VfGH B1947/95

VfGHB1947/954.3.1998

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Festnahme des mexikanischen Beschwerdeführers (aztekischer Abstammung) anläßlich der Auflösung einer Kundgebung vor dem Völkerkundemuseum betreffend die Forderung nach der Rückgabe der Federkrone Montezumas; keine Verletzung der Versammlungsfreiheit infolge denkmöglicher Annahme eines Auflösungsgrundes; keine Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit; allgemeine Abmahnung ausreichend; keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung aufgrund maßhaltenden Behördenverhaltens; keine Willkür aufgrund ausreichenden Ermittlungsverfahrens; keine Verletzung der Privatsphäre durch Herstellung von Videoaufnahmen; keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren durch mündliche Bescheiderlassung

Normen

StGG Art12 / Versammlungsrecht
EMRK Art3
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art8
EMRK Art9
EMRK Art10
EMRK Art11
EMRK Art14
VfGG §82 Abs1
PersFrSchG 1988 Art1 ff
VersammlungsG §2
VersammlungsG §13
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
VStG §35 Z3
AVG §62
AVG §67g
StGG Art12 / Versammlungsrecht
EMRK Art3
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art8
EMRK Art9
EMRK Art10
EMRK Art11
EMRK Art14
VfGG §82 Abs1
PersFrSchG 1988 Art1 ff
VersammlungsG §2
VersammlungsG §13
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
VStG §35 Z3
AVG §62
AVG §67g

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer in einem sonstigen Recht verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist mexikanischer Staatsangehöriger.

Mit dem bekämpften Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (im folgenden: UVS) - der am 8. Mai 1995 mündlich verkündet und dessen schriftliche Ausfertigung dem Beschwerdeführer am 6. Februar 1997 zugestellt wurde - wurde über seine an diese Behörde gerichtete Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien wie folgt entschieden.

1.2. Der UVS nahm dabei folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

"Seitens des Kulturvereins für Völkerverständigung Yankuikanahuak wurde mit Telefax vom 7.9.1993 für den 13.9.1993, 10.00 bis 19.00 Uhr, eine Versammlung bei der zuständigen Behörde (Bundespolizeidirektion Wien - Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten) angezeigt. Hierbei wurde(n) der Versammlungszweck genannt ('1993 Internationales Jahr der UNO der indigenen Völker' und '1993 - Entdeckung Europas durch Eingeborene') und näher erläutert, die erwartete Teilnehmerzahl und die Verwendung bestimmter Mittel zur Erfüllung des Versammlungszwecks angekündigt sowie der beabsichtigte Zeitplan und die beabsichtigte Route des Demonstrationsmarsches und die Örtlichkeiten, an denen eine Ansprache des Beschwerdeführers und traditionelle Darbietungen stattfinden sollten, angeführt ...

Nach einem Telefonat der Beschwerdeführervertreterin mit dem Organ der Bundespolizeidirektion Wien - Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten korrigierte letzterer (gemeint offenbar: der betreffende Organwalter der Bundespolizeidirektion Wien) die in der Versammlungsanzeige angegebene Route auf dem ihm zugefaxten Exemplar insofern, als er die Programmpunkte 'Heldenplatz' und 'Parlament' in ihrer zeitlichen Abfolge auswechselte ...

Die Vertreter der belangten Behörde konnten aufgrund der ihnen vorliegenden korrigierten Versammlungsanzeige vertretbarerweise davon ausgehen, daß sich der Demonstrationszug nach der Ansprache und den traditionellen Darbietungen auf dem Stephansplatz durch die Kärntner Straße über den Ring bewegen und die nächste Kundgebung auf dem Heldenplatz abgehalten würde und dann der Weitermarsch der Versammlungsteilnehmer wieder über den Ring und zwar bis zum Parlament erfolgen werde, wo im Rahmen einer Abschlußkundgebung neuerlich unter anderem eine Ansprache des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Vorführung aztekischer Tänze stattfinden würde.

Ebenso konnten die Organe der belangten Behörde vertretbarerweise annehmen, daß der Versammlungsprogrammpunkt 'Heldenplatz' ausgefallen war, als die Versammlungsteilnehmer am Ring weiter Richtung Parlament marschierten, ohne zum Heldenplatz abzubiegen.

Dennoch gestatteten die Organe der belangten Behörde nach einigen Diskussionen mit dem Beschwerdeführer und Rücksprache mit ihren Vorgesetzten am 13.9.1993 sowohl den Rückmarsch der Demonstranten vom Parlament zum Völkerkundemuseum als auch die Abhaltung der Abschlußkundgebung auf diesem Platz.

Bei den jeweils durchgeführten Kundgebungen hielt der Beschwerdeführer eine Rede, in der er unter anderem die Rückgabe der im Völkerkundemuseum befindlichen Federkrone, von der die Azteken meinen, sie habe ihrem einstigen Herrscher Montezuma gehört, forderte. Weiters wurden aztekische Tänze dargeboten. Die Eingeborenen trugen ihre indianische Tracht, Stirnbänder, Federkronen und hatten ihre Gesichter bemalt. Die Tänze wurden von Trommelwirbel, Rasseln, Blasen des Muschelhorns und Anstimmen von Indianergeheul begleitet. Transparente mit verschiedenen Aufschriften, darunter auch betreffend die Rückgabe der im Völkerkundemuseum befindlichen Federkrone an die Azteken, waren zu sehen.

Auch auf dem Platz vor dem Völkerkundemuseum fand eine derartige Kundgebung statt. Viele Zuschauer waren gekommen, schauten den Tänzen zu und hörten die Ansprache des Beschwerdeführers. Anders als auf dem Stephansplatz oder vor dem Parlament wurden auf dem Heldenplatz aber auch Tipis aufgebaut.

Es fanden am 13.9.1993 am Heldenplatz mehrere Gespräche zwischen dem Beschwerdeführer und dem Behördenvertreter der Bundespolizeidirektion Wien statt. Bei einem dieser Gespräche wurde der Beschwerdeführer auf das nahende Ende der Versammlung hingewiesen und ihm sodann eine zweite Verlängerung des Versammlungszeitraums gewährt. Als der letzte Tanz mit der Zeremonie der vier Himmelsrichtungen beendet war, war es etwa

19.30 Uhr oder 19.45 Uhr ...

Der Behördenvertreter der Bundespolizeidirektion Wien nahm wieder Kontakt mit dem Beschwerdeführer auf, um neuerlich über das Ende der Veranstaltung zu sprechen. Der Beschwerdeführer sagte, daß er und seine Stammesangehörigen auf dem Platz vor dem Völkerkundemuseum bleiben und die im Museum befindliche heilige Federkrone Montezumas zurückhaben wollten. Der Polizeijurist erklärte daraufhin, daß er hierfür nicht zuständig sei, und forderte den Beschwerdeführer auf, die Zelte abzubauen. Der Beschwerdeführer war jedoch nicht bereit, dieser Aufforderung nachzukommen. Er und seine Stammesangehörigen, aber auch europäische Versammlungsteilnehmer, machten keine Anstalten, den Platz zu verlassen.

Die Indianer hatten weiterhin ihre traditionelle Tracht an, manche (z.B. der Beschwerdeführer) hatten den Federkopfschmuck auf; die Tipis blieben aufgestellt, Transparente wurden hochgehalten.

Der Beschwerdeführer ordnete an, daß sich seine Stammesangehörigen vor die Tipis setzen sollten. Diese taten dies auch. Es setzten sich auch drei Europäer vom Kulturverein für Völkerverständigung zu ihnen... Jene Eingeborenen, die ihren Kopfschmuck abgenommen gehabt hatten, setzten ihn (abgesehen vom Fahnenträger) wieder auf. Der Beschwerdeführer plazierte sich vor den anderen Azteken (er befand sich also etwas weiter weg von den Tipis als die anderen). Transparente waren sichtbar und lesbar. Der Beschwerdeführer rief, daß sie den Platz 'nicht lassen' und sich nicht verteidigen würden; die Polizei solle sich 'bitte schön, bedienen'.

Da die Versammlungsteilnehmer trotz langen Zuwartens seitens der Polizei weiterhin am Versammlungsort verharrten, erklärte der Behördenvertreter um ca. 20.25 Uhr die Versammlung für aufgelöst und forderte alle Anwesenden (sowohl Versammlungsteilnehmer als auch Passanten) auf, den Versammlungsort binnen zehn Minuten zu verlassen und auseinanderzugehen... Aufgrund eines schlecht eingestellten Lautsprechers war kaum zu verstehen, daß für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung die Festnahme angedroht wurde. Der Beschwerdeführer hatte jedoch auch diese schlecht verständliche Durchsage (vielleicht, weil er sich relativ nahe bei dem Polizeifahrzeug mit dem Lautsprecher befand) verstanden ..., auch wenn er das Gegenteil behauptete.

Nach der Justierung des Lautsprechers fand eine weitere Durchsage statt, mit der die Anwesenden ebenfalls aufgefordert wurden, den Versammlungsort zu verlassen und auseinanderzugehen, widrigenfalls sie festgenommen würden. Den Anwesenden wurden fünf Minuten Zeit zum Verlassen des Versammlungsortes gewährt.

Die Azteken und etliche andere Versammlungsteilnehmer befolgten auch diese Anordnung nicht. Der Beschwerdeführer erklärte vielmehr neuerlich, daß sie den Versammlungsort nicht verlassen würden. Sie würden sitzen bleiben und sich nicht verteidigen. Ein Teil der Zuschauer ging weg, ein Teil wartete noch ab.

Nach Verstreichen dieser Frist wiederholte der Behördenvertreter der Bundespolizeidirektion Wien die Durchsage, daß die Versammlung für aufgelöst erklärt sei, ebenso die Aufforderung, den Versammlungsort zu verlassen und auseinanderzugehen, und die Androhung der Festnahme im Falle der Nichtbefolgung dieser Aufforderung. Diesmal legte er eine bloß einminütige Frist fest.

Während dieser Durchsage setzten die Azteken nun Rasseln ein, fingen zu singen an und riefen 'Viva Mexiko'.

Nach Ablauf der einminütigen Frist erfolgte die Bekanntgabe des Behördenvertreters der Bundespolizeidirektion Wien, daß die Frist abgelaufen sei und daß jeder, der den Versammlungsort nicht sofort verlasse, festgenommen würde.

Der Beschwerdeführer und seine Stammesangehörigen rührten sich trotzdem weiterhin nicht von der Stelle.

Der Einsatzleiter der Bundespolizeidirektion Wien erteilte sodann um ca. 20.40 Uhr den Befehl zum Räumen des Platzes und ordnete an, daß die Sicherheitswache alle, die nicht von selbst weggingen, ohne Gewaltanwendung festzunehmen habe.

Die Sicherheitswachebeamten bildeten eine Räumkette und schritten auf die noch vor ihren Tipis sitzenden Eingeborenen und die bei ihnen befindlichen Europäer zu. Der Beschwerdeführer erhob sich auch nicht von seinem Platz, um wegzugehen, als die Räumkette bei ihm eintraf und (da er ein Stück vor den anderen Demonstranten saß) bei ihm riß.

Dadurch waren zuerst zwei Polizeibeamte beim Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer reagierte zunächst überhaupt nicht auf deren Aufforderung, wegzugehen...

Bald darauf waren es drei und dann vier Beamte, die versuchten, den Beschwerdeführer zu packen, um ihn von dem Platz, wo er saß, fortzuschaffen. Der Beschwerdeführer wehrte sich heftigst, drehte und wälzte sich mit flinken Bewegungen weg von den Beamten, sprang auf, ließ sich fallen, wurde hochgezogen, versuchte neuerlich, den Beamten zu entkommen, kam zu Sturz und riß einen Beamten mit usw. Wenn er sich in einer liegenden Position auf dem Boden befand, trat der Beschwerdeführer gegen die Polizeibeamten, die ihn ergreifen wollten. Als erwiesen anzunehmen ist aber auch, daß Bez-Insp. G deswegen gegen den linken Oberschenkel des Beschwerdeführers hintrat...

Ebenso ist als erwiesen anzunehmen, daß derselbe Sicherheitswachebeamte eine schiebende Fußbewegung machte und den Fuß unter dem rechten Oberschenkel des Beschwerdeführers plazierte ..., um ihn vom Versammlungsort fortzubekommen.

Aufgrund dieses Verhaltens wurde der Beschwerdeführer um ca. 20.45 Uhr nicht nur gemäß §35 Z3 VStG iVm §§14 und 19 VersG, sondern auch gemäß §177 Abs1 Z1 iVm §175 Abs1 Z1 StPO festgenommen.

Der Beschwerdeführer wurde von vier Beamten, denen kurzfristig ein fünfter zur Hilfe eilte, schließlich doch überwältigt und, indem sich einer der Beamten mit dem rechten Knie auf dem Bauch des Beschwerdeführers hinkniete, an den Händen geschlossen. Er wurde von vier Beamten weggetragen und bei einem Polizeifahrzeug wieder auf den Boden gelegt. Die Beamten wollten dem Beschwerdeführer seine Federkrone abnehmen, da er mit dieser (auf Grund ihrer überlangen Federn) kaum in ein Polizeifahrzeug gesetzt oder gelegt werden hätte können. Der Beschwerdeführer wehrte sich gegen die Wegnahme des Kopfschmuckes etwa dadurch, daß er ihn (trotz Handfesseln) festzuhalten versuchte, schrie und wehklagte und die Beamten beschimpfte ('Ihr seid Feiglinge', 'Ihr seid wie Tiere').

Der Beschwerdeführer wurde sodann zu einem Polizeibus getragen und, weil dieser versperrt war, neben diesem wieder auf den Boden gelegt. Schließlich wurde er hochgehoben und auf der Beifahrerseite in den inzwischen geöffneten Polizeibus geschoben sowie von der Fahrerseite aus hineingezerrt. Er wurde zuerst auf den Rücken gelegt und dann von dem Polizisten, der ihn tiefer in den Bus hineingezogen hatte, auf die Seite gelegt, wobei er dann mit der Bauchseite gegen die Lehne der mittleren Sitzreihe gepreßt wurde und sich seine Beine auf der hinteren Sitzbank befanden.

In diesem Polizeifahrzeug wurde der Beschwerdeführer ins Polizeigefangenenhaus gefahren. Dort wurde er gemeinsam mit anderen Festgenommenen in einer Sammelzelle untergebracht. Da der Beschwerdeführer über Schmerzen klagte, wurde seitens der Bundespolizeidirektion Wien der Amtsarzt ... verständigt.

Nachdem der Amtsarzt eingetroffen war, wurde der Beschwerdeführer von ihm um 22.10 Uhr untersucht. Der Amtsarzt diagnostizierte 'eine Prellung des rechten Abdomens und des Hodens' und veranlaßte die Überstellung des Beschwerdeführers in ein Krankenhaus zur näheren Begutachtung.

Der Rettungsdienst wurde verständigt. Nach dessen Eintreffen wurde der Beschwerdeführer um 22.45 Uhr in das Wilhelminenspital überstellt. Der Beschwerdeführer wurde um 23.10 Uhr in der unfallchirurgischen Ambulanz dieses Spitals registriert. Er wurde zwecks Durchführung diverser Untersuchungen (z.B. Ultraschall des Abdominalbereiches und der Hoden, Computertomogramm des Gehirnes und des Abdomens) für eine Nacht stationär aufgenommen. Er wurde unfallchirurgisch, urologisch und neurologisch untersucht. Der Neurologe vermerkte einen Verdacht auf Simulation. Der Urologe stellte fest, daß weder Hodenprellungen noch Hodenschwellungen beim Beschwerdeführer vorlagen. Der Unfallchirurg kam zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer im abdominellen Bereich völlig unauffällig war. Laut Befund der Fachärzte des Wilhelminenspitals wies der Beschwerdeführer aber eine Prellung der rechten Schulter und des kleinen Fingers der rechten Hand sowie Abschürfungen der rechten Schulter auf."

1.3. In rechtlicher Hinsicht hat der UVS u.a. folgendes erwogen:

"Der Beschwerdeführer behauptet, durch die erfolgte Räumung es Heldenplatzes im 'Recht auf freie Religionsausübung' verletzt worden zu sein. Weiters rügt er, daß die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes nicht herangezogen werden hätten dürfen, da die Versammlung ordnungsgemäß um 19.15 Uhr beendet worden sei und der Verbleib auf dem vor dem Völkerkundemuseum gelegenen Teil des Heldenplatzes keine Versammlung mehr dargestellt habe. Im übrigen seien der 'Räumungsbefehl und der darauffolgende Einsatz' unverhältnismäßig gewesen.

... Zur behaupteten Verletzung der Religionsfreiheit durch die

Räumung

... Der Beschwerdeführer führt aus, daß er Anhänger einer

Naturreligion sei und die Nacht mit den anderen Eingeborenen vor dem Völkerkundemuseum in Respekt und stiller Verehrung gegenüber der heiligen Krone verbringen habe wollen. Eine Versammlung habe nicht vorgelegen.

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien war daher zunächst zu klären, ob sich die Organe der Bundespolizeidirektion Wien bei ihrem Vorgehen nach Ablauf der zum zweiten Mal verlängerten Versammlungszeit überhaupt auf das Versammlungsgesetz berufen konnten, also ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes vorgelegen hatte oder ob dies nicht der Fall gewesen war.

...

... Art9 MRK, in dem ... sich der Beschwerdeführer verletzt

erachtet, ... sieht zwar die Freiheit jedes einzelnen vor, seine

Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben.

Doch kennt auch Art9 MRK Eingriffstatbestände; der Gesetzgeber kann daher auch die Religionsfreiheit im Rahmen des Art9 Abs2 MRK gewissen Beschränkungen unterwerfen.

Solche Schranken finden sich im Versammlungsgesetz.

Denn auch Versammlungen zur Ausübung eines Kultus sind Versammlungen, sonst müßte sie der Versammlungsgesetzgeber ja gar nicht erst im Versammlungsgesetz aufzählen.

Vom Versammlungsgesetz ausgenommen wird eine religiöse Veranstaltung jedoch nur dann, wenn es sich um Hochzeitszüge, Leichenbegängnisse, Prozessionen, Wallfahrten oder Aufzüge zur Ausübung eines gesetzlich gestatteten Kultus in hergebrachter Form handelt.

Im übrigen sind auch diese Arten der Versammlung nicht von der Anzeigepflicht ausgenommen.

Außerdem müßten auch derartige kultische Versammlungen ... zumindest der Verkehrsbehörde gemäß 86 StVO angezeigt werden, zumal es sich beim Platz vor dem Völkerkundemuseum um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt.

Auch eine Andacht von etwa 40 Personen unter freiem Himmel

hätte daher ... jedenfalls als eigene Versammlung schriftlich

angezeigt werden müssen.

... Außerdem hat das Verfahren vor dem Unabhängigen

Verwaltungssenat Wien gar nicht ergeben, daß der

Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Räumung bzw. kurz davor eine

Religion ausgeübt bzw. eine religiöse Handlung vollzogen hätte:

a) Der (bloße) Wunsch, die Nacht bei der vom Beschwerdeführer als heilig angesehenen Federkrone in Respekt bzw. in stiller Verehrung zu verbringen ... stellt nämlich ebensowenig eine religiöse Handlung dar wie etwa der (bloße) Wunsch, in der Nähe einer Kirche zu verbleiben.

b) Die 'Viva-Mexiko'-Rufe des Beschwerdeführers und seiner Stammesangehörigen, die weiterhin sichtbaren Transparente, die immer noch aufgestellten Tipis und die immer noch vorhanden gewesene Präsenz europäischer Versammlungsteilnehmer ... sprechen ebenfalls gegen das Vorliegen einer religiösen Andacht

...

c) Außerdem enthielt die den ganzen Tag über abgehaltene Veranstaltung von Anbeginn an auch kultische und rituelle Elemente (Verteilen von Weihrauch, Blasen des Muschelhorns, Zeremonie der vier Himmelsrichtungen), ohne daß sich dadurch am Gesamtbild einer einheitlichen Versammlung etwas geändert hätte.

Da also nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien gar keine religiöse Veranstaltung vorlag, konnte die gemäß dem Versammlungsgesetz erfolgte Räumung des Platzes durch Polizeiorgane nicht in das Recht des Beschwerdeführers auf Religionsfreiheit eingreifen.

... Zur Heranziehung des Versammlungsgesetzes für die Räumung

... Zur rechtlichen Qualifikation als Versammlung

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der vorgenommenen Beweiswürdigung davon aus, daß es sich bei dem angezeigten Demonstrationsmarsch, der bei der UNO-City begann und schließlich am Heldenplatz endete, wobei der Marsch von Ansprachen des Beschwerdeführers und zeremoniellen Darbietungen am Stephansplatz, vor dem Parlament und am Heldenplatz unterbrochen wurde, eindeutig um eine Versammlung handelte.

Viele Menschen (mindestens 40 Azteken und ihre europäischen Freunde) waren öffentlich zusammengekommen um unter dem Gesamtmotto '1993 - Internationales Jahr der UNO der indigenen Völker' und '1993 - Entdeckung Europas durch Eingeborene' bestimmte Zwecke gemeinsam zu verfolgen, also etwa Kundgebungen zu veranstalten.

Einer der Hauptzwecke, wenn nicht der Hauptzweck, der Versammlung war die Forderung nach Rückgabe der im Völkerkundemuseum befindlichen Federkrone an die Azteken.

Die Versammlung war sowohl den ganzen Tag über als auch am Abend bei der Abschlußkundgebung auf dem Heldenplatz allgemein zugänglich. Die Mitwirkung durch andere gleichgesinnte Personen war nicht nur möglich, sondern auch geradezu erwünscht. So hat der Beschwerdeführer mehrmals darauf hingewiesen, daß sich ihnen immer wieder auch Zuschauer spontan angeschlossen hätten und ein Stück des Weges mitmarschiert wären. Sie wären daher teilweise mehr als 100 Personen gewesen. Der Videoausschnitt betreffend die Kundgebung am Stephansplatz zeigt auch, daß der Beschwerdeführer die Anwesenden zum Mitmarschieren aufrief und daß viele Personen diesem Aufruf tatsächlich folgten.

Die Versammlung war also auf eine offene Teilnehmerzahl ausgerichtet, wobei durch den Wechsel an teilnehmenden Personen, die als eine Einheit aufzufassende Versammlung nicht gestört wurde, zumal die Kerngruppe der Teilnehmer, etwa 40 aztekische Eingeborene und ein Teil ihrer europäischen Freunde vom Kulturverein für Völkerverständigung, die zu einem gemeinsamen Wirken zwecks Rückgabe der Federkrone aus dem Völkerkundemuseum zusammengekommen waren, den ganzen Tag über vom Beginn der Versammlung bei der UNO-City bis zum Heldenplatz in etwa gleich groß blieb.

Mit der Versammlung wurde das Ziel verfolgt, insbesondere das Anliegen betreffend die Rückgabe der im Völkerkundemuseum aufbewahrten Federkrone publik zu machen, vor allem aber darüber mit allen anwesenden Personen zu debattieren und letztere zu einer unterstützenden Mitwirkung zu veranlassen.

Aus diesem Grund sollte durch die aztekische Tracht, die Federkronen, die Gesichtsbemalung, weiters durch Trommelwirbel, Blasen des Muschelhorns, Rasseln und Indianergeheul und nicht zuletzt durch die Vorführung traditioneller Tänze die Aufmerksamkeit etwa von Passanten erregt werden, um mit ihnen über das Anliegen zu debattieren und sie zu einem gemeinsamen Wirken zu bringen. Es sollten Unterschriften gesammelt werden ..., und wurden seitens des Beschwerdeführers Reden bzw. Ansprachen an die Anwesenden am Stephansplatz, beim Parlament und am Platz vor dem Völkerkundemuseum gehalten und wurde auch mit den Anwesenden über deren Inhalt debattiert ...

Dieser offensichtlich vorherrschende Zweck der Zusammenkunft zeigte sich in den beim Demonstrationsmarsch gut lesbar mitgeführten und auch bei den Kundgebungen am Stephansplatz, Parlament und Heldenplatz von Versammlungsteilnehmern entrollten, weithin sichtbaren Transparenten. Bei der Schlußveranstaltung vor dem Völkerkundemuseum wurden zusätzlich auch noch Tipis aufgebaut.

Dazu kommt noch, daß der Beschwerdeführer, seine Stammesangehörigen und ihre europäischen Freunde auch am 12.9.1993 eine Kundgebung vor dem Platz beim Völkerkundemuseum abgehalten und am Morgen des 13.9.1993 noch eine weitere Versammlung für den 15.9.1993 am Stephansplatz angezeigt hatten. Die Zusammenkunft während der Abendstunden des 13.9.1993 ab dem Zeitpunkt, an dem der zum zweiten Mal verlängerte Versammlungszeitraum bereits abgelaufen war, stand sowohl mit der am Tag zuvor abgehaltenen als auch mit jener noch am Stephansplatz beabsichtigten Kundgebung in engem und mit jenem fast den ganzen Tag des 13.9.1993 andauernden Demonstrationsmarsch in untrennbarem zeitlichen, örtlichen und sachlichen Zusammenhang, sodaß diese Aktivitäten, insbesondere alle am 13.9.1993 gesetzten, als einheitliche Veranstaltung aufzufassen und daher insgesamt als Versammlung zu qualifizieren waren.

Wie sich aus der vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ... gewonnenen Sachverhaltsfeststellung ergibt, lag der manifestative Charakter der Veranstaltung am Abend des 13.9.1993 auch noch unmittelbar vor deren Auflösung vor, blieben doch die Tipis aufgestellt, zumindest einige Transparente sichtbar entrollt und gut lesbar, und die aztekischen Versammlungsteilnehmer in der ihnen typischen Tracht gekleidet. Anwesend waren auch mehrere europäische Manifestanten.

Jederzeit hätten auch wieder Reden, Ansprachen und Debatten abgehalten werden können, und fanden sich tatsächlich kurz vor der Auflösung der Versammlung der Beschwerdeführer, seine Stammesangehörigen und einige europäische Mitglieder des Kulturvereins für Völkerverständigung zusammen, um - unter anderem - offenbar mit einer Art Sitzstreik vor den aufgestellten Tipis für die Herausgabe der Federkrone aus dem in unmittelbarer Nähe befindlichen Völkerkundemuseum zu demonstrieren.

... Zum Vorliegen der Auflösungsgründe

Der Beschwerdeführer gibt selbst zu, daß der Behördenvertreter mit ihm gesprochen habe und daß die Versammlungsteilnehmer nach Ende der Darbietungen aufgefordert worden seien, den Platz zu verlassen, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen sind, sondern vielmehr zu essen anfingen und schließlich eine Art Sitzstreik vornahmen sowie 'Viva-Mexiko' riefen bzw. ein Lied sangen.

Die Versammlung war demnach zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht mehr durch die Anzeige gedeckt und entsprach daher auch nicht mehr den Anforderungen des Versammlungsgesetzes.

Weder war die Versammlung zu diesem Zeitpunkt gestattet; noch trat Frau S der Behörde gegenüber in Erscheinung; vielmehr fungierte tatsächlich der Beschwerdeführer (weiterhin) als Versammlungsleiter, obwohl er nicht österreichischer Staatsbürger war. Das Aufstellen der Tipis war ebenfalls nicht von der Versammlungsanzeige mitumfaßt, zumal Tipis weder zu den Plakaten, Transparenten, Flugblättern und Unterschriftslisten noch zu den traditionellen Darbietungen oder zum traditionellen Kunsthandwerk zählen.

Die - allgemein zugängliche - Versammlung wurde also entgegen den Vorschriften des Versammlungsgesetzes veranstaltet, nämlich etwa unter Verletzung der in dessen §2 Abs1 VersG vorgesehenen Anzeigepflicht (was den überschrittenen Zeitrahmen oder die Aufstellung der Tipis betrifft) und des in §8 VersG normierten Verbotes, daß Ausländer als Leiter der Versammlung bei einer öffentlichen Verhandlung auftreten.

Die Mißachtung dieser Bestimmungen allein rechtfertigt aber noch nicht die Auflösung einer Versammlung, sondern muß diese aus einem der in Art11 Abs2 MRK umschriebenen Gründe erforderlich sein.

Die hier einschreitenden Organe der Bundespolizeidirektion Wien konnten nach dem Bild, das sich ihnen nach Ablauf der zweiten Verlängerung des Versammlungszeitraums an Ort und Stelle bot (die Versammlungsteilnehmer blieben in ihrer Tracht, Transparente waren weiterhin zu lesen, dazwischen aßen und tranken die Versammlungsteilnehmer am Versammlungsort, die Tipis blieben aufgestellt, die Trommeln und Rasseln waren vorhanden, viele Schaulustige standen umher und warteten möglicherweise auf weitere Darbietungen und Kundgebungen, sodaß sich unter ihnen auch erst gerade angekommene Personen und damit potente künftige Mitmanifestanten befinden konnten, auch waren weiterhin Medienvertreter anwesend), sowie aufgrund der neuerlichen Ansprache des Beschwerdeführers an alle Anwesenden sowie seiner vorhergehenden Gespräche mit dem Behördenvertreter (die unter anderem gezeigt hatten, daß sich der Beschwerdeführer und die übrigen Versammlungsteilnehmer mit bloßen kurzen Verlängerungen der Versammlungsdauer nicht zufriedengeben, sondern jedenfalls am Platz vor dem Völkerkundemuseum verbleiben wollten, um den Hauptzweck - bzw. einen der Hauptzwecke - ihrer Versammlung, die Rückgabe der Federkrone aus dem Völkerkundemuseum, durchzusetzen) vertretbarerweise davon ausgehen, daß die Versammlungsteilnehmer mindestens die gesamte Nacht (möglicherweise auch länger) ihre Versammlung fortsetzen würden.

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien widerspricht es der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, wenn eine größere Zahl von Menschen auf einem öffentlichen, nicht dem Campieren dienenden Platz, Zelte aufstellt und die Nacht oder mehrere Nächte bzw. Tage (sei es teils schlafend, wobei sich die Versammlungsteilnehmer beim Schlafen und Wachen wohl abwechseln werden, sei es teils singend, sei es in Form eines Sitzstreiks) zubringen will.

Denn das völlige Fehlen unmittelbar an Ort und Stelle vorhandener sanitärer Einrichtungen in den Nachtstunden konnte vertretbarerweise den Eintritt hygienischer Mißstände befürchten lassen, zumal nicht einmal gewährleistet werden konnte, daß nicht auch Zuschauer aus reiner Neugier und Fotografen aus beruflichen Gründen stundenlang dort verbleiben bzw. Nachtschwärmer, die zufällig vorbeikommen, auch dort verweilen und die Tipis der Demonstranten 'aufsuchen' würden etc. Diesfalls hätten auch jederzeit wieder Reden gehalten, Debatten aufgenommen, Rasseln eingesetzt und neue Mitmanifestanten gewonnen werden können.

Gründe für die Auflösung der Versammlung lagen daher nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien in ausreichendem Maße vor.

Die Versammlung wurde auch tatsächlich und unbestrittenerweise von einem Organ der belangten Behörde für aufgelöst erklärt.

... Zur Verhältnismäßigkeit der Räumung des Platzes

Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, sind alle Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen. Im Falle des Ungehorsams kann die Auflösung durch Anwendung von Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt werden (§14 VersG).

Der Beschwerdeführer kam dennoch weder der gesetzlichen Verpflichtung noch der durch persönliche Kontaktnahme mit ihm erfolgten polizeilichen Aufforderung, den Platz zu verlassen, nach. Die Aufforderung zum Verlassen des Platzes wurde aber außerdem mehrmals über Lautsprecher durchgegeben. Es ist richtig, daß hierbei die erste Durchsage nicht verständlich war, doch wurde sie wiederholt. Der Beschwerdeführer kann sich außerdem gar nicht auf eine schlechte Lautsprecherdurchsage ausreden, da er - wie angeführt - auch in einem persönlichen Gespräch mit dem Behördenvertreter auf das (nach Ablauf der zweiten Verlängerung) nunmehr endgültige Ende der Versammlung hingewiesen worden war.

Er kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Durchsage nur in deutscher Sprache stattgefunden hat, hat(te) er doch - wie sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat Wien überzeugen konnte - mehr als ausreichende Deutschkenntnisse und hielt er auch die Kundgebungen am Vorfallstag in deutscher Sprache ab. Außerdem hat er, wie das Beweisergebnis gezeigt hat, den Inhalt der Durchsagen durchaus verstanden. Im übrigen ist die deutsche Sprache (unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte) die Staatssprache der Republik Österreich, und sieht das Versammlungsrecht nicht vor, daß die Behörde verpflichtet wäre, Manifestanten in fremder Sprache zum Verlassen des Versammlungsortes aufzufordern. Auch deswegen sieht das Versammlungsgesetz vor, daß Ausländer weder als Veranstalter oder Leiter noch als Ordner einer Versammlung den behördlichen Organen gegenübertreten dürfen.

Die Räumung des Heldenplatzes entsprach daher auch den Bestimmungen des Versammlungsgesetzes.

Da der Beschwerdeführer als Versammlungsteilnehmer den mehrmaligen Aufforderungen zum Verlassen des Platzes nicht nachkam, durften Zwangsmittel eingesetzt werden (§14 VersG).

Die angekündigte und dann durchgeführte Räumung des Platzes stellte keineswegs ein unverhältnismäßiges Mittel dar, um die Auflösung der Versammlung durchzusetzen. Ohne Räumung des Versammlungsortes wären die Manifestanten, aber auch zahlreiche Schaulustige sowie Medienvertreter, trotz Auflösung der Versammlung weiterhin am Platz vor dem Völkerkundemuseum verblieben.

Manifestanten, die sich beim Annähern der Räumkette von den von ihnen eingenommenen Sitzplätzen erhoben und sich nunmehr doch zum Verlassen des Versammlungsortes anschickten, wurden von den Sicherheitswachebeamten Richtung Heldenplatz abgedrängt. Versammlungsteilnehmer, die sich nicht abdrängen ließen, sondern auf ihren Sitzplätzen verharrten, wie der Beschwerdeführer, wurden - wie in den Lautsprecherdurchsagen angedroht - festgenommen. Die Festnahme stellte nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien in dieser Situation ein zweckentsprechendes Zwangsmittel zur Auflösung der Versammlung dar.

Bei Versammlungsteilnehmern, die sich trotz Festnahme noch immer nicht vom Versammlungsort wegbewegen wollten, hätten aber auch noch andere Zwangsmittel als gerechtfertigt angesehen werden können, wie etwa das zwangsweise Wegtragen von sich passiv verhaltenden Manifestanten und Schläge mit dem Knüppel auf Arme oder Beine bei Versammlungsteilnehmern, die aktiven Widerstand gegen ihr Fortschaffen leisten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien gelangte aufgrund des von ihm durchgeführten Ermittlungsverfahrens zu dem Ergebnis, daß die gegen den Beschwerdeführer gerichteten Zwangsmaßnahmen in Anbetracht seiner heftigen Gegenwehr nicht unverhältnismäßig waren, um die ausgesprochene Auflösung der Versammlung durchsetzen.

... Ergebnis: Da die bezüglich der Räumung des Platzes vor dem Völkerkundemuseum vorgebrachten Rechtsverletzungen nicht gegeben sind, sondern die Räumung gesetzeskonform erfolgte, war die gegen sie gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

... Zur Festnahme

Der Beschwerdeführer wurde um ca. 20.45 Uhr sowohl gemäß §35 Z3 VStG iVm §14 und 19 VersG als auch nach den Bestimmungen des §177 Abs1 Z1 iVm §175 Abs1 Z1 StPO festgenommen.

... Der Beschwerdeführer kam weder der gesetzlichen Verpflichtung noch den (ihm auch persönlich vorgetragenen) behördlichen Aufforderungen, den Versammlungsort sogleich zu verlassen, nach und ließ sich auch weder durch die mehrfach vom Behördenvertreter mittels Lautsprecher zusätzlich durchgegebene Androhung der Festnahme im Falle der Nichtbefolgung der Aufforderung noch durch die auf ihn zukommende Polizeikette dazu bewegen, den Versammlungsort zu verlassen.

Bemerkt wird, daß die an alle Versammlungsteilnehmer über Lautsprecher gerichteten Aufforderungen zum Verlassen des Versammlungsortes eine individuelle Abmahnung jedes einzelnen Manifestanten ersetzen; dies gilt auch für die Androhung der Festnahme.

Der Beschwerdeführer hat - wie das Beweisverfahren eindeutig ergeben hat - die Aufforderungen zum Verlassen des Versammlungsortes ebenso wie die Androhungen der Festnahme im Falle der Nichtbefolgung der Aufforderung verstanden.

Der Beschwerdeführer verharrte somit in der in §14 iVm §19 VersG normierten Verwaltungsübertretung. Er konnte daher zu Recht gemäß §35 Z3 VStG iVm §§14 und 19 VersG festgenommen werden.

... Darüberhinaus setzte er der Räumung des Platzes aktiven Widerstand entgegen, indem er zum Beispiel liegend mit seinen Füßen gegen die sich ihm nähernden und ihn ergreifen wollenden Polizeibeamten trat, sich, als er aufgehoben wurde, z.B. durch Drehungen seines Körpers und Sich-Fallen-Lassen dem Zugriff der Polizeibeamten entziehen wollte und sich jedenfalls gegen ein Verlassen seines Sitzplatzes bzw. Standortes heftigst zur Wehr setzte. Dieses Verhalten konnte von den den Beschwerdeführer festnehmenden Sicherheitswachebeamten, die die Situation sofort an Ort und Stelle zu beurteilen hatten, vertretbarerweise als versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt (§15 iVm §269 StGB) gewertet werden. Daß die Annahme des Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung vertretbar war, ergibt sich nicht zuletzt aus dem richterlichen Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer und seiner Verurteilung wegen §15 iVm §269 StGB durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, Zl. 12c E Vr 12.343/93, Hv 6973/93.

Die Festnahme des Beschwerdeführers konnte in gesetzmäßiger Weise daher auch nach den Bestimmungen des §177 Abs1 Z1 iVm §175 Abs1 Z1 StPO erfolgen.

... Eine Verletzung des Rechtes des Beschwerdeführers auf

Schutz der persönlichen Freiheit durch die Festnahme liegt, da sie zu Recht erfolgte, nicht vor.

... Eine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf

Gleichheit vor dem Gesetz infolge seiner Festnahme konnte ebenfalls nicht erkannt werden.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß Personen, die den Kundgebungen nur zuhören und zuschauen, keine Versammlungsteilnehmer sind, daß im übrigen aber bei der vorliegenden Auflösung der Versammlung auch die Passanten seitens des Behördenvertreters aufgefordert wurden, den Versammlungsort zu verlassen.

Bemerkt wird weiters, daß der in Art7 B-VG normierte Gleichheitsgrundsatz nur österreichischen Staatsbürgern zugute kommt, zumal es in der MRK keine entsprechende Regelung gibt.

Dies bedeutet aber nicht, daß die Behörden bei Fremden willkürlich vorgehen, sie etwa ohne Rechtsgrundlage festnehmen, dürfen.

Ein willkürliches Vorgehen seitens der Organe der Bundespolizeidirektion Wien konnte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien jedoch nicht feststellen:

Erstens hat sich nicht erwiesen, daß es der primäre Zweck der Polizeibeamten war, ausschließlich Indianer festzunehmen. Vielmehr war die Amtshandlung der Beamten darauf gerichtet, die behördlich verfügte Auflösung der Versammlung durchzusetzen, also den Platz zu räumen, und nur jene Versammlungsteilnehmer, die den Platz noch immer nicht von selbst verlassen wollten, festzunehmen. Dies geht schon daraus hervor, daß nicht nur auch zwei Österreicherinnen festgenommen wurden, sondern noch vielmehr daraus, daß gar nicht bei allen Azteken eine Festnahme ausgesprochen wurde.

Die Festnahme des Beschwerdeführers erfolgte jedoch - wie oben ausgeführt - zu Recht.

Die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Polizeiorgane kann außerdem nicht dadurch in Frage gestellt werden, daß sie anderen Fällen gleichen Fehlverhaltens nicht mit gleichen Mitteln entgegengetreten sind. Der Beschwerdeführer hatte daher keinen Rechtsanspruch darauf, daß er - bei vorhandener Rechtsgrundlage - nur aus dem Grund nicht festgenommen wird, weil jemand anderer unter den gleichen Voraussetzungen nicht festgenommen wurde.

Da der Beschwerdeführer trotz mehrerer (ihm gegenüber auch persönlich erfolgter) Aufforderungen den Versammlungsort nicht verlassen hat, weiters trotz Ankündigung der Räumung und schließlich trotz der auf ihn zuschreitenden Räumkette keinerlei Anstalten machte, den Versammlungsort zu verlassen, und sich außerdem auch gegen das Ergriffen- und Weggetragenwerden durch die Polizeibeamten heftigst zur Wehr setzte, war seine Festnahme auch nicht unverhältnismäßig.

... Der Beschwerdeführer konnte auch nicht durch die Unterlassung der Verständigung über den Festnahmegrund in spanischer Sprache in irgendeinem Recht verletzt werden, da er mehr als ausreichende Deutschkenntnisse besitzt und auch selbst mehrere Ansprachen im Rahmen der Versammlung in deutscher Sprache abgehalten hat. Bei seiner Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien, Kriminalbeamtenabteilung, am 14.9.1993 (also einen Tag nach den in Beschwerde gezogenen Vorfällen) hat der Beschwerdeführer angegeben, daß er der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig sei. Er habe drei Bücher in deutscher Sprache verfaßt.

... Ergebnis: Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien konnte hinsichtlich der durchgeführten Festnahme des Beschwerdeführers keine Rechtsverletzungen erkennen. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

... Zur Anhaltung

Neben der Festnahme wurde die Dauer der Anhaltung in Beschwerde gezogen.

In der Beschwerdeschrift wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers bis 14.9.1993, 00.20 Uhr, gerügt.

... Daß eine Anhaltung des Beschwerdeführers, der - wie oben ausgeführt - zu Recht festgenommen worden war, vom Festnahmezeitpunkt (um ca. 20.45 Uhr) bis 00.20 Uhr keineswegs als zu lange anzusehen ist, geht schon aus der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hervor, wonach in den späten Abendstunden Festgenommene tunlichst am nächsten Vormittag oder in den Mittagsstunden einzuvernehmen und, wenn sich kein Grund für eine weitere Anhaltung ergibt, zu entlassen sind.

Hiebei ist zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer auch nach seiner Festnahme keine Anstalten machte, mit den Polizeibeamten mitzugehen, sondern daß es großer Anstrengung der Beamten bedurfte, bis sie ihn überhaupt ergreifen, mit Handfesseln versehen, zum Polizeibus der Alarmabteilung tragen und schließlich in diesen hineinlegen konnten. Es bedurfte daher auch schon etlicher Zeit bis zur Verbringung des Beschwerdeführers in das Polizeifahrzeug. Erst danach konnte die Fahrt ins Polizeigefangenenhaus beginnen, welche ebenfalls Zeit in Anspruch nahm.

... Auch ist die große Anzahl an festgenommenen Personen zu berücksichtigen, die es der belangten Behörde unmöglich gemacht hat, alle Verhafteten sofort einzuvernehmen, zumal erst die Identität der Personen festgestellt, die entsprechenden EDV-Anfragen gemacht und Dolmetscher verständigt werden mußten etc.

... Dazu kommt, daß, was den Beschwerdeführer betrifft, auch erst der Amtsarzt verständigt wurde, wonach der Beschwerdeführer um 22.10 Uhr vom Amtsarzt untersucht und mit der Rettung ins Krankenhaus verschafft worden war. Er befand sich daher um 00.20 Uhr nicht in der Arrestzelle, sondern zwecks diverser Untersuchungen im Wilhelminenspital und konnte demnach noch gar nicht einvernommen werden.

Der Beschwerdeführer wurde im Wilhelminenspital zwecks Beobachtung für eine Nacht stationär aufgenommen und am nächsten Vormittag entlassen. Er traf erst am 14.9.1993 um 11.50 Uhr wieder im Polizeigefangenenhaus ein. ...

... Der Journalrichter hatte am 14.9.1993, bereits um 08.55 Uhr, einen mündlichen Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer erteilt; die Anhaltung des Beschwerdeführers war daher auch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt (und stellte ab 14.9.1993, 08.55 Uhr, auch keine Maßnahme verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mehr dar).

... Ergebnis: Der Beschwerdeführer wurde daher durch die

gerügte Anhaltung bis 00.20 Uhr in keinem Recht verletzt. Somit war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

... Zur Verwehrung des Rechts auf einen persönlichen Anruf bei

einer Vertrauensperson

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag festzustellen, daß er in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art1 Abs4 (gemeint wohl: Art4 Abs7) PersFrG verletzt worden sei, da ihm das Recht auf einen persönlichen Anruf bei den benannten Vertrauenspersonen verwehrt worden sei.

... Der in diesem Zusammenhang zu zitierende Art4 Abs7 PersFrG besagt, daß jeder Festgenommene das Recht hat, daß auf sein Verlangen ohne unnötigen Aufschub und nach seiner Wahl ein Angehöriger und ein Rechtsbeistand von der Festnahme verständigt werden.

... Ein großer Teil seiner Stammesangehörigen befand sich zugleich mit dem Beschwerdeführer im Polizeigefangenenhaus; jenen Azteken, die nicht festgenommen worden waren, war bekannt, daß sich der Beschwerdeführer in Polizeigewahrsam befand. Welche Angehörigen der Beschwerdeführer daher benachrichtigen hätte wollen, ist nicht ersichtlich.

... Bemerkt wird, daß nicht einmal in der Beschwerdeschrift konkret behauptet wird und auch im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen ist, daß der Beschwerdeführer selbst einen Angehörigen anrufen hatte wollen.

... Ergebnis: Da sich somit nicht einmal ergeben hat, daß der Beschwerdeführer einen Angehörigen selbst verständigen hatte wollen und ihm dies durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien verwehrt worden sei, ist nicht einmal das Vorliegen dieser Maßnahme erwiesen.

Die gegenständliche Beschwerde war somit zurückzuweisen.

... Ergänzend wird bemerkt, daß die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers von selbst in das Polizeigefangenenhaus gekommen war und den Beschwerdeführer dann (etwa während der amtsärztlichen Untersuchung) betreute.

... Zur Anfertigung von Fotos und Videoaufnahmen

Die Beschwerdeführervertreterin verweist auf §45 Abs4 (gemeint wohl: §54 Abs4) SPG und hält daher das Fotografieren und das Anfertigen von Filmmaterial über den Verlauf der Versammlung durch die Bundespolizeidirektion Wien für rechtswidrig.

... Bemerkt wird, daß schon aufgrund der Form der abgehaltenen Versammlung (Kundgebungen wechselten mit Tänzen in traditioneller farbenfroher Eingeborenenkleidung ab) damit gerechnet werden mußte, daß die Versammlungsteilnehmer, daher auch der Beschwerdeführer, fotografiert und gefilmt werden würden.

... Dazu kommt noch, daß der Beschwerdeführer bezüglich der Fotos behauptet hat, diese wären für Privatzwecke angefertigt worden: Dies kann schon deswegen keine verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt darstellen.

... Im übrigen hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer überhaupt von Polizeibeamten fotografiert worden wäre.

... Was die Videoaufzeichnungen betrifft, hat der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdeschriftsatz nicht konkretisiert, wieso durch das Filmen Zwangsgewalt gegen ihn ausgeübt und inwiefern er in seinen Rechten durch die Filmaufnahmen verletzt worden sein soll.

Die Rechtsansicht der Beschwerdeführervertreterin, daß die Bundespolizeidirektion Wien im vorliegenden Fall keine Videoaufzeichnungen machen hätte dürfen, ist verfehlt. Eine derartige Auffassung würde darin gipfeln, daß Medienvertreter (etwa Kameraleute des ORF oder von RTL plus) und alle Zuschauer sowie auch sonst jedermann den Beschwerdeführer, seine Stammesangehörigen und die mit dem Beschwerdeführer befreundeten Personen, den Demonstrationsmarsch, Kundgebungen (einschließlich der Ansprachen des Beschwerdeführers) und die tänzerischen Darbietungen, die Auflösung der Versammlung, die Räumung des Versammlungsortes und das sonstige Geschehen filmen dürfen, die Behörde (hier: die Bundespolizeidirektion Wien) aber nicht.

Der Beschwerdeführer übersieht hierbei, daß sich §54 Abs4 SPG ausschließlich auf die Ermittlung personenbezogener Daten bezieht. Unter einer derartigen 'Ermittlung' ist hiebei das Erheben oder sonstige Beschaffen von Daten für eine Datenverarbeitung gemeint. Daß im gegenständlichen Fall durch Filmaufnahmen von der Versammlung am Platz vor dem Völkerkundemuseum seitens der belangten Behörde personenbezogene Daten des Beschwerdeführers zum Zwecke der datenmäßigen Verknüpfung ermittelt wurden, wird der Beschwerdeführer doch wohl nicht ernstlich vermeinen. Zumindest wurde dies vom Beschwerdeführer in keiner Weise erläutert und ist auch sonst nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer wurde auch nicht aufgrund vom Filmmaterial als Täter ausgeforscht, sondern ohne Bezug auf Videoaufzeichnungen noch am Versammlungsort (unter anderem) wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen.

... Ergebnis: Schlichtes Fotografieren und bloße Videoaufzeichnungen stellen für sich allein keine Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt dar, selbst wenn sie durch Polizeiorgane im Dienst angefertigt werden.

Filmaufnahmen zur bloßen Dokumentation von Ereignissen und zu Schulungs- und Beweiszwecken sind daher nicht verboten, auch wenn sie von der Bundespolizeidirektion Wien angefertigt werden.

Da der Beschwerdeführer dem Beweisergebnis nach nicht von Polizeibeamten fotografiert wurde und da die Bundespolizeidirektion Wien den Videofilm auch nicht zur Ermittlung personenbezogener Daten des Beschwerdeführers angefertigt hat, sondern zu Schulungs- und Dokumentationszwecken, lag bezüglich dieser Beschwerdepunkte keinerlei erkennbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt vor.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

... Zur erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer hat beantragt, seine erkennungsdienstliche Behandlung für rechtswidrig zu erklären, und rügt, daß sie zwischen 22.40 Uhr (Vorliegen des Reisepasses) und 00.30 Uhr (Eintreffen einer Vertrauensperson) erfolgt sei.

... Da dem Beschwerdeführer vertretbarerweise auch ein gerichtlich strafbares Delikt zur Last gelegt werden konnte und er daher auch nach den Bestimmungen der StPO festgenommen wurde (hierzu wird nicht nur auf den Haftbefehl, sondern auch auf das Gerichtsurteil erster Instanz verwiesen), entsprach es dem Gesetz, den Beschwerdeführer erkennungsdienstlich zu behandeln. Die Beschwerdeausführungen, wonach der Beschwerdeführer nur nach dem Versammlungsgesetz festgenommen worden sei, entsprechen nicht den Tatsachen.

... Außerdem würde die Rüge, die erkennungsdienstliche Behandlung sei vor dem Eintreffen einer Vertrauensperson erfolgt, beim Beschwerdeführer auch deswegen nicht greifen, da er in dem genannten Zeitraum von seiner Rechtsvertreterin betreut wurde.

... Dazu kommt aber noch, daß der Beschwerdeführer in dem von der Beschwerde festgelegten Zeitraum (22.40 Uhr bis 00.30 Uhr) gar nicht erkennungsdienstlich behandelt worden war. Der Beschwerdeführer wurde um 22.10 Uhr amtsärztlich untersucht und nach Eintreffen des verständigten Rettungsdienstes ins Wilhelminenspital gefahren, wo er um 23.10 Uhr in der unfallchirurgischen Ambulanz registriert wurde. Er wurde erst am nächsten Vormittag aus dem Spital entlassen.

... Ergebnis: Da der Beschwerdeführer in dem in der Beschwerde

gerügten Zeitraum gar nicht erkennungsdienstlich behandelt wurde, war die Beschwerde daher jedenfalls zurückzuweisen.

... Zu den behaupteten Beschimpfungen

Diese stellen (auch wenn sie durch behördliche Organe erfolgt wären) auch nach der Judikatur der Höchstgerichte auf keinen Fall eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Diese Beschwerde war daher ohne weiteres Eingehen auf diese Vorwürfe zurückzuweisen.

... Zum behaupteten Zerren, Treten, Schlagen und Stoßen mit Schilden und Stöcken

Der Beschwerdeführer hat ausschließlich Maßnahmen, die im Zuge der Räumung des Platzes vor dem Völkerkundemuseum von Organen der belangten Behörde gesetzt worden sein sollen, gerügt, wie seinen Beschwerdeanträgen zu entnehmen ist.

Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde aufgezählten, seinen Angaben nach anläßlich der Räumung des Heldenplatzes bzw. anläßlich seiner Festnahme stattgefundenen Maßnahmen, in denen der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art3 MRK erblickt, haben teilweise, wie etwa das Stoßen mit Schilden und Stöcken sowie die Schläge in den Genitalbereich, nicht stattgefunden.

... Für ein Stoßen mit Schilden und Stöcken fand sich, insgesamt gesehen, weder in den Zeugenaussagen noch in den Ausführungen des Beschwerdeführers noch auf den Videofilmen ein ausreichender Anhaltspunkt.

Ein derartiges Stoßen konnte daher nicht als erwiesen angesehen werden.

... Was den behaupteten Tritt (oder die behaupteten Tritte) in die Hoden betrifft, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat Wien

außerstande, einen oder mehrere Tritte von Polizeibeamten in die Hodengegend des Beschwerdeführers als erwiesen anzusehen.

... Auch Tritte von Polizisten in die Nierengegend des

Beschwerdeführers konnten nicht mit letzter Sicherheit als erwiesen angesehen werden ...

... Auch ein Schlagen oder Treten in den Bauchbereich (rechte

Leistengegend) durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien konnte nicht als erwiesen angenommen werden.

Bemerkt wird, daß die Prellung des Abdomens (wenn sie nicht durch das Sich-Fallen-Lassen des Beschwerdeführers oder sein Hin- und Herwälzen entstanden ist) möglicherweise durch das Hinknien eines Polizisten auf den Bauch des Beschwerdeführers hervorgerufen wurde; diese Maßnahme wurde jedoch in der Beschwerdeschrift gar nicht gerügt, und wäre außerdem auch nicht erkennbar gewesen, daß das Hinknien auf den Beschwerdeführer mit einem Knie in Mißhandlungsabsicht erfolgt sei, zumal es ausschließlich dazu diente, dem Beschwerdeführer die Handfesseln anzulegen. Außerdem konnte auch nicht gefunden werden, daß diese Maßnahme nicht maßhaltend gewesen wäre.

... Ebensowenig kann der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als erwiesen anerkennen, daß die Prellung des kleinen Fingers oder die Prellung der rechten Schulter des Beschwerdeführers durch Polizeibeamte entstanden sind, konnte sich der Beschwerdeführer diese Verletzungen doch auch bei seinem Sich-Fallen-Lassen bzw. Hinfallen zugezogen haben.

Bemerkt wird, daß der Beschwerdeführer ein Am-Boden-Geschliffenwerden in der Beschwerdeschrift gar nicht gerügt hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien verweist hier dennoch darauf hin, daß die Abschürfungen auf der rechten Schulter des Beschwerdeführers aber mit größter Wahrscheinlichkeit beim Wegtragen des Beschwerdeführers vom ersten zum zweiten Polizeifahrzeug erfolgt sind. Hierbei gingen die Polizeibeamten, die den Beschwerdeführer an den Beinen trugen, schon los, während ihn einer der Polizeibeamten, die den Beschwerdeführer an den Armen tragen sollten, noch nicht richtig hochgehoben hatte; der Beschwerdeführer wurde daher, wenn auch nur ganz kurze Zeit, am Boden geschleift.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien konnte jedoch nicht erkennen, daß das ganz kurz dauernde Schleifen des Beschwerdeführers am Rücken vorsätzlich erfolgt wäre, um ihm Schmerzen zu bereiten; vielmehr wehrte sich der Beschwerdeführer gegen seinen Abtransport, weswegen es besonders schwierig war, ihn richtig zu ergreifen.

... Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß der Beschwerdeführer im Polizeiauto aus der ursprünglichen Rückenlage in eine Seitenlage gedreht wurde, in der seine Genitalien die Kante der Sitzlehne zu berühren schienen. Es fand sich jedoch kein Hinweis dafür, daß eine derartige Berührung (falls sie überhaupt tatsächlich stattgefunden haben sollte) zu Hodenschmerzen des Beschwerdeführers geführt hat. Denn nicht einmal der Beschwerdeführer war sich sicher, woher seine von ihm behaupteten Hodenschmerzen (die vom Amtsarzt konstatierte Prellung wurde nach eingehenden fachspezifischen Untersuchungen im Wilhelminenspital nicht bestätigt) tatsächlich stammen. Er lieferte hiefür die verschiedensten Versionen ... Und meinte etwa, daß seine Hodenschmerzen durch Tritte vor dem Parlament oder vor dem Völkerkundemuseum, aber nicht im Polizeibus entstanden sein könnten, um dann doch wieder konträre Angaben zu machen.

Doch selbst wenn der Beschwerdeführer tatsächlich mit seinen Hoden gegen die Sitzlehne gedrückt worden sein sollte, so kann dies - wie die diesbezüglichen Videoaufnahmen gezeigt haben - nur kurzfristig beim Drehen des Beschwerdeführers aus der Rückenlage in die Seitenlage erfolgt sein; diese Drehung wurde - was ebenfalls den Videoaufzeichnungen entnommen werden konnte - mit der linken Hand des Polizeibeamten vollführt, die sich hierbei auf dem verlängerten Rückgrat des Beschwerdeführers befunden hat; die rechte Hand des Polizeibeamten ruhte hierbei auf der Hand des Beschwerdeführers. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien konnte dabei nicht erkennen, daß seitens des Polizeibeamten irgendeine Handlung bzw. Handbewegung in Mißhandlungsabsicht erfolgt wäre. Vielmehr war das Tun des Polizeibeamten darauf gerichtet, den Beschwerdeführer aus der beim Fahren unangenehmeren Rückenlage in eine - nach den Erfahrungen des täglichen Lebens - angenehmere Seitenlage zu versetzen.

Im übrigen hat der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz auch gar nicht vorgebracht, daß ihm durch Drücken gegen eine Sitzlehne Hodenschmerzen zugefügt worden seien.

... Die Körperkraft darf nur angewendet werden, wenn sie gerechtfertigt ist.

Angesichts des nachhaltigen aktiven Widerstandes des Beschwerdeführers war die Anwendung von Körperkraft in der Form des Ergreifens, Hochhebens, Wegschiebens, Hintanhaltens von Tritten des Beschwerdeführers durch einen Tritt oder zwei Tritte eines Sicherheitswachebeamten, Schließens und Wegtragens zum Polizeiwagen zur Erreichung des Zwecks der Amtshandlung (Festnahme des Beschwerdeführers und Verschaffung vor die Behörde) gerechtfertigt.

Jedoch ist nicht gesagt, daß eine an sich gerechtfertigte Anwendung von Körperkraft in jedem Fall den Gesetzen entspricht. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur mehrfach ausgesprochen, daß eine an sich gerechtfertigte Anwendung von Körperkraft auch (noch zusätzlich) maßhaltend sein muß.

Der Verfassungsgerichtshof bringt dies in seiner ständigen Rechtsprechung insoferne zum Ausdruck, als er, ausgehend von §4 Waffengebrauchsgesetz, ableitet, daß auch die als weniger gefährliche Maßregel eingestufte Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse, die sich als Mittel zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes und zur Erzwingung einer Festnahme selbst nur graduell unterscheidet, derselben grundsätzlichen Einschränkung wie der Waffengebrauch unterliegt, also zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen darf, wenn sie notwendig ist und maßhaltend vor sich geht.

Eine nicht maßvolle Anwendung von Körperkraft kann sogar dann vorliegen, wenn die Art der angewendeten Körperkraft unter den gegebenen spezifischen Verhältnissen der Amtshandlung nicht als in Mißhandlungsabsicht erfolgt und auch nicht als Ausdruck persönlicher Mißachtung zu qualifizieren ist.

Was die als erwiesen anzusehenden Tritte gegen den Beschwerdeführer betrifft, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien aufgrund des auch auf den Videoaufzeichnungen erkennbaren, äußerst bewegten Geschehens (der Beschwerdeführer wehrte sich heftigst gegen das Erfassen durch, Polizeibeamte, und war die Gefahr von Verletzungen der Polizeibeamten durch Tritte des Beschwerdeführers bei Annäherung an ihn - im Zeitraum zwischen seiner Festnahme und dem Verschafftwerden in den Polizeibus - ständig gegeben) nicht finden, daß diese Tritte in Mißhandlungsabsicht bzw. um den Beschwerdeführer zu erniedrigen, zugefügt wurden. Die Tritte waren vielmehr auf die Durchsetzung der rechtmäßigen Festnahme und Verschaffung des Beschwerdeführers vor die Behörde gerichtet, zumal der Tritt bzw. die Tritte von Bez.Insp. G in den linken Oberschenkel des Beschwerdeführers der Hintanhaltung des Ausschlagens des Beschwerdeführers mit seinen Füßen und damit auf das Schaffen einer Möglichkeit, den Beschwerdeführer zu ergreifen, gerichtet gewesen war(en) und die, vom Beschwerdeführer als Tritte bezeichneten Fußbewegungen desselben Polizeibeamten unter den rechten Oberschenkel des Beschwerdeführers dem Wegschieben des Beschwerdeführers Richtung Polizeifahrzeug dienten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien konnte aber auch nicht erkennen, daß diese Tritte und Fußbewegungen nicht maßhaltend waren, erfolgten sie doch nicht in den Kopf- und Gesichtsbereich des Beschwerdeführers und auch nicht in seine Genitalien (sondern auf die Unterseite des rechten und linken Oberschenkels).

Dabei wären in einer derartigen Situation (wie sie sich nach der Auflösung der Versammlung vom 13.9.1993 dartat) nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auch Schläge mit einem Gummiknüppel gegen die Arme und Beine von Manifestanten gerechtfertigt gewesen. Die Beamten, die den Beschwerdeführer ergreifen, und vom Platz tragen sollten, waren nicht mit Gummiknüppeln ausgestattet. Daher waren Fußtritte bzw. Fußbewegungen, um den Beschwerdeführer von seinem Sitzplatz wegzuschieben bzw. um weitere Fußtritte des Beschwerdeführers gegen die Beamten hintanzuhalten, aufgrund des sich damals gezeigten Verhaltens des Beschwerdeführers als adäquates Mittel zur Durchsetzung der Festnahme des Beschwerdeführers anzusehen.

... Ergebnis: Die Beschwerde war bezüglich jener, den Organen der Bundespolizeidirektion Wien vorgeworfenen Handlungen, die nicht als erwiesen angesehen wurden (hinsichtlich des Trittes oder der Tritte in die Hoden" des Trittes oder der Tritte in die Nierengegend, des Stoßens mit Schilden und Stöcken), da der behauptete Beschwerdegegenstand gar nicht vorliegt, zurückzuweisen.

Hingegen war die Beschwerde hinsichtlich jener Handlungen, die als erwiesen anzusehen sind, die aber nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungsenates Wien nicht in Mißhandlungsabsicht oder deswegen, um den Beschwerdeführer herabzuwürdigen, erfolgt sind und auch als noch maßhaltend angesehen werden konnten, als unbegründet abzuweisen."

1.4. Ausgehend davon ist der UVS im eingangs genannten Bescheid zu folgenden Spruch gelangt:

"1. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde betreffend die am 13.9.1993 durchgeführte Räumung des Heldenplatzes durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien als unbegründet abgewiesen.

2. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde wegen der am 13.9.1993, um ca. 20.45 Uhr, erfolgten Festnahme des Beschwerdeführers am Heldenplatz, seiner Nichtverständigung in spanischer Sprache über den Festnahmegrund und seiner anschließenden Anhaltung bis zu dem in Beschwerde gezogenen Zeitpunkt, 14.9.1993, 00.20 Uhr, durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien als unbegründet abgewiesen.

3. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde betreffend die Verwehrung des Rechts auf persönliche Kontaktnahme mit einer Vertrauensperson durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien zurückgewiesen.

4. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde wegen der Anfertigung von Fotos und Videoaufnahmen durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien zurückgewiesen.

5. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde wegen erkennungsdienstlicher Behandlung des Beschwerdeführers durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien zurückgewiesen.

6. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde betreffend Beschimpfungen des Beschwerdeführers durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien zurückgewiesen.

7. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde wegen Zerrens, Tretens, Schlagens des Beschwerdeführers und Stoßens mit Schilden und Stöcken teils zurückgewiesen, teils als unbegründet abgewiesen.

8. Gemäß §67a Abs1 Z2 iVm §67c Abs3 AVG wird die Beschwerde 'wegen Verletzung der im SPG und VStG normierten Rechte auf ein ordnungsgemäßes Verfahren' durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund gemäß §79a AVG die mit S 6.510,-- bestimmten Kosten binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

2. Gegen diesen Bescheid des UVS (mit Ausnahme des Spruchpunktes 3) richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Darin wird die Verletzung näher bezeichneter, verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Weiters wird angeregt, "ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten und die Bestimmung des §67 AVG in Verbindung mit §62 AVG als gesetzwidrig aufzuheben".

Begründend wird dazu vor allem folgendes ausgeführt:

Das "Verbleiben des Beschwerdeführers mit seinen (Stammes)angehörigen am Heldenplatz in Fortsetzung der angemeldeten Versammlung" habe keine Versammlung iS des Versammlungsgesetzes mehr dargestellt. Selbst wenn man dieses Verhalten jedoch als eine "nicht angemeldete Versammlung" qualifizierte, wäre die Untersagung und die Auflösung dieser "Versammlung" nicht gerechtfertigt gewesen. Es seien keine konkreten Gründe vorgelegen, welche eine Gefährdung der im Art11 Abs2 EMRK genannten Schutzgüter befürchten ließen. Der UVS habe auch keinerlei Feststellungen darüber getroffen, welche konkreten Umstände die Annahme rechtfertigten, daß das Verweilen auf dem Platz vor dem Völkerkundemuseum die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet hätte. Die belangte Behörde habe auch keine Interessenabwägung - unter Berücksichtigung des Wertes der Versammlungsfreiheit, der das Verbot einer Versammmlung nur als ultima ratio zulasse - vorgenommen.

Hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Art5 EMRK stellt der Beschwerdeführer klar, daß Beschwerdegegenstand "lediglich der Zeitraum bis 14.9.1993, 00:20 Uhr" darstellt. Im übrigen bringt er vor: Der UVS spezifiziere nicht, ob die Festnahme des Beschwerdeführers gemäß §35 VStG oder nach den Bestimmungen der StPO erfolgt sei. Die belangte Behörde habe es auch verabsäumt, sich mit den Voraussetzungen für einen zulässigen Eingriff in das durch Art5 EMRK gestützte Recht auf persönliche Freiheit auseinanderzusetzen. Insbesondere gelte dies für die Frage, ob der Beschwerdeführer vor seiner Festnahme abgemahnt bzw. ihm bei Nichtbefolgung die Festnahme angedroht worden sei. Darüberhinaus zeige gerade der Umstand, "daß nicht alle Azteken festgenommen wurden, ... daß seitens der Behörde vollkommen willkürlich vorgegangen" worden sei.

Es stelle eine "Verletzung der Privatsphäre" des Beschwerdeführers dar, daß von ihm ohne sein Einverständnis durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien Videoaufnahmen gemacht worden seien.

Die erkennungsdienstliche Behandlung des Beschwerdeführers sei ohne rechtliche Grundlage erfolgt und stelle daher einen "Eingriff in seine persönlichen Rechte sowie eine menschenunwürdige Behandlung" dar.

Weiters habe die belangte Behörde das an sie gerichtete Beschwerdevorbringen hinsichtlich des Verstoßes gegen Art3 EMRK (Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) zu Unrecht zurück- bzw. abgewiesen.

Das Verbleiben des Beschwerdeführers auf dem Platz vor dem Völkerkundemuseum habe eine "religiöse Handlung" dargestellt. Darin könne kein Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung liegen. Dies habe die Behörde ignoriert. Wenn aber eine solche "religiöse Handlung" den Beschränkungen des Versammlungsgesetzes unterliegen sollte, dann stünde dieses Gesetz im Widerspruch zu Art9 EMRK.

Das Verhalten des Beschwerdeführers, den Platz - entgegen der Aufforderung, ihn zu räumen - nicht zu verlassen, unterliege auch dem Schutz des Art10 EMRK. Auch in dieser Hinsicht sei der bekämpfte Bescheid rechtswidrig.

Zusammenfassend wird noch folgendes ausgeführt: Die in Rede stehenden Eingriffe stellten Verletzungen der näher bezeichneten, durch die EMRK gewährleisteten Rechte des Beschwerdeführers dar. Die Frage, "ob diese Eingriffe durch Gesetze vorgeschrieben waren, welche durch eines oder mehrere der legitimen Ziele wie in Abs2" (gemeint offenkundig: der Art9 bis 11 EMRK) und zu deren Erreichung "notwendig in einer demokratischen Gesellschaft" waren, sei zu verneinen. Der Verbleib des Beschwerdeführers auf dem Platz vor dem Völkerkundemuseum habe "keine Gefährdung der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer" dargestellt. Der UVS habe "keine wie immer geartete Güter- oder Verhältnismäßigkeitsabwägung, wie von EMRK, Lehre und Rechtsprechung gefordert", vorgenommen. Der Polizeieinsatz, "bei welchem sofort mit Abdrängen und Festnahme vorgegangen wurde", sei "unverhältnismäßig und rechtswidrig" gewesen und habe "den Beschwerdeführer in den näher bezeichneten, durch die Verfassung und die EMRK gewährleisteten Rechten verletzt."

3. Der UVS legte die bezughabenden Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er seinen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß das Recht der Versammlungsfreiheit, welches durch Art12 StGG unmittelbar gewährleistet ist, erst durch das Versammlungsgesetz 1953 (VersG) eine nähere Ausführung erhalten hat, weshalb jede Verletzung des VersG, die in die Versammlungsfreiheit eingreift, einen unmittelbaren Eingriff in das durch Art12 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht bedeutet (zB VfSlg. 9103/1981, 9303/1981, 9646/1983, 9783/1983. 10443/1985, 14367/1995). Hieraus hat der Verfassungsgerichtshof weiters abgeleitet, daß die Beantwortung der Frage der richtigen Anwendung des VersG 1953 in die ausschließliche Zuständigkeit dieses Gerichtshofes fällt (vgl. VfSlg. 2610/1953, 4524/1963, 8685/1979).

Diese Aussagen beziehen sich aber nur auf die spezifische Gewährleistung des Versammlungsrechtes durch Art12 StGG. Allein auf diese Verfassungsbestimmung vermag sich der Beschwerdeführer als Ausländer nicht zu berufen. Für ihn kommt nur Art11 EMRK zum Tragen, der allen Menschen das Recht gewährleistet, sich friedlich zu versammeln, dem einfachen Gesetzgeber aber die Beschränkung der Ausübung dieses Rechtes zu bestimmten, in Art11 Abs2 EMRK taxativ aufgezählten Zwecken gestattet (vgl. VfSlg. 8685/1979). Ein solches unter Gesetzesvorbehalt stehendes Grundrecht wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur verletzt, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen wurde oder wenn er gesetzlos ist, wobei die denkunmögliche oder sonst verfassungswidrige Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird.

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid die an den UVS gerichtete Beschwerde gegen die "Räumung des Heldenplatzes" abgewiesen wurde, wird dieser Bescheid im wesentlichen darauf gestützt, daß die in Rede stehende Zusammenkunft eine Versammlung im Sinne des VersG gewesen sei und die Verfügung, sie aufzulösen, im genannten Gesetz Deckung gefunden habe. Der angefochtene Bescheid ist somit in dieser Hinsicht in Anwendung des §67c Abs3 AVG iVm §14 VersG - und somit nicht gesetzlos - ergangen. Daß bei Erlassung des angefochtenen Bescheides verfassungswidrige Rechtsgrundlagen herangezogen worden seien, wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet noch sind derartige Bedenken im Gerichtshof entstanden. Es ist daher lediglich zu prüfen, ob die Behörde denkmöglich vorgegangen ist.

1.2.1. Die belangte Behörde ist - wie bereits erwähnt - im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, daß die in Rede stehende Zusammenkunft eine Versammlung im Sinne des VersG gewesen sei.

Das VersG definiert den Begriff der von ihm erfaßten "Versammlung" nicht.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Zusammenkunft mehrerer Menschen dann eine Versammlung im Sinne des VersG, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodaß eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht (VfSlg. 4586/1963, 5193/1966, 5195/1966, 8685/1979, 9783/1983, 10443/1985, 10608/1985, 10955/1986, 11651/1988, 11866/1988, 11904/1988, 11935/1988, 12161/1989).

Im Hinblick darauf ist es jedenfalls denkmöglich, anzunehmen, daß die in Rede stehende Zusammenkunft im Anschluß an die angezeigte Versammlung mit dieser in derart engem zeitlichen, örtlichen und sachlichen Zusammenhang stand, daß all diese Aktivitäten als einheitliche Veranstaltung aufzufassen und sohin insgesamt als Versammlung im Sinne des VersG zu werten waren (s. dazu auch VfSlg. 14367/1995).

1.2.2. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid weiters zur Auffassung gelangt, daß diese Versammlung - nach Ablauf des angezeigten bzw. einvernehmlich verlängerten Zeitraumes - unter Verletzung der in §2 Abs1 VersG vorgesehenen Anzeigepflicht veranstaltet wurde und besondere Umstände, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der (öffentlichen) Ordnung, die Versammlungsauflösung (s. §13 VersG) gerechtfertigt hätten. Auch diesbezüglich ist der Bescheid nicht mit einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes belastet, zumal die Behörde das Vorliegen dieser Umstände nach dem Bild zu beurteilen hatte, das sich dem Behördenorgan an Ort und Stelle bot (vgl. VfSlg. 10443/1985, 10955/1986, 11132/1986, 11832/1988).

1.3. Aus dem Gesagten folgt, daß der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt wurde.

2. Aus den gleichen Erwägungen, wie sie soeben für die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit (Art11 EMRK) angestellt wurden, kommt aber auch die vom Beschwerdeführer weiters gerügte Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art9 EMRK) und auf freie Meinungsäußerung (Art10 EMRK) nicht in Betracht.

3. Der Beschwerdeführer behauptet weiters, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden zu sein.

Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde, mit dem darüber entschieden wird, ob eine Festnahme oder Anhaltung einer Person rechtmäßig war oder ist, verletzt das durch Art1 ff. des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit und durch Art5 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit), wenn er gegen die verfassungsgesetzlich festgelegten Erfordernisse der Festnahme bzw. Anhaltung verstößt, wenn er in Anwendung eines verfassungswidrigen, insbesondere den genannten Verfassungsvorschriften widersprechenden Gesetzes, wenn er gesetzlos oder in denkunmöglicher Anwendung einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtsgrundlage ergangen ist - ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfSlg. 13708/1994, 13913/1994, 13934/1994).

Der UVS stützt seine Feststellung, daß die bei ihm bekämpfte Freiheitsentziehung des Beschwerdeführers rechtmäßig war, auf die - oben wiedergegebenen - §§14 und 19 VersG iVm. §35 Z3 VStG ("Verharrung", "Wiederholungsgefahr").

Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit dieser Normen (vgl. in diesem Zusammenhang zB VfSlg. 11229/1987, 11930/1988, 14367/1995, VfGH 26.2.1997, B2728/96) könnte eine Verletzung des zuletzt erwähnten Grundrechtes nur bei einer denkunmöglichen Gesetzeshandhabung erfolgt sein. Ein solcher Vorwurf ist dem UVS jedoch nicht zu machen.

Dabei ist insbesondere auf folgendes hinzuweisen: Unter den festgestellten Umständen war auch eine allgemeine Abmahnung mittels Lautsprechers im Hinblick auf §35 Z3 VStG ausreichend (vgl. VfSlg. 10848/1986) und wurde die (beschwerdegegenständliche) Anhaltung in der Dauer von bloß rd. 3 1/2 Stunden (einschließlich der im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer behaupteten Körperverletzungen durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung und Überstellung in das Wilhelminenspital) nicht über Gebühr ausgedehnt (s. VfSlg. 9368/1982).

Die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit hat sohin nicht stattgefunden.

4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in dem gemäß Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf, verletzt wurde. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung in diesem Recht im Zusammenhang mit den näheren Umständen der Auflösung der Versammlung, seiner Entfernung vom Versammlungsort und der Verbringung ins Polizeigefangenenhaus sowie seiner erkennungsdienstlichen Behandlung. Zum Teil (nämlich hinsichtlich der Tritte in die Hoden und in die Nierengegend, des Stoßens mit Schilden und Stöcken sowie der erkennungsdienstlichen Behandlung) waren aber die vom Beschwerdeführer diesbezüglich behaupteten Handlungen der einschreitenden Exekutivorgane - nach den vom UVS aufgrund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens getroffenen Sachverhaltsfeststellungen - nicht erweislich. Im übrigen kann der Verfassungsgerichtshof bei Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegentreten, wenn sie das Verhalten der Exekutivorgane in bezug auf den Beschwerdeführer als "noch maßhaltend" beurteilte.

5. Insoweit der Beschwerdeführer unter Hinweis darauf, daß die Organe der Bundespolizeidirektion Wien anläßlich des Vollzuges der Auflösung der Versammlung nur "Azteken", und auch hier nur einen Teil der Anwesenden, festgenommen hätten, in der im Bescheid zum Ausdruck kommenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den UVS eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz erblickt, kann er vor dem Hintergrund der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB

VfSlg. 10923/1986, 11813/1988; VfGH 5.12.1996, B2965/95) mit Rücksicht auf seine mexikanische Staatsangehörigkeit nur in dem durch ArtI Abs1 des BVG BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (vgl. VfSlg. 13836/1994, 14191/1995, 14369/1995, 14393/1995) verletzt sein, weil das gemäß Art7 Abs1 B-VG und Art2 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nur österreichischen Staatsbürgern und nicht auch Ausländern gewährleistet ist.

Das durch ArtI Abs1 BVG BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander enthält (auch) das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält also ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden; deren Ungleichbehandlung ist demnach nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem Gleichbehandlungsgebot, das dem Fremden durch ArtI Abs1 BVG BGBl. 390/1973 als subjektives Recht gewährleistet ist, widerstreitet ein Bescheid, bei dessen Erlassung die Behörde Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder im Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. zB VfSlg. 10338/1985, 11213/1987; VfGH 5.12.1996 B2965/95). Ein derartiger Vorwurf kann dem UVS angesichts des durchgeführten umfangreichen Ermittlungsverfahrens allerdings nicht gemacht werden; eine Verletzung in dem durch ArtI Abs1 BVG

BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hat sohin nicht stattgefunden.

Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit auch Art14 EMRK nennt, ist zu bemerken, daß die im Verfassungsrang stehende staatsvertragliche Bestimmung des Art14 EMRK zwar allen Menschen den Genuß der in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten gewährleistet, doch befindet sich darunter nicht ein Recht auf Gleichheit aller vor dem Gesetz (vgl. zB VfSlg. 7138/1973, 9024/1981, 10324/1985, 10529/1985, 13314/1992, 13315/1992).

6. Schließlich hat das Verfahren auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in dem gemäß Art8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt worden wäre. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung in diesem Recht im Zusammenhang mit der Herstellung von Videoaufnahmen über den Verlauf der Versammlung durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien. Hiezu hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid - ungeachtet der sprachlichen Fassung des Spruches, der in dieser Hinsicht auf "Zurückweisung der Beschwerde" lautet - der Sache nach die Auffassung vertreten, daß die diesbezüglichen Maßnahmen der Organe der Bundespolizeidirektion Wien nicht rechtswidrig ("verboten") waren (vgl. den oben in Pkt. I. 1.3. wiedergegebenen, mit "Zur Anfertigung von Fotos und Videoaufnahmen" überschriebenen Abschnitt der Begründung des angefochtenen Bescheides). Dem kann der Verfassungsgerichtshof bei Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegentreten.

7. Der Beschwerdeführer behauptet schließlich auch, daß die Bestimmungen des AVG, wonach ein Bescheid auch mündlich erlassen werden kann, das "Recht auf ein faires Verfahren" verletzten. In diesem Fall beginne nämlich, so nimmt der Beschwerdeführer an, die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen in letzter Instanz ergangenen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof mit der Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verkündung zu laufen; hiedurch würde eine (neuerliche) Beschwerdeerhebung an den Verfassungsgerichtshof nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides verunmöglicht. Zu diesem Vorbringen genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach im Falle der mündlichen Verkündung eines (in letzter Instanz ergangenen) Bescheides zwar ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verkündung (mit der der Bescheid Eingang in die Rechtsordnung erlangt) das Recht eingeräumt ist, Beschwerde zu erheben, die sechswöchige Beschwerdefrist jedoch erst mit Zustellung der schriftlichen Bescheidausfertigung (§82 Abs1 VerfGG 1953) zu laufen beginnt (vgl. zB VfSlg. 9068/1981, 9655/1983, 11696/1988); für den vorliegenden Fall ist dabei noch auf §67g Abs1 und 3 AVG hinzuweisen, wonach im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten jedenfalls allen Parteien eine schriftliche Ausfertigung des - mündlich zu verkündenden - Bescheides zuzustellen ist.

8. Die Beschwerde erweist sich somit als insgesamt nicht begründet. Sie war abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (s. dazu VfSlg. 8685/1979; VwGH 18.1.1984, 01/0666/80; vgl. auch Öhlinger, Verfassungsrecht3, 1997, 360).

9. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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