Normen
AVG §37;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75;
AVG §37;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer reiste - den Feststellungen des unten zitierten Urteils zufolge - am 7. Februar 1991 mit einem Flugzeug von Zürich kommend in das Bundesgebiet ein, wobei er Suchtgift, nämlich 2.721g Heroin, mit sich führte. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 6. Juni 1991 wurde er ua. deshalb nach § 12 Abs. 1 und 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Am 23. Dezember 1998 stellte er den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Sri Lanka mit der Begründung, es bestünden stichhaltige Gründe für die Annahme, dass er in seinem Heimatstaat wegen des erwähnten SG-Deliktes der Todesstrafe unterworfen sei. Eine Doppelbestrafung sei nämlich in Sri Lanka nicht ausgeschlossen. Außerdem habe er im Rahmen der gerichtlichen Voruntersuchung sämtliche Komplizen entlarvt und somit wesentlich dazu beigetragen, die gegenständliche Angelegenheit aufzuklären. Im Fall einer Abschiebung nach Sri Lanka bestehe die große Gefahr der Verfolgung durch die preisgegebenen Bandenmitglieder, sodass der Beschwerdeführer dort "doppelt" in Todesgefahr sei.
Diesen Antrag wiederholte der Beschwerdeführer anlässlich einer mit ihm am 28. September 1999 aufgenommenen Niederschrift vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark und brachte vor, dass auf Grund eines einstimmigen Regierungsbeschlusses des Parlamentes in Sri Lanka die 1976 abgeschaffte Todesstrafe wieder eingeführt worden sei, welche auch für Drogendelikte gelte. Außerdem befürchte er Repressalien von den seinerzeitigen Bandenchefs T und B, weil er über diese anlässlich seiner Verhaftung in Österreich dem Gericht und der Polizei Informationen gegeben habe.
Über Ersuchen der belangten Behörde erstattete das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, am 2. Mai 2000 eine Stellungnahme gemäß § 75 Abs. 3 erster Satz des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, mit folgendem wesentlichen Inhalt: Laut einem näher bezeichneten Gesetz sei in Sri Lanka mit der Todesstrafe oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe bedroht, wer gefährliche Drogen, ua. Heroin, herstelle. Weiters sei es gesetzwidrig, jede Art von vorbereitetem Opium (Suchtgift) durch Ceylon oder die Hoheitsgewässer oder einen Hafen von Ceylon zu befördern. Die Verhängung der Todesstrafe über eine solche Person sei nicht zwingend, sondern Ermessenssache. Seit 1977 sei die Todesstrafe nicht mehr vollstreckt worden. Gemäß einem weiteren näher bezeichneten Gesetz könne jemand, der bereits verurteilt oder freigesprochen worden sei, für dasselbe Delikt nicht mehr vor Gericht gestellt werden, solange die Verurteilung oder der Freispruch rechtskräftig sei. Sei der Straftäter in Österreich bereits rechtskräftig verurteilt worden, so sei daher eine Verurteilung von einem Gericht in Sri Lanka wegen desselben Deliktes ausgeschlossen. Die Gefahr einer Doppelbestrafung könne daher verneint werden. Bei diversen Abschiebungen von Personen tamilischer Volkszugehörigkeit nach Sri Lanka sei es mehrmals zu Verhaftungen bei der Einreise gekommen, wenn diese Personen in Verbindung zu der verbotenen LTTE gebracht worden seien. Abgelehnte Asylwerber mit ordnungsgemäßen Reisedokumenten hätten im Fall ihrer Rückkehr nach Sri Lanka nicht mit Problemen zu rechnen. Das Bundesasylamt gelange daher zur Ansicht, dass keine stichhaltigen Gründe für eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall einer Abschiebung nach Sri Lanka bestünden, weil 1. eine Bestrafung wegen einer begangenen Straftat im Ausland zu keiner Bestrafung in Sri Lanka (Doppelbestrafung) führen könne, 2. die vom Beschwerdeführer begangene Straftat nicht unter die Straftaten falle, die mit dem Tod bedroht seien und 3. in Sri Lanka die Todesstrafe seit 1977 nicht mehr vollstreckt worden sei.
Als Beweismittel führte das Bundesasylamt eine Stellungnahme der österreichischen Botschaft (richtig: eines von der österreichischen Botschaft beauftragten Rechtsanwalts) in Neu Delhi vom 27. März 2000, einen Annex zum Länderbericht Sri Lanka der schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 31. Mai 1999 und eine "Asyl-Info Amnesty International 4/1999" an.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2000 lehnte die Bundespolizeidirektion Graz in erster Instanz die begehrte Feststellung der Unzulässigkeit einer Abschiebung nach Sri Lanka ab.
In seiner Berufung vom 2. Juni 2000 gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor: Unter der heutigen Präsidentin sei der Vollzug der Todesstrafe wieder eingeführt worden; damit seien alle Verordnungen früherer Amtsinhaber obsolet. Eine Überprüfung bei seiner Rückkehr würde ans Tageslicht bringen, dass er mit einem hohen Offizier und Mitglied der LTTE eng befreundet sei. Der Beschwerdeführer würde daher sofort als LTTE-Mitglied hingestellt, obwohl er dies nicht sei, sondern die LTTE auf Grund ihres Vorgehens sogar öffentlich kritisiert habe. Weiters habe er den Kopf und Chef der Drogenmafia, nämlich T, verraten und könnte auch durch die staatlichen Behörden in Sri Lanka nicht vor der Drogenmafia geschützt werden. Man würde ihn als Widerstandskämpfer der tamilischen Miliz (als Mitglied der LTTE) betrachten, was seinen Tod bedeuten würde.
In einer Stellungnahme vom 16. November 2000 brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor: Die Drogenmafia besitze in Sri Lanka großen Einfluss und ein großes Maß an Macht. "Extralegale" Hinrichtungen seien Hauptpraxis in Sri Lanka. Tamilen seien staatlicher Verfolgung ausgesetzt. Er möchte keinesfalls die Anschläge und Gräueltaten der LTTE herabsetzen, sondern habe die LTTE auch öffentlich kritisiert, auch für ihre Rekrutierung von Kindersoldaten. Als Tamile betreffe ihn jedoch in erster Linie eine Verfolgung durch die Singhalesen. Auf Grund seiner Herkunft, seiner Vergangenheit und seines Kontaktes zur LTTE-freundlichen Drogenmafia bestünden genügend Indizien, ihn zumindest in den Dunstkreis der verbotenen LTTE, des Feindes der Regierung von Sri Lanka, zu stellen. Menschenrechte würden in Sri Lanka gegenüber Tamilen nicht geachtet, diese würden zu Tausenden deportiert, entführt oder umgesiedelt und es komme permanent zu standrechtlichen Hinrichtungen. Außerdem gelte der Beschwerdeführer für die Drogenmafia in Sri Lanka als Verräter und er sei vor dieser nicht sicher. Er sei auch auf Grund seiner Kritik an der LTTE geflohen. Wegen der sichtbaren Verbindung mit der Drogenmafia und seiner Zugehörigkeit zur tamilischen Volksgruppe habe er von den staatlichen Behörden in Sri Lanka mit Verfolgung zu rechnen.
Über neuerliche Anfrage teilte das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, am 5. Februar 2001 ergänzend mit: Am 17. August 1978 sei eine neue Verfassung in Sri Lanka verabschiedet worden und es würden die klassischen Grund- und Freiheitsrechte garantiert. Eine staatliche Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe finde nicht statt, eine innerstaatliche Fluchtalternative sei jedenfalls gegeben. Für tamilische "Europarückkehrer" bestehe nämlich eine hinreichende Verfolgungssicherheit in Colombo und Umgebung. Eine Ausnahme liege nur dann vor, wenn ursprünglich und auch bei der Rückkehr ein fortbestehender individueller LTTE-Verdacht bestehe. Nach einem zitierten Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Kassel vom 1. September 2000 bestehe die Gefahr politischer Verfolgung nur bei konkretem LTTE-Verdacht, wobei "Europarückkehrer" ohnehin in nur geringerem Umfang einem solchen Verdacht ausgesetzt seien. Schon auf Grund der mehr als zehnjährigen Abwesenheit des Beschwerdeführers aus Sri Lanka sei ein individualisierter LTTE-Verdacht, der eine regionale Verfolgungssicherheit in Frage stellen würde, nicht anzunehmen. Der Beschwerdeführer falle darüber hinaus auf Grund seines Lebensalters auch nicht unter die Gruppe der von den strengen Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen besonders betroffenen Personen. Die Sicherheitskontrollen richteten sich hauptsächlich gegen Tamilen in der Altersgruppe von 15 bis 35 Jahren.
Mit Schreiben vom 8. Februar 2001 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis und räumte ihm eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme ein. Diese Frist verstrich ungenützt.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 75 Abs. 1 FrG fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Sri Lanka gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Zur Begründung dieses Ausspruches verwies die belangte Behörde - die weitwändigen Ausführungen auf das Wesentliche zusammengefasst - auf den Inhalt der Stellungnahmen des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz. Die Gefahr einer nochmaligen Bestrafung wegen des Drogendeliktes sei zu verneinen, überdies werde die Todesstrafe seit 1977 nicht mehr vollstreckt. Es bestehe zwar ein bewaffneter Konflikt in Sri Lanka; der Beschwerdeführer habe aber eine "Binnenfluchtalternative" in der Umgebung von Colombo. Diese Verfolgungssicherheit sei zwar nicht gegeben, wenn "ursprünglich und auch bei der Rückkehr ein fortbestehender individueller LTTE-Verdacht" bestehe; nachdem der Beschwerdeführer aber die LTTE auch öffentlich kritisiert habe, stünde er nicht im Verdacht einer LTTE-Mitgliedschaft. Er sei auch nie wegen des Verdachts eines Kontaktes zur LTTE bzw. zur LTTE-freundlichen Drogenmafia verfolgt worden. Schon auf Grund der mehr als zehnjährigen Abwesenheit aus Sri Lanka sei ein individualisierter LTTE-Verdacht nicht anzunehmen. Auch die Gefahr von Racheakten seitens der Drogenmafia in Sri Lanka sei nach der zehnjährigen Abwesenheit aus Sri Lanka auf ein "kalkulierbares und vernachlässigbares Restrisiko reduziert". Es sei "unwahrscheinlich und auch kaum anzunehmen", dass den Angehörigen dieser Drogenmafia überhaupt die Rückkehr bzw. der genaue Rückkehrzeitpunkt des Beschwerdeführers bekannt würde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 75 Abs. 1 FrG hat der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG im Verfahren gemäß § 75 leg. cit. die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist nicht unmaßgeblich, ob allenfalls gehäufte Verstöße der in § 57 Abs. 1 FrG umschriebenen Art durch den genannten Staat bekannt geworden sind. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 7. April 2000, Zl. 99/21/0001.)
Die Beschwerde tritt den behördlichen Feststellungen in keiner Weise konkret entgegen. In seiner Rechtsrüge meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte von ihren Ausführungen ausgehend zum Ergebnis kommen müssen, dass unter Bedachtnahme auf seine konkrete Einzelsituation sein Leben für den Fall der Abschiebung bedroht sei und sie hätte demnach die Unzulässigkeit der Abschiebung feststellen müssen.
Mit diesen Ausführungen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ob die für bestimmte Drogendelikte zulässige Todesstrafe nunmehr auch tatsächlich vollstreckt wird, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil der Beschwerdeführer in keiner Weise konkret der auf der Beurteilung des Bundesasylamtes fußenden Feststellung der belangten Behörde entgegentritt, dass die Gefahr einer Doppelbestrafung nicht bestehe. Im Übrigen wurde von ihm in keiner Weise aufgezeigt, auf welche Weise die Behörden seines Heimatlandes überhaupt Kenntnis von seiner Straftat erlangt hätten und ob bejahendenfalls dieses Drogendelikt nach nunmehr zehn Jahren überhaupt in Evidenz gehalten wird. Eine aus dem Drogendelikt abzuleitende Gefährdung ist daher mit der belangten Behörde zu verneinen.
Auch aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Tamilen angehört, kann im Fall der Rückkehr in seinen Heimatstaat die Gefahr einer Verfolgung nicht abgeleitet werden. Er tritt nämlich den begründeten Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegen, dass für Angehörige der Gruppe der Tamilen nur dann die Gefahr einer Verfolgung bestehe, wenn diese im Verdacht stünden, Mitglieder der LTTE zu sein. Diesbezüglich wurde vom Beschwerdeführer in keiner Weise konkret behauptet, dass er vor Verlassen seines Heimatlandes wegen des Verdachts der Mitgliedschaft zur LTTE einer Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Eine solche Verfolgungsgefahr kann aktuell zwar entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht schon deswegen ausgeschlossen werden, weil er die LTTE öffentlich kritisiert habe; der Beschwerdeführer vermag eine Gefährdung aber nur aus dem behaupteten Umstand abzuleiten, dass er zu der "Drogenmafia" in Verbindung gebracht und diese der LTTE zugeordnet werde. Voraussetzung für die daraus abzuleitende Gefährdung wäre aber, dass - wie vorhin schon erwähnt - seine Drogendelikte den Behörden des Heimatlandes zur Kenntnis gebracht worden wären. Dies wird vom Beschwerdeführer aber in keiner Weise behauptet.
Als Grund für eine behauptete Gefährdung bleibt der Umstand, dass er ein führendes Mitglied dieser "Drogenmafia" verraten habe, wobei aber in keiner Weise Details angeführt werden. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie meint, dass wegen des verstrichenen Zeitraums von zehn Jahren nicht ohne Weiteres nachvollziehbar sei, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr von Angehörigen der Drogenmafia erwartet und verfolgt würde.
Letztlich versagt auch die Mängelrüge, die darin besteht, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer von den vom Bundesasylamt verwerteten Beweismitteln nicht in Kenntnis gesetzt habe. Für die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels reicht nämlich der Beschwerdehinweis nicht, der Beschwerdeführer hätte "die Unzulänglichkeit dieser Beweismittel für meine individuelle und konkrete Bedrohungssituation darlegen können".
Die belangte Behörde durfte daher zum Ergebnis gelangen, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine Gefährdung und/oder Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 18. Mai 2004
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