VwGH 2000/12/0139

VwGH2000/12/013919.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des W in F, vertreten durch Dr. Helmut Kientzl und Dr. Gerhard Schultschik, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Pöckgasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. März 2000, Zl. 6221/5073-II/4/00, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Zusammenhang mit einer Verwendungsänderung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BDG 1979 §38 Abs5;
BDG 1979 §40 Abs2;
BDG 1979 §40;
BDG 1979 §41a Abs6;
AVG §56;
BDG 1979 §38 Abs5;
BDG 1979 §40 Abs2;
BDG 1979 §40;
BDG 1979 §41a Abs6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er war als Sachbearbeiter und zweiter Stellvertreter des Kommandanten und Angehöriger der Kriminaldienstgruppe beim Gendarmerieposten (im Folgenden: GP) L. tätig.

Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos X. (im Folgenden: LGK) vom 15. Oktober 1998 wurde er gemäß § 38 Abs. 2 BDG 1979 mit Wirksamkeit vom 1. November 1998 von Amts wegen zum GP S. versetzt und als Sachbearbeiter in Verwendung genommen. Dieser Bescheid wurde von der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom 23. April 1999 ersatzlos aufgehoben. Infolgedessen wurde die Zuteilung des Beschwerdeführers zum GP S. mit Ablauf des 30. Juni 1999 aufgehoben.

Mit LGK-Befehl vom 15. Juni 1999 wurden in weiterer Folge das Bezirksgendarmeriekommando (im Folgenden: BGK) B. und der GP L. angewiesen, den Beschwerdeführer bis auf weiteres nicht in der Kriminaldienstgruppe zu verwenden.

Mit Eingabe vom 22. Juni 1999 beantragte der Beschwerdeführer beim LGK X. hinsichtlich des schriftlichen Zusatzes in dem vorerwähnten Befehl vom 15. Juni 1999 "der Beamte ist bis auf weiteres nicht in der Kriminaldienstgruppe zu verwenden" die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Er verwies auf den vorerwähnten Bescheid der Berufungskommission vom 23. April 1999 und darauf, dass das Disziplinarverfahren gegen ihn eingestellt und er im Strafverfahren freigesprochen worden sei. Er brachte vor, dass "dieses, schon seit dem 11. 5. 1998 bestehende Verbot zur Ausübung des Kriminaldienstes" auch der EMRK widerspreche.

Mit Schriftsatz vom 5. Juli 1999 brachte der (nunmehr anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer vor, dieser Zusatz stelle ein rechtswidriges Berufsverbot dar, das u.a. dem BDG 1979 widerspreche. Er forderte das LGK auf, ihn ab sofort wieder in den Kriminaldienst zu stellen, widrigenfalls er rechtliche Schritte "in jegliche Richtung" einleiten müsste. Er sei vom Vorwurf des § 302 Abs. 1 StGB mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 21. Mai 1999 rechtskräftig freigesprochen worden. Es bestehe daher kein Grund für irgendwelche Einschränkungen seines Dienstes. Sollte er nicht bis längstens 13. Juli 1999 wieder seine frühere Position im Kriminaldienst ausüben können, stelle er (bereits jetzt) den Antrag auf Erlassung eines Bescheides.

Das LGK X. wies mit Bescheid vom 26. November 1999 den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Juli 1999 auf Erlassung eines Bescheides wegen seiner Nichtverwendung in der Kriminaldienstgruppe mit der wesentlichen Begründung zurück, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides auch dann zu verneinen, wenn eine gesetzliche Möglichkeit, wie z.B. das Remonstrationsrecht gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehen sei, ein strittiges Rechtsverhältnis zu klären.

Mit gleichem Datum wies das LGK X. den Beschwerdeführer gemäß § 44 BDG 1979 schriftlich an, der mit LGK-Befehl vom 15. Juni 1999 getroffenen Verfügung Folge zu leisten und die ihm in der Funktion des Sachbearbeiters und zweiten Stellvertreters des Kommandanten - jedoch ohne Verwendung in der Kriminaldienstgruppe - obliegenden dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

In seiner Berufung gegen den Bescheid vom 26. November 1999 brachte der Beschwerdeführer vor, im Hinblick auf die dem BGK B. und dem GP L. schriftlich erteilten Weisungen, ihn bis auf weiteres nicht in der Kriminaldienstgruppe zu verwenden, sei ein weiteres Verfahren nicht möglich, sein Remonstrationsrecht sei sohin verbraucht. Im Übrigen habe die Dienstbehörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen Feststellungsbescheid darüber zu erlassen, ob eine Angelegenheit zu den Dienstpflichten des Beamten zähle bzw. ob die Durchführung eines bestimmten Auftrages zu den gesetzlichen Dienstpflichten des Beamten gehöre. Sein rechtliches Interesse an der bescheidmäßigen Feststellung seiner Nichtverwendung in der Kriminaldienstgruppe sei daher zu bejahen. Im Übrigen gehe der Bescheid an seinem schriftlichen Antrag vom 5. Juli 1999 vorbei, weil er beantragt habe, seine Nichtverwendung in der Kriminaldienstgruppe mit Bescheid auszusprechen, d.h. dass diese Versetzung in Bescheidform erlassen werde. Das Schreiben des LGK vom 15. Juni 1999 erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides, der an ihn hätte adressiert werden müssen. Der erstinstanzliche Bescheid behandle seinen Antrag "in eine falsche Richtung". Gemäß § 40 BDG 1979 sei eine Versetzung wie im gegenständlichen Fall mit Bescheid "festzustellen"; er habe einen Anspruch auf Erlassung eines derartigen Bescheides.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. März 2000 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß §§ 56 und 59 AVG, § 44 Abs. 3 BDG 1979 iVm § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Feststellungsbescheide seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig, wenn an der Erlassung des Feststellungsbescheides kein rechtliches Interesse bestehe oder die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zu klären sei. Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der Erlassung eines Feststellungsbescheides werde auch dann verneint, wenn eine gesetzliche Möglichkeit vorgesehen sei, ein strittiges Rechtsverhältnis zu klären. Eine solche gesetzlich vorgesehene Möglichkeit sei auch das Remonstrationsrecht gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979, sodass es unzulässig sei, einen Bescheid zu erlassen, wenn das einer Konfliktlösung dienende Verfahren nach § 44 Abs. 3 leg. cit. noch nicht abgeschlossen sei.

Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, von dem auf Grund des § 44 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehenen Remonstrationsrecht gegenüber der schriftlichen Weisung des LGK Gebrauch zu machen und habe mit Schreiben vom 22. Juni 1999 die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu einem Zeitpunkt begehrt, zu dem eine andere gesetzliche Möglichkeit zur Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses, nämlich das Verfahren nach § 44 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehen gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei also noch kein Raum gewesen, über die vom Beschwerdeführer bekämpfte Weisung mit Bescheid abzusprechen. Solcherart habe die Dienstbehörde erster Instanz zu Recht das verfahrensgegenständliche Bescheidbegehren zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Beibehaltung der bescheidmäßigen Zuteilung in der Kriminaldienstgruppe und auf Erlassung eines Feststellungsbescheides verletzt.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit bringt er vor, die Rechtsansicht der belangten Behörde, er hätte das Remonstrationsrecht gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 auszuüben gehabt, sei falsch. Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 2000 sei seine Berufung gegen das Schreiben des LGK X. vom 15. Juni 1999 von der belangten Behörde selbst "als schriftliche Weisung im Sinne des § 44 Abs. 3 BDG" qualifiziert worden. Er habe sohin sein Remonstrationsrecht zur Gänze ausgeschöpft. Die Weisung, dass er bis auf weiteres nicht in der Kriminaldienstgruppe verwendet werde, sei ihm gegenüber in schriftlicher Form aufrecht erhalten worden. Inhaltlich handle es sich jedoch bei dieser Weisung um eine Versetzung, die gemäß § 38 BDG 1979 zwingend in Form eines Bescheides vorzunehmen sei (wird näher ausgeführt).

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die vom LGK getroffene Personalmaßnahme vom 15. Juni 1999 ("Nichtverwendung" des Beschwerdeführers "bis auf weiteres" in der Kriminaldienstgruppe) ist - mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 38 BDG 1979 - nicht als Versetzung, sondern als Verwendungsänderung anzusehen. Für die Anordnung einer Verwendungsänderung kommt - wie sich aus § 40 BDG 1979 ergibt - je nach den Gegebenheiten des Falles entweder das rechtstechnische Mittel des Bescheides (bei der so genannten qualifizierten Verwendungsänderung nach § 40 Abs. 2 BDG 1979) oder jenes der Weisung (bei der schlichten, d.h. allen anderen Verwendungsänderungen) in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 99/12/0323, mwH).

Nach ständiger Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts besteht dann, wenn eine Verwendungsänderung durch Weisung angeordnet wurde und der betroffene Beamte der Auffassung ist, dass diese Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten ist und daher mit Bescheid zu verfügen gewesen wäre, die Möglichkeit, bei der zuständigen Dienstbehörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Frage, ob eine qualifizierte oder lediglich eine schlichte Verwendungsänderung vorliegt, zu beantragen. Unter Bejahung dieses Feststellungsinteresses hat der Verwaltungsgerichtshof ferner im Zusammenhang mit einer Verwendungsänderung das Recht auf bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Dienstauftrages (mit diesem Inhalt) wegen der Subsidiarität dieser Feststellung gegenüber der vorher aufgezeigten Feststellungsmöglichkeit verneint (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 29. März 2000).

Der Beschwerdeführer geht in seinem Antrag von der Auffassung aus, bei der Verfügung vom 15. Juni 1999 habe es sich um eine ihm gegenüber ergangene Weisung gehandelt, welche - wie er in der Berufung näher anführte - unzulässig gewesen sei, weil die seines Erachtens damit verfügte Personalmaßnahme bescheidförmig hätte angeordnet werden müssen.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage bezieht sich der Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Juli 1999 auf eine Angelegenheit des § 40 BDG 1979.

Die Zurückweisung der erstinstanzlichen Behörde bezog sich ohne Zweifel auf diesen Antrag, betraf also gleichfalls eine Angelegenheit des § 40 BDG 1979.

Für die (funktionelle) Zuständigkeit der belangten Behörde oder der Berufungskommission (als Berufungsbehörde) ist der Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides maßgebend. Hat aber die Dienstbehörde erster Instanz eine (verfahrensrechtliche) Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag (mit dem dargelegten Inhalt) getroffen, hat sie einen Bescheid in einer Angelegenheit des § 40 BDG 1979 erlassen, die die Zuständigkeit der Berufungskommission nach § 41a Abs. 6 BDG 1979 begründete (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Jänner 1999, Zl. 97/12/0359). Es war daher die belangte Behörde zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers nicht zuständig.

Da die belangte Behörde dies verkannte und die Berufung des Beschwerdeführers abwies, belastete sie ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die vom Beschwerdeführer in der Höhe von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 19. November 2002

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