VfGH G39/2018

VfGHG39/201818.6.2018

Ablehnung eines Parteiantrages auf Aufhebung einer Bestimmung des Gerichtsorganisationsgesetzes

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
GOG 1896 §27a Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2018:G39.2018

 

Spruch:

Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.

Begründung

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B‑VG; vgl. VfGH 24.2.2015, G13/2015).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Der Antrag behauptet die Verfassungswidrigkeit des Satzes "Während des Geschäftsverteilungsjahres (§26 Abs1) darf die Geschäftsverteilung nur aus wichtigen dienstlichen Gründen geändert werden." in §27a Abs1 GOG, RGBl. 217/1896, idF BGBl 507/1994, in eventu des §27a Abs1 GOG, RGBl. 217/1896, idF BGBl 507/1994 zur Gänze, wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B‑VG sowie auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK und wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 B‑VG sowie gegen das Prinzip der festen Geschäftsverteilung gemäß Art87 Abs3 B‑VG.

Das Vorbringen des Antrages lässt die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Die in §27a Abs1 GOG vorgesehene Änderung der Geschäftsverteilung aus wichtigen dienstlichen Gründen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal §27a Abs1 GOG im Lichte des Art87 Abs3 zweiter Satz B‑VG auszulegen ist. Demzufolge darf einem Richter eine ihm nach der Geschäftsverteilung zufallende Sache nur im Fall seiner Verhinderung oder dann abgenommen werden, wenn er wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist (vgl. in diesem Zusammenhang OGH 18.2.2015, 3 Ob 188/14i).

Das Vorbringen, die Änderung der Geschäftsverteilung sei entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen erfolgt, wendet sich der Sache nach nur gegen die Vorgangsweise der Gerichte bzw. der Personalsenate bei Anwendung des Gesetzes, macht also lediglich Vollzugsmängel geltend. Solche Bedenken sind indes unzulässig, weil der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG alleine über die "Verfassungswidrigkeit […] von Gesetzen", nicht aber über allfällige Vollzugsfehler befindet. Die Entscheidung eines Gerichtes ist nicht Prüfungsgegenstand in Verfahren nach Art140 B‑VG (vgl. VfGH 2.7.2015, G145/2015; 25.9.2017, G403/2016 ua.).

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf das Vorliegen sämtlicher Prozessvoraussetzungen geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

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