Normen
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StPO §112
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:G198.2019
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt und Antragsvorbringen
1. Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft – WKStA; §19 Abs1 Z3, §20a StPO) führt gegen verschiedene Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren (§§91 ff. StPO), unter anderem wegen des Verdachts der Verbrechen des schweren Betruges gemäß §146, §147 Abs1 Z1 und Abs3 StGB.
1.1. Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die die Rechtsanwaltschaft ausübt (§1a RAO). Sie vertritt einen der Beschuldigten.
1.2. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurden von der Kriminalpolizei (§18 StPO) mehrere Durchsuchungen von Orten und Gegenständen im Sinne von §117 Z2, §§119 ff. StPO („Hausdurchsuchungen“) bei verschiedenen Personen durchgeführt. Unter anderem fand vom 25. bis zum 27. Juni 2019 eine Hausdurchsuchung an einer Adresse in Wien statt, die der Sitz mehrerer Gesellschaften – nicht aber der Sitz der Antragstellerin – ist. Dabei wurden Unterlagen und sonstige Gegenstände sichergestellt (§§109 ff. StPO).
1.3. Bezüglich einiger der sichergestellten Unterlagen und Datenträger erhoben einige Personen, darunter die Antragstellerin und der von ihr vertretene Beschuldigte, Widerspruch gemäß §112 StPO. Begründet wurde dies damit, dass diese Gegenstände Informationen enthalten würden, die dem Aussageverweigerungsrecht der Rechtsanwälte im Unternehmen der Antragstellerin gemäß §157 Abs1 Z2 StPO unterlägen. Insbesondere handle es sich um privilegierte Korrespondenz mit der Antragstellerin, die Berufsgeheimnisträgerin im Sinne von §112 Abs1, §157 Abs1 Z2 StPO sei.
1.4. Die bei der Hausdurchsuchung einschreitenden Beamten der Kriminalpolizei "nahmen" nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft die "Widerspruchsgründe nicht an".
2. Mit Schriftsätzen vom 28. Juni und 2. Juli 2019 erhoben die Antragstellerin und der von ihr vertretene Beschuldigte beim Landesgericht für Strafsachen Wien jeweils Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß §106 Abs1 StPO betreffend die erwähnten Sicherstellungen.
3. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. August 2019 wurden diese Einsprüche abgewiesen. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass das Recht auf Widerspruch im Sinne von §112 StPO nur einem Berufsgeheimnisträger zukomme, in dessen Gewahrsame sich die sicherzustellenden Gegenstände befinden. Würden daher – wie hier – Unterlagen und Datenträger (zB Korrespondenz zwischen dem Beschuldigten und dem Berufsgeheimnisträger) in den Räumlichkeiten des Beschuldigten sichergestellt, stünden dagegen weder dem Beschuldigten das Recht auf Widerspruch im Sinne von §112 StPO zu – da er kein Berufsgeheimnisträger sei – noch dem Berufsgeheimnisträger – da er keine Gewahrsame an den Unterlagen gehabt habe).
4. Gegen diesen Beschluss erhob die Antragstellerin am 26. August 2019 Beschwerde an das Oberlandesgericht Wien.
5. Mit dem vorliegenden, am 26. August 2019 eingebrachten und auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin, §112 StPO als verfassungswidrig aufzuheben, da diese Vorschrift gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 Abs1 EMRK, das Verbot des Zwanges zur Selbstbezichtigung gemäß Art90 Abs2 B‑VG, das Recht auf Achtung der Korrespondenz gemäß Art8 Abs1 EMRK, das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG und das Diskriminierungsverbot gemäß Art14 EMRK verstoße.
5.1. Begründet wird dies zusammengefasst damit, dass Korrespondenz zwischen dem Beschuldigten und dem Berufsgeheimnisträger grundrechtlich besonders geschützt sei. Verstehe man §112 StPO so wie das Landesgericht für Strafsachen Wien in seinem Beschluss vom 12. August 2019, sei diese Vorschrift verfassungswidrig, denn verfassungsrechtlich geboten sei es, dass derartige Unterlagen unabhängig von ihrem Aufbewahrungsort vor dem Einblick der Strafverfolgungsbehörden geschützt seien.
II. Rechtslage
Die für die Beurteilung des vorliegenden Antrages maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl 631/1975 idF BGBl I 70/2018, lauten (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"2. TEIL
Das Ermittlungsverfahren
[…]
7. Hauptstück
Aufgaben und Befugnisse der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und des Gerichts
[…]
4. Abschnitt
Gericht im Ermittlungsverfahren
[…]
Einspruch wegen Rechtsverletzung
§106. (1) Einspruch an das Gericht steht jeder Person zu, die behauptet, im Ermittlungsverfahren durch [die] Staatsanwaltschaft in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil
1. ihr die Ausübung eines Rechtes nach diesem Gesetz verweigert oder
2. eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt wurde.
Im Fall des Todes der zum Einspruch berechtigten Person kommt dieses Recht den in §65 Z1 litb erwähnten Angehörigen zu. Eine Verletzung eines subjektiven Rechts liegt nicht vor, soweit das Gesetz von einer bindenden Regelung des Verhaltens von Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei absieht und von diesem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde.
(2) Soweit gegen die Bewilligung einer Ermittlungsmaßnahme Beschwerde erhoben wird, ist ein Einspruch gegen deren Anordnung oder Durchführung mit der Beschwerde zu verbinden. In einem solchen Fall entscheidet das Beschwerdegericht auch über den Einspruch.
(3) Der Einspruch ist binnen sechs Wochen ab Kenntnis der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. In ihm ist anzuführen, auf welche Anordnung oder welchen Vorgang er sich bezieht, worin die Rechtsverletzung besteht und auf welche Weise ihm stattzugeben sei. Sofern er sich gegen eine Maßnahme der Kriminalpolizei richtet, hat die Staatsanwaltschaft der Kriminalpolizei Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Die Staatsanwaltschaft hat zu prüfen, ob die behauptete Rechtsverletzung vorliegt, und dem Einspruch, soweit er berechtigt ist, zu entsprechen sowie den Einspruchswerber davon zu verständigen, dass und auf welche Weise dies geschehen sei und dass er dennoch das Recht habe, eine Entscheidung des Gerichts zu verlangen, wenn er behauptet, dass seinem Einspruch tatsächlich nicht entsprochen wurde.
(5) Wenn die Staatsanwaltschaft dem Einspruch nicht binnen vier Wochen entspricht oder der Einspruchswerber eine Entscheidung des Gerichts verlangt, hat die Staatsanwaltschaft den Einspruch unverzüglich an das Gericht weiter zu leiten. Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei hat das Gericht dem Einspruchswerber zur Äußerung binnen einer festzusetzenden, sieben Tage nicht übersteigenden Frist zuzustellen.
§107. (1) Unzulässige, verspätete und solche Einsprüche, denen die Staatsanwaltschaft entsprochen hat, sind zurückzuweisen. Im Übrigen hat das Gericht in der Sache zu entscheiden. Im Falle, dass Anklage eingebracht wurde, hat über den Einspruch jenes Gericht zu entscheiden, das im Ermittlungsverfahren zuständig gewesen wäre.
(2) Sofern sich die Umstände der behaupteten Rechtsverletzung nur durch unmittelbare Beweisaufnahme klären lassen, kann das Gericht von Amts wegen eine mündliche Verhandlung anberaumen und in dieser über den Einspruch entscheiden. Diese Verhandlung ist nicht öffentlich, doch hat das Gericht jedenfalls dem Einspruchswerber, der Staatsanwaltschaft und, sofern sich der Einspruch gegen sie richtet, der Kriminalpolizei Gelegenheit zur Teilnahme und Stellungnahme zu geben.
(3) Der Staatsanwaltschaft und dem Einspruchswerber steht Beschwerde zu; diese hat aufschiebende Wirkung. Das Oberlandesgericht kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, es sei denn, dass die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Gericht von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts oder des Obersten Gerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
(4) Im Falle, dass das Gericht dem Einspruch stattgibt, haben Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei den entsprechenden Rechtszustand mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln herzustellen.
[…]
8. Hauptstück
Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahme
1. Abschnitt
Sicherstellung, Beschlagnahme
[…]
Definitionen
§109. Im Sinne dieses Gesetzes ist
1. 'Sicherstellung'
a. die vorläufige Begründung der Verfügungsmacht über Gegenstände und
b. das vorläufige Verbot der Herausgabe von Gegenständen oder anderen Vermögenswerten an Dritte (Drittverbot) und das vorläufige Verbot der Veräußerung oder Verpfändung solcher Gegenstände und Werte, […]
Sicherstellung
§110. (1) Sicherstellung ist zulässig, wenn sie
1. aus Beweisgründen,
2. zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche oder
3. zur Sicherung der Konfiskation (§19a StGB), des Verfalls (§20 StGB), des erweiterten Verfalls (§20b StGB), der Einziehung (§26 StGB) oder einer anderen gesetzlich vorgesehenen vermögensrechtlichen Anordnung
erforderlich scheint.
(2) Sicherstellung ist von der Staatsanwaltschaft anzuordnen und von der Kriminalpolizei durchzuführen.
[…]
(4) Die Sicherstellung von Gegenständen aus Beweisgründen (Abs1 Z1) ist nicht zulässig und jedenfalls auf Verlangen der betroffenen Person aufzuheben, soweit und sobald der Beweiszweck durch Bild‑, Ton- oder sonstige Aufnahmen oder durch Kopien schriftlicher Aufzeichnungen oder automationsunterstützt verarbeiteter Daten erfüllt werden kann und nicht anzunehmen ist, dass die sichergestellten Gegenstände selbst oder die Originale der sichergestellten Informationen in der Hauptverhandlung in Augenschein zu nehmen sein werden.
§111. (1) Jede Person, die Gegenstände oder Vermögenswerte, die sichergestellt werden sollen, in ihrer Verfügungsmacht hat, ist verpflichtet (§93 Abs2), diese auf Verlangen der Kriminalpolizei herauszugeben oder die Sicherstellung auf andere Weise zu ermöglichen. Diese Pflicht kann erforderlichenfalls auch mittels Durchsuchung von Personen oder Wohnungen erzwungen werden; dabei sind die §§119 bis 122 sinngemäß anzuwenden.
(2) Sollen auf Datenträgern gespeicherte Informationen sichergestellt werden, so hat jedermann Zugang zu diesen Informationen zu gewähren und auf Verlangen einen elektronischen Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat auszufolgen oder herstellen zu lassen. Überdies hat er die Herstellung einer Sicherungskopie der auf den Datenträgern gespeicherten Informationen zu dulden.
(3) Personen, die nicht selbst der Tat beschuldigt sind, sind auf ihren Antrag die angemessenen und ortsüblichen Kosten zu ersetzen, die ihr durch die Trennung von Urkunden oder sonstigen beweiserheblichen Gegenständen von anderen oder durch die Ausfolgung von Kopien notwendigerweise entstanden sind.
(4) In jedem Fall ist der von der Sicherstellung betroffenen Person sogleich oder längstens binnen 24 Stunden eine Bestätigung über die Sicherstellung auszufolgen oder zuzustellen und sie über das Recht, Einspruch zu erheben (§106) und eine gerichtliche Entscheidung über die Aufhebung oder Fortsetzung der Sicherstellung zu beantragen (§115), zu informieren. Von einer Sicherstellung zur Sicherung einer Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche (§110 Abs1 Z2) ist, soweit möglich, auch das Opfer zu verständigen.
§112. (1) Widerspricht die von der Sicherstellung betroffene oder anwesende Person, auch wenn sie selbst der Tat beschuldigt ist, der Sicherstellung von schriftlichen Aufzeichnungen oder Datenträgern unter Berufung auf ein gesetzlich anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit, das bei sonstiger Nichtigkeit nicht durch Sicherstellung umgangen werden darf, so sind diese Unterlagen auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und bei Gericht zu hinterlegen. Auf Antrag des Betroffenen sind die Unterlagen jedoch bei der Staatsanwaltschaft zu hinterlegen, die sie vom Ermittlungsakt getrennt aufzubewahren hat. In beiden Fällen dürfen die Unterlagen von Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei nicht eingesehen werden, solange nicht über die Einsicht nach den folgenden Absätzen entschieden worden ist.
(2) Der Betroffene ist aufzufordern, binnen einer angemessenen, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist jene Teile der Aufzeichnungen oder Datenträger konkret zu bezeichnen, deren Offenlegung eine Umgehung seiner Verschwiegenheit bedeuten würde; zu diesem Zweck ist er berechtigt, in die hinterlegten Unterlagen Einsicht zu nehmen. Unterlässt der Betroffene eine solche Bezeichnung, so sind die Unterlagen zum Akt zu nehmen und auszuwerten. Anderenfalls hat das Gericht, im Fall eines Antrags nach Abs1 vorletzter Satz jedoch die Staatsanwaltschaft die Unterlagen unter Beiziehung des Betroffenen sowie gegebenenfalls geeigneter Hilfskräfte oder eines Sachverständigen zu sichten und anzuordnen, ob und in welchem Umfang sie zum Akt genommen werden dürfen. Unterlagen, die nicht zum Akt genommen werden, sind dem Betroffenen auszufolgen. Aus deren Sichtung gewonnene Erkenntnisse dürfen bei sonstiger Nichtigkeit nicht für weitere Ermittlungen oder als Beweis verwendet werden.
(3) Gegen die Anordnung der Staatsanwaltschaft kann der Betroffene Einspruch erheben, in welchem Fall die Unterlagen dem Gericht vorzulegen sind, das zu entscheiden hat, ob und in welchem Umfang sie zum Akt genommen werden dürfen; Abs2 letzter Satz gilt. Einer Beschwerde gegen den Beschluss des Gerichts kommt aufschiebende Wirkung zu.
[…]
7. Abschnitt
Schutz der geistlichen Amtsverschwiegenheit und von Berufsgeheimnissen
§144. (1) Die geistliche Amtsverschwiegenheit ist geschützt (§155 Z1), sie darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Anordnung oder Durchführung der in diesem Hauptstück enthaltenen Ermittlungsmaßnahmen. Die Anordnung oder Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung von Geistlichen unter Verwendung technischer Mittel in Beichtstühlen oder in Räumen, die zur geistlichen Aussprache bestimmt sind, ist in jedem Fall unzulässig.
(2) Die Anordnung oder Durchführung der in diesem Hauptstück enthaltenen Ermittlungsmaßnahmen ist auch unzulässig, soweit dadurch das Recht einer Person, gemäß §157 Abs1 Z2 bis 4 die Aussage zu verweigern, umgangen wird.
(3) Ein Umgehungsverbot nach Abs1 erster Satz oder Abs2 besteht insoweit nicht, als die betreffende Person selbst der Tat dringend verdächtig ist. In einem solchen Fall ist für die Anordnung und Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme in den Fällen der §135 Abs1, 2, 2a und 3 sowie §136 Abs1 Z2 und 3 eine Ermächtigung des Rechtsschutzbeauftragten (§147 Abs2) Voraussetzung.
[…]
10. Abschnitt
Erkundigungen und Vernehmungen
[…]
Aussageverweigerung
§157. (1) Zur Verweigerung der Aussage sind berechtigt:
1. Personen, soweit sie ansonsten sich oder einen Angehörigen (§156 Abs1 Z1) der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Strafverfahren der Gefahr aussetzen würden, sich über ihre bisherige Aussage hinaus selbst zu belasten,
2. Verteidiger, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Verfahrensanwälte in Untersuchungsausschüssen des Nationalrats, Notare und Wirtschaftstreuhänder über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist,
3. Fachärzte für Psychiatrie, Psychotherapeuten, Psychologen, Bewährungshelfer, eingetragene Mediatoren nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz, BGBl I Nr 29/2003, und Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur psychosozialen Beratung und Betreuung über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist,
4. Medieninhaber (Herausgeber), Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes über Fragen, welche die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen betreffen oder die sich auf Mitteilungen beziehen, die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemacht wurden,
5. Wahlberechtigte darüber, wie sie ein gesetzlich für geheim erklärtes Wahl- oder Stimmrecht ausgeübt haben.
(2) Das Recht der in Abs1 Z2 bis 5 angeführten Personen, die Aussage zu verweigern, darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherten Informationen oder durch Vernehmung der Hilfskräfte oder der Personen, die zur Ausbildung an der berufsmäßigen Tätigkeit nach Abs1 Z2 bis 4 teilnehmen. Dies gilt ebenso für Unterlagen und Informationen, die sich in der Verfügungsmacht des Beschuldigten oder eines Mitbeschuldigten befinden und zum Zwecke der Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten durch eine in Abs1 Z2 genannte Person von dieser oder vom Beschuldigten erstellt wurden."
III. Zulässigkeit
Der Antrag ist unzulässig.
1. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=11506&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=13701&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ).
1.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=13965&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True mwN, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16542&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16911&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
1.2. Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16212&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16365&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=18142&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19496&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; VfGH 14.3.https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=2017&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G311/2016&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; vgl hiezu auch VfGH 14.6.2018, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G298/2017&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16756&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19496&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19684&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19903&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; VfGH https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=103&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True.https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=2015&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G201/2014&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ).
1.3. Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16279&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19413&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; VfGH 19.6.https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=2015&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G211/2014&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; 7.10.https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=2015&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G444/2015&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; 10.10.2016, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G662/2015&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=18891&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19933&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=18839&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19841&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19972&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; VfGH 15.10.2016, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&GZ=G339/2015&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ).
1.4. Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden konnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16869&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True mwN).
1.5. Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner partiellen Abweisung (vgl VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19746&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19905&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=18486&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , 18.298/2007; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=14342&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=15664&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=15928&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16304&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=16532&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=18235&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).
2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 21. September 2017, G83/2017, ausgesprochen hat, ist bei systematischer Auslegung des angefochtenen §112 StPO – zumindest – §111 Abs1 StPO mitzuberücksichtigen, wonach jene Person zur Herausgabe verpflichtet ist, die die sicherzustellenden Gegenstände und Vermögenswerte in ihrer Verfügungsmacht hat. Denn angesichts dieser Vorschrift würde sich – im Fall der Aufhebung nur der Ausnahmeregelung des §112 StPO – nichts an der allgemeinen Herausgabepflicht gemäß §111 Abs1 StPO ändern, die dann ohne die in §112 StPO verankerte Ausnahme gelten würde. Die von der Antragstellerin behauptete Verfassungswidrigkeit der Gesetzeslage würde daher durch die beantragte Aufhebung des §112 StPO nicht beseitigt werden (vgl zB VfSlg https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=18891&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=19933&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ).
3. Das Aufhebungsbegehren ist somit zu eng gefasst. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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