VwGH 2000/05/0195

VwGH2000/05/019519.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Edmund Auer in Micheldorf, vertreten durch Dr. Herwig Jasbetz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Karfreitstraße 3, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. Juli 2000, Zl. 8 B-STL- 46/3/2000, betreffend Straßenbaubewilligung und Enteignung nach dem Kärntner Straßengesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Land Kärnten, Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
LStG Krnt 1991 §11;
LStG Krnt 1991 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1991 §38 Abs2;
StGG Art5;
VwRallg;
AVG §8;
LStG Krnt 1991 §11;
LStG Krnt 1991 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1991 §38 Abs2;
StGG Art5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem erfolglosen Versuch, mit dem Beschwerdeführer eine Grundabtretungsvereinbarung abzuschließen, hat die mitbeteiligte Partei mit der am 6. Juni 2000 bei der Behörde eingelangten Eingabe vom selben Tag die Durchführung der Grundeinlösungsverhandlung und Erteilung der Straßenbaubewilligung für das Bauvorhaben "Metnitztal Straße L 62, Verkehrserschließung Micheldorf" beantragt.

Über dieses Ansuchen wurde mit Kundmachung vom 13. Juni 2000 eine mündliche Verhandlung für 5. Juli 2000 anberaumt, zu der der Beschwerdeführer als Eigentümer der vom Straßenbauvorhaben beanspruchten Liegenschaften bzw. Liegenschaftsteilen geladen wurde.

In der mündlichen Verhandlung sprach sich der Beschwerdeführer gegen das Straßenbauvorhaben aus, da es weder notwendig noch zweckmäßig sei, seine landwirtschaftlichen Güter entwertet würden, und andere Varianten günstiger seien. Auch die Gemeinde Micheldorf spreche sich gegen diese Variante (bahnparallele Variante) aus, der Gendarmerieposten Friesach beurteile diese bahnparallele Variante aus Gründen der Verkehrssicherheit als ungünstig. Gleichzeitig legte der Beschwerdeführer eine von der Gemeinde Micheldorf eingeholte "raumordnerische Kurzstellungnahme" des Raumplaners D.I. J.K. vom 3. Juli 2000 vor, in dem dieser ausführte, die Neuanlage sei als problematisch zu bewerten, hochwertigste landwirtschaftliche Böden würden benötigt, das Straßensystem zur Anbindung an die B 83 erscheine "umständlich", eine Unterführung im Bereich der bereits aufgelassenen Eisenbahnkreuzung wäre dienlicher. Diese raumordnerische Kurzstellungnahme könne lediglich als Diskussionsgrundlage mit begrenzter fachlicher Relevanz Verwendung finden.

In der Verhandlung vom 5. Juli 2000 erstellte der straßenbautechnische Amtssachverständige einen Befund, wonach die ÖBB im Zusammenhang mit der Verbesserung und Modernisierung beabsichtige, aus Gründen der Sicherheit alle schienengleichen Eisenbahnkreuzungen aufzulassen und durch niveaufreie Querungen zu ersetzen. Zwischen Friesach und St. Veit verkehrten im Schnitt 160 Züge innerhalb von 24 Stunden. Die Ortschaft Micheldorf liege mit ihrem Zentrum westlich der Eisenbahnstrecke Amstetten-Tarvis, verkehrsmäßig sei die Ortschaft bis vor kurzem von der L 62 Metnitztal Straße aus über drei Zufahrten aufgeschlossen gewesen. Alle drei Zufahrten seien durch die Auflassung der Eisenbahnkreuzungen betroffen. Die verkehrsmäßige Anbindung von Micheldorf habe daher neu überlegt werden müssen; nach mehreren Besprechungen auch mit der Gemeinde Micheldorf seien schließlich drei Varianten zur Untersuchung gestanden:

1) Unter- oder Überführung der L 62 Metnitztal Straße im Bereich der Eisenbahnkreuzung,

  1. 2) bahnparallele Trasse,
  2. 3) Ausbau der Flughafen Straße.

    Nach eingehender Beschreibung der bahnparallelen Trasse führte dieser Sachverständige aus, dass für die Variante 1) Baukosten von S 14,5 Mio und ein Grundbedarf von 15.100 m2 erforderlich seien, für die Variante 2) Baukosten von S 7,25 Mio und ein Grundbedarf von 7.500 m2, und für die Variante 3) Baukosten von 18 Mio und ein Grundbedarf von 12.000 m2. Die bahnparallele Trasse sei mit Abstand die billigste Variante, durch die bahnparallele Trasse werde im Anschluss an den bahnparallelen Bereich der Verkehr über die neue Ortsanbindung durch den östlichen Ortsbereich geführt, wodurch sich verkehrstechnisch der Vorteil ergebe, dass der Verkehr von bzw. zur Ortschaft nicht über die schmale und unübersichtliche Friesacher Straße sondern direkt aus bzw. zum Ort geführt werde. Bei den beiden anderen Varianten müsste, besonders für die Verkehrsbeziehung nach Friesach, die Friesacher Gemeindestraße weiter benützt werden, wobei der Ortsbereich weiter beeinträchtigt werde. Die Anlagenverhältnisse seien bei der bahnparallelen Trasse am günstigsten, weil die Steigung maximal 3,71 % betrage, wohingegen diese Verhältnisse bei der Variante 1 auf Grund enger Kurvenradien bzw. der Steigung von rd. 8 % als ungünstig beurteilt werden müssten. Auch sei wegen der Kuppellage des Brückenbauwerkes die Sicht beeinträchtigt. Die Variante 3 (Flughafen Straße) weise, abgesehen von den hohen Kosten, den Nachteil auf, dass durch die Parallelführung der B 317 - Friesacher Straße eine Blendbeeinträchtigung gegeben sei. Auch sei die Linienführung in den Bereichen Grafendorf und Laurenzerberger Straße relativ kurvig, sodass auch bei dieser Variante im Vergleich zur bahnparallelen Trasse die Anlagenverhältnisse als ungünstig zu beurteilen seien. Die Stellungnahme der Gemeinde Micheldorf weise keinerlei verkehrstechnische Aussagen auf, sondern lediglich einen Kommentar zu den allgemeinen Begleitumständen zum Projekt der bahnparallelen Trasse. Zur Stellungnahme des D.I. J.K. sei festzuhalten, dass die Ansicht, durch die Errichtung der Überführung der Landesstraße über die Bahn an Stelle der bahnparallelen Straße würden hochwertigste landwirtschaftliche Böden geschont, nicht zutreffend sei, da für diese Variante doppelt so viel Grund wie für das vorliegende Projekt benötigt werde; dem vorgeschlagenen Bau einer Bahnunterführung könne deshalb nicht näher getreten werden, da sowohl die hiefür benötigten Baukosten als auch der weitere Erhaltungsaufwand ein Mehrfaches gegenüber dem eingereichten Projekt betragen würden.

    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Straßenbaubewilligung erteilt, gleichzeitig wurden die näher beschriebenen Grundflächen aus dem Eigentum des Beschwerdeführers enteignet und die Entschädigungssumme festgesetzt. An die Enteignung wurden "Auflagen und Festhaltungen" geknüpft.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

    Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Gemäß § 11 Abs. 1 des Kärntner Straßengesetzes 1991, LGBl. Nr. 72, bedarf die Straßenverwaltung (§ 61 Abs. 1) zur Herstellung öffentlicher Straßen einer Bewilligung der Straßenbehörde. Dies gilt nicht für Straßenverbesserungen geringfügiger Art. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Bewilligung zu erteilen, wenn die beabsichtigte Herstellung dem Verkehr gerecht wird und auf das Landschafts- und Ortsbild Bedacht nimmt. Nach § 36 Abs. 1 leg. cit. kann das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung dinglicher Rechte an solchen, im Wege der Enteignung von der Straßenverwaltung für die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen in Anspruch genommen werden.

    Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass sich aus § 11 des Kärntner Straßengesetzes 1991 keine subjektiv öffentlichen Rechte ableiten lassen; in § 9 Abs. 6 leg. cit. heißt es nämlich ausdrücklich, dass durch die Absätze 1 bis 4 dieser Bestimmung subjektive Rechte nicht begründet werden. Allerdings kann der Enteignete sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit als auch der Zweckmäßigkeit der Straßenführung seine Einwendungen im Enteignungsverfahren geltend machen. Dass § 36 Abs. 1 leg. cit. die Voraussetzungen nicht besonders nennt, kann nichts daran ändern, dass eine Enteignung nur dann durch das allgemeine Wohl gerechtfertigt ist, wenn ein konkreter Bedarf gegeben ist, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, das Objekt der Enteignung überhaupt geeignet ist, diesen Bedarf zu decken und der Bedarf anders als durch Enteignung nicht gedeckt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/05/0139, mwN).

    Auf Grund des Umstandes, dass die Eisenbahnkreuzungen im Bereich von Micheldorf aufgelassen werden sollen, ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Notwendigkeit der Erarbeitung eines Verkehrskonzeptes für Micheldorf geboten war.

    Den Ausführungen des Amtssachverständigen hinsichtlich der Abwägung der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Verkehrssicherheit der drei Varianten ist der Beschwerdeführer nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegengetreten, die "Kurzstellungnahme" des D.I. J.K. setzt sich nicht nachvollziehbar mit den anderen Varianten auseinander. Da der Beschwerdeführer den nicht als unschlüssig zu erkennenden Ausführungen des Amtssachverständigen somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, konnte die belangte Behörde mit Recht von der Notwendigkeit der baulichen Maßnahme und dem Erfordernis der Enteignung ausgehen.

    Auf das Vorbringen hinsichtlich der massiven Beeinträchtigung der Wohnqualität und der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung durch das beantragte Projekt war nicht einzugehen, weil diese Interessen weder mit der Notwendigkeit noch mit der Zweckmäßigkeit der Straßenführung im Zusammenhang stehen.

    In der Verfahrensrüge trägt der Beschwerdeführer vor, der Amtssachverständige sei befangen, weil er seitens der mitbeteiligten Partei schon der dem behördlichen Verfahren vorausgegangenen Grundeinlösungsverhandlung beigezogen war. Dieser Rüge ist entgegenzuhalten, dass der Umstand, dass ein Sachverständiger vor dem behördlichen Verfahren mit dem Projekt beschäftigt war, nicht geeignet ist, Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen zu lassen; dass ein Sachverständiger mit einem Projekt schon längere Zeit befasst ist, vermag für sich alleine keinen Befangenheitsgrund im Sinne des § 7 AVG darzustellen.

    Die Restflächen aus dem Grundstück Nr. 336/1 des Beschwerdeführers wurden ohnedies mit eingelöst, inwiefern trotz dieser Einlösung nunmehr dennoch eine konkrete "Verformung" vorliege, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Eine ungünstige "Verformung" kann auch dem Grundeinlöseplan, in dem das Detailprojekt ausgewiesen ist, nicht entnommen werden.

    Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

    Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

    Wien, am 19. Dezember 2000

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