel in ihrer Gesundheit gefährdet gewesen seien.

Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer rügt die Unzuständigkeit der belangten Behörde mit der Begründung, seine Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 22. Dezember 2000 sei am 15. Jänner 2001 bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung eingelangt, weshalb die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid gemäß § 51 Abs 7 VStG binnen 15 Monaten ab Einlangen der Berufung, sohin bis zum 15. April 2002 erlassen hätte müssen. Der angefochtene Bescheid sei seinen ausgewiesenen Rechtsvertretern aber erst am 6. Mai 2002 zugestellt worden. Diese hätten zuvor am 12. April 2002 lediglich zwei leere (unbedruckte) Telefaxnachrichten erhalten, die offenbar von der Telefaxnummer der belangten Behörde abgesendet worden seien.

Mit diesem Einwand ist der Beschwerdeführer nicht im Recht:

Nach § 51d VStG ist die Verwaltungsbehörde, die den vor dem unabhängigen Verwaltungssenat angefochtenen Bescheid erlassen hat - im vorliegenden Fall die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung -, Partei im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat. Das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist daher ein Mehrparteienverfahren. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung ist in einem Mehrparteienverfahren ein Bescheid bereits mit seiner Zustellung an eine der Verfahrensparteien erlassen. Ist daher der angefochtene Bescheid noch innerhalb der Frist des § 51 Abs 7 VStG an die Erstbehörde als einer Partei des Verfahrens vor der belangten Behörde zugestellt worden, so ist dieser Bescheid als erlassen anzusehen und damit die mit der Versäumung der genannten Frist verbundene Rechtsfolge der Aufhebung des erstbehördlichen Bescheides mit anschließender Einstellung des Verwaltungsverfahrens vermieden (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 22. Juli 1997, Zl 96/13/0192).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde - worauf sie in ihrer Gegenschrift zutreffend hingewiesen hat - den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung als erstinstanzlicher Verwaltungsstrafbehörde am 12. April 2002 per Telefax zugestellt. Bereits durch diese Zustellung wurde der angefochtene Bescheid innerhalb der Frist des § 51 Abs 7 VStG (diese endete am 15. April 2002) erlassen. Die belangte Behörde nahm daher - selbst im Fall des Zutreffens der in der Beschwerde geschilderten Übermittlungsfehler bei den Telefaxsendungen an die bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers - zu Recht ihre Zuständigkeit in Anspruch, über die Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis zu entscheiden.

2. Die für den Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Schifffahrtsgesetzes, BGBl I Nr 62/1997 (SchFG), lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten als (...)

19. 'Schifffahrtsanlage': Anlage, die unmittelbar Zwecken der Schifffahrt dient (zB Hafen, Lände, Schleuse, Fähranlage, Schiffumschlagsanlage, Versorgungsanlage, Sportanlage); eine Anlage an Land, die nur mittelbar Zwecken der Schifffahrt dient (zB Tanklager, Lagerhaus, Werkstätte), ist keine Schifffahrtsanlage; (...)

21. 'Landungsplatz': jeder Platz, an dem eine mechanische Verbindung zwischen einem Fahrzeug oder Schwimmkörper und dem Ufer hergestellt wird"

"3. Teil

Schifffahrtsanlagen

(...)

2. Hauptstück

Verfahren

Bewilligungspflicht

§ 47. (1) Die Errichtung einer neuen Schifffahrtsanlage, die Wiederverwendung einer früheren Schifffahrtsanlage nach Erlöschen oder Widerruf der Bewilligung sowie die wesentliche Änderung einer bestehenden Schifffahrtsanlage bedürfen einer Bewilligung. (...)

Antrag

§ 48. Wer eine bewilligungspflichtige Schifffahrtsanlage neu errichten, wiederverwenden oder wesentlich ändern will, hat bei der Behörde die Erteilung einer Bewilligung zu beantragen (Bewilligungswerber). (...)

Erteilung der Bewilligung

§ 49. (1) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn bestehende Rechte (Abs. 3) nicht entgegenstehen, eine nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 erforderliche Bewilligung erteilt wurde und Bedacht genommen wurde auf

  1. 1. die Erfordernisse der Schifffahrt (Abs. 4),
  2. 2. die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere der Reinhaltung der Gewässer und der Luft, soweit sie nicht in anderen nach bundesgesetzlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Verfahren, insbesondere im Wasserrechtsverfahren, zu berücksichtigen sind,
  3. 3. öffentliche Interessen (Abs. 5),
  4. 4. zwischenstaatliche Vereinbarungen über die Schifffahrt,
  5. 5. die Bestimmungen über Bau, Ausgestaltung, Erhaltung, Benützung und Betrieb von Schifffahrtsanlagen (§ 58) sowie

    6. die Erfordernisse des Arbeitnehmerschutzes.

(2) Die Behörde kann die Bewilligung zur Erfüllung der Voraussetzungen des Abs. 1 unter entsprechenden Bedingungen, Auflagen und Einschränkungen sowie unter Festsetzung der Verwendungszwecke (Widmung) erteilen.

(3) (...)

(4) Erfordernisse der Schifffahrt sind:

  1. 1. die Sicherheit der Schifffahrt;
  2. 2. auf Wasserstraßen darüber hinaus die Ordnung der Schifffahrt und die Flüssigkeit des Verkehrs der gewerbsmäßigen Schifffahrt.

(5) Öffentliche Interessen sind:

  1. 1. die Sicherheit von Personen;
  2. 2. die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr;

    3. die Ausübung der Zollaufsicht auf Grenzgewässern und nach zollrechtlichen Bestimmungen zu Zollstraßen erklärten Wasserstraßen;

  1. 4. militärische Interessen;
  2. 5. der Betrieb von Kraftwerken;
  3. 6. die Regulierung und Instandhaltung von Wasserstraßen. (...)

    Benützungsbewilligung; Überprüfung von Schifffahrtsanlagen

§ 52. (1) Neuerrichtete oder wesentlich geänderte Schifffahrtsanlagen, die der gewerbsmäßigen Schifffahrt, anderen gewerblichen Zwecken oder Schulungszwecken dienen, dürfen nach der Anzeige über die Bauvollendung erst benützt und betrieben werden, wenn die Behörde die erstmalige Überprüfung (Erstüberprüfung) vorgenommen und die Bewilligung zur Benützung erteilt hat.

(2) Schifffahrtsanlagen gemäß Abs. 1 sind von der Behörde wiederkehrend zu überprüfen (Nachüberprüfung). (...)

(3) Die Behörde kann die diesem Teil unterliegenden Schifffahrtsanlagen jederzeit überprüfen, wenn der Verdacht besteht, dass die Anlage den Erfordernissen des § 49 Abs. 1 nicht entspricht (Überprüfung von Amts wegen

Durchführung der Überprüfung

§ 53. (1) Bei der erstmaligen Überprüfung einer Schifffahrtsanlage gemäß § 52 Abs. 1 hat sich die Behörde von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen und die Beseitigung allfälliger Mängel und Abweichungen unter Setzung entsprechender Fristen vorzuschreiben. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder entgegenstehenden Rechten nicht zuwiderlaufen oder denen die Betroffenen zustimmen, hat die Behörde über Antrag nachträglich zu bewilligen, sofern dies die Erfordernisse der Schifffahrt sowie der Reinhaltung der Gewässer und der Luft zulassen.

(2) Bei sonstigen Überprüfungen einer Schifffahrtsanlage hat die Behörde die Abstellung vorgefundener Mängel, einschließlich solcher beim Betrieb oder bei Benützung der Anlage, unter Setzung einer entsprechenden Frist vorzuschreiben, im Falle wesentlicher Mängel den Betrieb und die Benützung der Anlage bis zur Wiederherstellung der Betriebssicherheit oder bis zur Abstellung der Mängel einzuschränken oder zu untersagen und, wenn es die Wahrung der im § 49 Abs. 1 genannten Erfordernisse bedingt, die Abänderung der Betriebsvorschrift anzuordnen. Muss die Abstellung eines wesentlichen Mangels verfügt werden, so ist dessen Abstellung vom Bewilligungsinhaber der Behörde schriftlich anzuzeigen; zu einer Überprüfung an Ort und Stelle ist die Behörde nicht verpflichtet. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder entgegenstehenden Rechten nicht zuwiderlaufen oder denen die Betroffenen zustimmen, hat die Behörde über Antrag nachträglich zu bewilligen, sofern dies die Erfordernisse der Schifffahrt sowie der Reinhaltung der Gewässer und der Luft zulassen. (...)

8. Hauptstück

Schlussbestimmungen

Strafbestimmungen

§ 72. (1) Wer gegen die Vorschriften dieses Teiles oder der auf Grund dieses Teiles erlassenen Verordnungen verstößt, begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1 000 S bis zu 50 000 S (seit 1. Jänner 2002 infolge der Novelle BGBl I Nr 32/2002: 72 Euro bis 3 633 Euro) zu bestrafen.

(2) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 begeht insbesondere, wer

1. ohne Bewilligung bewilligungspflichtige Schifffahrtsanlagen neu errichtet, bestehende Schifffahrtsanlagen wesentlich ändert oder frühere Schifffahrtsanlagen nach Erlöschen oder Widerruf der Bewilligung wiederverwendet (§ 47 Abs. 1);

2. als Bewilligungsinhaber eine von der Behörde im Bewilligungsbescheid festgesetzte Bedingung, Auflage oder Einschränkung nicht einhält (§ 49 Abs. 2);

3. als Bewilligungsinhaber eine Schifffahrtsanlage nicht für den von der Behörde im Bewilligungsbescheid festgesetzten Verwendungszweck verwendet (§ 49 Abs. 2);

(...)

6. eine Schifffahrtsanlage benützt oder betreibt, bevor die Behörde die erstmalige Überprüfung vorgenommen und die Benützungsbewilligung erteilt hat (§ 52 Abs. 1);

7. ungeachtet der Untersagung des Betriebes einer Schifffahrtsanlage diese weiter betreibt oder benützt (§ 53 Abs. 2);

8. als Bewilligungsinhaber die Abstellung eines wesentlichen Mangels der Behörde nicht anzeigt (§ 53 Abs. 2);

(...)

14. Schifffahrtsanlagen nicht in einem der Bewilligung entsprechenden Zustand erhält und so betreibt, dass die Erfordernisse des § 49 Abs. 1 gewährleistet sind (§ 58 Abs. 1);

(...)

(3) Die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß Abs. 1 steht der Erlassung und Vollstreckung eines Bescheides nicht entgegen, mit dem der Auftrag erteilt wird, einen den Vorschriften dieses Teiles zuwiderlaufenden Zustand zu beseitigen.

(4) Für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens gelten die Bestimmungen des § 43."

3. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt, dass er die Schifffahrtsanlage ungeachtet der Untersagung ihres Betriebes weiter betrieben habe, sondern hat deren Benützung inkriminiert, die gemäß § 72 Abs 2 Z 7 SchFG ebenso strafbar ist wie der (Weiter-)Betrieb. Aus der Systematik des § 72 SchFG ergibt sich, dass nach Abs 2 Z 7 dieser Bestimmung jedermann strafbar ist, der ungeachtet der Untersagung des Betriebes einer Schifffahrtsanlage gemäß § 53 Abs 2 SchFG diese weiter betreibt oder benützt. Es genügt daher, dass der Bescheid, mit dem der Betrieb der Anlegestelle untersagt wurde, nur an den Betreiber ergangen ist. Der Untersagungsbescheid entfaltet daher im vorliegenden Fall nicht nur für den Betreiber Rechtswirkungen, sondern auch für den jeweiligen Benützer, der bei Nichtbeachtung der Untersagung der Benützung der Steganlage schuldhaft handelt, wenn er es unterlassen hat, sich vor der Benützung von der Zulässigkeit bzw Unzulässigkeit der Benützung der Steganlage zu vergewissern. Wusste ein Benützer nicht von der Sperre der Schifffahrtsanlage, so spielt dies somit nur auf der Ebene des Verschuldens eine Rolle (vgl zu dieser Tatbestandswirkung eines Bescheides Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 474, sowie das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2003/03/0211).

In seiner Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer die Rechtswirksamkeit des (im Instanzenzug ergangenen) Untersagungsbescheides vom 16. Juli 1999 gegenüber dem Bescheidadressaten nicht. Er bestreitet auch nicht, dass er an der Schifffahrtsanlage während der inkriminierten Zeiten angelegt und diese zum Zweck des Aus- und Zusteigens von Fahrgästen benützt hat. Ausgehend von der erfolgten Untersagung des Betriebes der Steganlage und der Strafbarkeit der Benützung einer solchen Schifffahrtsanlage gemäß § 72 Abs 2 Z 7 SchFG begegnet es daher keinen Bedenken, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer - dem die Sperre der Anlage bekannt war - der vorsätzlichen (zumindest mit dolus eventualis begangenen) Übertretung dieser Bestimmung für schuldig erkannt hat.

4.1. Der Beschwerdeführer macht aber geltend, dass es sich bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen um ein fortgesetztes Delikt gehandelt habe und er daher nicht für 59 einzelne Übertretungen innerhalb des Zeitraumes vom 7. Mai bis 29. August 2000 hätte bestraft werden dürfen.

4.2. Gemäß § 22 Abs 1 VStG sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, oder wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen.

Eine Ausnahme von diesem im Verwaltungsstrafrecht geltenden Kumulationsprinzip besteht beim sogenannten "fortgesetzten Delikt", worunter eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen verstanden wird, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1992, Zl 88/08/0181). Um von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, müssen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Einzelakte von einem einheitlich vorgefassten Willensentschluss (einem sogenannten Gesamtvorsatz) getragen sein, das heißt der Täter muss von vornherein ein bestimmtes Endziel ins Auge gefasst haben, das er durch die Begehung mehrerer Teilakte, somit schrittweise erreichen will. Von einem solchen Gesamtvorsatz kann daher nur dann gesprochen werden, wenn der Täter den erstrebten Enderfolg von Anfang an in seinen wesentlichen Umrissen erfasst hat, sodass sich die einzelnen Akte zu dessen Erreichung nur als Teilhandlungen eines (von vornherein als gewollt vorhandenen) Gesamtkonzeptes darstellen. Erst dieser innere Zusammenhang lässt die Einzelakte nur als sukzessive Verwirklichung des einheitlich gewollten Ganzen erscheinen. Demnach reicht der allgemeine Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, nicht aus, um subjektiv Fortsetzungszusammenhang zu begründen (vgl etwa das Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl 98/03/0057). Grundsätzlich wird bei der Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts - das aufgrund des geforderten Gesamtvorsatzes nur vorsätzlich begangen werden kann (vgl das Erkenntnis vom 15. März 2000, Zl 99/09/0219) - die Identität des Angriffsobjektes nicht gefordert; handelt es sich aber um höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, Ehre und Gesundheit, so ist ein Fortsetzungszusammenhang dann zu verneinen, wenn die einzelnen Angriffe gegen verschiedene Personen gerichtet worden sind (vgl das schon zitierte Erkenntnis vom 29. September 1992).

4.3. Die belangte Behörde hat der Aussage des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung, die während der Saison 2000 durchzuführenden Fahrten seien bereits im April dieses Jahres datumsmäßig bestimmt gewesen und es sei damals beschlossen worden, ungeachtet der behördlichen Untersagung die Steganlage für diese Passagierfahrten mit der "Z" während der Schifffahrtssaison 2000 zu benützen, keinen Glauben geschenkt, sondern ausgeführt, es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass er von den ihm angelasteten Fahrten bereits im April 2000, als der "Familienbeschluss" gefasst wurde, Kenntnis hatte, sodass auch der angestrebte Enderfolg nicht festgestanden sei. Darüber hinaus seien bei den einzelnen Fahrten nicht dieselben Fahrgäste transportiert worden und es liege daher keine "Identität des Angriffsobjektes" vor, sondern es sei die Gesundheit verschiedener Fahrgastgruppen gefährdet worden.

4.4. Zunächst ist der belangten Behörde entgegen zu halten, dass sie es verabsäumt hat, zu begründen, warum sie der Aussage des Beschwerdeführers, die Anzahl der Fahrten sei bereits im April 2000, als er sich zur Benützung der gesperrten Landeanlage entschlossen habe, nicht gefolgt ist. Aber auch dann, wenn die Anzahl der Fahrten im April 2000 noch nicht festgestanden sein sollte, manifestiert sich in dem von der belangten Behörde als "Familienbeschluss" bezeichneten Entschluss insofern ein Gesamtvorsatz, als es sich bei diesem "Familienbeschluss" offenbar um einen Beschluss der Eigentümer des Fahrgastschiffes "Z" gehandelt hat, während der bevorstehenden Schifffahrtssaison den Schifffahrtsbetrieb auf dem W ungeachtet der Sperre der Steganlage durchzuführen und an dem in Rede stehenden Landungsplatz anzulegen und dort Passagiere ein- und aussteigen zu lassen. Somit sollte der Schifffahrtsbetrieb während der gesamten Schifffahrtssaison unter (vorsätzlicher) Benützung der gesperrten Schifffahrtsanlage erfolgen. Der inkriminierten Benützung der Schifffahrtsanlage während der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Zeiten liegt damit ein einheitlich vorgefasster ununterbrochener Willensentschluss (ein sogenannter Gesamtvorsatz) im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes zugrunde. Damit ist im vorliegenden Fall - ebenso wie etwa beim Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage über längere Zeit ohne erforderliche Bewilligung oder der konsenslosen Beherbergung von Gästen bei Vorliegen eines entsprechenden ununterbrochenen Willensentschlusses (vgl das Erkenntnis vom 5. November 1991, Zl 91/04/0150, und die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 E 244 ff zu § 22 VStG, sowie bereits oben zitierte Judikatur) - ein fortgesetztes Delikt gegeben und nicht bloß ein allgemeiner Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen.

4.5. An dieser Beurteilung ändert auch der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand, dass bei der Benützung des Stegs jeweils verschiedene Gruppen von Passagieren gefährdet worden seien, nichts.

Die fortlaufende rechtswidrige Benützung einer nicht genehmigten Anlage unterscheidet sich von ihrem Unrechtsgehalt her nicht vom fortlaufenden rechtswidrigen Betrieb dieser Anlage, zumal - jedenfalls in der Regel - eine Benützung nur dann in Betracht kommt, wenn die Anlage auch betrieben wird. Die im vorliegenden Fall verletzte Norm stellt den Betrieb und die Benützung bestimmter Schifffahrtsanlagen unter Strafe. Bei der Bewilligung von Schifffahrtsanlagen ist auf die in § 49 Abs 1 SchFG genannten Erfordernisse, zu denen im Rahmen des öffentlichen Interesses ua auch die Sicherheit von Personen gehört, Bedacht zu nehmen, und auch die in § 53 Abs 1 leg cit genannten Mängel, die zur Untersagung des Betriebes und der Benützung bis zur Wiederherstellung der Betriebssicherheit oder bis zur Abstellung der Mängel führen, werden in der Regel solche sein, die dem § 49 Abs 1 SchFG zuwiderlaufen. Der vorliegende Straftatbestand bezieht sich aber, indem er schlechthin den Betrieb und die Benützung gesperrter Anlagen inkriminiert, nicht ausdrücklich auf die Gefährdung bestimmter Rechtsgüter, sondern hat eine anlagenbezogene - und damit nur mittelbar die Gefährdung (unter anderem) der Sicherheit von Personen betreffende - Ausprägung erfahren. Bei einer solchen anlagenbezogenen Formulierung des Straftatbestandes (Betrieb oder Benützung einer Schifffahrtsanlage trotz Untersagung) spielt es - bei Vorliegen eines entsprechenden ununterbrochenen Gesamtvorsatzes - keine entscheidende Rolle, dass bei der rechtswidrigen Benützung derselben Schifffahrtsanlage jeweils unterschiedliche Passagiere befördert worden sind.

In gleicher Weise sieht die Rechtsprechung etwa den Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage über längere Zeit ohne die erforderliche Bewilligung, die konsenslose Beherbergung von Gästen über längere Zeit und die Benützung eines Bauwerkes ohne Baubewilligung bei Vorliegen eines entsprechenden ununterbrochenen Willensentschlusses als fortgesetztes Delikt an (vgl die oben Punkt 4.4. zitierte Rechtsprechung sowie Walter/Thienel aaO E 250 und 252 zu § 22 VStG), obwohl es durch derartige Übertretungen durchaus auch zu einer Gesundheitsgefährdung jeweils verschiedener Personen kommen kann.

Daher liegt im vorliegenden Fall, bei dem es sich jeweils um die Benützung derselben Schifffahrtsanlage handelt und der Vorsatz des Täters sich darauf bezieht, diese Schifffahrtsanlage während einer im Vorhinein bestimmten Zeit (hier: während einer gesamten Schifffahrtssaison) zu benützen, ein fortgesetztes Delikt vor. Indem die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 6. September 2005

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