Normen
AVG §37 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AVG §82 Abs1 idF 1998/I/158;
BauG Bgld 1997 §21 Abs6;
BauRallg;
AVG §37 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AVG §82 Abs1 idF 1998/I/158;
BauG Bgld 1997 §21 Abs6;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Strem vom 22. April 1985 wurde den Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung für den Zubau am bestehenden Wohnhaus in Moschendorf 40 erteilt. Die Beschwerdeführerin, deren Grundstück unmittelbar an das Grundstück der Erstmitbeteiligten grenzt, wurde zur Bauverhandlung nicht geladen; ihr wurde auch (im Jahre 1985) kein Baubewilligungsbescheid zugestellt.
Am 22. Oktober 1998 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 22. April 1985. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 10. Februar 1999 zugestellt, am 24. Februar 1999 hat sie gegen diesen Bescheid Berufung erhoben. Diese wurde vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 28. September 1999 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 1. Februar 1998 sei das Burgenländische Baugesetz 1997 in Kraft getreten. Da dieses Gesetz mit Ausnahme von Sonderregelungen für hier nicht in Betracht kommende bauliche Maßnahmen keine Übergangsregelung getroffen habe und die Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 i.d.F. LGBl. Nr. 11/1994, aufgehoben wurde, sei auf die vorliegende Berufung mangels entsprechender Übergangsbestimmungen bereits das Burgenländische Baugesetz 1997 anzuwenden. Zufolge des § 21 Abs. 6 dieses Gesetzes könnten im Bauverfahren übergangene Nachbarn ihre Rechte nur bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen. Auf Grund des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998, BGBl. Nr. 158/1998, seien jedoch zufolge des § 82 Abs. 7 AVG alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von näher angeführten Bestimmungen, u.a. § 42 AVG abweichen, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten. Dies gelte nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden seien. § 21 Abs. 6 BGld. BauG stelle eine von § 42 Abs. 3 AVG abweichende Regelung des Falles einer übergangenen Partei dar, die vor dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden ist und somit mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten ist. Im vorliegenden Fall liege bereits seit Jahren eine rechtskräftige Entscheidung im Sinne des § 42 Abs. 3 AVG vor, da darunter solche Entscheidungen zu verstehen seien, die gegenüber allen tatsächlich am Verfahren beteiligten Parteien, mit Ausnahme der verhinderten, unanfechtbar geworden seien. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung bereits 1985 mit Ablauf der Rechtsmittelfrist nach Zustellung an die damals dem Verfahren beigezogenen Parteien in Rechtskraft erwachsen sei, und auch die nunmehr in § 42 Abs. 3 AVG für das Auftreten übergangener Parteien festgesetzte Frist (nämlich "spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache") längst abgelaufen sei, sei die Berufung zurückzuweisen gewesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 30. Dezember 1999 abgewiesen. Sie teilte die Rechtsansicht der Berufungsbehörde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Burgenländische Baugesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1998, ist zufolge seines § 35 Abs. 1 mit 1. Februar 1998 in Kraft getreten. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung trat die Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung LGBl. Nr. 11/1994, mit Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Kraft. Übergangsbestimmungen enthält § 35 leg. cit. nur in seinen Absätzen 3, 4 und 5 für hier nicht vorliegende Baumaßnahmen. Da zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 22. April 1985 bereits die Burgenländische Bauordnung 1970 außer Kraft getreten war, war auf das Berufungsverfahren diese Burgenländische Bauordnung nicht mehr anzuwenden. Die gegenteilige Ansicht der Beschwerdeführerin findet in der Rechtslage keine Deckung.
Am 1. Jänner 1999 ist die Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 158/1998, in Kraft getreten. Nach § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung dieser Novelle traten alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von den §§ 13 Abs. 3 bis 8, 14, 18 Abs. 3 und 4, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 2 und 3, 42, 43, 44, 44a bis 44g, 59 Abs. 1 erster und zweiter Satz, 61 Abs. 1 zweiter Satz, 63 Abs. 2, 64a, 66 Abs. 1 und 2, 69 Abs. 2, 71 Abs. 1 Z. 2, 73 Abs. 2 und 3 und 76 Abs. 1 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 abweichen, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn diese Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden sind.
Das Burgenländische Baugesetz, LGBl. Nr. 10/1998, wurde am 30. Jänner 1998, somit vor dem 30. Juni 1998 kundgemacht. Ob die Bestimmung des § 21 Abs. 6 Bgld. BauG, wonach im Bauverfahren übergangene Parteien ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen können, auf Grund des Inkrafttretens der Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998 außer Kraft getreten ist, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil § 21 Abs. 6 Bgld. BauG in verfassungskonformer Auslegung nur so verstanden werden kann, dass er sich auf Fälle bezieht, in welchen der Baubeginn nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgte (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 30. April 1992, Zlen. 92/06/0047, 0059, sowie vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/06/0108). Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. April 2000, Zl. 99/05/0239, auf dessen eingehende Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass § 42 Abs. 1 und 3 AVG in der Fassung der Verfahrensgesetznovelle 1998 nur auf solche Tatbestände anzuwenden ist, die nach Inkrafttreten dieser Novelle, also nach dem 1. Jänner 1999 verwirklicht wurden. Auf Bauverhandlungen, die vor diesem Zeitpunkt abgehalten wurden, treffen diese Bestimmungen nicht zu (siehe auch das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2000, Zl. 2000/05/0052).
Die Beschwerdeführerin hat somit ihre Parteistellung nicht verloren.
Die Zurückweisung ihrer Berufung erfolgte daher zu Unrecht.
Der angefochtene Bescheid war daher auf Grund der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. Juli 2000
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