VfGH V94/2024 ua

VfGHV94/2024 ua11.3.2025

Auswertung in Arbeit

Normen

B-VG

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2025:V94.2024

 

Spruch:

I. 1. Die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Neuanlage und Einreihung des Forstbauerweges II, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 19. Oktober bis 3. November 2022, (samt Anlage) und

2. die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Aufteilung der Kosten zur Errichtung des öffentlichen Interessentenweges Forstbauerweg II, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 25. Oktober bis 9. November 2022,

werden als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebungen treten mit Ablauf des 15. September 2025 in Kraft.

III. Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für die Steiermark verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Anträgen begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Neuanlage und Einreihung des Forstbauerweges II, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 19. Oktober bis 3. November 2022, und die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Aufteilung der Kosten zur Errichtung des öffentlichen Interessentenweges Forstbauerweg II, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 25. Oktober bis 9. November 2022, ihrem ganzen Inhalt nach als gesetzwidrig aufzuheben (samt Eventualanträgen).

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Verordnungen sind hervorgehoben):

1. §§7, 8 und 45 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 (LStVG. 1964 ‑ im Folgenden: Stmk LStVG. 1964), LGBl 154 (WV), idF LGBl 80/2021 lauten auszugsweise wie folgt:

"II. Abschnitt

Einteilung der Straßen

 

§7

Gattungen von öffentlichen Straßen

 

(1) Die unter dieses Gesetz fallenden Straßen sind in folgende Gattungen eingereiht:

1.-4. […]

5. Öffentliche Interessentenwege, das sind Straßen für den öffentlichen Verkehr von örtlicher Bedeutung, die überwiegend nur den Eigentümern, Besitzern und Bewohnern einer beschränkten Anzahl an Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden (§8).

(2) […]

 

§8

Erklärung, Änderung und Endigung

 

(1) Die Einreihung (Erklärung) und Neuanlage, sowie die Auflassung einer Straße als Landesstraße (§7 Abs1 Z1) beschließt der Landtag über Antrag der Landesregierung. Die Einreihung (Erklärung) und Neuanlage sowie die Auflassung einer Zufahrtstraße, einer Eisenbahn-Zufahrtstraße oder einer Konkurrenzstraße (§7 Abs1 Z2, 2a und 3) beschließt die Landesregierung.

(2) Die Verlegung, den Umbau, die Verbreiterung oder wesentliche Verbesserung einer Landesstraße, Zufahrtstraße, Eisenbahn-Zufahrt- oder einer Konkurrenzstraße beschließt nach Maßgabe der vom Landtag hiefür bewilligten Mittel sowie der für die Konkurrenzstraße getroffenen Vereinbarung die Landesregierung.

(3) Die Einreihung, Neuanlage, Verlegung, den Umbau, die Verbreiterung und wesentliche Verbesserung sowie die Auflassung einer Gemeindestraße (§7 Abs1 Z4) sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5) erfolgt durch Verordnung der Gemeinde.

(4)-(5) […]"

 

"e) Öffentliche lnteressentenwege

(§7 Abs1 Z5)

 

§45

Herstellung und Erhaltung, Weggenossenschaften

 

(1) Die Kosten der Herstellung und Erhaltung öffentlicher Interessentenwege fallen den Liegenschaftseigentümern oder sonstigen Verkehrsinteressenten zur Last. Die Gemeinde ist jedoch verpflichtet, nach Maßgabe ihres Interesses an dem Bestand einer solchen Straße Beiträge zu leisten.

(2) Über das Ausmaß und die Art der Beitragsleistung zu den Kosten der Herstellung und Erhaltung eines öffentlichen Interessentenweges entscheidet auf Antrag oder von Amts wegen die Gemeinde.

(3) Wenn es zur Sicherstellung der Erhaltung von öffentlichen Interessentenwegen erforderlich ist, kann die Gemeinde durch Verordnung die Zusammenfassung von Beitragspflichtigen in eine öffentlich‑rechtliche Wegegenossenschaft mit der Wirkung verfügen, daß die Mitgliedschaft und damit die Pflicht zur Beitragsleistung auf den jeweiligen Besitzer der beteiligten Liegenschaft übergeht.

(4) Die Tätigkeit der öffentlich‑rechtlichen Wegegenossenschaften ist durch Satzungen zu regeln. Die Satzungen haben Bestimmungen zu enthalten über

a)-k) […]

(5) Rückständige Genossenschaftsbeiträge sind auf Ansuchen der Wegegenossenschaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes, BGBl Nr 172/1950, einzutreiben."

2. Die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Neuanlage und Einreihung des Forstbauerweges II (im Folgenden: Neuanlage-VO), kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 19. Oktober bis 3. November 2022, lautet auszugsweise (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

 

"§1

 

Zur Aufschließung des Siedlungsgebietes Attendorf/Forstbauersiedlung II wird auf den gemäß Teilungsplan des Dipl.-Ing. G.*** vom 13.04.2022, GZ4778/19, welcher einen Bestandteil dieser Verordnung bildet, neu vermessenen Grundstücken 1082/28 und 1073/2, beide Katastralgemeinde 63203 Attendorf, der öffentliche Interessentenweg Forstbauerweg II neu angelegt.

 

§2

 

Diese Verordnung tritt mit dem auf den Ablauf der zweiwöchigen Kundmachungsfrist folgenden Tag in Kraft.

 

[…]

 

Anlage

Teilungsplan des Dipl.-Ing. G.*** vom 13.04.2022, GZ4778/19

 

[…]"

 

3. Die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Aufteilung der Kosten zur Errichtung des öffentlichen Interessentenweges Forstbauerweg II (im Folgenden: Aufteilungsschlüssel‑VO), kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 25. Oktober bis 9. November 2022, lautet (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

 

"§1

Aufteilungsschlüssel Errichtungskosten

 

(1) Die insgesamt anfallenden Kosten für die Errichtung des öffentlichen Interessentenwegs Forstbauerweg II, dessen Neuanlage mit Gemeinderatsbeschluss vom heutigen Tag verordnet wurde, werden auf die Eigentümer der durch den Forstbauerweg II aufgeschlossenen Grundstücke wie folgt aufgeteilt:

a) Aufgeschlossenes Bauland: 80 % der Errichtungskosten

b) Aufgeschlossenes Freiland: 10 % der Errichtungskosten

(2) Die nach Abs1 lita und b zu tragenden Kosten werden auf die aufgeschlossenen Grundstücke im Verhältnis ihrer Flächen aufgeteilt.

(3) Die Marktgemeinde Hitzendorf trägt 10 % der Errichtungskosten.

§2

Vorschreibungszeitpunkt

 

Der Forstbauerweg II kann zunächst als Baustraße errichtet und sein Endausbau aufgeschoben werden. Nach Fertigstellung der Baustraße können die bis dahin angefallenen Errichtungskosten vorgeschrieben werden. Die verbleibenden Errichtungskosten sind nach Fertigstellung des Endausbaus vorzuschreiben.

 

§3

Inkrafttreten

 

Diese Verordnung tritt mit dem auf den Ablauf der zweiwöchigen Kundmachungsfrist folgenden Tag in Kraft."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den zu V94-95/2024 und zu V97-98/2024 protokollierten Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

Mit der Neuanlage-VO verfügte die Gemeinde Hitzendorf die Neuanlage und Einreihung des "Forstbauerweges II" als öffentlicher Interessentenweg zur Aufschließung des Siedlungsgebietes "Attendorf/Forstbauersiedlung II". Unter Zugrundelegung dieser Verordnung normierte die Gemeinde in der Aufteilungsschlüssel‑VO die Verteilung der Errichtungskosten für den öffentlichen Interessentenweg "Forstbauerweg II". Mit Bescheiden vom 13. November 2023 schrieb der Bürgermeister der Gemeinde Hitzendorf den Beschwerdeführern in den Anlassverfahren einen Kostenbeitrag iHv € 7.140,80 (im Anlassverfahren zu V94‑95/2024) und iHv € 7.580,47 (im Anlassverfahren zu V97‑98/2024) nach Fertigstellung der Baustraße zu den bisher angefallenen Kosten der Herstellung des öffentlichen Interessentenweges "Forstbauerweg II" vor und stützte sich dabei sowohl auf §45 Abs1 und 2 Stmk LStVG. 1964 als auch auf die Aufteilungsschlüssel‑VO. Die dagegen erhobenen Berufungen wies der Gemeinderat der Gemeinde Hitzendorf mit Bescheiden vom 27. Mai 2024 als unbegründet ab.

Gegen diese Bescheide erhoben die Verpflichteten Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark.

2. Aus Anlass dieser Beschwerdeverfahren stellt das Landesverwaltungsgericht Steiermark die vorliegenden Verordnungsprüfungsanträge und legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, im zu V94‑95/2024 protokollierten Antrag wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Zur NeuanlageVO

[…]

[…] Soweit Herr B[.] in der Beschwerde das Vorliegen eines Verkehrsinteresses bestreitet und behauptet, dass eine andere Trassierung des gegenständlichen Interessentenweges ohne seine Einbeziehung kostengünstiger wäre, macht er der Sache nach eine Gesetzwidrigkeit der NeuanlageVO geltend (vgl dazu auch mwN VwGH 11.10.1990, 89/06/0096 noch ergangen zur Rechtslage vor der Novelle LGBl 2016/137). Fallbezogen ist den Verordnungsakten bzw Unterlagen kein Ermittlungsergebnis zu entnehmen, wie die Behörde zum konkreten Trassenverlauf des Interessentenweges gelangt ist bzw diesen ausgewählt hat. Folglich ist den übermittelten Unterlagen auch nicht zu entnehmen, ob eine alternative Trassierung (insbesondere ohne Einbeziehung von Herrn B[.] bzw der Liegenschaften […], allesamt KG Attendorf) geprüft wurde bzw möglich gewesen wäre. Diesbezüglich fehlt eine entsprechende Grundlagenforschung. Nach dem Dafürhalten des antragstellenden Gerichts hätten derartige Ermittlungen etwa in Form eines technischen Gutachtens und/oder einer Machbarkeitsstudie zu alternativen Trassierungen getroffen werden können.

[…] Das Landesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang auch nicht, dass die Schaffung einer – objektiv – besseren und/oder weiteren Zufahrtsmöglichkeit (siehe hierzu den Katasterplan mit dem orange eingezeichneten Interessentenweg und den beiden Zufahrtsmöglichkeiten) grundsätzlich für das Vorliegen eines Verkehrsinteresses ausreicht [mwN VwGH 11.10.1990, 89/06/0096; vgl auch Dworak/Eisenberger in Dworak/Eisenberger (Hrsg), Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz2 (2018) §20 Rz 24 und §45 Rz 10 ff]. Allerdings vermag dieser Umstand alleine eine ausreichende Grundlagenforschung und entsprechende Ermittlungen vor Verordnungserlassung nicht zu ersetzen, zumal nur dadurch eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung gewährleistet wird (vgl ua VfGH 15.03.2017, V162/2015; ferner 14.02.2022, V70/2021; 09.03.2023, V260/2022 sowie 07.12.2023, V76/2023 ua, 21.09.2023, V209/2022; 15.12.2021, V229/2021).

 

Zur AufteilungsschlüsselVO

[…] Festgehalten wird, dass der Verfassungsgerichtshof §45 LStVG bereits als verfassungskonform beurteilt hat (mwN VfGH 28.06.1974, G11/74). Maßstab für die Kostenaufteilung nach dieser Gesetzesstelle ist nicht allein die Intensität der tatsächlichen Benützung des Verkehrsweges. Das Verkehrsinteresse besteht vielmehr in einer nach Art und Intensität durchschnittlichen Benützung des Verkehrsweges, wie sie eben der allgemeine Verkehr mit sich bringt, wobei die wechselseitige Abwägung von Art, Ausmaß und Intensität der Benützung des Verkehrsweges die für die Kostenaufteilung maßgebliche Relation liefert (VfGH 28.06.1974, G11/74). Im Übrigen, wurde auch die Festlegung eines Aufteilungsschlüssels in Form einer (Aufteilungsschlüssel-)Verordnung, wobei die Festsetzung in weiterer Folge mit Bescheid iSd §45 Abs2 LStVG erfolgt, für grundsätzlich zulässig erachtet (vgl mwN 18.03,1982, V20/80). Ein solches Vorgehen ist jedoch an entsprechend strenge Vorgaben geknüpft: Insbesondere müssen die für die Kostenaufteilung entscheidungsrelevanten Faktoren in jedem Einzelfall ermittelt und dargelegt werden. Ein Vergleich der Grundflächen der Verkehrsinteressenten ist für die Festlegung eines Kostenaufteilungsschlüssels somit grundsätzlich nicht ausreichend [vgl hierzu auch Dworak/Eisenberger in Dworak/Eisenberger (Hrsg), Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz2 (2018) §45 Rz 20]. Nur wenn gleichförmige Verhältnisse vorliegen, soll in Bezug auf den Aufteilungsschlüssel – anhand einer Durchschnittsbetrachtung – etwa allein auf die Größe der Grundstücke abgestellt werden können. Liegen hingegen keine gleichförmigen Verhältnisse vor – der Verfassungsgerichtshof führt hierfür beispielhaft an, dass ein Interessentenweg neben der Zufahrt zu landwirtschaftlichen Flächen und/oder Wohnbauten etwa auch als Zufahrt zu einem Steinbruch oder Hotel dienen kann –, sind entsprechende – diffizilere – Feststellungen in Bezug auf die Festlegung des Aufteilungsschlüssels erforderlich (vgl erneut VfGH 18.03.1982, V20/80 mwN; weiters VwGH 18.06.2003, 2001/06/0097 sowie 11.10.1990, 89/06/0096, jeweils mwN).

[…] Die gegenständliche AufteilungsschlüsselVO sieht für Baulandliegenschaften einen Kostenanteil von 80% sowie hinsichtlich der Freilandliegenschaften iHv 10 % der Herstellungskosten vor. Die restlichen 10 % entfallen auf die Gemeinde. Zunächst ist festzuhalten, dass den übermittelten Unterlagen kein entsprechendes (nachvollziehbares) Ermittlungsergebnis zu entnehmen ist, wie sich die diesbezüglichen prozentuellen Anteile zusammensetzen. (Erst) In den angefochtenen Kostenvorschreibungsbescheiden wird wie folgt hingewiesen: Für die Baulandliegenschaften gelte jeweils die selbe höchstzulässige Bebauungsdichte. In Bezug auf die Freilandflächen liege eine landwirtschaftliche Nutzung vor, die sich nicht wesentlich unterscheide (vgl Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Hitzendorf vom 13.11.2023, S 3 f). Aus Sicht des antragstellenden Gerichts ist es zwar naheliegend, dass die Aufschließung von Baulandliegenschaften und Wohnhäusern in der Regel ein größeres Verkehrsinteresse (und sohin einen höheren prozentualen Kostenanteil) zu begründen vermag als die Aufschließung von rein landwirtschaftlich genutzten Flächen. Allerdings ist umgekehrt auch die intensivere Nutzung durch allfällige Schwerfahrzeuge zur Bewirtschaftung, vor allem in der Land- und Forstwirtschaft (zB schwere Traktoren), zu berücksichtigen, die ihrerseits eine höhere Beitragsleistung rechtfertigt [vgl hierzu auch Dworak/Eisenberger in Dworak/Eisenberger (Hrsg), Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz2 (2018) §45 Rz 18]. Zur derartigen Abwägung, auf die der Verfassungsgerichtshof auch bereits in seiner Spruchpraxis hingewiesen hat (siehe dazu den oben genannten Hinweis auf die Nutzung als Zufahrt zu einem Steinbruch), fehlen entsprechende und nachvollziehbare Erhebungen und Ermittlungen.

[…] Fallbezogen ist den Verordnungsakten bzw Unterlagen ferner kein Ermittlungsergebnis zu entnehmen, ob und wenn ja, weshalb die Behörde (insbesondere in Bezug auf die Baulandflächen, auf die 80% der Kostenlast entfällt) von gleichförmigen Verhältnissen in Bezug auf die Festlegung des Aufteilungsschlüssels ausgeht. Dies ist insofern befremdlich, weil bereits Luftbildaufnahmen aus dem digitalen Atlas (GIS Steiermark) indizieren, dass mehrere (Bauland-)Liegenschaften (insbesondere die Grundstücke […], allesamt KG Attendorf) – hierunter auch jene von Herrn B[.] – offenkundig bereits vor Ausweisung des gegenständlichen Interessentenweges über eine Zufahrt verfügt haben. Dies deckt sich auch mit dem ausgehobenen Bauakt.

[…]

[…] Ausgehend von der fehlenden bzw unzureichenden Grundlagenforschung und dem oben dargelegten Luftbild ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts nicht

von gleichförmigen Verhältnissen (insbesondere hinsichtlich der Baulandliegenschaften) auszugehen. Wie oben bereits dargelegt […], verkennt das Landesverwaltungsgericht Steiermark dabei nicht, dass das Vorliegen einer offenbar (bestehenden) Zufahrt noch nicht das Vorliegen eines objektiven Verkehrsinteresses an einem Interessentenweg ausschließt (insbesondere aufgrund einer – objektiv – besseren und/oder weiteren Zufahrtsmöglichkeit). Allerdings ist diesfalls – verglichen mit (Bauland-)Liegenschaften, hinsichtlich derer überhaupt erst (erstmalig) eine Zufahrt geschaffen wird –, (gerade) von keinen gleichförmigen Verhältnissen auszugehen, sodass dieser Umstand bei der Festlegung der Höhe bzw des Aufteilungsschlüssels von Relevanz ist [mwN VwGH 11.10.1990, 89/06/0096; vgl auch Dworak/Eisenberger in Dworak/Eisenberger (Hrsg), Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz2 (2018) §45 Rz 20]. Nach dem Dafürhalten des antragstellenden Gerichts fehlen sohin insbesondere nachvollziehbare Ermittlungsergebnisse (etwa in Form eines Gutachtens), weshalb die Behörde hinsichtlich der (Bauland-)Liegenschaften insbesondere auf den Grundstücken […], allesamt KG Attendorf, die offenbar allesamt bereits vor Erlassung der beiden verfahrensgegenständlichen Verordnungen über eine Zufahrt verfügt haben, verglichen mit den vor Verordnungserlassung offenbar (noch) nicht mittels (gesicherter) Zufahrt aufgeschlossenen (Bauland-)Liegenschaften im Nordosten des […] abgebildeten Luftbildes, wie etwa das Grundstück […], KG Attendorf, (dennoch) von gleichförmigen Verhältnissen ausgeht. Dies umso mehr als auch der übermittelte Bebauungsplan 'Attendorf-Forstbauersiedlung II' (und hieraus vorrangig die nicht nummerierte zeichnerische Darstellung zwischen den Seiten 8 und 9) indiziert, dass die überwiegende Anzahl der dem Bebauungsplan unterliegenden Grundstücke erst durch den gegenständlichen Interessentenweg erstmalig eine Zufahrt erhält und diese hierdurch aufgeschlossen werden.

[…] Mangels konkreter Ermittlungsergebnisse in den übermittelten Unterlagen ist ferner unklar, wie sich der (Rest-)Anteil der Kosten der Gemeinde zusammensetzt, der ohne sachliche Grundlage pauschal bzw (offenbar) willkürlich – sohin wohl unsachlich – mit 10 % angenommen wurde (§1 Abs3 AufteilungsschlüsselVO). Denn: Die diesbezüglichen Kosten sind detailliert und nachvollziehbar darzulegen, wobei (auch) der Anteil der Kosten der Gemeinde auf Basis entsprechender Ermittlungsergebnisse zu erfolgen hat (vgl mwN VwGH 11.10.1990, 89/06/0096). Aus Sicht des antragstellenden Gerichts ändert hieran auch das (lediglich oberflächlich gehaltene) Schreiben der Aufsichtsbehörde vom 06.07.2022, mit dem die prozentualen Kostenbeiträge für in Ordnung befunden wurden, nichts. Denn: Das Schreiben, das lediglich eine kurze Anfragebeantwortung darstellt, lässt zum einen darauf schließen, dass diesbezüglich seitens der Aufsichtsbehörde keine eingehende Prüfung erfolgte, die auch die im gegenständlichen Antrag dargelegten Bedenken (insbesondere zum tatsächlichen Nichtvorliegen gleichförmiger Verhältnisse in Bezug auf die Baulandflächen) mitumfasst bzw berücksichtigt. Zum anderen ist es auch die Aufgabe bzw Prärogative der verordnungserlassenden Behörde (und nicht jene der Aufsichtsbehörde) selbst im Rahmen eines gesetzmäßigen Verfahrens vor Verordnungserlassung eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zu gewinnen (vgl dazu VfSlg 17.736/2005).

[…] Abschließend sei ferner darauf hingewiesen, dass für das Landesverwaltungsgericht Steiermark mangels entsprechender Ermittlungsergebnisse in den übermittelten Unterlagen auch nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Aufteilungsschlüssel in der AufteilungsschlüsselVO ausschließlich auf die Errichtungskosten Bezug nimmt. Denn: §45 Abs1 LStVG stellt auf die Kosten der Herstellung und der Erhaltung des Interessentenweges ab."

3. Die vom Landesverwaltungsgericht Steiermark geltend gemachten Bedenken in dem zu V97‑98/2024 protokollierten Antrag sind im Wesentlichen ident mit jenen Bedenken, die das Landesverwaltungsgericht in dem zu V94‑95/2024 protokollierten Antrag vorbringt.

4. In einer ergänzenden Mitteilung (samt Beilage) zu den zu V94‑95/2024 und V97‑98/2024 protokollierten Anträgen bringt das Landesverwaltungsgericht Steiermark zudem Folgendes vor (ohne die Hervorhebungen im Original):

"In der Beilage wird Ihnen das Sitzungsprotokoll des Gemeinderats der Marktgemeinde Hitzendorf vom 06.10.2022 zusätzlich zu den bereits übermittelten Unterlagen vorgelegt. Dieses Protokoll wurde dem antragstellenden Gericht von der Behörde – entgegen der zweifachen Aufforderung zur Vorlage sämtlicher Unterlagen betreffend die gegenständlichen Verordnungen – nicht übermittelt, sondern vom antragstellenden Gericht erst nach dem Abfertigen der gegenständlichen Anfechtungsanträge an den Verfassungsgerichtshof zufällig auf der Homepage der Marktgemeinde Hitzendorf aufgefunden.

Inhaltlich darf auf Seite 20 f und 23 ff des Sitzungsprotokolls verwiesen werden, die die Beschlussfassung zur Verordnung 'Neuanlage und Einreihung Forstbauerweg II' (in der Diktion des Anfechtungsantrags: 'NeuanlageVO') und zur 'Verordnung über die Aufteilung der Kosten zur Errichtung des öffentlichen Interessentenweges Forstbauerweg II' (in der Diktion des Anfechtungsantrags: 'AufteilungsschlüsselVO') betreffen. Dabei wird durchwegs darauf hingewiesen, dass der neue öffentliche Interessentenweg 'Forstbauerweg II' ausschließlich der Aufschließung der neuen Wohnsiedlung gemäß Bebauungsplan 'Attendorf/Forstbauersiedlung II' dient (vgl Seite 20 des Sitzungsprotokolls: 'Der Forstbauerweg II dient nur der Aufschließung dieser Wohnsiedlung, welche 26 Bauplätze umfasst, und einiger Freilandflächen.' […]). Wie in den Anfechtungen dargelegt und seitens der Behörde selbst ausgeführt wird, sind unter anderem die (Bauland-)Liegenschaften 'B[.]' und 'S[.]', die den Verfahren vor dem antragstellenden Gericht zu Grunde liegen, nicht vom vorgenannten Bebauungsplan umfasst (siehe hierzu auch die grafische Darstellung zwischen den Seiten 8 und 9 des bereits vorgelegten Bebauungsplans 'Attendorf/Forstbauersiedlung II').

Entgegen den Ausführungen im Sitzungsprotokoll umfasst der Wortlaut der angefochtenen Verordnungen (wie auch der Katasterplan zur NeuanlageVO) jedoch auch (Bauland-)Liegenschaften außerhalb des vorgenannten Bebauungsplans (unter anderem jene von Herrn B[.] und Frau und Herrn S[.]), die bereits vor Verordnungserlassung (offensichtlich) über eine Zufahrt verfügt haben und aufgeschlossen waren. Hierdurch wurde auch Eigentümern von (Bauland-)Liegenschaften außerhalb des Bebauungsplans ein entsprechender Kostenbeitrag hinsichtlich des öffentlichen Interessentenweges 'Forstbauerweg II' vorgeschrieben. Wie bereits umfassend dargelegt, fehlt hierzu aus Sicht des antragstellenden Gerichts ein nachvollziehbares Ermittlungsergebnis (insbesondere zum aufgezeigten Abweichen von der Darlegung im Sitzungsprotokoll)."

5. Der Gemeinderat der Gemeinde Hitzendorf hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnungen vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den in den zu V94-95/2024 und zu V97-98/2024 protokollierten Anträgen erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[…] Zur Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 06.10.2022 über die Neuanlage und Einreihung des Forstbauerweges II als öffentlicher Interessentenweg ('NeuanlageVO')

[…] Zur straßenmäßigen Aufschließung der Liegenschaften der Beschwerdeführer

[…] Zunächst ist, da die Ausführungen des antragstellenden Landesverwaltungsgerichts ('LVwG') in dem Zusammenhang missverständlich sind, Folgendes klarzustellen:

Die Liegenschaften der zweit- bis viertbeteiligten Parteien ('Beschwerdeführer') verfügen über keine sonstigen Zufahrten als den gegenständlichen öffentlichen In-teressentenweg 'Forstbauerweg II'.

[…] Betreffend die Entwicklung der straßenmäßigen Aufschließung der Liegenschaften der Beschwerdeführer ist – zum besseren Verständnis – festzuhalten:

Im Zeitpunkt der Erlassung der NeuanlageVO (Oktober 2022) bestand in der Natur auf dem Gst […] bereits ein kurzes Straßenstück. Dieses erschloss die Liegenschaften der Beschwerdeführer von Nordwesten, und zwar vom Forstbauerweg I (einer Gemeindestraße) her, und endete beim Gst […] (Beschwerdeführer B[.]).

Das Straßenstück war nur sehr behelfsmäßig errichtet und nicht öffentlich im Sinne des LStVG.

Im Jahr 2016 war das Straßenstück im Hinblick auf die absehbar notwendige Er-schließung des Gebiets von der Marktgemeinde Hitzendorf in ihr Eigentum über-nommen worden. Die Marktgemeinde Hitzendorf setzte jedoch vorerst keine Aus-bau- oder Erhaltungsmaßnahmen.

Mit der NeuanlageVO wurde dieses Straßenstück zur öffentlichen Straße erklärt und als öffentlicher Interessentenweg eingereiht.

Zudem wurde diese Straße mit der NeuanlageVO Richtung Süd‑Süd‑Osten fortge-setzt, sodass sie weitere Baugrundstücke aufschließt.

[…] Zur Trassierung des öffentlichen Interessentenwegs Forstbauerweg II

[…] Die Trassierung des öffentlichen Interessentenwegs Forstbauerweg II beruht auf dem Bebauungsplan 'Attendorf‑Forstbausiedlung II' ('Bebauungsplan'), be-schlossen vom Gemeinderat der Marktgemeinde Hitzendorf am 10.05.2021, in Kraft getreten am 26.05.2021.

[…] Im Bebauungsplan ist die äußere und innere verkehrsmäßige Erschließung des Planungsgebiets im Detail festgelegt.

Der öffentliche Interessentenweg Forstbauerweg II gemäß NeuanlageVO liegt zum allergrößten Teil innerhalb des Planungsgebiets des genannten Bebauungsplans.

[…] Nur jeweils kurze Stücke des Gst […] und des Gst […] liegen außerhalb des Planungsgebiets.

Dass auch diese kurzen Stücke aus Gründen des öffentlichen Verkehrsinteresses sowie aus technischer und wirtschaftlicher Sicht als öffentliche Straßen zu widmen sind, ergibt sich jedoch klar aus dem Bebauungsplan.

§3 Abs3 lita des Wortlauts des Bebauungsplans trifft zu den nordwestlich außer-halb des Planungsgebiets gelegenen kurzen Stücken dieser Grundstücke folgende Bestimmung: 'Die äußere Erschließung hat – ausgehend von der L336‑Liebochtal-straße - über den bestehenden Kreuzungsbereich L336/Forstbauerweg und in wei-terer Folge über die Verkehrsflächen Gst. Nr 1083/1, 1073/2 tw. und 1082/28 KG Attendorf aus nördlicher Richtung zu erfolgen'.

Damit setzt der Bebauungsplan die Erklärung der nicht von seinem Geltungsbereich erfassten kurzen Stücke der Gst […] und […] zu öffentlichen Straßen voraus. In der zeichnerischen Darstellung sind diese kurzen Stücke grau dargestellt und mit 'Verkehrsflächen (Bestand)' bezeichnet. Hier ist der Naturbestand gemeint, denn die Erklärung zur öffentlichen Straße erfolgte erst mit der NeuanlageVO.

[…] Aus den dem Gemeinderat vorliegenden Unterlagen war somit ersichtlich, dass die beschlossene Trassierung dem öffentlichen Verkehrsinteresse entspricht und es auch technisch sonst keine sinnvollen Möglichkeiten gibt. Sowohl aus Sicht des öffentlichen Verkehrsinteresses als auch aus technischer Sicht wurde die Erschließung des fraglichen Gebiets im Zuge der Bebauungsplanerstellung umfassend geprüft (siehe insbesondere die Seite 11 unten sowie die Seiten 13 f des Erläuterungsberichts zum Bebauungsplan).

Zum Fachgebiet des mit der Bebauungsplanung beauftragten Technischen Büros (DI S[.] B[.]) – Raumplanung und Raumordnung – gehörte naturgemäß auch die Planung der verkehrsmäßigen Erschließung von derartigen Baugebieten.

[…] Die notwendige Grundlagenforschung für die Festlegung der Trassierung der öffentlichen Straße wurde somit angestellt und hat zum beschlossenen Inhalt der NeuanlageVO geführt.

[…] Konkret zum öffentlichen Verkehrsinteresse

[…] Aus dem Bebauungsplan und dem zugehörigen Erläuterungsbericht ergibt sich auch, dass an der Anlage des öffentlichen Interessentenwegs Forstbauerweg II ein öffentliches Verkehrsinteresse besteht.

[…] Im Bebauungsplan ist der 2022 gegebene Bestand an Verkehrsflächen grau dargestellt. Der Bebauungsplan zeigt, dass zum damaligen Zeitpunkt die Liegenschaften südlich und südöstlich der damals bestehenden, beim Gst […] endenden Straße über keine Aufschließung verfügten. Mit dem Forstbauerweg II wurde diese Aufschließung geschaffen.

[…] Auch die Beschwerdeführer haben jedenfalls ein Verkehrsinteresse am öffentlichen Interessentenweg, da er ihre einzige Zufahrt darstellt.

Die Erklärung des bisherigen (anscheinenden) Dienstbarkeitswegs zur öffentlichen Straße kann sie nicht schlechter stellen, da sie als Dienstbarkeitsberechtigte die gesamten Kosten der Errichtung und der Erhaltung des Wegs zu tragen hätten (§§483, 494 ABGB). Dies gilt auch bei einer Einreihung als öffentlicher Interessen-tenweg, da auch in dem Fall zumindest die Gemeinde verpflichtet ist, nach Maßgabe ihres Interesses an dem Bestand einer solchen Straße Beiträge zu leisten (§45 Abs1 S 2 LStVG).

[…] Aus dem Bebauungsplan (§3 Abs3 litb des Wortlauts) und dem zugehörigen Erläuterungsbericht (Seite 11 unten) ergibt sich auch, dass eine Aufschließung von Süden her nicht möglich war, da die Landes-Straßenverwaltung einem neuen An-schluss an die Landesstraße L 336 in dem Bereich nicht zustimmte.

[…] Zur Einreihung als öffentlicher Interessentenweg

[…] Das LVwG hat zur Einreihung als öffentlicher Interessentenweg nichts vorgebracht. Da der Verfassungsgerichtshof nach seiner Rechtsprechung bei einer auf Antrag vorgenommenen Verordnungsprüfung gemäß Art139 B‑VG nur auf die konkret gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung vorgebrachten Bedenken einzugehen hat,[…] muss dazu grundsätzlich nichts ausgeführt werden.

Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten: Der Gemeinderat hat sich mit der Frage der Verkehrsbedeutung des Forstbauerwegs II dem Gemeinderatsprotokoll zufolge auseinandergesetzt. Dieser dient, wie aus der Anlage zur NeuanlageVO ersichtlich war, nur der Aufschließung einer Wohnsiedlung, welche 26 Bauplätze umfasst, sowie einiger Freilandflächen. Der Forstbauerweg II dient somit überwiegend nur den Eigentümern, Besitzern und Bewohnern einer beschränkten Anzahl an Liegenschaften, weshalb der Gemeinderat zum Schluss gelangt ist, dass diese eine geringe Verkehrsbedeutung aufweisen.

[…] Der Forstbauerweg II wurde somit jedenfalls gesetzmäßig als öffentlicher In-teressentenweg eingereiht.[…]

 

[…] Zur Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 06.10.2022 über die Aufteilung der Kosten zur Errichtung des öffentlichen Interessentenweges Forstbauerweg II ('AufteilungsschlüsselVO')

[…] Allgemeines

Die Ausführungen des LVwG betreffend die AufteilungsschlüsselVO berücksichtigen offenbar das Protokoll der Gemeinderatssitzung, in der die AufteilungsschlüsselVO beschlossen wurde, nicht.

Ein Blick in dieses widerlegt – wie nachstehend dargestellt wird – alle Ausführungen des LVwG. Tatsächlich wurden alle für die AufteilungsschlüsselVO notwendigen Grundlagen – soweit erforderlich, sachverständig – erhoben und lagen dem Gemeinderat vor.

[…] Zum Schreiben der Steiermärkischen Landesregierung vom 06.07.2022

[…] Zunächst ist festzuhalten, dass das Schreiben der Steiermärkischen Landesregierung vom 06.07.2022, ABT07‑52017/2015‑9, nicht in deren Funktion als Aufsichtsbehörde ergangen ist.

Der Bearbeiter des Schreibens, Herr Dipl.-Ing. K[.] P[.], hat dieses vielmehr – was auch im Gemeinderatsprotokoll erwähnt wird – in seiner Funktion als Sachverständiger verfasst.

[…] Im Schreiben der Marktgemeinde Hitzendorf an Herrn Dipl.-Ing. P[.] vom 09.06.2022 wurde der Sachverhalt dargestellt und ausdrücklich um eine sachver-ständige Beurteilung ersucht.

Dem Sachverständigen wurde der Teilungsplan, aus dem sich die Grundstücke ergaben, die zum öffentlichen Interessentenweg erklärt werden sollten, der Bebauungsplan sowie eine Grundstücks- und Interessentenliste übermittelt. Diese enthielt ausdrücklich auch die Beschwerdeführer und deren Liegenschaften.

Dem Sachverständigen Dipl.-Ing. P[.] lag somit eine vollständige Grundlage zur Beurteilung des von der Marktgemeinde Hitzendorf intern vorbereiteten Auftei-lungsschlüssels vor.

Der intern ausgearbeitete Entwurf des Aufteilungsschlüssels wurde in der Folge durch die Stellungnahme des Dipl.-Ing. P[.] sachverständig untermauert.

[…] Alle genannten Unterlagen standen dem Gemeinderat, wie aus dem Gemeinderatsprotokoll hervorgeht, vor der Beschlussfassung über die AufteilungsschlüsselVO zur Verfügung.

Die notwendige Grundlagenforschung für die AufteilungsschlüsselVO liegt somit vor.

[…] Zu den weiteren Behauptungen des LVwG

[…] Das LVwG behauptet, 'erst in den Kostenvorschreibungsbescheiden' sei darauf hingewiesen worden, dass für die einbezogenen Baulandliegenschaften jeweils dieselbe höchstzulässige Bebauungsdichte gilt, sowie die landwirtschaftliche Nutzung der Freilandflächen sich nicht wesentlich unterscheidet.

Diese Behauptung ist unzutreffend.

Die vom LVwG angeführten Tatsachen sind ausdrücklich im Gemeinderatsprotokoll enthalten und waren Grundlage für die beschlossene AufteilungsschlüsselVO.

[…] Das LVwG setzt sich ohne eigene fachliche Kenntnisse über die sachverständige Beurteilung des Dipl.-Ing. P[.] hinweg, wenn es hinsichtlich der Freilandflächen auf die angeblich 'intensivere Nutzung durch allfällige Schwerfahrzeuge zur Bewirtschaftung, vor allem in der Land- und Forstwirtschaft (zB schwere Traktoren) […]', hinweist.

Falls dieser Umstand relevant ist, ist davon auszugehen, dass der Sachverständige diesen neben allen anderen für die Beurteilung des Verkehrsinteresses von Frei-landgrundstücken relevanten Umständen berücksichtigt hat.

[…] Die Ausführungen des LVwG, es sei nicht von gleichförmigen Verhältnissen auszugehen, weil die Beschwerdeführer bereits vor der Neuanlage des gegenständlichen öffentlichen Interessentenwegs über eine Zufahrt verfügt hätten, beruhen offenbar auf einer Verkennung des Sachverhalts:

Wie […] dargestellt, wurde die bereits zuvor bestehende Zufahrt der Beschwerdeführer mit der NeuanlageVO zur öffentlichen Straße erklärt und als öffentlicher Interessentenweg eingereiht. Die bereits zuvor bestehende Zufahrt der Be-schwerdeführer ist nun Teil des gegenständlichen öffentlichen Interessentenwegs Forstbauerweg II.

Das unterscheidet den vorliegenden Fall von demjenigen, der dem vom LVwG zi-tierten Erkenntnis des VwGH vom 11.10.1990, 89/06/0096 zugrundelag. In diesem trat der öffentliche Interessentenweg zu einer unverändert bestehengebliebenen Privatzufahrt hinzu. Diese Privatzufahrt minderte naturgemäß das objektive Ver-kehrsinteresse an der neuen Zufahrt.

Im vorliegenden Fall ist der öffentliche Interessentenweg aber die einzige Zufahrt der Beschwerdeführer, genauso wie auch aller anderen Verkehrsinteressenten, weshalb von gleichförmigen Verhältnissen auszugehen ist.

Es liegt somit kein Grund vor, innerhalb der Kategorien Bauland und Freiland von der – auch im Interesse der Verwaltungsökonomie liegenden – Durchschnittsbe-trachtung[…] abzuweichen, dass allein aus der Größe der aufgeschlossenen Grundstücke auf das jeweilige objektive Verkehrsinteresse am öffentlichen Interessentenweg zu schließen ist.

[…] Das auf die Gemeinde entfallende restliche Verkehrsinteresse von 10 % ist entgegen den Ausführungen des LVwG ebenso mit der Stellungnahme des Dipl.-Ing. P[.] vom 06.07.2022 sachverständig untermauert.

[…] Dass die AufteilungsschlüsselVO nur die Aufteilung der Errichtungs- nicht aber der Erhaltungskosten regelt, kann schließlich auf die Gesetzmäßigkeit der AufteilungsschlüsselVO keinen Einfluss haben. Eine gesetzliche Vorschrift, wonach diese Regelungen zu verbinden wären, existiert nicht. Es gibt auch keine sachlichen Gründe, die eine Verbindung erfordern würden.

Für die Aufteilung der vergleichsweise hohen Kosten der Errichtung des öffentlichen Interessentenwegs erscheint die Vorhersehbarkeit eines verordneten Aufteilungsschlüssels für die Weginteressenten und allfällige Liegenschaftskäufer jedenfalls von besonderem Vorteil.

Bei gleichbleibenden Verhältnissen werden die Kosten der laufenden Erhaltung gleich aufzuteilen sein wie die Kosten der Errichtung. Eine zukünftige Verordnung

eines Aufteilungsschlüssels für die Erhaltungskosten ist nicht ausgeschlossen, derzeit jedoch nicht relevant, da die Errichtungsphase noch nicht abgeschlossen ist."

6. Die Steiermärkische Landesregierung hat keine Äußerung erstattet.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialiät der angefochtenen Verordnungen zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Die Anträge hinsichtlich der Neuanlage-VO sind begründet:

2.2.1. §8 Abs3 Stmk LStVG. 1964 legt ua fest, dass die Einreihung und Neuanlage eines öffentlichen Interessentenweges durch Verordnung der Gemeinde erfolgt. Ein "öffentlicher Interessentenweg" ist gemäß §7 Abs1 Z5 leg cit eine Gattung von öffentlichen Straßen und setzt das Vorliegen einer "Straße[…] für den öffentlichen Verkehr von örtlicher Bedeutung" voraus. Zudem dürfen nur solche Straßen zu Interessentenwegen erklärt werden, die "überwiegend nur den Eigentümern, Besitzern und Bewohnern einer beschränkten Anzahl an Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden (§8)" (vgl VfSlg 20.075/2016). Daraus ergibt sich, dass gemäß §7 Abs1 Z5 leg cit die Dienlichkeit eines Weges nur für die Eigentümer, Besitzer und Bewohner einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften (dies ist letztlich das Verkehrsinteresse dieses Personenkreises) bereits Voraussetzung für die Verordnung iSd §8 Abs3 leg cit ist und somit die Feststellung des Verkehrsinteresses bereits enthält (VwSlg 13.283 A/1990).

Nach dem System des Stmk LStVG. 1964 sind öffentliche Interessentenwege jene Straßen, welche die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung haben (vgl VfSlg 16.187/2001, 20.075/2016). Dies zeigt sich auch daran, dass ein öffentlicher Interessentenweg überwiegend einem durchaus beschränkten Personenkreis, nämlich all jenen, denen die Verfügungsbefugnis über eine beschränkte Anzahl von Liegenschaften zukommt, zu dienen bestimmt ist. Das überwiegend individuelle Verkehrsinteresse des hier umschriebenen Personenkreises bildet auch den Grund dafür, ihn bis zu einem gewissen Ausmaß mit den Herstellungs- und Erhaltungskosten einer Straße zu belasten, obzwar diese dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist (vgl VfSlg 16.187/2001 mwN, 20.075/2016).

2.2.2. Das antragstellende Landesverwaltungsgericht bringt im Wesentlichen vor, den von der Gemeinde Hitzendorf vorgelegten Verordnungsakten fehle es an nachvollziehbaren Ermittlungsergebnissen, um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu gewährleisten. So könne den Unterlagen etwa nicht entnommen werden, wie die Behörde zum konkreten Trassenverlauf des Interessentenweges gelangt sei. Das Landesverwaltungsgericht verkenne zwar nicht, dass die Schaffung einer – objektiv – besseren und/oder weiteren Zufahrtsmöglichkeit grundsätzlich für das Vorliegen eines Verkehrsinteresses ausreiche. Allerdings könne dieser Umstand alleine entsprechende Ermittlungen vor der Verordnungserlassung nicht ersetzen, zumal nur dadurch eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung gewährleistet werde. Aus den Verordnungsakten ergebe sich zwar, dass der neue öffentliche Interessentenweg "Forstbauerweg II" ausschließlich der Aufschließung der neuen Wohnsiedlung gemäß "Bebauungsplan Attendorf/Forstbauersiedung II" diene. Von diesem Bebauungsplan seien aber ua die Liegenschaften der Beschwerdeführer in den Anlassverfahren nicht umfasst. Die Neuanlage-VO sowie ihre Anlage umfassten jedoch auch Liegenschaften außerhalb des Bebauungsplanes, die bereits vor Verordnungserlassung über eine Zufahrt verfügt hätten und aufgeschlossen gewesen seien. Mit diesen Ausführungen behauptet das Landesverwaltungsgericht der Sache nach die Gesetzwidrigkeit der Neuanlage-VO mangels hinreichend dokumentiertem Verkehrsinteresses.

2.2.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark:

Den Bezug habenden Akten ist nicht zu entnehmen, dass die verordnungserlassende Behörde vor Erlassung der Neuanlage-VO die Voraussetzungen, die für die Erlassung einer solchen Verordnung geboten waren, hinreichend ermittelt und dokumentiert hätte (vgl VfGH 14.12.2022, V70/2021; 19.9.2023, V23/2023). Insbesondere finden sich in den vorgelegten Akten der Gemeinde Hitzendorf keine Ermittlungsergebnisse im Hinblick auf die Frage des Bestehens eines Verkehrsinteresses jener Liegenschaftseigentümer, deren Grundstücke nicht Teil der neu aufgeschlossenen Wohnsiedlung gemäß "Bebauungsplan Attendorf/Forstbauersiedlung II" sind:

Zur Begründung der Neuanlage-VO führen die vorgelegten Verordnungsakten lediglich aus, dass die Gemeinde Hitzendorf die Errichtung einer neuen Wohnsiedlung gemäß "Bebauungsplan Attendorf/Forstbauersiedlung II" plane, der bereits beschlossen worden sei. Der in Rede stehende Interessentenweg diene "nur" der Aufschließung dieser neuen Wohnsiedlung, welche 26 Bauplätze und einige Freilandflächen umfasse. Aus dem "Bebauungsplan Attendorf/Forstbauersiedlung II" – welcher bei der Beschlussfassung über die Neuanlage-VO im Gemeinderat als Unterlage herangezogen wurde – ergibt sich, dass die Grundstücke der Beschwerdeführer im Anlassverfahren nicht von dessen Geltungsbereich umfasst und daher nicht Teil der Wohnsiedlung "Attendorf/Forstbauersiedlung II" sind. Darüber hinausgehende Ermittlungsergebnisse zur Frage des Vorliegens eines Verkehrsinteresses in Bezug auf jene Liegenschaftseigentümer, deren Grundstücke nicht Teil des Bebauungsplanes der neu aufgeschlossenen Wohnsiedlung sind, sind im Verordnungsakt nicht dokumentiert, zumal diese Grundstücke teilweise – wie im Falle der Beschwerdeführer im Anlassverfahren – bereits vor Neuanlage und Einreihung des "Forstbauerweges II" als öffentlicher Interessentenweg durch einen Weg in der Natur aufgeschlossen waren. In Bezug auf das Vorliegen eines Verkehrsinteresses dieser Liegenschaftseigentümer ist die Verordnung daher einer Überprüfung der Gesetzmäßigkeit nicht zugänglich (vgl zB VfSlg 11.972/1989, 17.161/2004, 20.095/2016; VfGH 10.6.2024, V12/2023).

Die verordnungserlassende Behörde hat es somit verabsäumt, sich vor der Verordnungserlassung in nachvollziehbarer Weise mit der Frage des Vorliegens eines individuellen Verkehrsinteresses der Eigentümer, Besitzer und Bewohner einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften im konkreten Fall auseinanderzusetzen (vgl VfGH 19.9.2023, V23/2023, mwN). Die angefochtene Neuanlage-VO ist daher gesetzwidrig.

2.3. Durch die Neuanlage-VO hat die Gemeinde Hitzendorf den "Forstbauerweg II" als öffentlichen Interessentenweg (§7 Abs1 Z5 Stmk LStVG. 1964) neu angelegt und eingereiht (§8 Abs3 leg cit). Unter Zugrundelegung dieser Verordnung hat der Gemeinderat der Gemeinde Hitzendorf die Aufteilungsschlüssel-VO erlassen, welche die "insgesamt anfallenden Kosten für die Errichtung des öffentlichen Interessentenweges Forstbauerweg II […]" aufteilt (§1 Abs1). Die Neuanlage-VO bildet daher eine Voraussetzung für die Aufteilungsschlüssel-VO, weshalb sie mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Die Aufteilungsschlüssel-VO ist daher ebenfalls als gesetzwidrig aufzuheben (vgl VfSlg 20.075/2016 mwN).

2.4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren in den Anträgen dargelegten Bedenken.

V. Ergebnis

1. Die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Neuanlage und Einreihung des Forstbauerweges II, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 19. Oktober bis 3. November 2022, (samt Anlage) und die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hitzendorf vom 6. Oktober 2022 über die Aufteilung der Kosten zur Errichtung des öffentlichen Interessentenweges Forstbauerweg II, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 25. Oktober bis 9. November 2022, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungen gründet sich auf Art139 Abs5 letzter Satz B‑VG.

3. Die Verpflichtung der Steiermärkischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebungen und des damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Ausspruches erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z7 Steiermärkisches Kundmachungsgesetz, LGBl 25/1999, idF LGBl 84/2022.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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