VwGH 2004/06/0143

VwGH2004/06/014325.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der CD in W, vertreten durch Brüggl & Harasser Rechtsanwälte OEG in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Juli 2004, GZ. Ve1-8-1/121-5, betreffend Feststellung gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 3 TROG 1997, dass keine Verwendung als Freizeitwohnsitz zulässig ist (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister;

2. Dr. FS in I; 3. HR in W, vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a; 4. HS in K; 5. EC in G, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
ROG Tir 1984 §16a Abs1 lita;
ROG Tir 1997 §16 Abs1 idF 1997/028;
ROG Tir 1997 §16 Abs3 idF 1997/028;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WEG 1975 §13c Abs1;
WEG 2002 §18 Abs1;
WEG 2002;
AVG §8;
ROG Tir 1984 §16a Abs1 lita;
ROG Tir 1997 §16 Abs1 idF 1997/028;
ROG Tir 1997 §16 Abs3 idF 1997/028;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WEG 1975 §13c Abs1;
WEG 2002 §18 Abs1;
WEG 2002;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. Mai 1987 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der E. GesmbH die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf den Grundstücken 342/1, 341/2, 341/3, 343, .285/2 und .372, alle KG K., unter Vorschreibung verschiedener Auflagen. Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 26. November 1987 erfolgte die baubehördliche Bewilligung für verschiedene Änderungen des verfahrensgegenständlichen Gebäudes.

Nach Einführung von Freizeitwohnsitzregelungen in dem am 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 81/1993 (TROG 1994), nahmen verschiedene Wohnungseigentümer bzw. die E. GesmbH für Wohnungen des verfahrensgegenständlichen Gebäudes zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr 1994 Anmeldungen von Freizeitwohnsitzen vor.

Mit Schreiben vom 22. März 2001 teilte die mitbeteiligte Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin mit, dass mit Eingabe vom 23. Dezember 1994 die E. GesmbH die Wohnungen top 4, 6 und 17 im verfahrensgegenständlichen Gebäude gemäß § 16 Abs. 1 TROG 1994 als Freizeitwohnsitze angemeldet habe. Zu den Kriterien der Übergangsbestimmung des § 16 Abs. 1 TROG 1997 führte der Bürgermeister aus, dass gemäß § 16a Abs. 1 lit. a Tir. Raumordnungsgesetz 1972 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 70/1973 und der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 4/1984 ein Apartmenthaus ein Gebäude sei, in dem mehr als drei Wohnungen nicht ständig der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienten, sondern überwiegend als Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubs, der Ferien oder sonst nur zeitweilig als Zweitwohnstätte benützt werden sollen. Die Baubewilligung für die Errichtung eines Apartmenthauses habe nur erteilt werden dürfen, wenn die für dieses Gebäude vorgesehene Grundfläche als Sonderfläche gewidmet worden sei. Im vorliegenden Fall sei daher davon auszugehen, dass die Verwendung der Wohnungen im verfahrensgegenständlichen Gebäude zum 31. Dezember 1993 widmungswidrig erfolgt sei, da die Kriterien des § 16a Abs. 1 lit. a TROG 1984 nach den Angaben der Eigentümer jedenfalls am 31. Dezember 1993 vorgelegen seien. Da keine Sonderflächenwidmung für ein Apartmenthaus vorgelegen sei, hätten diese als Freizeitwohnsitze verwendeten Wohnungen zum Stichtag aber nicht den damals geltenden raumordnungsrechtlichen Vorschriften entsprochen.

Der zulässige Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz könne sich aber gemäß § 16 Abs. 1 TROG 1997 auch aus der Baubewilligung ergeben. Die Baubewilligung müsse im Zusammenhalt mit den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen ausgelegt werden. Nach dem bereits angeführten § 16a Tir. Raumordnungsgesetz 1972 i.d.F. LGBl. Nr. 10/1973 sei die Errichtung von mehr als drei Wohnungen in einem Gebäude, die als Aufenthalt während der Ferien, des Urlaubes oder nur zeitweilig als Zweitwohnung benützt werden sollten, verboten gewesen, wenn keine entsprechende Widmung vorgelegen sei. Dieser Sachverhalt sei im vorliegenden Fall gegeben. Für die Wohnungen in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude ergebe sich, dass sie auf Grund des sich aus der Baubewilligung ergebenden Verwendungszweckes nur der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen dürften. Dazu wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Stellungnahme binnen 14 Tagen eingeräumt.

Mit Bescheid vom 4. April 2003 stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde gemäß § 16 Abs. 1 und 3 TROG 1997 fest, dass die (im Wohnungseigentum der Beschwerdeführerin stehende) Wohnung top 16 im verfahrensgegenständlichen Gebäude auf dem Grundstück Nr. 341/3, KG K., nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfe. Diese Entscheidung begründete der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde im Wesentlichen damit, dass nach Einstellung von 6 Anmeldeverfahren betreffend die Nutzung von Wohnungen im verfahrensgegenständlichen Gebäude als Freizeitwohnsitze fünf angemeldete Freizeitwohnsitze im Gebäude vorlägen. Aus § 16a Abs. 1 lit. a TROG 1984 betreffend die Definition von Apartmenthäusern, die nur bei Vorliegen einer Sonderflächenwidmung errichtet werden dürften, entsprächen die als Freizeitwohnsitze verwendeten Wohnungen zum Stichtag 31. Dezember 1993 nicht den - damals geltenden - raumordnungsrechtlichen Vorschriften.

Im Hinblick auf das zweite Kriterium in § 16 Abs. 1 TROG 1997 genüge es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn die Baubewilligung die Verwendung als Freizeitwohnsitz mitumfasse. Bei Auslegung der Baubewilligung im Zusammenhalt mit den raumordnungsrechtlichen Vorschriften (insbesondere § 16a TROG 1972 i. d.F. LGBl. Nr. 10/1973, betreffend Sonderflächen u.a. für Apartmenthäuser) ergebe sich für die Wohnungen im verfahrensgegenständlichen Gebäude, dass sie auf Grund des sich aus der Baubewilligung ergebenden Verwendungszweckes nur der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen dürften. Es sei daher die Unzulässigkeit der Verwendung der Wohnung top 16 als Freizeitwohnsitz festzustellen gewesen.

In einem weiteren Schreiben vom 11. November 2003 wies der Bürgermeister die Beschwerdeführerin im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens darauf hin, dass 11 Anmeldungen von Freizeitwohnsitzen zum Stichtag 31. Dezember 1993 im verfahrensgegenständlichen Gebäude erfolgt seien. Die E. GesmbH hätte ihre drei Anmeldungen zurückgezogen. Nach § 16a Abs. 1 TROG 1984 dürften nur drei Wohnungen als Freizeitwohnsitz in dem Gebäude verwendet werden. Für die Ermittlung werde der jeweilige Zeitpunkt des Kaufvertrages, d.h. das Datum des Kaufvertrages herangezogen. Die E. GesmbH als ursprüngliche Eigentümerin der Gesamtliegenschaft, als Bauwerberin und Veräußerin der übrigen Wohnungseigentumseinheiten habe am 23. Dezember 1994 drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze angemeldet und dazu erklärt, diese seien bereits seit Jahren als Freizeitwohnsitze genutzt worden. Wenn drei Wohnungen (nämlich "Anteil 93/1445, top 19 und top 6") von der ersten Wohnungseigentümerin als Freizeitwohnsitze genutzt worden seien, sei die Begründung weiterer Freizeitwohnsitze in dem Gebäude widmungswidrig. Dazu ist der Beschwerdeführerin Gelegenheit geboten worden, binnen zwei Wochen Akteneinsicht zu nehmen und schriftlich Stellung zu nehmen.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat dazu in der Weise Stellung genommen, dass es nicht auf den Zeitpunkt des Erwerbes ankommen könne, sondern darauf, von wem die in Rede stehenden Wohnungen genutzt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe als erste die verfahrensgegenständliche Wohnung als Freizeitwohnsitz genutzt. So sei es auch am maßgeblichen Stichtag gewesen.

Der Stadtrat wies die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 5. Februar 2004 gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 3 TROG 1997, LGBl. Nr. 10 i.d.F. LGBl. Nr. 28/1997, ab. Der Stadtrat begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ausschließlich die Situation am Stichtag 31. Dezember 1993 maßgeblich sei. Auf Grund der ursprünglich elf Anmeldungen sei davon auszugehen, dass zu diesem Stichtag elf Wohnungen als Freizeitwohnsitze verwendet worden seien. Nach § 16a Abs. 1 TROG 1984 dürften jedoch nicht mehr als drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Bei der gegenständlichen Liegenschaft handle es sich um eine Wohnungseigentumsanlage. Der Wohnungseigentumsgemeinschaft komme mangels Rechtspersönlichkeit Parteistellung nicht zu. Es sei daher rechtlich auch nicht statthaft, der Wohnungseigentumsgemeinschaft Gelegenheit zur Bekanntgabe jener drei Wohnungen zu geben, die weiterhin als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollten. Die E. GesmbH als ursprüngliche Eigentümerin der Gesamtliegenschaft, Bauwerberin und Veräußerin der übrigen Wohnungseigentumseinheiten habe am 23. Dezember 1994 drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze angemeldet und dazu erklärt, diese würden bereits seit Jahren als Freizeitwohnsitze genutzt. Wenn nun für drei Wohnungen ("Anteil 93/1445, top 19, top 6") von der ersten Wohnungseigentümerin die Freizeitwohnsitzeigenschaft in Anspruch genommen werde, seien weitere Freizeitwohnsitze in dem Gebäude zum Stichtag 31. Dezember 1993 widmungswidrig.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Das Tiroler Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 10/1972, u. a. in der Fassung der Wiederverlautbarung, LGBl. Nr. 4/1984, habe in seinem § 16a Abs. 1 lit. a vorgesehen habe, dass Apartmenthäuser im Sinne dieses Gesetzes Gebäude seien, in denen mehr als drei Wohnungen nicht ständig der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienten, sondern überwiegend als Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder sonst nur zeitweilig als Zweitwohnstätte benutzt werden sollten. Die Baubewilligung für die Errichtung eines Apartmenthauses dürfte nur erteilt werden, wenn die für dieses Gebäude vorgesehene Grundfläche als Sonderfläche gewidmet gewesen sei (§ 16a Abs. 2 TROG 1984). Unbestritten sei im gegenständlichen Fall, dass eine Widmung als Apartmenthaus nicht vorgelegen sei. Entsprechend der Baubewilligung vom 15. Mai 1987 befänden sich im gegenständlichen Objekt insgesamt elf Wohnungen (also mehr als drei) und dienten diese Wohnungen - nach dem eigenen Vorbringen der Verfügungsberechtigten in ihren Anmeldungen als Freizeitwohnsitze -

nicht ständig der Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfes. Es sei daher davon auszugehen, dass die Verwendung als Freizeitwohnsitz widmungswidrig erfolgt sei, da für die Verwendung als Apartmenthaus die Sonderflächenwidmung nicht vorgelegen sei. Diese als Freizeitwohnsitze verwendeten Wohnungen entsprächen zum Stichtag dem 31. Dezember 1993 aber nicht den damals geltenden raumordnungsrechtlichen Vorschriften.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/06/0018) genüge es, dass die Baubewilligung die Verwendung als Freizeitwohnsitz mitumfasse. Nach der Regelung betreffend das Vorliegen eines Apartmenthauses sei lediglich die Errichtung von mehr als drei Wohnungen in einem Gebäude, die als Aufenthalt während der Ferien, des Urlaubes oder nur zeitweilig als Zweitwohnung benützt werden sollten, wenn keine entsprechende Widmung vorgelegen sei, verboten. Aus dieser raumordnungsrechtlichen Regelung könne aber für jeweils drei (von mehreren) Wohnungen in einem Gebäude kein Verbot einer Freizeitwohnsitznutzung aus einer Baubewilligung, mit der ein Wohnhaus mit mehr als drei Wohnungen im Jahr 1984 bewilligt worden sei, abgeleitet werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135, ausgeführt habe, hätten die Behörden die beschwerdeführende Partei auf diese Auslegung des Baubewilligungsbescheides hinweisen und sie auffordern müssen, bekannt zu geben, in Bezug auf welche drei Wohnungen des Hauses diese uneingeschränkte Nutzung als Freizeitwohnsitz angenommen werden solle. Für die übrigen Wohnungen ergebe sich daraus als Folge, dass sie auf Grund des sich aus der Baubewilligung ergebenden Verwendungszweckes nur der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfes dienen dürften. Entsprechend diesem Erkenntnis habe der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde zutreffend sämtliche Wohnungseigentümer auf die Auslegung dieser Bestimmung hingewiesen und sie aufgefordert, bekannt zu geben, welche Wohnungen als Freizeitwohnsitz weiterhin Verwendung finden sollten. In diesem Zusammenhang nähmen insgesamt fünf Wohnungseigentümer die Verwendung eines Freizeitwohnsitzes für sich in Anspruch. Wie die Behörden übereinstimmend festgestellt hätten, sei es nicht statthaft, die Wohnungseigentumsgemeinschaft mangels Rechtspersönlichkeit im gegenständlichen Verfahren aufzufordern anzugeben, in Bezug auf welche drei (von insgesamt fünf) Wohnungen diese weiterhin als Freizeitwohnsitze Verwendung finden sollten. In diesem Zusammenhang werde man daher eine gewisse Mitwirkungspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer in Bezug auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes annehmen müssen. Dieser Mitwirkungspflicht seien die einzelnen Wohnungseigentümer nach Ansicht der belangten Behörde unzureichend nachgekommen, sodass eine entsprechende Feststellung, welche drei von insgesamt fünf Wohnungen als Freizeitwohnsitze weiterhin verwendet werden dürften, durch die zuständige Gemeindebehörde vorgenommen werden müsste.

Wenn die Berufungsbehörde darauf abstelle, dass die E. GesmbH als ursprüngliche Eigentümerin der Gesamtliegenschaft drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze angemeldet und dazu erklärt hätte, diese würden bereits seit Jahren als Freizeitwohnsitze genutzt, sodass weitere Freizeitwohnsitze in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude zum maßgeblichen Stichtag widmungswidrig seien, habe die Berufungsbehörde übersehen, dass mit Schreiben vom 6. August 2002 die seinerzeitigen Anträge der ursprünglichen Eigentümerin zurückgezogen worden seien.

Da die nunmehr verbleibenden fünf Wohnungseigentümer eine Zuordnung, welche drei von insgesamt fünf Wohnungen als Freizeitwohnsitze weiterhin Verwendung finden sollten, nicht vorgenommen hätten, sei daher auf die zeitliche Rangfolge der Anmeldungen abzustellen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135). Der Zweitmitbeteiligte habe am 21. Jänner 1994, der Fünftmitbeteiligte am 7. Jänner 1994 sowie die Drittmitbeteiligte und ihr Ehegatte am 14. April 1994 jeweils einen Freizeitwohnsitz im gegenständlichen Gebäude angemeldet. Die Beschwerdeführerin habe am 23. Dezember 1994 ihre Wohnung als Freizeitwohnsitz mittels Formblatt, somit zeitlich später als jene vorstehend angeführten drei Anmeldungen, angemeldet.

Da entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf die zeitliche Rangfolge der Anmeldungen der Freizeitwohnsitze abzustellen sei, wenn die Eigentümergemeinschaft keine Einigung erzielen könne, sei davon auszugehen, dass die drei vorher angemeldeten Freizeitwohnsitze als solche zu berücksichtigen seien, während die von der Beschwerdeführerin als Freizeitwohnsitz angemeldete Wohnung dementsprechend nur mehr zur Deckung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses dienen dürfe. Die Feststellung der Unzulässigkeit der Verwendung der Wohnung top 16 der Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Gebäude sei daher dem Grunde nach zu Recht ergangen. Auch wenn dies die Berufungsbehörde unrichtig begründet hätte, könne darin keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin erblickt werden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Auch die Drittmitbeteiligte und der Fünftmitbeteiligte legten Gegenschriften mit Anträgen auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde vor. Diese beiden Mitbeteiligten teilten mit, dass mit Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. November 2004 jeweils die positive Feststellung der Zulässigkeit der Freizeitwohnsitznutzung ihrer Wohnung in dem verfahrensgegenständlichen Haus erfolgt sei. Auf Anfrage teilte die mitbeteiligte Stadtgemeinde mit, dass auch gegenüber dem Zweitmitbeteiligten ein positiver Feststellungsbescheid (vom 3. November 2004) in Bezug auf die ihm gehörende Wohnung in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude ergangen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 115 Tiroler Raumordnungsgesetz 2001 - TROG 2001, LGBl. Nr. 93 (Wiederverlautbarung des TROG 1997, zuletzt geändert durch die ROG-Novelle LGBl. Nr. 73/2001), sind die am 30. September 2001 anhängigen Verfahren über die Anmeldung von Freizeitwohnsitzen nach § 16 dieses Gesetzes in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 28/1997 weiterzuführen.

Gemäß § 15 Abs. 1 erster Satz Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 (TROG 1997) i.d.F. LGBl. Nr. 28/1997 sind Freizeitwohnsitze Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden.

Gemäß § 15 Abs. 2 TROG 1997 in der angeführten Fassung dürfen als Freizeitwohnsitze nur mehr Wohnsitze verwendet werden, für die u. a. eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz nach § 16 Abs. 3 leg. cit. vorliegt.

§ 16 Abs. 1 und 3 TROG 1997 in der Fassung der angeführten Novelle sieht für die nachträgliche Anmeldung von Freizeitwohnsitzen Folgendes vor:

"(1) Wohnsitze,

a) die am 31. Dezember 1993 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitze verwendet worden sind oder bei denen sich der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt und

b) die weiterhin als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, können vom Eigentümer oder vom sonst hierüber

Verfügungsberechtigten noch bis zum 31. Dezember 1998 beim Bürgermeister angemeldet werden, wenn er glaubhaft macht, dass er von der Anmeldepflicht nach § 16 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 nicht oder erst innerhalb von sechs Monaten vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Kenntnis erlangt hat. Der betreffende Wohnsitz ist innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis der Anmeldepflicht anzumelden.

(2) ... .

(3) Der Bürgermeister hat auf Grund der Anmeldung eines Freizeitwohnsitzes mit schriftlichem Bescheid festzustellen, ob der betreffende Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf. Die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz ist festzustellen, wenn die Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist und eine der Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. a vorliegt. Andernfalls ist die Unzulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz festzustellen. Bescheide über die Zulässigkeit der Verwendung eines Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz haben die Angaben nach Abs. 2 lit. a bis d zu enthalten. Parteien des Verfahrens sind der Eigentümer des Wohnsitzes und der sonst hierüber Verfügungsberechtigte.

(4) ... ."

Gemäß § 16a Abs. 1 lit. a Tiroler Raumordnungsgesetz 1984, LGBl. Nr. 4 (TROG 1984; Wiederverlautbarung), waren unter Apartmenthäusern Gebäude, in denen mehr als drei Wohnungen nicht ständig der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienten, sondern überwiegend als Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder sonst nur zeitweilig als Zweitwohnstätte benützt werden sollten, zu verstehen.

Gemäß § 16a Abs. 2 TROG 1984 durfte die Baubewilligung für die Errichtung eines Apartmenthauses nur erteilt werden, wenn dieses Gebäude auf einer Grundfläche, die als Sonderfläche für Apartmenthäuser gewidmet war, errichtet wurde und den Festlegungen im Flächenwidmungsplan gemäß Abs. 8 entsprach.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe in dem hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135, zum Ausdruck gebracht, dass die (dort) beschwerdeführende Partei (die Grundeigentümerin) selbst eine Zuordnung der als Freizeitwohnsitze zu nutzenden drei Wohnungen innerhalb der in dem Gebäude befindlichen, die Zahl drei übersteigenden Wohnungen vorzunehmen hätte. Richtigerweise hätte sich daher die belangte Behörde bzw. die Unterinstanzen an die Eigentümergemeinschaft wenden müssen, damit diese eine entsprechende Zuordnung vornehme, zumal ein Wohnungseigentumsobjekt vorliege. Die Aufforderung an die Eigentümergemeinschaft sei unterblieben. Welche Zuordnung hinsichtlich der Freizeitwohnsitze in der Eigentumswohnungsanlage vorgenommen werde, sei eine Angelegenheit der internen Willensbildung der Eigentümergemeinschaft der Wohnanlage. Diese Willensbildung der Eigentümergemeinschaft bilde also eine Vorfrage für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes gemäß § 38 AVG. Die belangte Behörde habe selbst in ihrer Entscheidung ausgeführt, dass dann auf die zeitliche Rangfolge der Anmeldung der Freizeitwohnsitze abzustellen sei, "wenn die Eigentümergemeinschaft keine Einigung erzielen kann".

Dazu ist Folgendes auszuführen:

In dem hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135, hat der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht vertreten, dass die dortige beschwerdeführende Partei, die Grundeigentümerin und Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Hauses war, auf die Auslegung des Baubewilligungsbescheides im Lichte der raumordnungsrechtlichen Regelung betreffend Apartmenthäuser in § 16a TROG 1984 dürften nur drei Wohnungen auch als Freizeitwohnsitz genutzt werden hingewiesen und weiters aufgefordert hätte werden müssen, bekannt zu geben, in Bezug auf welche drei Wohnungen des Hauses diese uneingeschränkte Nutzung als Wohnung angenommen werden solle. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei davon ausgegangen, dass die Frage, welche drei Wohnungen in einem Gebäude mit über drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze benutzt werden, vom Eigentümer des Gebäudes zu entscheiden ist.

Gemäß § 18 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG), BGBl. I Nr. 70/2002, kann die Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Dieser Eigentümergemeinschaft kommt nur hinsichtlich der Verwaltung der Liegenschaft als solcher Bedeutung zu, sie betrifft nicht Rechte der Miteigentümer hinsichtlich ihres Anteiles oder der Nutzung des Wohnungseigentumsobjektes sowie Individualrechte des Miteigentümers gegenüber Dritten. Der Wortlaut dieser Bestimmung bietet auch keinerlei Hinweis dafür, dass mit der Einführung der Eigentümergemeinschaft an den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft und an den darauf befindlichen Gebäuden etwas geändert werden sollte (vgl. das zu der nach der früheren Rechtslage in §13c Abs. 1 WEG vorgesehenen, gleichartigen Wohnungseigentümergemeinschaft ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 96/06/0182). Die Beschwerdeführerin ist somit nicht im Recht, wenn sie meint, dass die Behörden die Eigentümergemeinschaft im Sinne des § 18 Abs. 1 WEG mit der Frage der Zuordnung von drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze hätten befassen müssen.

Die entsprechende Befragung des Eigentümers der verfahrensgegenständlichen Wohnungsanlage hätte im vorliegenden Fall vielmehr bei allen Wohnungseigentümern als Miteigentümern der Wohnhausanlage erfolgen müssen. Dabei hätten die Behörden auf die Auslegung des Baubewilligungsbescheides dahingehend hinweisen müssen, dass nur für drei der insgesamt elf Wohnungen eine Freizeitwohnsitznutzung zulässig ist. Weiters hätten die Wohnungseigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes gefragt werden müssen, ob sie über diese Zuordnung ein Einvernehmen erzielen könnten, das den Behörden mitzuteilen wäre. Eine derartige Befragung sämtlicher Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes hat im vorliegenden Fall nicht stattgefunden. Der Verwaltungsakt enthält - entgegen den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid - keine derartige Aufforderung an sämtliche Wohnungseigentümer. Insbesondere die beiden eingangs erwähnten Mitteilungen des Bürgermeisters u.a. an die Beschwerdeführerin (vom 22. März 2001 und vom 11. November 2003) stellten eine derartige Befassung u. a. der Beschwerdeführerin, wie der sonstigen Wohnungseigentümer, nicht dar. Beide Mitteilungen enthalten vor allem keinen Hinweis darauf, dass es zunächst in der Hand der Wohnungseigentümer und Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes läge, einvernehmlich die Zuordnung von drei Wohnungen als Freizeitwohnsitz zu treffen. Aus dem Umstand, dass letztlich fünf Anmeldeverfahren aufrecht erhalten wurden, kann nicht auf die nicht gelungene Einigung sämtlicher Wohnungseigentümer in diesem Gebäude geschlossen werden. Eine Entscheidung der Behörde über die Zuordnung jener drei Wohnungen, die in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude als Freizeitwohnsitz genutzt werden dürfen, kommt aber erst dann in Betracht, wenn eine entsprechende Anfrage an alle Wohnungseigentümer das Ergebnis gebracht hat, dass über die Festlegung von drei Wohnungen zur Freizeitwohnsitznutzung kein Einvernehmen der Wohnungseigentümer vorliegt.

Allein aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Angemerkt wird für das fortgesetzte Verfahren, dass es der Verwaltungsgerichtshof im Falle der Nichteinigung der Wohnungseigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes für die Entscheidung der Zuordnung der Wohnungen mit Freizeitwohnsitznutzung durch die Behörde für maßgeblich hält, welche drei Wohnungen in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude zeitlich als erste als Freizeitwohnsitz genutzt wurden und ob diese Nutzung auch kontinuierlich beibehalten wurde. Aus dem kurzen Hinweis in dem hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135, dass sich keine Rangfolge auf Grund der Anmeldungen ergeben habe, ergibt sich keine abschließende Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofes, nach welchen sachlichen Kriterien eine Zuordnung durch die Behörde zu erfolgen hätte. Diese Zuordnung durch die Behörde war auch in dem diesem Beschwerdeverfahren zu Grunde liegenden Anmeldeverfahren kein Thema, da keine entsprechende Befassung des Grundeigentümers und Eigentümers des in Frage stehenden Gebäudes durch die Behörde vorgenommen worden war. Gegen die Heranziehung des Kriteriums der zeitlichen Rangfolge der rechtzeitigen Anmeldungen (innerhalb offener Frist) spricht zum einen, dass dies gesetzlich nicht vorgesehen ist, zum anderen ist dieses Kriterium als unsachlich zu qualifizieren, weil es nicht angeht, die Anmeldenden nachträglich mit solchen Rechtsfolgen zu konfrontieren, mit denen nicht zu rechnen war.

In diesem Zusammenhang muss auch festgestellt werden, dass bei der vorliegenden besonderen Fallkonstellation jedem Wohnungseigentümer, der im vorliegenden Gebäude eine Freizeitwohnsitznutzung angemeldet hat und diese Anmeldung aufrecht erhalten hat, in den Anmeldeverfahren gemäß § 16 Abs. 1 TROG 1997 dieser anderen Wohnungseigentümer Parteistellung über § 16 Abs. 3 letzter Satz TROG 1997 hinausgehend zuerkannt werden muss. Es ginge nicht an, dass das Vorliegen von drei positiv entschiedenen Feststellungen die Frage der Auswahl jener drei Wohnungen entschiede, in denen die Freizeitwohnsitznutzung im vorliegenden Fall zulässig wäre, ohne dass die dabei angewendeten Kriterien durch die anderen (auf Grund der vorzunehmenden Auswahl) betroffenen Wohnungseigentümer einer Prüfung unterzogen werden könnten. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass zwar für drei Wohnungseigentümer des verfahrensgegenständlichen Gebäudes (nämlich für den Zweitmitbeteiligten, die Drittmitbeteiligte und den Fünftmitbeteiligten) ein positiver Feststellungsbescheid, gemäß § 16 Abs. 1 TROG 1997 betreffend die Zulässigkeit der Nutzung ihrer Wohnung als Freizeitwohnsitz, vorliegt. Diese Bescheide sind aber u.a. im Hinblick auf die Beschwerdeführerin nicht als bindend zu beurteilen, da sie dem Verfahren nicht als Partei beigezogen war und ihr die Bescheide nicht zugestellt worden waren. Im Hinblick auf die vorliegende ganz besondere Fallkonstellation, an die der Gesetzgeber bei seiner Regelung im § 16 Abs. 3 letzter Satz TROG 1997 offensichtlich nicht gedacht hat, kann diese Regelung nicht als abschließende Regelung der Parteistellung verstanden werden. Es ist vielmehr im vorliegenden Auswahlverfahren all jenen Wohnungseigentümern, zwischen denen die Auswahl zu treffen ist, die Parteistellung in Verbindung mit § 8 AVG zuzuerkennen, weil ihre Rechte durch die vorzunehmende Auswahl berührt werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. April 2006

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