VwGH 2001/13/0108

VwGH2001/13/010823.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerden der R Ges.m.b.H in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalt-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland 1.) vom 28. Oktober 1999, Zl. RV/100-06/03/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Säumniszuschlag für die Jahre 1994 und 1995 (hg. Zl. 2001/13/0108), und 2.) vom 29. Dezember 2000, Zl. RV/298-06/2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1996 bis 1998 (hg. Zl. 2001/13/0213), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §201;
BAO §214 Abs2;
BAO §221 Abs2;
BAO §9;
EStG §22 Z2;
EStG §47;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
FamLAG 1967 §43 Abs1;
BAO §201;
BAO §214 Abs2;
BAO §221 Abs2;
BAO §9;
EStG §22 Z2;
EStG §47;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
FamLAG 1967 §43 Abs1;

 

Spruch:

1.) Der erstangefochtene Bescheid wird im Umfang seines Abspruches über die Festsetzung von Säumniszuschlägen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2.) Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag sowie die Festsetzung eines damit zusammenhängenden Säumniszuschlages strittig. Die Vorschreibung betraf die an den wesentlich (zu 100 %) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlten Geschäftsführervergütungen.

In den Berufungsschriften vom 30. August 1996 (betreffend die Abgabenvorschreibungen für die Jahre 1994 und 1995) und vom 16. September 1999 (betreffend die Abgabenvorschreibungen für die Jahre 1996 bis 1998) brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, der Geschäftsführer sei auf Grund seiner Doppelfunktion - Alleingesellschafter einerseits und Geschäftsführer andererseits - weisungsfrei. Es bestehe kein Dienstvertrag. Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer leite das Unternehmen und könne auch jederzeit Aufgaben delegieren. Er sei dem betrieblichen Organismus nicht eingegliedert, sondern diesem Organismus übergeordnet und auch nicht verpflichtet, bestimmte Arbeitstage oder -zeiten einzuhalten. Für ihn werde keine Urlaubs- und Krankenkartei geführt. Er werde weder kontrolliert noch unterliege er einer disziplinären Verantwortung. Ein Unternehmerrisiko bestehe - wie insbesondere die schwankenden Bezüge (1,533.000 S im Jahr 1994, 500.000 S in den Jahren 1995 und 1996, 600.000 S in den Jahren 1997 und 1998) zeigten. In den weiteren Verfahren ergänzte die Beschwerdeführerin zu diesem Punkt, dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer würden keine regelmäßigen Bezüge ausbezahlt, auch bestehe keine Vereinbarung darüber, dass der Geschäftsführer Anspruch auf Auslagenersatz hätte.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Eine Erfolgsabhängigkeit der Bezüge könne nicht festgestellt werden, da die Beschwerdeführerin (für die Jahre 1994 und 1995 trotz Ergehen einer Berufungsvorentscheidung, der insoweit die Wirkung eines Vorhalts zukomme) keinen Konnex der Geschäftsführerbezüge mit dem Betriebsergebnis hergestellt habe. Wie dem vorgelegten Kontoblatt "Geschäftsführerbezüge" für das Jahr 1994 entnommen werden könne, so die belangte Behörde im erstangefochtenen Bescheid weiter, seien dem Geschäftsführer "mehr oder minder in regelmäßigen Abständen" Bezüge ausbezahlt worden. Im zweitangefochtenen Bescheid wird zudem auf das Vorliegen einer Versorgungszusage gegenüber dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer vom 18. Dezember 1992 sowie auf die in den Jahren 1997 und 1998 in gleicher Höhe geleisteten Auszahlungen hingewiesen, was gegen das Tragen eines Unternehmerwagnisses spreche. Von einer Eingliederung des Geschäftsführers in den Betrieb der Beschwerdeführerin könne bei der festgestellten auf Dauer angelegten Leistungserbringung ausgegangen werden. Die übrigen von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Umstände stünden mit der fehlenden Weisungsgebundenheit in Zusammenhang und seien daher für die gegenständlich zu lösende Frage nicht von entscheidender Bedeutung.

Die Behandlung der gegen den erstangefochtenen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 15. März 2000, B 2056/99, abgelehnt und die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 9. Mai 2000 dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Den zum erstgenannten Beschwerdefall (zu Zl. 2000/13/0084) vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u. a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/0, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.

Die Behandlung der gegen den zweitangefochtenen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 11. Juni 2001, B 259/01, abgelehnt und die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 1. August 2001 dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen die angefochtenen Bescheide eingebrachten Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über die ergänzten Beschwerden erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet ein, das Gesetz stelle in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 darauf ab, dass beim Geschäftsführer sonst (also außer der gegebenenfalls hinzuzudenkenden Weisungsunterworfenheit) alle Merkmale eines Dienstverhältnisses vorlägen.

Diesem Vorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 1996, 96/15/0121, SlgNF 7118/F) entgegenzuhalten, wonach dem angesprochenen Tatbestandmerkmal des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 das Verständnis beizulegen ist, dass es - gleich wie bei jedem herkömmlichen Dienstverhältnis iSd § 47 EStG - bloß darauf ankommt, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses vorliegen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2001, G 109/00).

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, und vom 23. April 2001, 2001/14/0054, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

91.485 S. Der erstangefochtene Bescheid berufe sich ausdrücklich darauf, dass dem Geschäftsführer in "mehr oder minder" regelmäßigen Abständen Bezüge ausbezahlt worden seien und führe beispielsweise die Bezüge für Jänner und Februar 1994 in Höhe von jeweils 120.000 S an. Ausgehend von diesen im erstangefochtenen Bescheid ausdrücklich erwähnten monatlichen Zahlungen errechne sich der monatliche Dienstgeberbeitrag mit 5.400 S, womit die gesetzliche Bagatellgrenze für die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von 10.000 S nicht überschritten werde.

Gemäß § 221 Abs. 2 BAO in der für Fälligkeiten ab dem 21. Februar 1994 geltenden Fassung ist von der Festsetzung eines Säumniszuschlages abzusehen, wenn die hiefür maßgebliche Bemessungsgrundlage im Einzelfall 10.000 S nicht erreicht.

Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis (nach der ab 1994 geltenden Rechtslage) spätestens zum

15. des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.

Werden - wie im Beschwerdefall - gemäß § 201 letzter Satz BAO mehrere Abgabenschuldigkeiten derselben Art (gegenständlich von Dienstgeberbeiträgen) in einem Bescheid zusammengefasst, ist gemäß § 214 Abs. 2 BAO - nur für die Verrechnung von Zahlungen und Gutschriften auf zusammengefasst verbuchten Abgabensschuldigkeiten - als Fälligkeitstag der gesamten Abgabennachforderung der Fälligkeitstag der jüngsten zusammengefasst festgesetzten Abgabenschuldigkeit anzusehen. Diese Bestimmung trägt den verrechnungstechnischen Besonderheiten Rechnung, die sich bei bescheidmäßiger Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben ergeben. Die schuldrechtlich durch die Bestimmung des § 43 Abs. 1 FLAG angeordnete und für die Mindestbemessungsgrundlage für Säumniszuschläge gemäß § 221 Abs. 2 BAO bedeutsame Fälligkeit bleibt davon jedoch unberührt (vgl. Stoll, BAO, S. 2299; Ritz, BAO2, Tz. 8 zu § 214).

Bezogen auf den Beschwerdefall ergibt sich daraus, dass der Säumniszuschlag verwirkt ist, wenn der für den einzelnen Kalendermonat nicht rechtzeitig entrichtete Dienstgeberbeitrag den im § 221 Abs. 2 BAO genannten Betrag von mindestens 10.000 S (für Fälligkeiten ab 21. Februar 1994; zuvor 4.000 S) erreicht. Für Zwecke der Säumniszuschlagsfestsetzung ist es somit erforderlich, die zusammengefasst festgesetzten Dienstgeberbeiträge dem jeweiligen Kalendermonat zuzuordnen und sodann für das einzelne Kalendermonat das Erreichen der Mindestbemessungsgrundlage zu prüfen. Zu Recht weist die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der erstangefochtene Bescheid - anders als der Bescheid des Finanzamtes - Feststellungen über die (zum Teil) regelmäßige Gewährung von monatlichen Geschäftsführerbezügen in Höhe von 120.000 S enthält, welche angesichts eines Steuersatzes von 4,5 % mit der im Instanzenzug erfolgten Festsetzung eines Säumniszuschlages (den gesamten Nachforderungsbetrag betreffend) nicht in Einklang zu bringen sind.

Der erstangefochtene Bescheid erweist sich daher in seinem Abspruch über die Festsetzung eines Säumniszuschlages mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Aus den oben angeführten Gründen waren die Beschwerden im Übrigen jedoch gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Jänner 2002

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