VwGH 2000/07/0043

VwGH2000/07/004310.8.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des F W in U, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Theatergasse 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 3. August 1999, Zl. 8W-Allg-188/2/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung und eines Antrages auf Bescheidzustellung in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers aussprechenden Teil wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in seinem die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Zustellung eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides beinhaltenden Teil wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 24. Juli 1997 beantragten F W sen. und Dipl.-Ing. F W jun. bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Wasserversorgungsanlage.

Die BH beraumte eine mündliche Verhandlung an.

In der Verhandlungsschrift heißt es, der Beschwerdeführer sei zur Verhandlung "als Wassserbezieher" erschienen, um abzuklären, ob er im Verfahren Parteistellung habe. Zur Feststellung, ob der Beschwerdeführer Parteistellung habe, werde das Verfahren "bis zur Entscheidung" ausgesetzt.

Weiters heißt es in der Verhandlungsschrift, vom Verhandlungsleiter werde festgehalten, dass bis zum 15. November 1997 sowohl vom Bewilligungswerber als auch vom Beschwerdeführer "Beweis zu führen ist, ob Parteistellung gegeben ist."

Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 1997 brachte der Beschwerdeführer bei der BH unter Anführung von Gründen vor, er habe im Wasserrechtsverfahren Parteistellung und erhob Einwendungen bezüglich des zur wasserrechtlichen Bewilligung beantragten Vorhabens.

Mit Bescheid vom 22. April 1998 erteilte die BH F W sen. und Dipl.Ing. F W jun. die beantragte wasserrechtliche Bewilligung.

Unter dem Datum des 12. Mai 1998 richtete die BH an den Beschwerdeführer folgendes Schreiben:

"Die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt teilt ihnen mit, dass dem Antrag des F W und des Dipl.-Ing. F W auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Wasserversorgungsanlage auf Parz. 453/9, KG Windisch, Bleiberg, stattgegeben wurde und ist ein Bewilligungsbescheid seitens der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt am 5.5.1998 ergangen.

Die Parteistellung des F W vlg. Lerschnjak wird ausgeschlossen, da sein Wasserbenutzungsrecht durch die Bauvorhaben nicht beeinträchtigt wird. Dies konnte eindeutig durch das vorgelegte Gutachten des Dipl.-Ing. H. O. vom 23.10.1997 sowie dessen anschließende Begutachtung durch einen Amtssachverständigen auf dem Gebiet des Wasserbaufaches in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 27.2.1998, Zl.: 5048/1/98/We/Ko, festgestellt werden.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme zeichne ich

mit freundlichen Grüßen

für den Bezirkshauptmann:

(Mag. J. L.)"

Der Beschwerdeführer brachte bei der BH einen an diese adressierten Schriftsatz ein, in welchem er einerseits Berufung gegen die von ihm als Bescheid betrachtete Erledigung der BH vom 12. Mai 1998 erhob und andererseits den Antrag stellte, ihm den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der BH vom 22. April 1998 zuzustellen. Im Berufungsteil dieses Schriftsatzes brachte er vor, der in die Form eines Briefes gekleidete Ausspruch der BH sei ein Bescheid, welcher ihm klar und unmissverständlich die Parteistellung abspreche. Dieser Bescheid verletze ihn in seinen Rechten. Die im Bescheid erwähnten Gutachten seien ihm nie zur Kenntnis gebracht worden. Hätte er Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, hätte er eine Reihe - näher dargestellter - Einwände vorgetragen. Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid der BH abzuändern und festzustellen, dass der Beschwerdeführer Partei im Wasserrechtsverfahren sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 3. August 1999 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers "gegen das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 12.5.1998" und den Antrag auf Zustellung des Bescheides der BH vom 22. April 1998 als unzulässig zurück.

Die Zurückweisung der Berufung wurde damit begründet, das Schreiben der BH vom 12. Mai 1998 sei kein Bescheid. Sowohl aus dem Wortlaut, in dem von einer Mitteilung die Rede sei, als auch aus dem Inhalt des Schreibens der BH ergebe sich eindeutig, dass es sich hiebei lediglich um die Mitteilung eines bereits in der Vergangenheit erfolgten Verfahrensvorganges (Ergehen eines Bewilligungsbescheides am 5. Mai 1998) handle. Auch bei dem zweiten Satz des Schreibens der BH handle es sich lediglich um die Mitteilung einer Rechtsansicht, die sich aus den dem Beschwerdeführer in der Anlage zu diesem Schreiben bekannt gegebenen Gutachten ergebe. Insgesamt betrachtet handle es sich bei dem Schreiben der BH lediglich um die nachträgliche Mitteilung des Ergebnisses des mit Bescheid der BH vom 22. April 1998 abgeschlossenen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens. Seinem Inhalt nach habe dieses Schreiben lediglich informativen, nicht jedoch normativen Charakter. Die Berufungsbehörde dürfe ihre Entscheidungsbefugnis nur im Rahmen der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ausüben. Im Spruch des Bescheides der BH vom 22. April 1998 sei über die Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers nicht abgesprochen worden. Die Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers sei daher nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens gewesen. Zuständig für die Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren bei der BH betreffend F W sen. und Dipl.-Ing. F W jun. Parteistellung zukomme oder nicht, sei die BH. Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers, einen Antrag auf Zustellung des Bescheides der BH bei dieser als zuständige Wasserrechtsbehörde einzubringen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluss vom 28. Februar 2000, B 1547/99-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, VwSlg. N.F. 9.458/A).

Das Erfordernis, dass ein Bescheid einen Spruch enthalten muss, ist nicht streng formal auszulegen; vielmehr ist der normative Abspruch auch aus der Formulierung erschließbar, doch muss sich der Wille der Behörde, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, eindeutig aus der Erledigung ergeben. Aus der Erledigung muss der objektiv erkennbare Wille der Behörde hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen. Auch formlose Schreiben können Bescheide sein (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 875, 884 und 895, angeführte Rechtsprechung).

Die BH hat in ihrer Erledigung vom 12. Mai 1998 ausgesprochen, dass die Parteistellung des Beschwerdeführers ausgeschlossen wird, weil sein Wasserbenutzungsrecht durch die Bauvorhaben nicht beeinträchtigt wird. Mit dieser Erledigung hat die BH unzweideutig ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dem Beschwerdeführer die Parteistellung in einem bestimmten Verwaltungsverfahren abzuerkennen. Es liegt daher trotz des Mangels der formellen Bezeichnung ein Bescheid vor. Dass das Schreiben den Ausdruck "Mitteilung" verwendet, ändert daran nichts, schließt doch der Gebrauch dieses Wortes für sich allein nicht aus, dass eine Erledigung Bescheidcharakter hat (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 886, angeführte Rechtsprechung). Gleiches gilt für den Umstand, dass die Erledigung der BH Höflichkeitsfloskeln enthält. Höflichkeitsfloskeln können wohl im Zweifelsfall den Ausschlag zugunsten einer Auslegung dahin geben, dass kein Bescheid vorliegt; im Beschwerdefall liegt aber ein Zweifelsfall nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung auch wiederholt Erledigungen, in denen von Höflichkeitsfloskeln Gebrauch gemacht wurde, als Bescheide eingestuft (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 2000, 99/10/0202, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Dass der Ausspruch über die mangelnde Parteistellung des Beschwerdeführers nicht im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid erfolgte, sondern in einer gesonderten Erledigung, ändert weder etwas an der Bescheidqualität dieser Erledigung noch führt dies dazu, dass die Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers nicht "Sache" des Verfahrens vor der belangten Behörde war.

Da die Erledigung der BH vom 12. Mai 1998 ein Bescheid war, war die Zurückweisung der Berufung mit der Begründung, es liege kein Bescheid vor, rechtswidrig.

Zu Unrecht zurückgewiesen hat die belangte Behörde auch den Antrag des Beschwerdeführers auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides der BH vom 22. April 1998, weil dieser Antrag erkennbar an die BH gerichtet war und von dieser zu behandeln gewesen wäre (vgl. das einen ähnlich gelagerten Fall betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1996, 96/21/0041; ferner auch das Erkenntnis vom 16. April 1997, 96/21/0716).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid in seinem die Berufung des Beschwerdeführers zurückweisenden Teil als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag des Beschwerdeführers auf Zustellung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides zurückgewiesen wurde, ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Der dem Beschwerdeführer als obsiegender Partei zustehende Schriftsatzaufwand beträgt nach Art. I lit. a Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 S 12.500,--. Hiezu kommt die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG in Höhe von S 2.500,--. Dem Beschwerdeführer steht also ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt S 15.000,-- zu. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren war abzuweisen.

Wien, am 10. August 2000

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