VwGH 2001/15/0116

VwGH2001/15/011622.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des L in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) vom 31. Mai 2001, GZ. RV 307/1-7/00, betreffend Einkommensteuer 1999, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119 Abs1;
EStG 1988 §34;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2004:2001150116.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit seiner Einkommensteuererklärung für 1999 machte der Beschwerdeführer u.a. außergewöhnliche Belastungen in Höhe tatsächlicher Kosten von rund 20.000 S anstelle des Pauschbetrages, der ihm auf Grund seiner Behinderung im Grad von 50 % zustünde, geltend und schlüsselte die Kosten in einer Beilage auf. Darunter befinden sich Kosten für einen Kuraufenthalt in Bad R in Höhe von 14.280 S (abzüglich eines Ersatzes durch den Träger der Sozialversicherung in Höhe von 973 S) und Reisekosten vom Wohnort des Beschwerdeführers nach Bad R und zurück in Höhe von 982 S. Weiters schloss er der Abgabenerklärung eine Rechnung des Kurhotels P in Bad R an, aus der hervorging, dass der Rechnungsbetrag von 14.280 S betragsmäßig im Einzelnen ausgewiesene 10 Nächtigungen mit Halbpension vom 17. bis 31. Juli 1999, 6 Teilmassagen und 4 Mal Gymnastik enthielt.

Mit Bescheid vom 30. März 2000 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Streitjahr fest, erkannte jedoch die geltend gemachten Kosten für den Kuraufenthalt samt Reisekosten als außergewöhnliche Belastung nicht an. Kurkosten könnten nur dann zu einer außergewöhnlichen Belastung führen, wenn der Kuraufenthalt im Zusammenhang mit einer Krankheit anfalle und aus medizinischen Gründen erforderlich sei. Da nur die Massagekosten und die Gymnastik bei der Sozialversicherungsanstalt zur Rückerstattung beantragt worden seien und auf Grund der geringen Anzahl von Behandlungen sowie der kurzen Dauer ("Kuraufenthalt üblicherweise mindestens 3 Wochen") gehe das Finanzamt davon aus, dass es sich um einen Erholungsurlaub gehandelt habe.

Dagegen berief der Beschwerdeführer. Einem der Berufung angeschlossenen "Befundbericht" des Kurheimes der Sozialversicherungsanstalt in P vom 10. Dezember 1998 sei zu entnehmen, dass Bewegungsübungen, Wassergymnastik und Trockengymnastik fortzusetzen seien. Es gehe also nicht nur um die geringe Anzahl von Behandlungen, sondern vor allem darum, dass im Kurhotel P in Bad R das hoteleigene Thermalbecken für die Bewegungsübungen zur Verfügung stehe. Die für 1999 beantragte Kur sei vom Träger der Sozialversicherung abgelehnt worden, weil innerhalb von fünf Jahren nur zwei Kuraufenthalte genehmigt würden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Mai 2000 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Im Fall des Beschwerdeführers sei der Kuraufenthalt nicht in einer Kuranstalt einer Krankenkasse erfolgt. Die Dauer des Aufenthaltes habe nur 14 Tage betragen. Die bei einer früheren Kur empfohlenen Bewegungsübungen seien zwar laufend fortzusetzen, dies könne aber auch in S (Wohnort des Beschwerdeführers) erfolgen. Während des Aufenthaltes des Beschwerdeführers sei kein Kurprogramm absolviert worden, wie es in den Kuranstalten der Krankenkassen üblich sei. Daher überwiege der Charakter einer Erholungsreise, deren Aufwendungen nicht abziehbar seien.

Im Vorlageantrag wendete der Beschwerdeführer ein, dass im Kurhotel P in Bad R ein Kurarzt vorhanden sei. Die Behandlungen würden von Fachpersonal durchgeführt und ärztlich überwacht werden. Der Kuraufenthalt - wenn er auch nur zwei Wochen betragen habe - stehe in direktem Zusammenhang mit seiner näher bezeichneten Krankheit. Die medizinische Indikation (Massagen, Bewegungsübungen und Unterwassergymnastik im Thermalschwimmbecken des Hotels) sei durch die Verordnung des Hausarztes und durch den Befundbericht der Sozialversicherung bereits nachgewiesen.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer auf, u. a. eine Bestätigung des Kurarztes über die jeweils erfolgten Untersuchungen am Beginn und am Ende des Kuraufenthaltes sowie den vom Kurarzt erstellten Therapieplan beizubringen.

Der Beschwerdeführer verwies mit Schriftsatz vom 25. April 2001 auf eine von ihm beigelegte "Verordnung des Hausarztes Dr. S, aus der eindeutig der Kurort Bad R hervorgeht und der Bewilligungsvermerk der (Krankenkasse( angebracht ist". Er verwies weiters auf seine festgestellte Invalidität und darauf, dass er in früheren Jahren die Aufwendungen auf Grund seiner Behinderung anerkannt erhalten habe. Schließlich lege er den Therapieplan vor. Auf einem dem Schriftsatz beigelegten "Terminplan" des Kurhotels P sind je eine Teilmassage am 19., 20., 23., 26., 28. und 29. Juli und je eine Gymnastikeinheit am 20., 23., 26. und 28. Juli 1999 eingetragen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Beim Beschwerdeführer sei 1994 eine Behinderung im Ausmaß von 50 % festgestellt worden. Laut Aktenlage würde er zumindest seit 1993 regelmäßig Aufenthalte in Bad R machen. Für das Streitjahr 1999 seien nun die (reinen) Aufenthaltskosten in einem Kurhotel in Bad R als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht worden. Der Beschwerdeführer habe auf Vorhalt der belangten Behörde eine Verordnung vom 23. Juni 1999 des Arztes Dr. S über sechs Teilmassagen und zehnmal Bewegungstherapie mit dem Zusatz "Bad R" sowie eine Ablichtung der Abrechnung des Kurhotels mit Bestätigungsstempel der Krankenkassa und deren Stempel, dass die Ersatzleistung 973 S betrage, vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe lediglich einen vom Kurhotel aufgelegten Gesundheitspass vorgelegt, in welchem zwar die einzelnen Termine der Behandlungen aufschienen, das vom Kurarzt auszufüllende und zu bestätigende Gesundheitsprotokoll jedoch leer sei. In diesem Gesundheitsprotokoll seien im Vordruck zwar drei Termine für eine kurärztliche Untersuchung vorgesehen, aber nicht ausgefüllt. Laut diesem Gesundheitspass sei vom Kurarzt offensichtlich weder ein Therapieplan erstellt noch irgendeine Untersuchung durchgeführt worden. Der Begriff "Kur" erfordere ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Da vom Beschwerdeführer der erforderliche Nachweis einer unter ärztlicher Begleitung und Aufsicht durchgeführten Kur nicht beigebracht worden sei und der Kostenersatz von 973 S der Sozialversicherung die Teilmassagen und die Gymnastik umfasse, könne die belangte Behörde die Aufenthaltskosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkennen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. 1. sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),
  2. 2. sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3),
  3. 3. sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

    Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten, noch Sonderausgaben sein.

    Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 leg. cit. dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

    Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2004, 2001/15/0027, mwN).

    Nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Kuraufenthalt führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Der Begriff "Kur" erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die der Behandlung dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig und eine andere Behandlung nicht oder kaum Erfolg versprechend ist. An den - vom Steuerpflichtigen zu führenden - Nachweis dieser Voraussetzungen müssen wegen der im allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit dienenden Erholungsreisen strenge Anforderungen gestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2004, 2001/15/0164, mwN).

    Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2004).

    Wesentlich ist weiters, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt, d.h. mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, ist und nicht bloß ein Erholungsaufenthalt, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich ist (vgl. abermals das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2004, mwN).

    Dass die von der belangten Behörde erwähnte Verordnung des Arztes Dr. S vom 23. Juni 1999 in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten ist, kann auf sich beruhen. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die behördlichen Feststellungen, dass in dem von ihm vorgelegten Gesundheitspass das vom Kurarzt auszufüllende Gesundheitsprotokoll leer geblieben, auf dem Vordruck drei Termine für eine kurärztliche Untersuchung vorgesehen, aber nicht ausgefüllt und vom Kurarzt weder ein Therapieplan erstellt noch irgendeine Untersuchung durchgeführt worden seien.

    Der Beschwerdeführer trägt vor, die bei ihm vorgenommenen therapeutischen Maßnahmen seien "der Sache nach eine kurmäßige Heilbehandlung typischer Art, doch eben mit der einzigen Ausnahme, dass die ärztliche Betreuung bei seinem behandelnden Arzt und nicht bei einem Kurarzt gelegen" sei. Sowohl die tätig gewordenen Therapeuten wie auch er selbst seien im Hinblick auf die langjährige Erfahrung mit seiner Erkrankung voll und ganz in der Lage, jederzeit zu erkennen, ob etwas Außerordentliches vorgehen würde und ärztlicher Beistand erforderlich sei. Mit diesem Vorbringen führt der Beschwerdeführer die Beschwerde nicht zum Erfolg.

    Angesichts des Umstandes, dass während des vierzehntägigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Bad R lediglich an sechs Tagen Teilmassagen und an vier dieser sechs Tage auch Gymnastik in einem "Terminplan" des Kurhotels P eingetragen ist, eine kurärztliche Untersuchung nicht stattgefunden hat und ein kurärztlicher Therapieplan nicht erstellt worden ist, kann vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie den Nachweis für einen Kuraufenthalt im oben wiedergegebenen Sinn als nicht erbracht angesehen hat.

    Dass der Aufenthalt der Gesundheit des Beschwerdeführers förderlich gewesen sei, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, reicht für die Anerkennung als Kurreise im oben dargestellten Sinn nicht aus.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 22. Dezember 2004

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