VfGH B694/05 ua

VfGHB694/05 ua12.10.2006

Keine Bedenken gegen Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997 über die nachträgliche Anmeldung von Freizeitwohnsitzen; Verletzung im Eigentumsrecht durch Versagung der weiteren Verwendung von (mehr als drei) Eigentumswohnungen in einem nicht als Apartmenthaus errichteten Gebäude als Freizeitwohnsitze mangels gesetzlicher Grundlage; keine Auswahlbefugnis der Behörde; einstimmiger Beschluss aller Wohnungseigentümer nach dem Wohnungseigentumsgesetz erforderlich

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art5
Tir RaumOG 1984 §16a
Tir RaumOG 1997 §16
Tir RaumOG 2001 §115
Tir FreilandbautenG §4
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art5
Tir RaumOG 1984 §16a
Tir RaumOG 1997 §16
Tir RaumOG 2001 §115
Tir FreilandbautenG §4

 

Spruch:

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit jeweils € 2.340,-

bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel erteilte dem R. H. mit Bescheid vom 20. November 1974 die Baubewilligung für die Errichtung eines "Wohn- und Geschäftshauses" (zweigeschossig, teilweise ausgebautes Dachgeschoß) auf den Grundstücken Nr. 197/1, 177 und 178, KG Kitzbühel-Stadt. Mit Bescheid vom 30. April 1975 genehmigte der Bürgermeister dem R. H. den "Umbau des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses [...], Bp. 177, KG Kitzbühel-Stadt". Da sich im Zuge der Ausführung der genehmigten Bauvorhaben "Raumteilungsänderungen" ergeben hätten, habe R. H. Auswechslungspläne vorgelegt; mit Schreiben vom 9. Oktober 1975 übermittelte der Bürgermeister dem R. H. diese Auswechslungspläne, versehen mit Genehmigungsvermerken. Mit Bescheid vom 18. Dezember 1975 erteilte der Bürgermeister dem R. H. die "Teil-Benützungsgenehmigung" für das "gegenständliche Geschäft (Konsum)". Das Haus, auf das sich diese Bewilligungen beziehen, trägt heute die Adresse "Im Gries 34-36".

1.2. Die Beschwerdeführer in den Verfahren B694/05, 702/05, 712/05 und 713/05 und die vor dem Verfassungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien sind jeweils Eigentümer von Wohnungen im Haus "Im Gries 34-36". Sie alle (bzw. ihre Rechtsvorgänger) meldeten im Laufe des Jahres 1994 mit Eingaben an das Stadtamt Kitzbühel ihre Wohnung (im Fall der mitbeteiligten A. A. zwei Wohnungen) als Freizeitwohnsitz nach §16 Abs1 TROG 1994 an, sodass für insgesamt acht Wohnungen im Haus "Im Gries 34-36" eine solche Anmeldung erfolgte.

Erst mit Schreiben im April 2003 reagierte der Bürgermeister auf diese Anmeldungen, indem er die Beschwerdeführer bzw. die vor dem Verfassungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien auf seine vorläufige Rechtsauffassung hinwies, dass die insgesamt acht angemeldeten Wohnungen am 31. Dezember 1993 widmungswidrig verwendet worden seien, weil nach dem TROG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 4/1984 Gebäude mit mehr als drei Zweitwohnstätten nur auf Grundflächen errichtet werden hätten dürfen, die als entsprechende Sonderflächen gewidmet waren. Daher werde nach §16 Abs3 TROG 1997 die Unzulässigkeit der Verwendung sämtlicher Wohnungen als Freizeitwohnsitze festzustellen sein. Der Bürgermeister bot den Beschwerdeführern und den vor dem Verfassungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme; diese Gelegenheit nahmen alle Genannten auch wahr.

Mit Schreiben vom November bzw. Dezember 2003 forderte der Bürgermeister die Beschwerdeführer und die vor dem Verfassungsgerichtshof mitbeteiligten Parteien auf, den genauen Zeitpunkt anzugeben, ab dem die jeweilige Wohnung als Freizeitwohnsitz genutzt wird. Daraufhin legten alle Genannten die Umstände des Erwerbs und der Nutzung ihrer jeweiligen Wohnung näher dar.

Mit acht getrennten, jeweils nur an die jeweiligen Wohnungseigentümer gerichteten Bescheiden vom August 2004 stellte der Bürgermeister in drei Fällen gemäß §16 Abs3 TROG 1997 in der Fassung LGBl. Nr. 28/1997 fest, dass die Wohnung weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf, wobei er dabei auf die zeitliche Rangfolge der Anmeldungen abstellte; in den übrigen fünf Fällen stellte der Bürgermeister gemäß §16 Abs1 und 3 TROG 1997 iVm §115 TROG 2001 fest, dass die Wohnung nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf.

Die fünf Negativfeststellungen bekämpften die jeweiligen Adressaten mit Berufungen, welche der Stadtrat der Stadtgemeinde Kitzbühel mit getrennten Bescheiden vom November 2004 abwies. Die dagegen jeweils erhobenen Vorstellungen wies die Tiroler Landesregierung wiederum mit getrennten Bescheiden vom Mai 2005 ab.

1.3. Gegen vier dieser Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG. Der fünfte negative Bescheid wurde von der vor dem Verfassungsgerichtshof mitbeteiligten Partei A. A. nicht beim Verfassungsgerichtshof, jedoch beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2005/06/0185, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die vier bekämpften Bescheide (wie auch der fünfte, mittlerweile vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobene Bescheid) enthalten die folgende, jeweils gleich lautende Begründung:

"Unbestritten ist im gegenständlichen Fall, dass eine Widmung als Appartementhaus nicht vorlag. Entsprechend der Baubewilligung vom 20.11.1974 bzw. 30.04.1975 befinden sich im gegenständlichen Objekt insgesamt 17 Wohnungen (also mehr als 3) und dienten diese Wohnungen - nach dem eigenen Vorbringen der Verfügungsberechtigten in ihren Anmeldungen als Freizeitwohnsitze - nicht ständig der Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfs. Im gegenständlichen Fall ist daher davon auszugehen, dass die Verwendung als Freizeitwohnsitz widmungswidrig erfolgt ist, da für die Verwendung als Appartementhaus die Sonderflächenwidmung nicht vorgelegen ist. Damit entsprachen diese als Freizeitwohnsitze verwendeten Wohnungen zum Stichtag 31.12.1993 aber nicht den damals geltenden raumordnungsrechtlichen Vorschriften.

Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 22.02.1996, Zl. 96/06/0018) genügt es, dass die Baubewilligung die Verwendung als Freizeitwohnsitz mit umfasst. Ein Appartementhaus liegt nur dann vor, wenn in einem Gebäude mehr als 3 Wohneinheiten nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfs dienen, sondern als Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien oder nur zeitweilig als Zweitwohnung benützt werden sollten. Nach dieser Regelung war lediglich die Errichtung von mehr als 3 Wohnungen in einem Gebäude, die als Aufenthalt während der Ferien, des Urlaubs oder nur zeitweilig als Zweitwohnung benutzt werden sollten, wenn keine entsprechende Widmung vorlag, verboten. Aus dieser raumordnungsrechtlichen Regelung kann aber für jeweils 3 von mehreren Wohnungen in einem Gebäude kein Verbot einer Freizeitwohnsitznutzung in einer Baubewilligung, mit der ein Wohnhaus mit mehr als 3 Wohnungen im Jahr 1974 bzw. 1975 bewilligt wurde, abgeleitet werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.04.2000, Zl. 98/06/0135 ausgeführt hat, hätten die Behörden die beschwerdeführende Partei auf diese Auslegung des Baubewilligungsbescheides hinweisen und sie auffordern müssen, bekannt zu geben, im Bezug auf welche 3 Wohnungen des Hauses diese uneingeschränkte Nutzung als Freizeitwohnsitz angenommen werden soll. Für die übrigen Wohnungen ergibt sich daraus als Folge, dass sie aufgrund des sich aus der Baubewilligung ergebenden Verwendungszweckes nur der Deckung eines ganzjährigen gegebenen Wohnungsbedarfes dienen dürfen.

Entsprechend diesem Erkenntnis hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel zutreffend sämtliche Wohnungseigentümer auf die Auslegung dieser Bestimmung hingewiesen und sie aufgefordert, bekannt zu geben, welche Wohnungen als Freizeitwohnsitz weiterhin Verwendung finden sollen. In diesem Zusammenhang nahmen insgesamt 8 Wohnungseigentümer die Verwendung eines Freizeitwohnsitzes für sich in Anspruch. Mit Bescheiden des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kitzbühel vom [August 2004] wurden entsprechende Feststellungsbescheide erlassen, in dem die Wohnungen W 10, W 11 sowie W 17 weiterhin als Freizeitwohnsitze genutzt werden dürfen. Diese Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen. Damit existieren im gegenständlichen Wohnungseigentumsobjekt insgesamt 3 zulässige Freizeitwohnsitze. Als Konsequenz daraus ergibt sich, dass die übrigen Wohneinheiten nicht als Freizeitwohnsitze verwendet werden dürfen."

2. Die zu B694/05 und zu B702/05 protokollierten Beschwerden behaupten übereinstimmend die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK), auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Freiheit der Niederlassung und des Aufenthalts (Art6 Abs1 StGG, Art2 Abs1 4. ZPEMRK), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und auf ein faires Verfahren in Zivilsachen (Art6 Abs1 EMRK) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetze. Sie regen die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Teilen des §15 und des §16 TROG 1997, LGBl. Nr. 10/1997 idF LGBl. Nr. 28/1997, wiederverlautbart in LGBl. Nr. 93/2001 an.

2.1. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums bringen die Beschwerden B694/05 und B702/05 vor:

Die angewendeten Bestimmungen des TROG 1997 griffen in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer ein und würden dem Verhältnismäßigkeitsgebot, aber auch anderen Grundrechten widersprechen.

Die Beschwerdeführer hätten die Wohnungen im Vertrauen darauf, dass eine Verwendung der Räumlichkeiten als Freizeitwohnsitz zulässig ist, erworben. Aufgrund der seinerzeit maßgeblichen Rechtslage hätten sie auf diese Verwendung auch in Zukunft vertrauen dürfen. Diese Verwendungsmöglichkeit sei aufgrund des Baubewilligungsbescheides, der keine Verwendungseinschränkung enthalten habe, zumindest mittelbar garantiert gewesen. Es sei nicht einzusehen, dass im Hinblick auf die weitere Verwendungsmöglichkeit als Freizeitwohnsitz danach differenziert werde, ob zufälligerweise andere Wohnungseigentümer in einer Anlage existieren, die eine Wohnung zum 31. Dezember 1993 als Freizeitwohnsitz nutzten und diese fristgerecht anmeldeten. Noch viel weniger sei einzusehen, dass es für die weitere Nutzung darauf ankommen solle, wie rasch im Jahr 1994 die Anmeldung erfolgte. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung zwischen Anlagen, in denen mehr als drei Personen ihre Wohnung als Freizeitwohnsitz anmelden und gar noch dahingehend, dass die Anmeldung - zufällig - vor der eigenen Anmeldung stattfindet, sei nicht ersichtlich. Es sei auch keine sachliche Rechtfertigung dahingehend erblickbar, dass danach differenziert wird, ob mehr oder minder zufällig im Baubewilligungsbescheid dezidiert ausgesprochen wird, dass eine Verwendung als Freizeitwohnsitz zulässig ist, wenn im Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides und unter Zugrundelegung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen gewesen sei, dass ein Verwendungszweck von "Wohn- und Geschäftshaus" auch die Verwendung als Freizeitwohnsitz zulässt.

Die angewendeten Bestimmungen des TROG 1997 seien überdies nicht durch die Raumordnungskompetenz des Landesgesetzgebers nach Art15 Abs1 B-VG gedeckt. Da Sinn und Zweck der Raumordnung die vorausschauende Gestaltung sei, diese also auf die in der Zukunft liegende Verbauung und Erhaltung von unbebauten Flächen abstelle, könne eine Reglementierung der bloßen Nutzung von bestehenden baulichen Anlagen zu Dauer- oder Ferienwohnsitzzwecken nicht unter dem Deckmantel der Raumplanung betrieben werden.

Die angewendeten Regelungen der §§15 und 16 TROG 1997 beschränkten sich nicht auf das unbedingt erforderliche Maß des Eigentumseingriffes. Bereits die älteren Bestimmungen des TROG 1984 hätten ausreichend Maßnahmen enthalten, um Grund und Boden für die einheimische Bevölkerung zu sichern. Die so genannte "W2"-Widmung gemäß §12 Abs3 TROG 1984 hätte die Verwendung zu Ferienwohnsitzzwecken ausgeschlossen, ohne dass damit in wohlerworbene Rechte von Eigentümern, wenn eine Baubewilligung rechtskräftig erteilt wurde, eingegriffen worden wäre; bei W2-Widmungen sei in den Baubewilligungsbescheiden ausdrücklich festgehalten worden, dass lediglich eine Verwendung zu "ordentlichen Wohnsitzzwecken" zulässig wäre, während bei Fehlen einer solchen Passage auch eine Verwendung zu Ferienwohnsitzzwecken zulässig gewesen wäre. Dass in der Vollziehung auf solche Möglichkeiten zu wenig Bedacht genommen worden sei, rechtfertige keinesfalls die nunmehrigen einschneidenden Maßnahmen. Dazu komme noch, dass schon eine Reglementierung der Höhe der Gebäude und der Bauplatzgröße ein durchaus taugliches und adäquates, weniger eingreifendes Mittel zum Erreichen einer besseren Ausnützung der Bauplätze darstelle, während das nahezu generelle Verbot der Schaffung neuer Freizeitwohnsitze dagegen kein taugliches Mittel sei, um für die einheimische Bevölkerung Grund und Boden zu vertretbaren Preisen zu sichern. Weder das Tiroler Grundverkehrsgesetz, noch das TROG sähen Möglichkeiten vor, durchzusetzen, dass Grundeigentümer schon bebautes Bauland für die Schaffung von Dauerwohnsitzen zu sozialen Preisen zur Verfügung stellen.

Sollte man die angewendeten Bestimmungen des TROG 1997 für unbedenklich halten, liege jedenfalls eine denkunmögliche Gesetzesanwendung vor. Das Abstellen der belangten Behörde bei mehreren Wohnungseigentümern in einem Haus, in dem drei Freizeitwohnsitze zulässig sind, auf die Reihenfolge der Anmeldungen der Freizeitwohnsitze, während das Gesetz dafür eine Jahresfrist vorsah, sei denkunmöglich. Die Handlungsweise Dritter könne einem Wohnungseigentümer nicht zum Nachteil gereichen. Es sei ihm unmöglich und auch unzumutbar, nachzuforschen, ob allenfalls ein Wohnungsnachbar eine Freizeitwohnsitzmeldung vorgenommen hat, seine Einheit als Freizeitwohnsitz genutzt hat und ob das nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften zum 31. Dezember 1993 zulässig war. Eine Auslegung, wie sie die belangte Behörde vorgenommen habe, würde in verfassungswidriger Weise in die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides eingreifen, der nach seiner Formulierung auch eine Nutzung zu Freizeitwohnsitzzwecken zulasse. Die Behörden hätten von Anfang an in den Baubewilligungsbescheiden fixieren müssen, welche der Wohnungen als Freizeitwohnsitze Verwendung finden dürfen. Wenn die Behörden das unterlassen, dürfe jeder Erwerber darauf vertrauen, dass er seine Wohnungseigentumseinheit als Freizeitwohnsitz nutzen darf.

Denkunmöglich sei auch die Vorgangsweise der Behörden, in drei anderen Fällen praktisch zeitlich parallel, ohne in diese Verfahren die Beschwerdeführer einzubinden, drei "rechtskräftige Freizeitwohnsitzbescheide" zu erlassen. Die Rechtsposition anderer könne den Beschwerdeführern nicht zum Nachteil gereichen, insbesondere, wenn den Beschwerdeführern keine Möglichkeit eingeräumt wurde, sich in diesen Verfahren zu beteiligen. Wenn die Behörde der Auffassung ist, dass nur drei Freizeitwohnsitze in diesem Haus zulässig seien, hätte sie die Verfahren "zusammenlegen" müssen. Die Behörden hätten sich mit diesen Argumenten der Beschwerdeführer überhaupt nicht auseinandergesetzt.

2.2. In den oben geschilderten Umständen liege ebenso eine Verletzung des Rechts der Beschwerdeführer auf Gleichheit vor dem Gesetz.

2.3. Das Recht der Beschwerdeführer auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sei verletzt, da die Behörden die - wie bereits oben dargelegt - gebotene Durchführung eines Mehrparteienverfahrens unterlassen hätten. Alle Verfahren betreffend Freizeitwohnsitze im Haus "Im Gries 34-36" hätten "zusammengelegt" werden müssen, um zu einer Entscheidung zu finden, wobei allen betroffenen Wohnungseigentümern Mitwirkungsrechte und die Möglichkeit, gegen die ergehenden Bescheide Rechtsmittel zu ergreifen, eingeräumt werden hätten müssen.

2.4. In den oben geschilderten Umständen liege auch eine Verletzung des Rechts auf Niederlassungsfreiheit gemäß Art6 Abs1 StGG bzw. Art2 Abs1 4. ZPEMRK.

2.5. Die bekämpften Bescheide würden das Recht der Beschwerdeführer auf ein faires Verfahren in Zivilsachen (Art6 Abs1 EMRK) verletzen. Das Recht zur Nutzung einer Eigentumswohnung als Freizeitwohnsitz zähle zum "Kernbereich" der "civil rights", sodass die nachprüfende Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht ausreiche. Überdies sei durch die Führung von getrennten Verfahren die Entscheidung nicht "billig" getroffen worden.

3. Die zu B712/05 und zu B713/05 protokollierten Beschwerden bringen vor, die bekämpften Bescheide würden die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der Beschwerdeführer auf Freiheit der Niederlassung und des Aufenthalts, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit vor dem Gesetz und ihre Rechte wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzen.

3.1. Vorbringen der Beschwerden B712/05 und B713/05 zur behaupteten Verletzung des Rechts auf Freiheit der Niederlassung und des Aufenthalts:

Die Beschwerdeführer verweisen auf die Gründe für die Aufhebung bzw. Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des TROG 1994 durch das Erkenntnis VfSlg. 14.679/1996, darunter auch das damalige Regelungssystem betreffend Freizeitwohnsitze. Die Beschwerdeführer erachten die hier angewendeten, gleichlautend auch schon in das damalige, als verfassungswidrig erachtete Regelungssystem eingebetteten Bestimmungen des §16 Abs1 und 3 TROG 1997 als verfassungswidrig. Die Beschwerdeführer könnten nicht mehr an jedem Orte eines Teiles des Staatsgebietes ihren Aufenthalt und Wohnsitz nehmen. Das Wesen des im Art6 StGG verkörperten Grundrechtes werde ausgehöhlt, "indem eine Regel zur Ausnahme umgedreht wird". Denn in der Regel seien "durch das derzeitige Regelungssystem die Aufenthalts- und Niederlassungsfreiheit im Sinne der Möglichkeit, von diesem Recht auch an verschiedenen Orten und auch in Form des Freizeitwohnsitzes Gebrauch zu machen, nicht mehr gewährleistet."

3.2. Auch bezüglich der behaupteten Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums wiederholen die Beschwerdeführer im Wesentlichen die Gründe, die den Verfassungsgerichtshof zur Aufhebung bzw. Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des TROG 1994, ua. der Bestimmungen über Freizeitwohnsitze, durch das Erkenntnis VfSlg. 14.679/1996 veranlasst hatten.

3.3. Die angewendeten Bestimmungen des §16 Abs1 und 3 TROG 1997 idF LGBl. Nr. 28/1997 seien gleichheitswidrig. Nach diesen Bestimmungen solle eine weitere Verwendung als Freizeitwohnsitz nur für solche Wohnsitze zulässig sein, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TROG 1994 als Freizeitwohnsitze rechtmäßig benutzt wurden; zur Erfassung dieser Freizeitwohnsitze sei das hier durchgeführte Anmeldeverfahren vorgesehen worden. Demgegenüber würde §4 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, vorsehen, dass für Gebäude im Freiland, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes als Freizeitwohnsitz verwendet wurden, eine nachträgliche Baubewilligung unter Entfall des Erfordernisses der entsprechenden Flächenwidmung und des Verbots der Schaffung weiterer Freizeitwohnsitze erteilt werden könne, sodass diese Gebäude weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürften. Dadurch, dass der Tiroler Gesetzgeber für Freizeitwohnsitze im Freiland eine nachträgliche Legalisierung entgegen der Flächenwidmung vorsehe, für Freizeitwohnsitze in Gebäuden im Bauland jedoch nicht, nehme er eine unsachliche Differenzierung vor.

3.4. Die belangte Behörde habe mit den angefochtenen Bescheiden die Beschwerdeführer unsachlich benachteiligt gegenüber jenen Wohnungseigentümern, welchen mit Bescheiden vom August 2004 die Nutzung ihrer Eigentumswohnungen im selben Haus als Freizeitwohnsitz erlaubt wurde. Zum einen hätten die Behörden entscheidende Ermittlungen darüber unterlassen, ob die als Freizeitwohnsitz angemeldeten Wohnungen auch als Freizeitwohnsitz genutzt wurden. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, dass eine der "positiv" festgestellten Wohnungen in Wahrheit als Betriebssitz genutzt worden war, hätten die Behörden völlig ignoriert, was als Willkür zu werten sei. Insgesamt hätten die Behörden die Beschwerdeführer von sämtlichen Feststellungen in den Parallelverfahren informieren und Stellungnahmemöglichkeiten geben müssen, da jede Entscheidung in den Parallelverfahren Auswirkungen auf die Beschwerdeführer habe. Die Behörden hätten - vor dem Hintergrund, dass aufgrund der Widmung des Baugrundstücks nur drei Freizeitwohnungen in diesem Gebäude zulässig waren - sämtliche insgesamt acht betroffenen Wohnungseigentümer auffordern müssen, bekannt zu geben, in Bezug auf welche drei Wohnungen eine Nutzung als Freizeitwohnsitz erfolgen solle; die Wohnungseigentümer hätten sich dann "im Rahmen einer zivilrechtlich zulässigen Willensbildung - etwa unter Heranziehung einschlägiger Bestimmungen des WEG oder des ABGB" gegenüber der Behörde verbindlich erklären können. Durch das Unterlassen einer entsprechenden Aufforderung hätten die Behörden das Gesetz denkunmöglich und dem Gleichheitssatz widersprechend ausgelegt.

4. Die belangte Behörde erstattete zu den Beschwerden Gegenschriften, in denen sie beantragt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

5. Der Verfassungsgerichtshof beteiligte am Vorverfahren auch die Eigentümer der drei Wohnungen, deren weitere Verwendung als Freizeitwohnsitz für zulässig erklärt wurde, sowie die Eigentümerin der fünften Wohnung, deren weitere Verwendung als Freizeitwohnsitz ebenso untersagt wurde. Diese Personen gaben Stellungnahmen ab.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die vorliegenden, gemäß den §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen, zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

§16a des Tiroler Raumordungsgesetzes 1972, LGBl. Nr. 10/1972 lautete zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung für das Haus "Im Gries 34-36" in der Fassung LGBl. Nr. 70/1973 auszugsweise:

"§16a

Sonderflächen für Apartmenthäuser, Feriendörfer und

Wochenendsiedlungen

[...]

(2) Apartmenthäuser [...] dürfen nur auf Grundflächen errichtet werden, die als Sonderflächen im Bauland für diese Verwendungszwecke ausdrücklich gewidmet sind. [...]

(3) Ein Apartmenthaus ist ein Gebäude mit mehr als drei Wohneinheiten, von dem auf Grund seiner Lage, seiner Ausgestaltung und Einrichtung oder auf Grund der vorgesehenen Eigentums- oder Bestandsverhältnisse anzunehmen ist, daß es nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfes dienen, sondern überwiegend als Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder nur zeitweilig als Zweitwohnung benützt werden soll. [...]"

Diese Bestimmung wurde in der Folge mehrmals abgeändert und lautete schließlich in der Fassung der Wiederverlautbarung des Tiroler Raumordungsgesetzes als TROG 1984, LGBl. Nr. 4/1984, in ihrem Abs1 lita:

"Apartmenthäuser [im Sinne dieses Gesetzes sind] Gebäude, in denen mehr als drei Wohnungen nicht ständig der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen, sondern überwiegend als Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder sonst nur zeitweilig als Zweitwohnstätte benützt werden sollen;"

Das Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 81/1993, schuf gänzlich neue Regelungen über "Freizeitwohnsitze" und sah in seinem §15 unter dem Titel "Verbot von Freizeitwohnsitzen" etwa vor, dass für Neubauten, die als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollten, die Baubewilligung nicht mehr erteilt werden dürfe. Im Übrigen durften nach dieser Bestimmung

"nur mehr Wohnsitze, die

a) im Zeitpunkt des Inkrafttretens [des TROG 1994] nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitze verwendet worden sind oder bei denen sich der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt und

b) nach §16 Abs1 rechtzeitig als Freizeitwohnsitze angemeldet worden sind"

als Freizeitwohnsitze verwendet werden. "Freizeitwohnsitze" definierte §15 TROG 1994 als

"Gebäude, Teile von Gebäuden oder Wohnungen, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Gastgewerbebetriebe [...] gelten nicht als Freizeitwohnsitze."

Gemäß §16 TROG 1994 waren Freizeitwohnsitze, auf die eine der Voraussetzungen nach §15 Abs1 zutraf und die weiterhin als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollten, innerhalb eines Jahres, unter bestimmten Umständen innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten des TROG 1994 beim Bürgermeister anzumelden. Der Bürgermeister hatte auf Grund einer solchen Anmeldung mit schriftlichem Bescheid festzustellen, ob der betreffende Freizeitwohnsitz nach §15 Abs1 lita und b weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf.

Diese Bestimmungen wurden durch das Gesetz LGBl. Nr. 4/1996 (1. Raumordnungsgesetz-Novelle) neu gefasst, ohne jedoch die zitierten Inhalte des TROG 1994 in der Stammfassung für den vorliegenden Zusammenhang wesentlich zu verändern.

Mit dem Erkenntnis VfSlg. 14.679/1996 hob der Verfassungsgerichtshof das TROG 1994 insoweit als verfassungswidrig auf, als ihm nicht durch die erwähnte 1. Raumordnungsgesetz-Novelle derogiert worden war, und stellte die Verfassungswidrigkeit des TROG 1994 fest, soweit ihm durch die genannte Novelle derogiert worden war.

Das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 enthielt in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 10/1997 noch im Wesentlichen annähernd unveränderte Bestimmungen über Freizeitwohnsitze wie die vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannten. Erst die Novelle LGBl. Nr. 28/1997 enthielt kein völliges Verbot der Schaffung neuer Freizeitwohnsitze mehr, sondern gestattete sie, "wenn dies durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist" (vgl. §15 Abs2 leg. cit.).

Auch in dieser novellierten Fassung des TROG 1997 fand sich jedoch weiterhin die folgende Bestimmung:

"§16

Nachträgliche Anmeldung von Freizeitwohnsitzen,

Freizeitwohnsitzverzeichnis

(1) Wohnsitze,

a) die am 31. Dezember 1993 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitze verwendet worden sind oder bei denen sich der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt und

b) die weiterhin als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, können vom Eigentümer oder vom sonst hierüber Verfügungsberechtigten noch bis zum 31. Dezember 1998 beim Bürgermeister angemeldet werden, wenn er glaubhaft macht, daß er von der Anmeldepflicht nach §16 Abs1 TROG 1994 nicht oder erst innerhalb von sechs Monaten vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Kenntnis erlangt hat. Der betreffende Wohnsitz ist innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis der Anmeldepflicht anzumelden.

[...]

(3) Der Bürgermeister hat auf Grund der Anmeldung eines Freizeitwohnsitzes mit schriftlichem Bescheid festzustellen, ob der betreffende Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf. Die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz ist festzustellen, wenn die Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist und eine der Voraussetzungen nach Abs1 lita vorliegt. Andernfalls ist die Unzulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz festzustellen. [...] Parteien des Verfahrens sind der Eigentümer des Wohnsitzes und der sonst hierüber Verfügungsberechtigte."

Mit der Novelle LGBl. Nr. 73/2001 wurde §16 TROG gänzlich neu gefasst und sah dann kein vergleichbares Anmeldeverfahren für bestehende Freizeitwohnsitze mehr vor; gemäß §118 leg. cit. waren jedoch die am 30. September 2001 anhängigen Verfahren über die Anmeldung von Freizeitwohnsitzen nach §16 TROG 1997 idF LGBl. Nr. 28/1997 weiterzuführen. Diese Bestimmung wurde als §115 TROG 2001 im LGBl. Nr. 93/2001 wiederverlautbart, mit LGBl. Nr. 35/2005 unverändert neu erlassen und mit LGBl. Nr. 27/2006 als §115 TROG 2006 neuerlich wiederverlautbart.

2. Der Verfassungsgerichtshof hegt keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes.

Soweit die Beschwerdeführer der Sache nach auf die Gründe verweisen, die den Verfassungsgerichtshof zur Aufhebung bzw. Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des TROG 1994 über Freizeitwohnsitze durch das Erkenntnis VfSlg. 14.679/1996 veranlasst haben, ist ihnen Recht zu geben, dass die von der belangten Behörde angewendete Bestimmung über die Feststellung der Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit der Verwendung von Wohnsitzen als Freizeitwohnsitz am 31. Dezember 1993 im Wesentlichen unverändert bereits Teil des als verfassungswidrig erkannten TROG 1994 war. Die Beschwerdeführer übersehen aber, dass diese Bestimmung nunmehr in ein völlig anderes Regelungssystem betreffend Freizeitwohnsitze eingebettet ist. Das Tiroler Raumordnungsgesetz kennt bereits seit der Novelle LGBl. Nr. 28/1997 kein generelles Verbot der Schaffung neuer Freizeitwohnsitze mehr, sondern lässt die Neuschaffung bei entsprechender Flächenwidmung, die auf die regionalen Verhältnisse abzustimmen ist, zu. Den fortgeltenden Bestimmungen über die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Verwendung als Freizeitwohnsitz am 31. Dezember 1993 kommt im neuen Regelungssystem somit die Funktion zu, eine damals rechtmäßige Nutzung als Freizeitwohnsitz für die Zukunft jedenfalls abzusichern. Sie schließen es jedoch - im Fall der Feststellung der Unzulässigkeit der Verwendung als Freizeitwohnsitz am 31. Dezember 1993 - nicht (mehr) aus, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des geltenden Rechts erstmals eine Bewilligung für einen Freizeitwohnsitz erteilt wird. Den Verfassungsgerichtshof hatte jedoch gerade "[d]ie Kombination des Verbotes der Schaffung und Vergrößerung von Freizeitwohnsitzen mit der Anmeldungsverpflichtung für bestehende Freizeitwohnsitze sowie mit der Notwendigkeit von Ausnahmebewilligungen, Verwendungsbeschränkungen und Veräußerungsbeschränkungen für bestehende Freizeitwohnsitze ohne Rücksichtname auf die regionalen Erfordernisse" dazu veranlasst, das Regelungssystem des TROG 1994 als "unverhältnismäßig" im Hinblick auf das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums zu erkennen. Wenn sich aber der Zweck der fortgeltenden, hier angewendeten Bestimmungen in der Klarstellung und im Schutz von Nutzungsrechten, die am 31. Dezember 1993 bestanden, erschöpft, ist es evident, dass die damals aufgegriffenen Gründe der Verfassungswidrigkeit für die hier präjudiziellen Bestimmungen nicht vorliegen. Auch die behauptete Kompetenzwidrigkeit einer solchen Bestimmung in einem Landesgesetz ist nicht ersichtlich.

Auch soweit die Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit des §16 Abs1 TROG im Hinblick darauf behaupten, dass er der speziell hier zu lösenden Problematik nicht gerecht würde, nämlich dass in der Baubewilligung für die Errichtung eines einheitlichen Objektes nicht festgelegt wurde, welche drei von insgesamt siebzehn Eigentumswohnungen entsprechend der damaligen Flächenwidmung als Freizeitwohnungen benützt werden dürfen, sind sie nicht im Recht:

Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs davon aus, dass in jenen Fällen, in denen die Baubewilligung keine ausdrückliche Aussage über die Zulässigkeit der Nutzung von Wohnungen als Freizeitwohnsitz trifft, deshalb nicht die Benützung aller Wohnungen als Freizeitwohnsitz zulässig ist. Denn eine Baubewilligung, die zur Freizeitwohnsitznutzung nichts Explizites enthält, muss im Sinne der raumordnungsrechtlichen Vorschriften ausgelegt werden (vgl. VwGH vom 27. Juni 2006, Zl. 2005/06/0185, vom 28. März 2006, Zl. 2005/06/0262, vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135). Der Auslegung des Baubewilligungsbescheides im Lichte der raumordnungsrechtlichen Regelung betreffend Apartmenthäuser in §16a TROG 1984, wonach nur drei Wohnungen auch als Freizeitwohnsitz genutzt werden dürften, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. Die Beschwerdeführer konnten daher durch §16 Abs1 TROG 1997 in ihrem Vertrauen auf Nutzung ihrer Wohnungen als Freizeitwohnsitz nicht verletzt werden.

Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, inwieweit §16 Abs1 TROG 1997 im Hinblick auf §4 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, gleichheitswidrig sein soll. Denn es ist unzulässig, die Bestimmung des §4 leg. cit., die als Regelung über die nachträgliche Baubewilligung für rechtswidrige Gebäude in Feiland einem völlig verschiedenen Regelungssystem angehört, als Vergleichsmaßstab für die Verfassungsmäßigkeit des §16 Abs1 TROG 1997 heranzuziehen (vgl. etwa VfSlg. 8938/1980, 14.325/1995 uva.).

3. Die Beschwerdeführer sind aber durch die angefochtenen Bescheide aus folgenden Gründen in ihrem Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden:

Die angefochtenen Bescheide, mit denen die Unzulässigkeit der Verwendung der Eigentumswohnungen der Beschwerdeführer als Freizeitwohnsitz festgestellt wurde, greifen in das Eigentum der Beschwerdeführer zufolge der Versagung der freien Ausübung des aus dem Eigentum erfließenden Rechtes zur Benützung ihrer Wohnung ein (vgl. VfSlg. 9306/1981 zum Widerruf einer Baubewilligung); sie stellen keine Enteignung, jedoch eine Eigentumsbeschränkung dar.

Dieser Eingriff ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13.587/1993 mwN, 15.364/1998, 15.768/2000, 16.113/2001, 16.430/2002) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat, ein Fall, der nur dann vorliegt, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist.

Die bekämpften Bescheide stützen sich auf §16 Abs1 und 3 TROG 1997 idF LGBl. Nr. 28/1997 iVm §115 TROG 2001 und damit auf eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage, die jedoch in denkunmöglicher Weise angewendet wurde:

Die Behörde hat dadurch, dass sie unter Berufung auf Bescheide, mit denen sie auf Grund von Anträgen ohne Zustimmung sämtlicher Miteigentümer in drei Fällen festgestellt hat, dass die Wohnungen weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfen, den Antrag der Beschwerdeführer abwies, ohne gesetzliche Grundlage in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer eingegriffen. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz hat keiner der Wohnungseigentümer die Befugnis, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Verfügungsmöglichkeit über das Wohnungseigentum zu beeinträchtigen. Wenn die Inanspruchnahme von drei Wohnungen als Freizeitwohnsitz die Benützung von Wohnungen als Freizeitwohnsitz durch andere Wohnungseigentümer ausschließt, so ist dafür grundsätzlich ein einstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich. Die Annahme einer Auswahlbefugnis durch die Behörde würde, entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2004/06/0143, - abgesehen vom Übergehen der betroffenen Miteigentümer - eine gesetzliche Ermächtigung erfordern, die jedoch fehlt und für die angesichts der Regelungen über das Wohnungseigentum keine sachliche Rechtfertigung zu finden wäre.

4. Die beschwerdeführenden Parteien sind somit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) verletzt worden. Die angefochtenen Bescheide waren daher schon deshalb aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist jeweils Umsatzsteuer in Höhe von 360,- €

und eine Eingabegebühr in Höhe von 180,- € enthalten.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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