VfGH G185/2020 ua

VfGHG185/2020 ua8.6.2020

Unzulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung einer Verordnung betreffend COVID-19-Maßnahmen mangels Darlegung der Bedenken; Zurückweisung des Antrags betreffend Verordnungsermächtigungen nach dem COVID-19-MaßnahmenG mangels - zulässiger - Anfechtung der im Antragszeitpunkt in Kraft stehenden Verordnungen

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z3, Art140 Abs1 Z1 litc
COVID-19-MaßnahmenG §1, §2
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 96/2020 idF BGBl II 130/2020
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 98/2020 idF BGBl II 108/2020
VfGG §7 Abs2, §57 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2020:G185.2020

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

1. Mit dem auf Art140 bzw Art139 B‑VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge die §§1 und 2 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 (in der Folge: COVID‑19-Maßnahmengesetz), BGBl I 12/2020, bzw die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß §2 Z1 des COVID‑19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020, idF BGBl II 108/2020 zur Gänze aufheben.

2. Zu seiner Antragslegitimation führt der Antragsteller das Folgende aus:

"Die getroffenen und hier angefochtenen gesetzlichen Maßnahmen, welche auch die hier gegenständliche Verordnung nach sich gezogen haben sind eindeutig im Sinne der der angeführten Verfassungsbestimmung konkret für jeden einzelnen direkt wirksam. Dies trifft auch den Antragsteller und kann eine direkte Wirksamkeit dieser materiell rechtlichen Bestimmungen nur dadurch umgangen werden, in dem von einem Betroffenen ein Strafbescheid gleichsam provoziert wird, in dem er die Verbote nicht beachtet und so verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. Dies ist nach herrschender Rechtsprechung unzumutbar. Eine entsprechende Verletzung der Rechtssphäre jedes einzelnen ist somit gegeben und trifft dies daher auch auf den Antragsteller zu und ist dieser auch aktuell von diesen materiellrechtlichen Maßnahmen betroffen."

3. Der Antragsteller führt die Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen folgendermaßen aus:

"Es sind diverse Grundrechte betroffen: Art2 StGG, Art7 B‑VG, Art5 StGG, Art6 StGG und Art12 StGG. Auf die entsprechenden Bestimmungen der EMRK wird verwiesen.

 

Ferner findet Art18 B‑VG keine Beachtung.

 

[…]

 

Die hier bekämpften legistischen Maßnahmen stellen einen umfassenden Eingriff in die persönliche Freiheit des Einzelnen dar, welche durch die angeführten Grundrechte geschützt ist.

 

Gesetzestechnisch (gilt auch für die angefochtene Verordnung) wird als Begründung für diese Maßnahmen das Auftreten von COVID‑19 angeführt. Was COVID‑19 ist, worin die konkrete Gefährlichkeit des Auftretens und des Verbreitens besteht, ist weder dem Gesetz noch der Verordnung direkt zu entnehmen. Aus dem Gesetzespaket ergibt sich lediglich ein Erreger namens SARS-CoV‑2.

 

Jetzt kann man sich bei der Interpretation dieser Bestimmung an der medialen Berichterstattung orientieren, stößt aber hier wiederum auf Grenzen, da man hier wiederum auf die Meinung sogenannter Experten verwiesen wird, welche zum Ersten teilweise namentlich nicht bekannt sind, zum Zweiten deren Expertisen nicht veröffentlicht sind und zum Dritten sich auch nicht in dem angefochtenen Gesetz und auch nicht in der Verordnung wiederfinden.

 

Als Bedingung für diese Maßnahmen ist nicht einmal der Schutz des Gesundheitssystems genannt. Ein Gedanke, welcher ausschließlich in den Medien Berücksichtigung findet, nicht jedoch im Gesetz und auch nicht in der Verordnung.

 

Dem Gesetz und der Verordnung ist ebenfalls nicht die spezifische Gefährlichkeit des Erregers zu entnehmen. Nicht zu entnehmen ist, bei welchem Ausmaß der Verbreitung die Maßnahmen einsetzen und wann diese auch wieder zu beenden sind. Die Verordnung hat ein Anfangs- und ein Beendigungsdatum. (16. März 2020 bis 13. April 2020) Warum gerade dieser Zeitraum gewählt wurde, ist aus dem Gesetz und der Verordnung sachlich nicht ersichtlich. Das Gesetz selbst, somit die Ermächtigung für die Verordnung, tritt mit Ende des Jahres 2020 außer Kraft.

 

Bei welchem Grad der Ausbreitung diese hier gegenständlichen Maßnahmen greifen sollen und wann sie wieder eine Beendigung finden, ist durch den Gesetzgeber (Bundesgesetzblatt Nr BGBl I Nr 12/2020) ebenfalls nicht definiert worden. Fakten, Daten, Zahlen fehlen gänzlich. Eine diesbezügliche Nachvollziehbarkeit ist somit ebenfalls nicht gegeben. Eine gesetzliche Determination der Verwaltung kann daher in keiner Weise gegeben sein. Eine Nachvollziehbarkeit eins Handelns der Vollziehung im Sinne des Art18 B‑VG ist daher nicht gewährleistet. Logischer Weise findet sich daher auch in der Verordnung (StF: BGBl II Nr 98/2020 idF BGBl II Nr 108/2020) in der Folge nichts dergleichen.

 

Es wird zwar medial und seitens der politisch Verantwortlichen, wie bereits erwähnt, auf Experten verwiesen und deren Ansichten, diese von diesen Experten aufgezeigten Tatschen finden sich jedoch nicht im Gesetz und auch nicht in der Verordnung und macht diese Tatsache diese Vorgehensweise daher zu einer willkürlichen Maßnahme, welche im Sinne der angeführten verfassungsrechtlich gewährleisten Rechte nicht akzeptabel ist, da medizinische bzw epidemiologische Ansatzpunkte für diese Maßnahmen völlig fehlen um den hier gegenständlichen Zeitraum zu erklären und die Maßnahmen selbst. Das ganze Vorgehen erinnert mehr an eine Anordnung gerichtet an Untertaten, an ein ausgeprägtes Obrigkeitsdenken und nicht an einen Rechts- und/oder Verfassungsstaat.

 

Das bloße Anführen eines Zeitraumes kann für solche Maßnahmen nicht reichen. Es müssen, spätestens nach einer angemessenen Frist nach Auftreten einer Epidemie konkrete inhaltliche Kriterien, bezogen auf die konkrete Epidemie, auf den konkreten Erreger angeführt werden, welche den Beginn und das Ende solcher Maßnahmen festlegen. Der angeführte Zeitraum ist unter diesen Maximen reine Willkür und verletzt somit Verfassungsrecht in umfassender Weise.

 

Auch wurden sie schlußendlich auch ohne Bezug zu der immer wieder kolportierten Sachfrage erlassen, nämlich dem Schutz des Gesundheitssystems. Dieser Gedanke findet überhaupt keine Erwähnung in sämtlichen in diesem Zusammenhang erlassenen legistischen Maßnahmen. Auch diesbezüglich finden sich keine Fakten, Zahlen oder Daten, welche eine Nachprüfbarkeit zulassen. Spezifische epidemiologische und/oder medizinische Parameter oder Bedingungen in Bezug auf die Auswirkungen und/oder Gefährlichkeit von COVID‑19 bzw des Erregers sind im Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem nicht zu finden.

 

Warum auch gerade unter diesem Gesichtspunkt genau dieser Erreger, SARS-CoV‑2, und die damit verbundene COVID‑19 Epidemie zu diesen Maßnahmen führt und andere Epidemien, beispielsweise Influenzaepidemien, welche in der Vergangenheit zu einer weit höheren Anzahl an Todesfällen geführt haben, nicht zu diesen Maßnahmen geführt haben, ist unter den angeführten Grundrechten und den angefochtenen materiell-rechtlichen Bestimmungen daher nicht erklärbar. Unter diesem Gesichtspunkt liegt somit reine Willkür vor, da der sachliche, medizinische bzw epidemiologische Unterschied, basierend auf Fakten, Zahlen und Daten, welcher zu dieser Maßnahme bei COVID‑19 (SARS-CoV‑2) führt, aus den Bestimmungen des angefochtenen Gesetzes und der angefochtenen Verordnung nicht hervorgeht; dies zum Unterschied zu den anderen Epidemien aufgrund anderer oder ähnlicher Erreger.

 

Schlußendlich muß festgehalten werden, daß auch keine Differenzierung hinsichtlich der besonders gefährdeten Gruppen, sohin in Bezug auf ältere und vorerkrankte Personen, bei den hier gegenständlichen Maßnahmen vorgenommen wurde. Sämtliche Staatsbürger und im Bundesgebiet aufhältige Personen sind von diesen Maßnahmen gleich betroffen. Es ist grundrechtlich nicht zulässig, das eigene Lebens- und Gesundheitsrisiko, sei dies auf Grund des Alters und einer Vorerkrankung, auf andere auszulagern bzw auf diese zu übertragen und dadurch die hier gegenständlichen Grundrechtseinschränkungen für alle gleich, ohne sachlicher Differenzierung, zu bewirken, dies zumal für diese Personengruppen keine besonderen Bestimmungen bzw Restriktionen erlassen wurden. Man will eine bestimmte Gruppe schützen, aber sieht keine besonderen Bestimmungen für diese vor. Eine Nachvollziehbarkeit ist da nicht gegeben.

 

Das Lebens- und Gesundheitsrisiko trägt grundsätzlich jeder Menschen für sich selbst. Bei jedem Zivilverfahren in Bezug auf eine Arzthaftung haftet der Arzt nicht für das Gesundheits- und Lebensrisiko des jeweiligen Patienten, sondern auch nur für sein Tun oder Unterlassen. Dies trägt ein Patient immer selbst. Dieser Grundsatz muß auch hier gelten.

 

Zulässig ist es aber sämtliche Einschränkungen, welche dem Schutz dieser Gruppen dienen, insbesondere für diese, zu erlassen. Eine generelle Verallgemeinerung der Lebens-und Gesundheitsrisiken gefährdeter gesellschaftlicher Gruppen behandelt alle Menschen gleich, ohne daß auf die unterschiedlichen Interessen und Lebenssituationen in der Gesellschaft eingegangen wird. Allein dies verbietet aber der Grundsatz der gleichheitsrechtlich gebotenen sachlichen Differenzierung bei gesetzlichen Maßnahmen. Im Endeffekt bedeutet dies, daß alle Menschen einer Gesellschaft zu betagten und vorerkrankten Menschen gemacht werden und so jede sachliche Differenzierung verhindert wird. Selbst die Genesenen sind von den Maßnahmen betroffen.

 

Auch ist der dadurch entstehende bzw schon entstandene wirtschaftliche Schaden für die Allgemeinheit und für den Einzelnen so nicht zu rechtfertigen, ein Schaden, welcher insbesondere bei jüngeren Menschen höher anzusetzen sein wird. Ein subjektives Recht, ein Anspruch auf einen Ausgleich dieses Schadens ist aber nicht vorgesehen.

 

Zusammenfassend muß somit festgestellt werden, daß sämtliche der hier gegenständlichen Einschränkungen ohne Bezug auf medizinische bzw epidemiologische Parameter oder Bedingungen verfügt wurden, sei dies in Bezug auf erstens den Zeitraum, zweitens das Gesundheitssystem, drittens den Erreger selbst und viertens bezüglich der unterschiedlich gefährdeten Personengruppen. Somit sind diese Maßnahmen als willkürlich und unsachlich im Sinne sämtlicher hier angeführter Grundrechte zu verstehen bzw greifen diese in den Kernbereich dieser hier geltend gemachten Grundrechte ein. Eine Anlaßgesetzgebung in solchen Fällen kann es somit in dieser Form nicht geben, da solche Eingriffe nur gemäß allgemeinen, abstrakten und somit sachlichen Kriterien, wie ausgeführt, als zulässig erachtet werden können. Diese können dann generell auf alle Epidemien und Erreger aller Art gleich Anwendung finden und eine rechtliche Gleichwertigkeit und Nachvollziehbarketi im Sinne eines öffentlichen Interesses garantieren, um auf diese Weise negative Auswirkungen von Epidemien auf die Gesellschaft generell oder Teilen davon zu verhindern. Diesbezüglich ist hier nichts zu erkennen und kann daher von einem Vorgehen im Rahmen einer Verfassung, wie wir sie vorfinden und kennen, nicht gesprochen werden kann."

II. Rechtslage

§§1 und 2 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 (COVID‑19-Maßnahmengesetz), BGBl I 12/2020, lauten:

"Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren- und Dienstleistungen

§1. Beim Auftreten von COVID‑19 kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind.

 

Betreten von bestimmten Orten

§2. Beim Auftreten von COVID‑19 kann durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 erforderlich ist. Die Verordnung ist

1. vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,

2. vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt, oder

3. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.

Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken."

§§1 und 2 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 (COVID‑19-Maßnahmengesetz), BGBl I 12/2020, idF BGBl I 23/2020 lauten:

"Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen sowie Arbeitsorte

§1. Beim Auftreten von COVID‑19 kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen oder Arbeitsorte im Sinne des §2 Abs3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind. Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten werden dürfen.

 

Betreten von bestimmten Orten

§2. Beim Auftreten von COVID‑19 kann durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 erforderlich ist. Die Verordnung ist

1. vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,

2. vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt, oder

3. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.

Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken. Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen jene bestimmten Orte betreten werden dürfen."

Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß §2 Z1 des COVID‑19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020, idF BGBl II 108/2020 lautet:

"§1. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 ist das Betreten öffentlicher Orte verboten.

 

§2. Ausgenommen vom Verbot gemäß §1 sind Betretungen,

1. die zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum erforderlich sind;

2. die zur Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen dienen;

3. die zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der Deckung des Bedarfs zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Diese Ausnahme schließt auch Begräbnisse im engsten Familienkreis mit ein;

4. die für berufliche Zwecke erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Dabei ist darauf zu achten, dass eine berufliche Tätigkeit vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen soll, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden.

5. wenn öffentliche Orte im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren betreten werden sollen, gegenüber anderen Personen ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

 

§3. Das Betreten von

1. Kuranstalten gemäß §42a KAKuG ist für Kurgäste verboten,

2. Einrichtungen, die der Rehabilitation dienen, ist für Patienten/-innen verboten, ausgenommen zur Inanspruchnahme unbedingt notwendiger medizinischer Maßnahmen der Rehabilitation im Anschluss an die medizinische Akutbehandlung sowie im Rahmen von Unterstützungsleistungen für Allgemeine Krankenanstalten.

 

§4. Die Benützung von Massenbeförderungsmitteln ist nur für Betretungen gemäß §2 Z1 bis 4 zulässig, wobei bei der Benützung ein Abstand von mindestens einem Meter gegenüber anderen Personen einzuhalten ist.

 

§5. Das Betreten von Sportplätzen ist verboten.

 

§6. Im Fall der Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind die Gründe, warum eine Betretung gemäß §2 zulässig ist, glaubhaft zu machen.

 

§7. (1) Diese Verordnung tritt mit 16. März 2020 in Kraft und mit Ablauf des 13. April 2020 außer Kraft.

(2) Die Änderungen durch die Novelle BGBl II Nr 107/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft."

III. Zulässigkeit

1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen und die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit bzw Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz bzw die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 und 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz bzw die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit bzw ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003).

2. Zum Antrag, die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß §2 Z1 des COVID‑19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020, idF BGBl II 108/2020 zur Gänze aufzuheben:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Gemäß §57 Abs1 VfGG hat der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen; das Fehlen dieser Darlegung ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis (vgl zB VfSlg 12.564/1990, 15.342/1998 mwN). Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Gesetzes- bzw Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art – präzise ausgebreitet werden, mithin dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Gesetzes- bzw Verfassungsbestimmung die bekämpfte Bestimmung in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl VfSlg 11.150/1986, 11.888/1988, 13.851/1994, 14.802/1997, 17.651/2005; VfGH 26.2.2018, G27/2018). Es genügt dabei nicht, dass im Antrag behauptet wird, dass die bekämpfte Bestimmung gegen eine Gesetzes- bzw Verfassungsbestimmung verstößt; vielmehr muss konkret dargelegt werden, aus welchen Gründen der bekämpften Norm die behauptete Gesetzes- bzw Verfassungswidrigkeit anzulasten ist (vgl VfSlg 13.123/1992; VfGH 13.9.2013, G61/2013). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für die Antragsteller zu präzisieren (VfSlg 17.099/2003 mwN, 17.102/2004; VfGH 10.6.2016, G70/2016).

2.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich der vorliegende Antrag als unzulässig: Der Antragsteller bezieht sich in seinen Ausführungen jeweils pauschal auf die "hier bekämpften legistischen Maßnahmen" und unterlässt es gänzlich, jeweils darzulegen, welche konkret bekämpfte Verordnungs- bzw Gesetzesbestimmung mit welcher Gesetzes- bzw Verfassungsbestimmung in Widerspruch stehen soll. Dies führt dazu, dass das Vorliegen in überprüfbarer Art präzise ausgebreiteter Bedenken im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

2.4. Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §57 Abs1 VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis (vgl VfSlg 12.564/1990, 15.342/1998 mwN). Der somit an einem inhaltlichen, keiner Verbesserung zugänglichen Mangel leidende Antrag auf Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß §2 Z1 des COVID‑19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020, idF BGBl II 108/2020 zur Gänze ist daher – schon aus diesem Grund – als unzulässig zurückzuweisen (vgl VfSlg 17.553/2005; VfGH 26.2.2018, G27/2018). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag auch aus anderen Gründen unzulässig ist.

3. Zum Antrag, die §§1 und 2 COVID‑19-Maßnahmengesetz idF BGBl I 12/2020 aufzuheben:

3.1. Bei den §§1 und 2 COVID‑19-Maßnahmengesetz handelt es sich jeweils um Verordnungsermächtigungen, die den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, den jeweiligen Landeshauptmann bzw den jeweiligen Bezirkshauptmann zur Erlassung bestimmter Verordnungen ermächtigen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 erforderlich ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine (unmittelbare) Anfechtung von Verordnungsermächtigungen, die sich an Verwaltungsorgane richten, grundsätzlich nicht zulässig, weil sie erst durch die Erlassung der konkreten Verordnung für deren Adressaten wirksam werden und dadurch allenfalls Eingriffe in die Rechtssphäre einer Person zu bewirken vermögen (vgl VfSlg 17.676/2005 mwN, 17.957/2006). Eine (Mit‑)Anfechtung der einer Verordnung zugrunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung ist grundsätzlich nur zulässig, wenn die – unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifende – Verordnung bereits erlassen wurde und gemeinsam mit der Verordnungsermächtigung – in zulässiger Weise – angefochten wird (vgl dazu insbesondere VfSlg 15.316/1998 mwN, 16.808/2003, 17.161/2004).

3.2. Zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages (8. April 2020) war die auf Basis der Verordnungsermächtigung des §1 COVID‑19-Maßnahmengesetz erlassene Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19, BGBl II 96/2020, idF BGBl II 130/2020 sowie die auf Basis der Verordnungsermächtigung des §2 COVID‑19-Maßnahmengesetz erlassene Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß §2 Z1 des COVID‑19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020, idF BGBl II 108/2020 in Kraft. Diese Verordnungen wären daher jedenfalls – in zulässiger Weise – mitanzufechten gewesen. Der Antrag, die §§1 und 2 COVID‑19-Maßnahmengesetz idF BGBl I 12/2020 aufzuheben, ist somit schon deshalb unzulässig.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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