VfGH G182/09 ua

VfGHG182/09 ua15.12.2011

Abweisung von Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung landesgesetzlicher Ausführungsbestimmungen über die Bedarfsprüfung für selbständige Ambulatorien im Hinblick auf die mit Erkenntnis festgestellte Verfassungsmäßigkeit der grundsatzgesetzlichen Bestimmung des KAKuG

Normen

KAKuG §3 Abs2 lita
Oö KAG 1997 §5 Abs1, Abs2
Stmk KAG 1999 §3 Abs2, Abs3
KAKuG §3 Abs2 lita
Oö KAG 1997 §5 Abs1, Abs2
Stmk KAG 1999 §3 Abs2, Abs3

 

Spruch:

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren; Antragsvorbringen

1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu G182/09 und G279/09 Anträge des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art140 Abs1 B-VG auf Aufhebung von die Bedarfsprüfung hinsichtlich selbständiger Ambulatorien betreffenden Bestimmungen des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999 (KALG), LGBl. 66, und des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1997 (OÖ KAG 1997), LGBl. 132, anhängig. In den den verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorangegangenen Verfahren vor der Verwaltungsbehörde führte die jeweilige Durchführung einer Bedarfsprüfung in einem Fall dazu, dass der Antrag mangels Bedarfs abgewiesen wurde (G279/09); im anderen Fall wurde der Bedarf von der belangten Behörde bejaht; die daraufhin für das beantragte Ambulatorium erteilte Errichtungsbewilligung wurde von der zuständigen Ärztekammer für die Steiermark aber mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft (G182/09).

2. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt zu G182/09 die Aufhebung des §3 Abs2 lita des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999 (KALG), LGBl. Nr. 66 (Fassung der Wiederverlautbarung) und des §3 Abs3 KALG (in der Fassung der KALG-Novelle 2006, LGBl. Nr. 145) und zu G279/09 die Aufhebung des §5 Abs1 Z1 OÖ KAG 1997, LGBl. Nr. 132 (Stammfassung) sowie die Aufhebung in eventu die Feststellung des §5 Abs2 erster Satz des OÖ KAG 1997, LGBl. Nr. 132 idF der

3. OÖ KAG-Novelle LGBl. Nr. 99/2005, als verfassungswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof trug folgende Bedenken vor (die Begründungen im zu G279/09 protokollierten Antrag und in dem im Folgenden wiedergegebenen Antrag zu G182/09 sind im Wesentlichen ident):

"4.1.1. Aus Anlass zweier bei ihm anhängiger Beschwerdeverfahren, in denen die Bedarfsprüfungsbestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 (Wr. KAG) und das Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 (Oö. KAG 1997) einschlägig waren, hatte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Februar 2007, Zlen. EU 2007/11/0001, EU 2007/11/0002-1, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

'1.) Steht Art43 (iVm Art48) EG der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, nach der für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde (Zahnambulatorium) eine Errichtungsbewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung zu versagen ist, wenn nach dem angegeben[en] Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen sowie niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag kein Bedarf an dem geplanten Zahnambulatorium besteht?

2.) Ändert sich etwas an der Beantwortung von

Frage 1.), wenn in die Prüfung des Bedarfs zusätzlich auch das bestehende Versorgungsangebot der Ambulanzen von öffentlichen, privaten gemeinnützigen und sonstigen Krankenanstalten mit Kassenvertrag einzubeziehen ist?'

4.1.2. Mit Urteil vom 10. März 2009, C-169/07 ,

erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hiezu Folgendes:

'Nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde eine Bewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung, wenn angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots durch Kassenvertragsärzte kein die Errichtung einer solchen Krankenanstalt rechtfertigender Bedarf besteht, zu versagen ist, steht Art43 EG in Verbindung mit Art48 EG entgegen, sofern sie nicht auch Gruppenpraxen einem solchen System unterwerfen und sofern sie nicht auf einer Bedingung beruhen, die geeignet ist, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden Grenzen zu setzen.'

In der Begründung wurde zusammenfassend ausgeführt, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung sei nicht geeignet, die Erreichung der Ziele zu gewährleisten, eine qualitativ hochwertige, ausgewogene und allgemein zugängliche medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten und eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit zu vermeiden (Rz 71). Eine Beantwortung der zweiten Vorlagefrage erübrige sich im Hinblick auf die Antwort auf die erste Frage (Rz 73).

4.1.3. Mit Erkenntnis vom 16. April 2009,

Zlen. 2009/11/0036-12, 0037-8 (früher: 2002/11/0021, 2006/11/0160), hob der Verwaltungsgerichtshof die Bescheide der Wiener und der Oberösterreichischen Landesregierung, mit denen einem Bewilligungswerber mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland jeweils die Errichtungsbewilligung für ein Zahnambulatorium versagt worden war, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts auf. Er führte in seiner Begründung dazu Folgendes aus:

'[...] Die einschlägige Rechtslage (§§52a ff

ÄrzteG 1998 in dem zur hg. Zl. 2009/11/0036 protokollierten Beschwerdefall bzw. §§52a ff ÄrzteG 1998 sowie §26 des Zahnärztegesetzes in dem zur hg. Zl. 2009/11/0037 protokollierten Beschwerdefall) sieht für Gruppenpraxen keine Bedarfsprüfung vor.

Aus der Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist daher für die Beschwerdefälle zu folgern, dass die Anwendung der Art43 (iVm Art48) EG widersprechenden Bestimmungen des nationalen Rechts, welche die Erteilung einer Errichtungsbewilligung von einem Bedarf nach den beantragten Zahnambulatorien abhängig machen, zu unterbleiben hat. In dem zur hg. Zl. 2009/11/0036 protokollierten Beschwerdefall handelt es sich dabei um §4 Abs2 Wr. KAG, in dem zur hg. Zl. 2009/11/0037 protokollierten Beschwerdefall um §5 Abs1 Z. 1 und Abs2 Oö KAG 1997. Da die angefochtenen Bescheide ausschließlich in diesen Bestimmungen ihre Deckung finden könnten, sind sie, weil diese wegen des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts außer Betracht zu bleiben haben, mit Rechtswidrigkeit behaftet.'

4.1.4. Im Hinblick auf die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen bezieht sich zwar auch die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 10. März 2009 gegebene Antwort (im Spruch) nur auf Zahnambulatorien. Die Urteilsbegründung lässt aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keinesfalls den Schluss zu, dass die Gründe, aus denen der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Unvereinbarkeit des Bedarfserfordernisses mit Art43 iVm Art48 EG gefolgert hat, auf Zahnambulatorien beschränkt [sein] und für andere Ambulatorien nicht gelten sollten. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im Folgenden davon aus, dass eine[r] nationale[n] Regelung, nach der für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums wie dem im Beschwerdefall in Rede stehenden eine Bewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung, wenn angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots durch Kassenvertragsärzte kein die Errichtung einer solchen Krankenanstalt rechtfertigender Bedarf besteht, zu versagen ist, ebenfalls Art43 iVm Art48 EG entgegensteht, sofern nicht auch Gruppenpraxen einem solchen System unterworfen sind (das Kriterium der ausreichenden Grenzziehung für das den Behörden eingeräumte Ermessen ist im vorliegenden Fall nicht von Belang).

4.2. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist eine Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber Ausländern am Gleichheitssatz zu messen und bedarf daher einer sachlichen Rechtfertigung. Dieser Grundgedanke wurde vom Verfassungsgerichtshof in Anbetracht der 'doppelten Bindung' des Gesetzgebers bei Umsetzung von Gemeinschaftsrecht auch auf die sogenannte 'Inländerdiskriminierung' übertragen.

Verstößt eine gesetzliche Bestimmung des nationalen Rechts gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht, dann wird sie in Fällen mit Gemeinschaftsbezug (auf Grund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts) verdrängt. Die nationalen Normen sind dann so zu lesen, als ob die verdrängte Bestimmung nicht vorhanden wäre; es ist also der gemeinschaftsrechtskonforme nationale Regelungstorso anzuwenden. In allen anderen Fällen ist die nationale Norm in ihrer Gesamtheit anzuwenden.

Vergleicht man die nationale Norm mit dem (durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts entstandenen) Regelungstorso, so ist zu prüfen, ob dabei nicht Sachverhalte ohne Gemeinschaftsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert werden (vgl. zum Ganzen die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes

VfSlg. Nr. 17.150/200[4] und vom 11. Dezember 2008, G85/08, mit dem Teile des §6 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 aufgehoben wurden).

4.3. Die angefochtenen Bestimmungen gleichen beinahe wörtlich denjenigen des Oö. KAG 1997, die Gegenstand der oben wiedergegebenen Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften waren.

Da weder das ÄrzteG 1998 noch das ZÄG die Errichtung und den Betrieb von Gruppenpraxen von einem Bedarf abhängig machen, folgt im Lichte des zitierten Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 10. März 2009 aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts auch für das in Rede stehende KALG, dass in Fällen mit Gemeinschaftsbezug die Errichtungsbewilligung für eine Krankenanstalt in der Betriebsform eines (Zahn)Ambulatoriums nicht vom Bestehen eines Bedarfs abhängig gemacht werden darf. Die nationale Norm - vorliegendenfalls das KALG - ist für Fälle mit Gemeinschaftsbezug also so zu lesen, als ob die verdrängte Bestimmung nicht vorhanden wäre, mithin so, als ob die die Bedarfsprüfung erzwingenden Passagen, nämlich §3 Abs2 lita und Abs3 KALG, entfallen wären. Nur der verbleibende Regelungstorso dürfte in einem Fall mit Gemeinschaftsbezug angewendet werden.

Für Fälle ohne Gemeinschaftsbezug - wie dem

vorliegenden - ist hingegen das KALG in seiner Gesamtheit, also einschließlich der angefochtenen Bestimmungen, anzuwenden. Dies hat zur Konsequenz, dass (nur) in Fällen ohne Gemeinschaftsbezug die Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines Ambulatoriums stets vom Bestehen des in §3 Abs3 KALG näher umschriebenen Bedarfs abhängig ist (auf die Bewilligungsvoraussetzungen für Ambulatorien von Krankenversicherungsträgern [vgl. §3 Abs5 KALG], die im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden sind, braucht hier nicht eingegangen zu werden).

Die Systematik und der klare Wortlaut des §3 Abs2

lita iVm Abs3 KALG stehen einer Auslegung dahin, dass auch in anderen Fällen als solchen mit Gemeinschaftsbezug die Erteilung der Errichtungsbewilligung unabhängig von einem Bedarf nach der Krankenanstalt erteilt werden dürfte, entgegen.

Bei rein innerstaatlichen Sachverhalten müssen zur Erlangung einer Errichtungsbewilligung für eine Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums demnach strengere Voraussetzungen erfüllt sein als - auf Grund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts - bei Sachverhalten mit gemeinschaftsrechtlichem Bezug (vgl. das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2008, G85/08).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag dafür keine

sachliche Rechtfertigung zu finden.

5. Wegen der sprachlichen Ausgestaltung der angefochtenen Bestimmungen hält der Verwaltungsgerichtshof eine Aufhebung bloß von Teilen derselben nicht für möglich. Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass die angefochtenen Bestimmungen nur hinsichtlich Zahnambulatorien verfassungswidrig sind, wäre eine eingeschränkte Aufhebung nicht möglich, weil die Aufhebung der nur auf Zahnambulatorien bezogenen Wortfolge 'bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Kassenvertragszahnärzte und Kassenvertragsdentisten' in §3 Abs3 KALG an der nach dem verbleibenden Text gebotenen Bedarfsprüfung (auch für Zahnambulatorien) nichts ändern könnte."

3. Der Verfassungsgerichtshof nahm u.a. diese Anträge des Verwaltungsgerichtshofes zum Anlass, mit Beschluss vom 3. März 2010 aus eben denselben Bedenken und im Hinblick auf die Bindungswirkung des Grundsatzgesetzes für den Ausführungsgesetzgeber ein Gesetzesprüfungsverfahren ob §3 Abs2 lita des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl. 1/1957 idF BGBl. I 155/2005, einzuleiten.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss (vorläufig) davon ausgegangen, dass er die Bestimmung des §3 Abs2 lita KAKuG bei Beurteilung der Verfassungskonformität der vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bestimmungen des KALG und des OÖ KAG 1997 anzuwenden hätte, obgleich sie sowohl von den Behörden in den den verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren als auch vom Verwaltungsgerichtshof selbst weder angewendet wurden noch anzuwenden waren (s. dazu VfSlg. 15.576/1999). Die Präjudizialität dieser Bestimmung ist nämlich - so die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes - auch dann gegeben, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Verfassungsmäßigkeit des nicht unmittelbar anzuwendenden Bundesgesetzes eine Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit der unmittelbar anzuwendenden Landesgesetze bildet (vgl. dazu VfSlg. 3024/1956).

4. Die Steiermärkische Landesregierung sah "im

Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 10.3.2009 in der Rechtssache C-169/07 , Hartlauer, von der Erstattung einer inhaltlichen Stellungnahme ab."

Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie Folgendes ausführt:

"§3 Abs2 lita des Bundesgesetzes über

Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 124/2009, bestimmt, dass die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt nur erteilt werden darf, wenn ein in dieser Bestimmung näher determinierter Bedarf gegeben ist. Selbständige Ambulatorien sind Krankenanstalten gemäß §2 Abs1 Z. 7 des Grundsatzgesetzes. Auf Grund dieser grundsatzgesetzlichen Vorgabe wurde im §5 Abs1 Z. 1 in Verbindung mit Abs2 Oö. Krankenanstaltengesetz 1997, LGBl. Nr. 132, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 85/2009, eine dem Grund[satz]gesetz nachgebildete Bestimmung über die Bedarfsprüfung in Bewilligungsverfahren von Krankenanstalten - und somit auch von selbständigen Ambulatorien - erlassen.

Wenn auch der Oberösterreichischen Landesregierung die Problematik der sogenannten 'Inländerdiskriminierung' bei der Bewilligung von selbständigen Ambulatorien auf Grund des Urteils des EuGH vom 10. März 2009 in der Rechtssache C-169/07 (Fall 'Hartlauer Handelsges.mbH') sehr wohl bewusst ist, so würde doch eine Regelung im Oö. Krankenanstaltengesetz 1997, wonach in Bewilligungsverfahren von selbständigen Ambulatorien keine Bedarfsprüfung durchzuführen ist, eine grundsatzgesetzwidrige und somit verfassungswidrige Bestimmung darstellen."

Im zu G182/09 protokollierten Verfahren erstattete die Ärztekammer für die Steiermark, im zu G279/09 der Beschwerdeführer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens jeweils eine Äußerung.

5. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt ferner zu

G81/10 die Aufhebung des §3 Abs2 lita des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999 (KALG), LGBl. Nr. 66 (Fassung der Wiederverlautbarung) und des §3 Abs3 KALG (in der Fassung der KALG-Novelle 2006, LGBl. Nr. 145), als verfassungswidrig.

6. Der Verwaltungsgerichtshof trug gegen die angefochtenen Bestimmungen im Wesentlichen dieselben Bedenken vor, die er in seinem Antrag zu G182/09 hinsichtlich derselben Bestimmungen des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes vorgebracht hatte, nämlich, dass sie seit dem Urteil des EuGH 10.3.2009, Rs. C-169/07 , "Hartlauer Handelsgesellschaft mbH", Slg. 2009, I-1721, nur mehr auf Sachverhalte ohne Unionsrechtsbezug anwendbar seien und daher insoweit dem Gleichheitssatz widersprechen würden.

7. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete in dem zu G81/10 protokollierten Verfahren eine Äußerung, in der sie Folgendes ausführt:

"Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Steiermärkische Landesregierung sich zu gleichgelagerten Bedenken des Verwaltungsgerichtshofs zur Verfassungskonformität der §3 Abs2 lita und §3 Abs3 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz 1999 - KALG), in der vor dem Hohen Verfassungsgerichtshof anhängigen Rechtssache G182/09-2, mit Schreiben vom 3. September 2009 geäußert hat. In dieser Äußerung sah die Steiermärkische Landesregierung im Hinblick auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-169/07 , Hartlauer, von der Erstattung einer inhaltlichen Stellungnahme ab.

Da sich die Rechtslage seitdem jedoch entscheidend verändert hat, vertritt die Steiermärkische Landesregierung nunmehr den Standpunkt, dass die angegriffenen Bestimmungen des KALG, selbst unter der Annahme, dass die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes ursprünglich berechtigt gewesen seien, spätestens ab dem 19. August 2010 verfassungskonform sind. Dies wird in der Folge näher ausgeführt:

1. Konvalidation des §3 Abs2 lita und des §3 Abs3

KALG

1.1.Das Vorbringen des Verwaltungsgerichtshofs

[...]

Die vom Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken zur Verfassungskonformität der §3 Abs2 lita und §3 Abs3 KALG gründen demnach auf der vom EuGH in der Rs. Hartlauer festgestellten Inkohärenz des österreichischen Systems der Bedarfsprüfung. Die Herstellung eines kohärenten Systems der Bedarfsprüfung würde daher die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofs zur Verfassungskonformität der angegriffenen Bestimmungen des KALG beseitigen. Da der EuGH in der Rs. Hartlauer betonte, dass eine Bedarfsprüfung prinzipiell unionsrechtlich zulässig ist und es lediglich auf die konkrete Ausgestaltung dieser Prüfung ankommt, kann die Herstellung eines kohärenten Systems auf zwei Wegen erreicht werden: entweder durch das Abschaffen der Bedarfsprüfung im Krankenanstaltenrecht oder durch das Einführen einer Bedarfsprüfung für Gruppenpraxen im Ärzte- und Zahnärztegesetz.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Steiermärkische Landesregierung nicht übersieht, dass der EuGH in der Rs. Hartlauer das österreichische System der Bedarfsprüfung aus zweierlei Gründen für unionsrechtswidrig erklärte. Neben der Inkohärenz des Systems der Bedarfsprüfung stellte er auch fest, dass die österreichische Regelung nicht geeignet sei, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen zu setzen. Es ist jedoch festzuhalten, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag darauf beschränkt, auszuführen, dass das KALG durch das Vorschreiben einer Bedarfsprüfung unionsrechtswidrig sei und dies durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts in Fällen mit rein innerstaatlichen Sachverhalten eine verfassungswidrige Inländerdiskriminierung nach sich ziehe. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Antrag unter Punkt 4.1.4. ausdrücklich angegeben, dass das Kriterium der ausreichenden Grenzziehung für das den Behörden eingeräumte Ermessen im vorliegenden Fall nicht von Belang sei. Eine Erörterung dieser Frage ist daher im gegenständlichen Verfahren unzulässig. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des Hohen Verfassungsgerichtshofs verwiesen, nach der dieser ausschließlich beurteilt, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig sind (vgl. z.B. VfSlg. 17.942/2006, 17.931/2005, 16.929/2003, 16.538/2002, 16.374/2001, 15.193/1998).

1.2. Die Herstellung eines kohärenten Systems der Bedarfsprüfung durch das Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung (BGBl. I Nr. 61/2010) vom 18. August 2010

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs in Hinblick auf die Inkohärenz des österreichischen Systems der Bedarfsprüfung mögen für die Sachlage im Zeitpunkt der Antragsstellung durch den Verwaltungsgerichtshof an den Hohen Verfassungsgerichtshof gem. Art140 Abs1 B-VG zutreffend gewesen sein. Allerdings hat sich die Rechtslage in der Zwischenzeit entscheidend geändert:

Am 18. August 2010 wurde das Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung (BGBl. I Nr. 61/2010) kundgemacht, das gem. Art49 Abs1 B-VG mit 19. August 2010 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz novelliert unter anderem das Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG) und das Zahnärztegesetz 1998 (ZahnärzteG). Die neu eingefügten §§52b und 52c ÄrzteG sowie §§26a und 26b ZahnärzteG sehen nun für die Gründung von Gruppenpraxen eine Bedarfsprüfung vor.

Aus den Erläuterungen zum Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung (RV 779, XXIV. GP) geht hervor, dass mit der Einführung einer Bedarfsprüfung auch für Gruppenpraxen auf das Urteil des EuGH in der Rs. Hartlauer reagiert werden sollte und die durch dieses Urteil notwendig gewordenen Anpassungen im bestehenden System der Bedarfsprüfung vorgenommen werden sollten. Das System der Bedarfsprüfung sollte ganz im Sinne der EuGH-Rechtsprechung kohärent ausgestaltet werden, damit die Marktregulierung auf Anbieterseite in gleicher Weise für alle gelte, die gleiche Leistungen anbieten (RV 779, XXIV. GP, Seite 5f.).

Diese Novellierung des ÄrzteG und des ZahnärzteG hat zur Folge, dass durch das Einführen einer Bedarfsprüfung auch für Gruppenpraxen das System der Bedarfsprüfung nun ganz im Sinne des Urteils des EuGH in der Rs. Hartlauer kohärent ausgestaltet ist und zudem geeignet ist, die nach Ansicht des EuGH legitimen Ziele der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen ärztlichen oder klinischen Versorgung sowie der Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit (Rs. Hartlauer, Rz. 47) kohärent und systematisch zu verfolgen (Rs. Hartlauer, Rz. 63). Das Durchführen einer Bedarfsprüfung für selbständige Ambulatorien gem. §3 KALG stellt daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gem. Art49 AEUV iVm Art54 AEUV mehr dar. Daraus ergibt sich, dass sowohl in Fällen mit Unionsbezug als auch in Fällen mit rein innerstaatlichen Sachverhalten eine Bedarfsprüfung nach §3 Abs3 KALG durchgeführt werden darf. Den vom Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken einer sachlich ungerechtfertigten Schlechterstellung von rein innerstaatlichen Sachverhalten ist damit die Grundlage entzogen.

Für die Frage der Verfassungskonformität der §3 Abs2 lita und §3 Abs3 KALG bedeutet dies, dass diese Bestimmungen spätestens mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung (BGBl. I Nr. 61/2010) am 19. August 2010 verfassungskonform sind."

8. Die beteiligte Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete eine Äußerung, in der sie sich dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes anschließt.

9. Mit Erkenntnis vom 6.10.2011, G41,42/10 ua.,

sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass die genannte Bestimmung des KAKuG nicht verfassungswidrig war. Er hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Die Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass hinsichtlich der Bedarfsprüfung für Ambulatorien aufgrund der in Prüfung gezogenen Bestimmung des KAKuG bis zum In-Kraft-Treten der Neuregelung am 19. August 2010 eine Rechtslage vorlag, die dazu führte, dass inländische Bewilligungssachverhalte in unsachlicher Weise schlechter behandelt werden als in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallende Sachverhalte, erweist sich angesichts der begrenzten zeitlichen Geltungsdauer dieser Rechtslage im Ergebnis als nicht zutreffend.

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

2.1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber Ausländern am Gleichheitssatz zu messen und bedarf daher einer besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl. VfSlg. 13.084/1992, 14.863/1997, 14.963/1997). In seinem Erkenntnis

VfSlg. 14.963/1997 hat der Verfassungsgerichtshof - in Wiederholung der Bedenken des Prüfungsbeschlusses - dazu ausgeführt,

'... daß der Gesetzgeber auch bei der Umsetzung des

Gemeinschaftsrechts jedenfalls insofern an bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben gebunden bleibt, als eine Umsetzung durch diese nicht inhibiert wird, was in der Lehre als 'doppelte Bindung' des Gesetzgebers bei Umsetzung von Gemeinschaftsrecht bezeichnet wird (vgl. Öhlinger, Verfassungsrecht2, 1995, 86).'

Das Prinzip der doppelten Bindung des Gesetzgebers bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht lässt es daher im Allgemeinen nicht zu, den Umstand, dass eine bestimmte Regelung gemeinschaftsrechtlich geboten ist, zugleich als alleinige sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von Inländern und Unionsbürgern bei Anwendung einer Norm heranzuziehen. Dies gilt entsprechend für die Differenzierung zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und - jeweils bezogen auf Mitgliedstaaten der EU bzw. des EWR - grenzüberschreitenden Sachverhalten bzw. Sachverhalten mit Bezügen zum Unionsrecht.

2.2. Urteile des EuGH, die aussprechen, dass

unmittelbar anwendbares Unionsrecht einer innerstaatlichen Norm entgegensteht, haben die Wirkung, dass die betreffenden Teile der nationalen Rechtsordnung wegen Verstoßes gegen unionsrechtliche Bestimmungen künftig unangewendet zu bleiben haben, sodass eine nach innerstaatlichen Maßstäben an sich verfassungskonforme Rechtslage im Gefolge des Urteils des EuGH nur mehr auf Sachverhalte, die nicht vom Vorrang des Unionsrechtes betroffen sind, weiterhin anzuwenden ist. Ein solches Urteil des EuGH kann daher mit seiner Erlassung in diesem Restanwendungsbereich im Ergebnis eine sogenannte 'Inländerdiskriminierung' bewirken.

2.3. In einem solchen Fall ergibt sich die Ungleichbehandlung rein innerstaatlicher Sachverhalte aus dem Nebeneinander von innerstaatlichem Recht und Unionsrecht, vornehmlich von Regelungen über die Grundfreiheiten (wie zB der Kapitalverkehrsfreiheit, vgl. zB EuGH vom 15.5.2003, Rs. C-300/01 , Salzmann II, Slg. 2003, I-4899, und VfSlg. 17.150/2004 zum grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsvorbehalt des §8 Abs3 Vbg. GVG 2000). Diese Rechtsfolge kann nicht nur auf Rechtsgebieten eintreten, auf denen den Organen der Europäischen Union nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung eine Regelungskompetenz zukommt, sondern - unabhängig von den Zuständigkeiten der Unionsorgane - auch auf jeglichem anderen Rechtsgebiet, sofern dessen Regelungen insbesondere eine der Grundfreiheiten des Unionsrechtes in unionsrechtswidriger Weise beschränken.

2.4. Ein Urteil des EuGH kann also auf jedwedem Rechtsgebiet eine - wie auch die beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Gesetzesprüfungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes zur Bedarfsprüfung im Krankenanstaltenrecht zeigen - beachtliche Anzahl von rein inlandsbezogenen Folgefällen provozieren, die im Falle der erfolgreichen Geltendmachung einer nunmehr eingetretenen Verfassungswidrigkeit der Norm dazu führen können, dass aufgrund der Anlassfallwirkung eines das Gesetz aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG Bewilligungen ohne die Berücksichtigung von im öffentlichen Interesse bestehenden Schranken des Gesetzes erlangt werden können, die bei Fortbestehen der früheren Rechtslage nicht hätten erteilt werden dürfen.

2.5. Dieser Effekt kann den öffentlichen Interessen zuwiderlaufen, wenn - wie hier - der in der Norm vorgesehene Erlaubnisvorbehalt zur Errichtung von Krankenanstalten an sich unionsrechtlich zulässig ist, aber nur in seiner konkreten Ausgestaltung als unionsrechtswidrig festgestellt wurde. In einem solchen Fall stehen dem Gesetzgeber nämlich im Allgemeinen mehrere Reaktionsmöglichkeiten unionsrechtskonformer Neuregelungen offen, einschließlich der Möglichkeit, den strittigen Erlaubnisvorbehalt - vorbehaltlich der unionsrechtlich erforderlichen Begleitmaßnahmen - beizubehalten.

2.6. Eine geordnete Krankenanstaltenplanung dient der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen medizinischen Versorgung und der Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, wie der EuGH in der Entscheidung 'Hartlauer Handelsgesellschaft mbH' (10.3.2009, Rs. C-169/07 , Slg. 2009, I-1721) erneut ausdrücklich anerkannt hat (Rz 47 unter Hinweis auf das frühere Urteil vom 16.5.2006, Rs. C-372/04 , Watts, Slg. 2006, I-4325; vgl. auch 28.4.1998, Rs. C-158/96 , Kohll, Slg. 1998, I-1931, Rz 41; in diesem Sinne auch schon VfSlg. 15.456/1999 - Bedarfsprüfung OÖ KAG), und damit dem wichtigen öffentlichen Interesse an einem funktionierenden Gesundheitswesen.

2.7. In dieser Konstellation widerspricht ein

zwischen der Verkündung des Urteils des EuGH und dem Zeitpunkt der Neuregelung durch den Gesetzgeber als Folge der Anlassfallwirkung einer Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof entstehendes gesetzliches Vakuum dem jeweils der Norm zugrundeliegenden öffentlichen Interesse an einer geordneten Krankenanstaltenplanung, weil dadurch der Zugang zu Bewilligungen eröffnet werden kann, die weder nach alter Rechtslage noch nach einer (möglichen) unionsrechtskonformen neuen Rechtslage erteilt werden dürfen.

2.7.1. Es besteht in einer Konstellation wie der hier vorliegenden daher ein erhebliches öffentliches Interesse an der grundsätzlichen Aufrechterhaltung des nationalen Regelungsregimes zumindest im überwiegend innerstaatlichen Restanwendungsbereich für jenen Zeitraum, der vom Gesetzgeber für eine (unionsrechtlich zulässige) Neuregelung benötigt wird.

2.7.2. Dieses öffentliche Interesse vermag daher die aus (allein) unionsrechtlicher Ursache entstandene 'inländerdiskriminierende' Wirkung einer Norm vorübergehend, nämlich für die Dauer einer für die Neuregelung erforderlichen Übergangszeit, sachlich zu rechtfertigen.

2.7.3. Was die Dauer eines solchen Zeitraums

betrifft, so ist der in Art140 Abs5 B-VG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke auch hier sinngemäß zu berücksichtigen. Im Interesse eines geordneten Gesetzgebungsprozesses ist daher - in einem Fall wie dem vorliegenden - die diskriminierende Wirkung einer Norm aus den genannten Gründen bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber vorübergehend für einen angemessenen Zeitraum hinzunehmen.

2.8. Diesen Zeitraum hat der Gesetzgeber hier nicht überschritten:

2.8.1. Unter Berücksichtigung der sich aus dem Urteil des EuGH im Fall 'Hartlauer Handelsgesellschaft mbH' (10.3.2009, Rs. C-169/07 , Slg. 2009, I-1721) ergebenden Schlussfolgerungen wurden mit dem am 18. August 2010 ausgegebenen Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung, BGBl. I 61/2010, neben einer Neuregelung der Bedarfsprüfung für selbständige Ambulatorien im KAKuG spezielle Regelungen für das Zulassungsverfahren von Gruppenpraxen nach dem ÄrzteG 1998 und dem ZÄG getroffen (vgl. dazu im Einzelnen §52c ÄrzteG 1998 und §26b ZÄG idF BGBl. I 61/2010; zur Abgrenzung zwischen Gruppenpraxis und selbständigen Ambulatorien nach der neuen Rechtslage s. Stärker, ecolex 2010, 1123 ff.). Mit dieser gesetzgeberischen Maßnahme ist der im 'Hartlauer'-Urteil des EuGH genannte Grund für die Unanwendbarkeit der Bestimmungen über die Bedarfsprüfung von Ambulatorien bei Sachverhalten mit Unionsrechtsbezug, damit aber auch die insoweit eingetretene Ungleichbehandlung von Sachverhalten, die nicht vom Vorrang des Unionsrechts betroffen sind, weggefallen. Der sich daraus ergebende Zeitraum von rund 16 Monaten, während dessen das Gesetz eine diskriminierende Wirkung gegenüber Sachverhalten ohne Gemeinschaftsrechtsbezug entfalten konnte, kann nach diesem Maßstab als angemessen erachtet werden.

2.8.2. Dem Verfassungsgerichtshof war es daher im Lichte des vorstehend Gesagten verwehrt, für den Zeitraum ab der Erlassung des Urteils des EuGH in der Rechtssache 'Hartlauer Handelsgesellschaft mbH' am 10. März 2009 bis zum In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelung der Bedarfsprüfung für Ambulatorien und Gruppenpraxen am 19. August 2010 eine Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen und durch die dargelegte Neuregelung des KAKuG außer Kraft getretenen Bestimmung zu erkennen.

2.9. Die in den Prüfungsbeschlüssen formulierten Bedenken haben sich daher im Ergebnis als unbegründet erwiesen."

II. Rechtslage

1. §3 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999 (KALG), LGBl. 66, lautet in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. 145/2006 wie folgt (die vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§3

Errichtungsbewilligung

(1) Die Errichtung einer Krankenanstalt bedarf nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Bewilligung der Landesregierung.

(2) Diese kann unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften erforderlichen Voraussetzungen nur erteilt werden, wenn

a) ein Bedarf im Sinne des Abs3 nach einer Krankenanstalt hinsichtlich des angegebenen Anstaltszweckes (§1 Abs3 und §2a) und des in Aussicht genommenen Leistungsangebotes gegeben ist;

b) das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte des Bewerbers zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen sind;

c) das für die Unterbringung der Anstalt geplante

oder bereits vorhandene Gebäude den hinsichtlich der Aufführung oder Verwendung solcher Gebäude vorgesehenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht und nach seiner Lage für die Art der vorgesehenen Krankenanstalt geeignet ist;

d) gegen den Bewerber keine Bedenken bestehen.

(3) Der Bedarf ist nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot sowohl nach dem Landes-Krankenanstaltenplan als auch im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater-gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Kassenvertragszahnärzte und Kassenvertragsdentisten zu beurteilen.

(4) Bedenken sind gegen einen Bewerber dann gegeben, wenn er vorbestraft ist und nach der Art der Vorstrafe ein einwandfreier, den gesetzlichen Erfordernissen entsprechender Betrieb der Krankenanstalt nicht zu erwarten ist oder wenn sonstige Umstände vorliegen, die seine Eignung ausschließen.

(5) Ist der Träger der Krankenanstalt ein Krankenversicherungsträger, so bedarf er lediglich bei Ambulatorien einer Bewilligung zur Errichtung; diese ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung der Ärzte bzw. Zahnärzte und Dentisten oder zwischen dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Zahnärztekammer vorliegt (§339 ASVG). Liegt kein Einvernehmen vor, ist die Bewilligung zur Errichtung zu erteilen, wenn der Bedarf durch die Landesregierung festgestellt ist. Der erste und zweite Satz gelten auch dann, wenn der Krankenversicherungsträger Dritte mit dem Betrieb eines Ambulatoriums betraut. Die beabsichtigte Errichtung einer allgemeinen Krankenanstalt durch einen Sozialversicherungsträger ist der Landesregierung anzuzeigen.

(6) Die Anlage, der Bau und die Einrichtung der Krankenanstalt muss den Erfordernissen der Hygiene und der Wissenschaften entsprechen, den technischen und wirtschaftlichen Anforderungen genügen und barrierefrei (alten und behindertengerecht benützbar) sein. Die Landesregierung hat im Errichtungsbewilligungsbescheid die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und zur Sicherstellung einer den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Errichtung der Krankenanstalt erforderlichen Bedingungen und Auflagen vorzuschreiben."

2. §5 des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1997 (OÖ KAG 1997), LGBl. 132, lautet in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. 99/2005 wie folgt (die vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§5

Bewilligungsvoraussetzungen

(1) Die Errichtungsbewilligung ist, soweit im Abs4 nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn

1. ein Bedarf im Sinn des Abs2 gegeben ist,

2. das Eigentum an der für die Krankenanstalt vorgesehenen Betriebsanlage oder das sonstige Recht zu deren Benützung nachgewiesen wird,

3. das Gebäude, das als Betriebsanlage für die Krankenanstalt dienen soll, den für solche Gebäude geltenden bau-, feuer-, sicherheits- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht,

4. die vorgesehene Ausstattung mit medizinisch-technischen Apparaten den nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft an eine Krankenanstalt der vorgesehenen Art zu stellenden Anforderungen entspricht,

5. eine den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft entsprechende ärztliche Behandlung gewährleistet ist,

6. gegen den Bewilligungswerber keine Bedenken

bestehen; Bedenken sind dann gegeben, wenn er vorbestraft ist und nach der Art der Vorstrafe ein einwandfreier Betrieb der Krankenanstalt nicht zu erwarten ist oder wenn sonstige Umstände, z.B. im Hinblick auf seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie sein Vorleben, vorliegen, die seine Eignung ausschließen, und

7. die geplante Errichtung nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot dem gemäß §39 Abs4 erlassenen Oö. Krankenanstaltenplan und dem Oö. Großgeräteplan entspricht, sofern der Rechtsträger der Krankenanstalt Mittel auf Grund der im §1 genannten Vereinbarung gemäß Art15a B-VG in Anspruch nehmen möchte.

(2) Der Bedarf nach einer Krankenanstalt mit dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot ist unter Beachtung der Höchstzahl der systemisierten Betten nach dem Oö. Krankenanstaltenplan (§39 Abs4) im Hinblick auf das in angemessener Entfernung bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag, zu beurteilen. Ein Bedarf nach Sanatorien ist nicht gegeben, wenn das Verhältnis der Zahl der Sanatoriumsbetten einer Fachrichtung im Land zur Bettenzahl der Sonderklasse der entsprechenden Fachrichtung der öffentlichen Krankenanstalten der im §2 Z. 1 und 2 bezeichneten Art im Land einen von der Landesregierung durch Verordnung festzusetzenden Wert (Verhältniszahl) überschreitet. Bei der Festsetzung der Verhältniszahl ist unter Bedachtnahme auf den Oö. Krankenanstaltenplan sicherzustellen, daß die eine wirtschaftliche Führung zulassende Belagstärke der Betten der Sonderklasse in den öffentlichen Krankenanstalten der erwähnten Art im Land gewährleistet bleibt.

(3) Die Errichtungsbewilligung ist mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies zur Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs1 und zur Gewährleistung einer den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft entsprechenden ärztlichen Behandlung oder aus anderen öffentlichen Interessen, insbesondere im Interesse der bestmöglichen gesundheitlichen Betreuung der Bevölkerung, erforderlich ist.

(4) Die Bewilligung zur Errichtung eines

selbständigen Ambulatoriums durch einen Krankenversicherungsträger (§4 Abs5 erster Satz) ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der Ärztekammer für Oberösterreich bzw. der Österreichischen Dentistenkammer oder zwischen dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Dentistenkammer im Sinn des §339 ASVG vorliegt; liegt ein Einvernehmen nicht vor, so ist die Errichtungsbewilligung zu erteilen, wenn die Landesregierung den Bedarf (Abs2) festgestellt hat.

(5) Wenn nicht binnen drei Jahren ab Erteilung der Errichtungsbewilligung mit der Errichtung der Krankenanstalt begonnen wird, kann die Landesregierung die Errichtungsbewilligung zurücknehmen, sofern die Zurücknahme im Interesse der Sicherstellung einer dem Bedarf entsprechenden Krankenanstaltspflege geboten ist."

III. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

Die Verfahren zu G182/09 und G279/09 sind zulässig (vgl. VfGH 6.10.2011, G41,42/10 ua.). Im Hinblick auf den zu G81/10 protokollierten Antrag wurden weder Zweifel am Vorliegen der Prozessvoraussetzungen vorgebracht noch sind solche beim Gerichtshof entstanden. Dieses Gesetzesprüfungsverfahren ist somit ebenfalls zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die Bedenken erweisen sich jedoch im Hinblick auf das die grundsatzgesetzliche Bestimmung des §3 Abs2 lita KAKuG betreffende Erkenntnis vom 6.10.2011, G41,42/10 ua., als unbegründet.

2.2. Die in den zu G182/09 sowie zu G81/10 protokollierten Verfahren angefochtenen Bestimmungen des §3 Abs2 lita KALG und §3 Abs3 KALG als auch die im zu G279/09 protokollierten Verfahren angefochtenen Normen des §5 Abs1 Z1 OÖ KAG 1997 und §5 Abs2 erster Satz OÖ KAG 1997 entsprechen den grundsatzgesetzlichen Vorgaben des §3 Abs2 lita KAKuG idF BGBl. I 155/2005, von denen der Verfassungsgerichtshof im oben genannten Erkenntnis ausgesprochen hat, dass sie nicht verfassungswidrig sind, weil die durch das Urteil des EuGH 10.3.2009, Rs. C-169/07 , "Hartlauer Handelsgesellschaft mbH", Slg. 2009, I-1721, verursachte Diskriminierung von Sachverhalten ohne grenzüberschreitenden Bezug aufgrund des wichtigen öffentlichen Interesses an einer auch weiterhin geordneten Krankenanstaltenplanung für einen angemessenen Zeitraum sachlich gerechtfertigt und insoweit hinzunehmen ist.

Dieser Gedanke ist im vorliegenden Fall schon deshalb ohne weiteres den vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen Bedenken entgegenzuhalten, weil die vor dem Hintergrund der erwähnten Entscheidung des EuGH nunmehr unionsrechtskonforme Rechtslage bereits durch die Einführung einer Bedarfsprüfung für Gruppenpraxen mit Inkrafttreten der Änderungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I 169, (vgl. dessen §52c) und des Zahnärztegesetzes, BGBl. I 126/2005, (vgl. dessen §26b) durch das Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung, BGBl. I 61/2010 am 19. August 2010, herbeigeführt und damit der "inländerdiskriminierenden" Wirkung der angefochtenen Bestimmungen ein Ende gesetzt wurde. Es kommt angesichts dieser fristgerechten "Sanierungswirkung" durch die erwähnte Neuregelung daher nicht darauf an, ob und welche Bedeutung andernfalls dem Umstand zukäme, dass die Länder durch den Bundesgrundsatzgesetzgeber für die Ausführung der - ebenfalls abgeänderten - Bestimmungen des KAKuG über die Bedarfsprüfung bei Ambulatorien eine (weitere) Frist von sechs Monaten eingeräumt erhielten.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die angefochtenen Bestimmungen der beiden Landesgesetze, des KALG und des OÖ KAG, erweisen sich daher aus den im Erkenntnis vom 6.10.2011, G41,42/10 ua., genannten Gründen als nicht verfassungswidrig.

2. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes waren

daher abzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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