VfGH G70/2016

VfGHG70/201610.6.2016

Unzulässigkeit eines Parteiantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Nö JagdG 1974 mangels konkreter Darlegung der Bedenken

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
Nö JagdG 1974 §116 Abs2
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
Nö JagdG 1974 §116 Abs2

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

1. Mit Beschluss vom 13. Jänner 2016 wies das Landesgericht Korneuburg den Antrag eines Liegenschaftseigentümers im Jagdgebiet Mailberg auf Festsetzung einer Entschädigungsleistung von € 3.201,03 für Wildschäden an landwirtschaftlich genützten Pflanzen im außerstreitigen Verfahren ab. Im zweiten Spruchpunkt sprach das Landesgericht Korneuburg aus, dass jede Partei ihre Verfahrenskosten selbst trägt.

2. Gegen die Kostenentscheidung erhoben die Antragsgegner des gerichtlichen Verfahrens – die Jagdausübungsberechtigten im Jagdgebiet Mailberg – Kostenrekurs an das Landesgericht Korneuburg. Gleichzeitig stellten sie beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG einen "Parteiantrag auf Normenkontrolle", in dem sie beantragen, der Verfassungsgerichtshof möge §116 Abs2, vierter Satz Nö. Jagdgesetz als verfassungswidrig aufheben, in eventu dessen Verfassungswidrigkeit feststellen. Die Antragsteller bezeichnen die Entscheidung, gegen die sie das Rechtsmittel erhoben haben, sowie das ordentliche Gericht, das sie erlassen hat, und geben an, wann ihnen der Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg zugestellt und wann der Kostenrekurs erhoben worden ist. In der Folge wird die Relevanz der angefochtenen gesetzlichen Bestimmung für die gerichtliche Kostenentscheidung dargelegt.

3. Unter dem Punkt "Verletzungsbehauptung" führen die Antragsteller folgendes aus:

"[…] Die Bestimmung des §44 EisbEG, wonach der erfolgreich Enteignete niemals auch noch zum Kostenersatz verpflichtet werden kann, ist an sich billig und sozial gerecht, zumal im Eisenbahnentschädigungsverfahren ein wirtschaftlich übermächtiges Eisenbahnunternehmen und ein sozial schwacher Enteigneter, der ohnehin schon einen massiven Eingriff in sein Eigentumsrecht zu dulden hat, einander gegenüberstehen. Im Wildschadensverfahren ist dies jedoch nicht der Fall: Aus welchen Gründen die den jeweiligen Antragsgegner benachteiligende, einseitige Kostentragungspflicht des §44 EisbEG im Wildschadensverfahren zur Anwendung gelangen soll, ist unnachvollziehbar und verfassungsrechtlich bedenklich.

Es kann nicht angehen, dass die im Anlassverfahren obsiegenden Jagdpächter vom unterlegenen Landwirt nicht die Kosten der durch die Verfahrensführung verursachten, notwendigen Aufwendungen, insbesondere die Kosten der rechtsanwaltlichen Vertretung, ersetzt bekommen sollten.

In Wildschadensverfahren ist sohin kein vernünftiger Grund erkennbar, aus welchen Gründen die Kostenentscheidung – wie in jedem anderen Schadenersatzprozess auch – nicht gem. ZPO erfolgten sollte. Die Bestimmung des §116 Abs2 NÖ JagdG, wonach im gerichtlichen Verfahren das EisbEG, BGBl Nr 71/1954 idF BGBl I Nr 111/2010 sinngemäß anzuwenden sei, ist daher verfassungswidrig."

4. Das Landesgericht Korneuburg hat die Gerichtsakten vorgelegt.

II. Zulässigkeit

1. Der Antrag ist unzulässig.

2. Dem Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG zufolge erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".

3. Die Antragsteller haben den Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG aus Anlass eines Rekurses gegen eine erstinstanzliche Entscheidung des Landesgerichtes Korneuburg erhoben. Der Antrag hat die Vorgaben der §§15, 62 und 62a Abs3 und Abs4 VfGG zu erfüllen.

4. Gemäß §62 Abs1 VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art – präzise ausgebreitet werden, d.h. dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. zB. VfSlg 11.150/1986, 11.888/1988, 13.710/1994, 13.851/1994, 14.802/1997). Es genügt dabei nicht, dass im Antrag behauptet wird, dass die bekämpfte Gesetzesstelle gegen eine Verfassungsbestimmung verstößt; vielmehr muss konkret dargelegt werden, aus welchen Gründen der bekämpften Norm die behauptete Verfassungswidrigkeit anzulasten ist. Begnügt sich ein Antrag damit, den Verstoß gegen Verfassungsgebote zu behaupten, unterlässt er aber konkrete Darlegungen, warum die bekämpften Regelungen im Einzelnen gegen Verfassungsbestimmungen verstoßen, so ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für die Antragsteller zu präzisieren (VfSlg 17.099/2003 mwN).

5. Dieses Erfordernis wird im vorliegenden Antrag nicht erfüllt; insbesondere wird nicht dargelegt, gegen welche verfassungsrechtliche Norm die angefochtene gesetzliche Bestimmung verstoße. Die im Antrag enthaltenen Ausführungen, dass die angefochtene Bestimmung "unnachvollziehbar und verfassungsrechtlich bedenklich" und "kein vernünftiger Grund" für diese Regelung "erkennbar" sei, sind nicht geeignet, die behauptete Verfassungswidrigkeit zu begründen.

6. Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §62 Abs1 zweiter Satz VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis (vgl. VfSlg 15.342/1998 mwN).

7. Der somit an einem inhaltlichen, keiner Verbesserung zugänglichen Mangel leidende Antrag ist daher – schon aus diesem Grund – als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg 17.553/2005). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag auch aus anderen Gründen unzulässig ist.

8. Die Zurückweisung erfolgt gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung.

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