Normen
B-VG Art137 / Bescheid
Oö GrundversorgungsG §3, §4
Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Aufnahme-RL) Art20, Art26
EU-Grundrechte-Charta Art47
AVG §73
VfGG §41
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2016:A15.2015
Spruch:
I. Die Klage wird zurückgewiesen.
II. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung
I. Klage, Sachverhalt und Vorverfahren
1. Gestützt auf Art137 B‑VG begehrt die Klägerin, das Land Oberösterreich schuldig zu erkennen, den Betrag von € 541,92 samt 4 % Zinsen seit 6. November 2015 sowie den Ersatz der Prozesskosten zuhanden ihres Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
1.1. Aus dem Titel des "ex lege bestehenden, öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Grundversorgung" nach dem Oberösterreichischen Grundversorgungsgesetz, LGBl 12/2007 idF LGBl 90/2013 (im Folgenden: Oö. GVG), begehrt die Klägerin "fällige, bislang von der beklagten Partei nicht geleistete Grundversorgungsleistungen in Form von Geldleistungen" für den Zeitraum vom 6. November 2015 bis zum 23. November 2015.
1.2. Die beklagte Partei bestreitet das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Klage.
2. Auf Grund des insoweit übereinstimmenden Vorbringens der Parteien und dem von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakt geht der Verfassungsgerichtshof von folgendem, insoweit unstrittigen Sachverhalt aus:
Bei der Klägerin handelt es sich um eine syrische Staatsangehörige, die am 26. Oktober 2015 in das Bundesgebiet einreiste. Am 29. Oktober 2015 stellte sie in Linz einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde im Polizeianhaltezentrum Linz erkennungsdienstlich erfasst. Am 5. November 2015 wurde das Asylverfahren der Klägerin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zugelassen und ihr die Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß §51 Abs1 AsylG 2005 ausgestellt. Am selben Tag meldete die Klägerin einen Hauptwohnsitz an einer Adresse in Oberösterreich an.
Mit einem Schreiben, bei der beklagten Partei am 11. November 2015 eingegangen, stellte die Klägerin einen Antrag auf unverzügliche Gewährung von Grundversorgungsleistungen nach dem Oö. GVG, insbesondere Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft, Versorgung mit angemessener Verpflegung, Sicherung der Krankenversorgung und Gewährung eines monatlichen Taschengeldes. Begründend führt sie aus, dass sie "ex lege einen Anspruch auf die Landes Grundversorgungsleistungen" habe, und beantragt zugleich eine bescheidmäßige Erledigung. Die Klägerin hat bis heute keinen Bescheid erhalten.
Am 23. November 2015 wurde die Klägerin in die oberösterreichische Grundversorgung aufgenommen. Seit diesem Zeitpunkt werden ihr Grundversorgungsleistungen nach dem Oö. GVG durchgehend gewährt.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2016, bei der beklagten Partei am 4. Februar 2016 eingelangt, forderte die Klägerin mit der Behauptung des Bestehens eines ex lege Anspruchs auf Grundversorgungsleistungen für den Zeitraum von der Zulassung ihres Asylverfahrens bis zur Aufnahme in die Grundversorgung nach dem Oö. GVG die Zahlung nicht gewährter Grundversorgungsleistungen in Form von Geldleistungen. Mit Schreiben vom 16. Februar 2016, bei der Klägerin am 18. Februar 2016 eingelangt, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie dieser Aufforderung nicht entsprechen und somit keine Zahlung leisten werde.
3. Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts fordert die Klägerin gemäß Art137 B‑VG nicht geleistete Grundversorgungsleistungen in Form von Geldleistungen für den Zeitraum vom 6. November 2015 bis zum 23. November 2015 vom Land Oberösterreich.
Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
3.1. Nach ihrer Einreise nach Österreich und bis zum 23. November 2015 sei die Klägerin mittellos gewesen und habe weder vom Bund noch von einem Bundesland Grundversorgungsleistungen erhalten. Die Barmherzigkeit von Mitmenschen habe ermöglicht, dass die Klägerin privat untergebracht und nicht obdachlos geworden sei, wobei aber weder die Klägerin einen Rechtsanspruch auf Unterkunft gegenüber den Unterkunftgebern gehabt hätte noch die Unterkunftgeber das Land Oberösterreich von seiner Leistungspflicht befreien hätten wollen.
3.2. Die Zulässigkeit des Rechtswegs gemäß Art137 B‑VG begründet die Klägerin auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:
Die Angelegenheit sei nicht am ordentlichen Rechtsweg auszutragen. Aus der Richtlinie zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, 2013/33/EU (im Folgenden: Aufnahme‑RL), bzw. der dieser vorangegangenen Richtlinie, 2003/9/EG (im Folgenden: RL 2003/9/EG ), deren Vorgaben durch die Grundversorgungsvereinbarung, BGBl I 80/2004 (im Folgenden: GVV), das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005, BGBl 405/1991 idF BGBl I 70/2015 (im Folgenden: GVG‑B) sowie landesgesetzliche Regelungen innerstaatlich umgesetzt worden seien, ergebe sich, dass die Grundversorgung von Asylwerbern hoheitlich und nicht im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung zu gewähren sei. Auf die Gewährung der Grundversorgung bestehe ein öffentlich-rechtlicher Rechtsanspruch.
Die Angelegenheit sei auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen. Das Oö. GVG sehe einen ex lege bestehenden Anspruch auf Grundversorgungsleistungen und deren faktische Gewährung ohne vorangegangenes Verwaltungsverfahren vor. Die Möglichkeit, gemäß §4 Abs1 Oö. GVG mittels Antrages innerhalb von vier Wochen, nachdem Grundversorgungsleistungen verweigert, eingeschränkt oder entzogen wurden, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, stehe im vorliegenden Fall nicht offen. Aus den §§3 und 4 Oö. GVG sei ersichtlich, dass die "Verweigerung" in §4 Abs1 Oö. GVG nicht bloß die faktische Vorenthaltung von Grundversorgungsleistungen erfasse, sondern nur eine rechtliche Verweigerung durch eine behördliche Entscheidung gemäß §3 Abs6 Oö. GVG. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin einen Feststellungsbescheid erwirken könnte, sehe das Oö. GVG keine daran anknüpfende Möglichkeit vor, ein "bescheidmäßig zu erledigendes Leistungsbegehren auf Leistung der zunächst nicht gewährten Grundversorgungsleistungen" zu stellen.
Vertrete man die Ansicht, dass §4 Abs1 Oö. GVG auch bei einer bloß faktischen Verweigerung von Grundversorgungsleistungen zur Anwendung gelange, so sei die Bestimmung unionsrechtswidrig und im Anwendungsbereich der Aufnahme‑RL nicht anzuwenden. Art17 Abs1 Aufnahme‑RL normiere ex lege Anspruch auf Grundversorgungsleistungen ab Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz. Eine Einschränkung oder Entziehung gewährter materieller Leistungen sei gemäß Art20 Abs5 und 6 Aufnahme‑RL erst zulässig, nachdem ein Bescheid erlassen worden sei. §4 Abs1 Oö. GVG würde aber demgegenüber eine Verweigerung, Einschränkung oder Entziehung zeitlich vor der Bescheiderlassung voraussetzen. Der Verfassungsgerichtshof habe für den Fall einer Einschränkung oder Entziehung von Grundversorgungsleistungen diese Rechtsansicht mit Blick auf die frühere RL 2003/9/EG geteilt (VfSlg 18.447/2008). Soweit der Verfassungsgerichtshof hingegen, ebenso unter Bezug auf die RL 2003/9/EG , davon ausging, dass bei einer Verweigerung von Grundversorgungsleistungen "von Anfang an" §4 Abs1 Oö. GVG anzuwenden sei (VfSlg 18.525/2008), könne die damalige Fallkonstellation nicht mit der vorliegenden verglichen werden. Aus der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 27. Februar 2014, Rs. C‑79/13, Saciri, gehe hervor, dass Grundversorgungsleistungen ab Asylantragstellung zu gewähren seien und erst nachträglich entzogen werden könnten. Nunmehr zwinge auch die Aufnahme‑RL zur sofortigen Gewährung der Grundversorgung. Im Gegensatz zur RL 2003/9/EG unterscheide die Aufnahme‑RL nur mehr zwischen der "Einschränkung" und dem "Entzug" bei gleichzeitigem Entfall der "Verweigerung" von Grundversorgungsleistungen. Auch die Nicht-Gewährung ab initio falle daher unter den Begriff des Entzugs oder der Einschränkung und setze daher einen Rechtsgestaltungsbescheid voraus.
3.3. In der Sache legt die klagende Partei mit ausführlicher Begründung dar, warum ihrer Auffassung zufolge der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach besteht.
4. Die beklagte Partei hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. In dieser bestreitet die beklagte Partei mit näherer Begründung den geltend gemachten Anspruch dem Grunde und der Höhe nach und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Klage.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der RL 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, ABl. L 180, 96 ("Aufnahme‑RL"), lauten:
"Artikel 1
Zweck
Zweck dieser Richtlinie ist die Festlegung von Normen für die Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz (im Folgenden 'Antragsteller') in den Mitgliedstaaten.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
a) 'Antrag auf internationalen Schutz' einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 2 Buchstabe h der Richtlinie 2011/95/EU ;
b) 'Antragsteller', einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde;
[...]
f) 'im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährte Vorteile' sämtliche Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Richtlinie zugunsten von Antragstellern treffen;
g) 'im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen' Unterkunft, Verpflegung und Kleidung in Form von Sach- oder Geldleistungen oder Gutscheinen oder einer Kombination davon sowie Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs;
[...]
Artikel 17
Allgemeine Bestimmungen zu materiellen Leistungen im Rahmen der Aufnahme und zur medizinischen Versorgung
(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Antragsteller ab Stellung des Antrags auf internationalen Schutz im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Anspruch nehmen können.
(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleistet.
[...]
Artikel 20
Einschränkung oder Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen
(1) Die Mitgliedstaaten können die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen in begründeten Ausnahmefällen einschränken oder entziehen, wenn ein Antragsteller
a) den von der zuständigen Behörde bestimmten Aufenthaltsort verlässt, ohne diese davon zu unterrichten oder erforderlichenfalls eine Genehmigung erhalten zu haben; oder
b) seinen Melde- und Auskunftspflichten oder Aufforderungen zu persönlichen Anhörungen im Rahmen des Asylverfahrens während einer im einzelstaatlichen Recht festgesetzten angemessenen Frist nicht nachkommt; oder
c) einen Folgeantrag nach Artikel 2 Buchstabe q der Richtlinie 2013/32/EU gestellt hat.
Wird in den unter den Buchstaben a und b genannten Fällen ein Antragsteller aufgespürt oder meldet er sich freiwillig bei der zuständigen Behörde, so ergeht unter Berücksichtigung der Motive des Untertauchens eine ordnungsgemäß begründete Entscheidung über die erneute Gewährung einiger oder aller im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen, die entzogen oder eingeschränkt worden sind.
[...]
(5) Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen oder über Sanktionen nach den Absätzen 1, 2, 3 und 4 dieses Artikels werden jeweils für den Einzelfall, objektiv und unparteiisch getroffen und begründet. Die Entscheidungen sind aufgrund der besonderen Situation der betreffenden Personen, insbesondere im Hinblick auf die in Artikel 21 genannten Personen, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu treffen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten im Einklang mit Artikel 19 in jedem Fall Zugang zur medizinischen Versorgung und gewährleisten einen würdigen Lebensstandard für alle Antragsteller.
(6) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen nicht entzogen oder eingeschränkt werden, bevor eine Entscheidung nach Maßgabe von Absatz 5 ergeht.
[...]
Artikel 26
Rechtsbehelfe
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Gewährung, dem Entzug oder der Einschränkung von Vorteilen gemäß dieser Richtlinie oder gegen Entscheidungen gemäß Artikel 7, die Antragsteller individuell betreffen, ein Rechtsbehelf nach den im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verfahren eingelegt werden kann. Zumindest in der letzten Instanz ist die Möglichkeit einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch eine Justizbehörde vorzusehen.
[...]"
2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Grundversorgungsvereinbarung – Art15a B‑VG (Bund – Länder), BGBl I 80/2004, lauten:
"Artikel 1
Zielsetzung
(1) Ziel der Vereinbarung ist die bundesweite Vereinheitlichung der Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die im Bundesgebiet sind, im Rahmen der bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzbereiche. Die Grundversorgung soll bundesweit einheitlich sein, partnerschaftlich durchgeführt werden, eine regionale Überbelastung vermeiden und Rechtssicherheit für die betroffenen Fremden schaffen.
(2) Bei der Erreichung des Ziels gemäß Abs1 ist auf die europarechtlichen Normen, insbesondere auf die Richtlinie 2003/9/EG des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten und die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten, Bedacht zu nehmen.
(3) [...]
Artikel 2
Begriffsbestimmungen/Zielgruppe
(1) Zielgruppe dieser Vereinbarung sind ‑ unbeschadet der Bestimmungen des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl I Nr 101/2003 ‑ hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die unterstützungswürdig sind. Hilfsbedürftig ist, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Schutzbedürftig sind
1. Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben (Asylwerber), über den noch nicht rechtskräftig abgesprochen ist, [...]
Artikel 3
Aufgaben des Bundes
(1) Der Bund führt Betreuungseinrichtungen (Betreuungsstellen, Erstaufnahmestellen) für Asylwerber. Der Bund stellt vor Neuerrichtung oder Schließung von Bundesbetreuungsstellen das Einvernehmen mit dem jeweiligen Bundesland her. Der Bund sorgt für die Erstaufnahme der Asylwerber.
(2) Der Bund richtet eine Koordinationsstelle ein. Deren Aufgaben sind:
1. Zuteilung der Asylwerber auf die Länder unter Bedachtnahme auf den Aufteilungsschlüssel (Art1 Abs4),
2. Transporte (zu den Erstaufnahmestellen und von den Erstaufnahmestellen in die Länder),
3. An-, Ab- und Ummeldung bei der Krankenversicherung, soweit die betreuten Fremden durch den Bund aufgenommen werden oder sich in Betreuungseinrichtungen des Bundes befinden,
4. administrative Abwicklung, vierteljährliche Erstellung einer Übersicht über die finanziellen Aufwendungen aller Vertragspartner (gegliedert nach Vertragspartnern) sowie Verrechnung mit den Ländern,
5. bei Bedarf und über Ersuchen der Länder Unterstützung bei der Umverteilung von Fremden gemäß Art2 Abs1 Z4 auf einzelne Bundesländer und
6. die Koordination und Durchführung von Maßnahmen betreffend Rückkehrprogramme.
(3) [...]
Artikel 4
Aufgaben der Länder
(1) Die Aufgaben der Länder sind:
1. Versorgung der von der Koordinationsstelle zugewiesenen Asylwerber,
2. Entscheidung über die Aufnahme Fremder gemäß Art2 Abs1 Z2 bis 4 und 6 in die Betreuung,
3. Entscheidung über die Entlassung betreuter Fremder; bei Asylwerbern ist die Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesasylamt zu treffen,
4. Schaffung und Erhaltung der zur Versorgung der Fremden erforderlichen Infrastruktur,
5. An-, Um- und Abmeldung bei der Krankenversicherung, soweit die betreuten Fremden von den Ländern aufgenommen werden oder von Einrichtungen des Landes betreut werden,
6. die Einbringung der aktuellen Daten über die Auslastung der Kapazitäten in den Informationsverbund zum ehestmöglichen Zeitpunkt,
7. Unterstützung des Bundesasylamtes bei Führung von Asylverfahren etwa durch Zustellung von Ladungen und Entscheidungen an den Asylwerber und Information und Erinnerung des Unterkunftgebers und des Asylwerbers an verfahrensrelevante Termine,
8. Verarbeitung von zur Durchführung von Rückkehraktionen erforderlichen personenbezogenen Daten von Asylwerbern über Ersuchen des Bundes und
9. die aktuelle Meldung über von der Koordinationsstelle zugeteilte Asylwerber, die sich dem Asylverfahren entzogen haben, an diese zum ehestmöglichen Zeitpunkt.
(2) [...]
Artikel 6
Grundversorgung
(1) Die Grundversorgung umfasst:
1. Unterbringung in geeigneten Unterkünften unter Achtung der Menschenwürde und unter Beachtung der Familieneinheit,
2. Versorgung mit angemessener Verpflegung,
3. Gewährung eines monatlichen Taschengeldes für Personen in organisierten Unterkünften und für unbegleitete minderjährige Fremde, ausgenommen bei individueller Unterbringung gemäß Art9 Z2,
4. Durchführung einer medizinischen Untersuchung im Bedarfsfall bei der Erstaufnahme nach den Vorgaben der gesundheitsbehördlichen Aufsicht,
5. Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge,
6. Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger, durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter Leistungen nach Einzelfallprüfung,
7. Maßnahmen für pflegebedürftige Personen,
8. Information, Beratung und soziale Betreuung der Fremden durch geeignetes Personal unter Einbeziehung von Dolmetschern zu deren Orientierung in Österreich und zur freiwilligen Rückkehr,
9. Übernahme von Transportkosten bei Überstellungen und behördlichen Ladungen,
10. Übernahme der für den Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten und Bereitstellung des Schulbedarfs für Schüler,
11. Maßnahmen zur Strukturierung des Tagesablaufes im Bedarfsfall,
12. Gewährung von Sach- oder Geldleistungen zur Erlangung der notwendigen Bekleidung,
13. Kostenübernahme eines ortsüblichen Begräbnisses oder eines Rückführungsbetrages in derselben Höhe und
14. Gewährung von Rückkehrberatung, von Reisekosten sowie einer einmaligen Überbrückungshilfe bei freiwilliger Rückkehr in das Herkunftsland in besonderen Fällen.
(2) Die Grundversorgung kann, wenn damit die Bedürfnisse des Fremden ausreichend befriedigt werden, auch in Teilleistungen gewährt werden.
(3) Fremden, die die Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Unterkunft durch ihr Verhalten fortgesetzt und nachhaltig gefährden, kann die Grundversorgung gemäß Abs1 unter Berücksichtigung von Art1 Abs2 eingeschränkt oder eingestellt werden. Das gleiche gilt im Anwendungsfall des §38a SPG.
(4) Durch die Einschränkung oder Einstellung der Leistungen darf die medizinische Notversorgung des Fremden nicht gefährdet werden.
(5) Fremde gemäß Art2 Abs1 können mit ihrem Einverständnis zu Hilfstätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung stehen, herangezogen werden.
[...]"
3. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes über die Umsetzung der Grundversorgungsvereinbarung (Oö. Grundversorgungsgesetz 2006), LGBl 12/2007 idF LGBl 90/2013 ("Oö. GVG"), lauten:
"§1
Vorübergehende Grundversorgung
(1) Die in der Grundversorgungsvereinbarung, LGBl Nr 93/2004, vorgesehenen Hilfen und Maßnahmen sind hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, die ihren Hauptwohnsitz und Aufenthalt in Oberösterreich haben, vom Land zu erbringen. Dies gilt nicht, wenn die Art der Hilfeleistung den Aufenthalt außerhalb von Oberösterreich erfordert.
(2) Ein Anspruch auf eine bestimmte Art oder Form der Grundversorgung besteht nicht.
(3) Soweit dies nicht durch die Grundversorgungsvereinbarung ausgeschlossen ist, kann das Land humanitäre, kirchliche oder private Einrichtungen mit der Durchführung der Grundversorgung beauftragen. Die beauftragten Einrichtungen werden für das Land tätig. In den entsprechenden Verträgen ist vorzusehen, dass die beauftragten Einrichtungen der Landesregierung über Aufforderung oder bei sonstiger Notwendigkeit zu berichten haben und sie im Rahmen ihres Auftrags an die Anordnungen der Landesregierung gebunden sind. Die beauftragten Einrichtungen haben ihre in Vollziehung dieses Landesgesetzes eingesetzten Bediensteten vertraglich zur Verschwiegenheit zu verpflichten.
(4) Für die Handlungsfähigkeit und die Vertretung von Minderjährigen im Verfahren nach diesem Landesgesetz gilt §10 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr 87/2012, sinngemäß.
[...]
§3
Gewährung, Verweigerung, Einschränkung und Entzug von Grundversorgungsleistungen
(1) Die Gewährung von Grundversorgungsleistungen erfolgt durch Zuweisen einer geeigneten Unterkunft samt angemessener Verpflegung, durch Auszahlung von Geldleistungen, durch Abschluss einer Krankenversicherung, durch Ausgabe von Gutscheinen oder sonstige geeignete Maßnahmen.
(2) Grundversorgungsleistungen können nach Maßgabe des Abs6 verweigert, eingeschränkt oder entzogen werden, wenn der oder die Fremde
1. eine angebotene Leistung ablehnt oder eine zugewiesene Unterkunft unbegründet und ohne Abmeldung verlässt,
2. das Zuweisungsverfahren in einer Erstaufnahmestelle nicht abgewartet hat,
3. den Mitwirkungspflichten im Asylverfahren oder im fremdenpolizeilichen Verfahren nicht nachkommt,
4. nach einer rechtskräftigen Entscheidung in einem Asylverfahren innerhalb von sechs Monaten einen weiteren Asylantrag stellt,
5. den Asylantrag nicht unverzüglich nach Eintritt in das Bundesgebiet gestellt hat,
6. durch das Verhalten die Sicherheit und Ordnung in der Unterkunft gefährdet oder ein für die Mitbewohner oder Quartierbetreiber unzumutbares Verhalten an den Tag legt,
7. nicht an der Feststellung der Identität oder Hilfsbedürftigkeit mitwirkt,
8. den für die Unterbringung festgelegten Kostenbeitrag oder Kostenersatz (§5) nicht leistet,
9. einen Sachverhalt verwirklicht, der einen Asylausschlussgrund (§6 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr 100) darstellt,
10. die Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung verweigert oder
11. ein Dritter gesetzlich oder vertraglich zur Erbringung gleichartiger Leistungen verpflichtet ist.
(3) Die notwendige Verlegung in eine andere Unterkunft ist keine Maßnahme nach Abs2.
(4) In den Fällen des Abs2 Z1 ist über eine erneute Gewährung der Grundversorgung unter Berücksichtigung der Motive des Verlassens der Unterkunft zu entscheiden.
(5) Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit gemäß Abs2 Z10 ist auf den Gesundheitszustand, das Lebensalter, die berufliche Eignung, die Vorbildung und gegebenenfalls die bisher überwiegend ausgeübte Tätigkeit sowie auf die familiären Aufgaben des oder der Fremden, insbesondere auf die geordnete Erziehung der unterhaltsberechtigten Kinder, die Führung eines Haushalts oder die Pflege eines Angehörigen (Lebensgefährten) sowie auf die Sprachkenntnisse und den Grad der Integration Bedacht zu nehmen.
(6) Die Entscheidungen gemäß Abs2 sind im Einzelfall unter Bedachtnahme auf die besondere Situation oder eine allfällige besondere Schutzbedürftigkeit (wie z. B. unbegleitete Minderjährige) unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Der Entscheidung hat eine Anhörung des Betroffenen, soweit dies ohne Aufschub möglich ist, voranzugehen.
(7) Der Zugang zu medizinischer Notversorgung ist sicherzustellen.
(8) Nicht mehr in Anspruch genommene Leistungen gelten als eingestellt.
§4
Rechtsschutz
(1) Drittstaatsangehörige und Staatenlose, die einen Antrag auf internationalen Schutz oder einen Asylantrag gestellt haben, über den noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, können bei Verweigerung, Einschränkung oder Entzug von Grundversorgungsleistungen binnen vier Wochen die bescheidmäßige Feststellung durch die Landesregierung verlangen.
(2) Hat die Landesregierung eine Entscheidung gemäß §64 Abs2 AVG getroffen, kann das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde über Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
[...]"
4. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 – GVG‑B 2005), BGBl 405/1991 idF BGBl I 70/2015, lauten:
"Begriffsbestimmungen
§1.Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
1. Asylwerber im Zulassungsverfahren: ein Asylwerber, der einen Asylantrag eingebracht hat, über dessen Zulässigkeit noch nicht entschieden und dessen Verfahren nicht gemäß §24 des Asylgesetzes 2005 – AsylG 2005, BGBl I Nr 100 eingestellt wurde;
2. Grundversorgungsvereinbarung: die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art15a B‑VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich in der geltenden Fassung;
3. Versorgung: die gemäß der Art6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung zu erbringenden Leistungen;
4. eine Betreuungsstelle: jede außerhalb einer Erstaufnahmestelle gelegene Unterbringung, in der die Versorgung der Grundbedürfnisse eines Asylwerbers faktisch gewährleistet wird;
5. eine Betreuungseinrichtung:
a) jede Betreuungsstelle (Z4) und
b) jede Erstaufnahmestelle soweit in dieser die Versorgung der Grundbedürfnisse von Asylwerbern, in deren Verfahren noch keine Zulassungsentscheidung getroffen wurde, faktisch gewährleistet wird;[...]
Gewährung der Versorgung
§2. (1) Der Bund leistet Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§1 Z5), wobei im Rahmen der Aufnahme in die Grundversorgung etwaige besondere Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen – so weit als möglich – berücksichtigt werden. Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren
1. zurückgewiesen oder
2. abgewiesen wurde, wenn der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,
bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind. Bei Führung von Konsultationen gemäß der Dublin – Verordnung oder bei zurückweisenden Entscheidungen gemäß §5 AsylG 2005 können im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes, Fremde in Betreuungseinrichtungen des betroffenen Bundeslandes untergebracht werden und von diesen versorgt werden. §6 Abs1 gilt sinngemäß.
(1a) Es besteht kein Anspruch auf Versorgung in einer bestimmten Betreuungseinrichtung des Bundes oder in einem bestimmten Bundesland. Bei Bedarf ist eine Verlegung von Asylwerbern und sonstigen Fremden nach Abs1, die bereits in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, in eine andere Betreuungseinrichtung des Bundes zulässig. Dem Asylwerber ist formlos mitzuteilen, in welcher Betreuungseinrichtung des Bundes (§1 Z5) ihm künftig die Grundversorgung gewährt wird und es ist ihm die kostenlose Anreise zu dieser zu ermöglichen. Diesfalls ist der Asylwerber nicht mehr zum Aufenthalt in der Betreuungseinrichtung, in der ihm bisher Versorgung geleistet wurde, berechtigt.
(2) Asylwerbern und sonstigen Fremden nach Abs1 ist möglichst frühzeitig der Ort mitzuteilen, an welchem ihre Versorgung geleistet wird. Bei der Zuteilung ist auf bestehende familiäre Beziehungen, auf die besonderen Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen und auf ethnische Besonderheiten Bedacht zu nehmen.
(3) [...]
Versorgung nach erfolgter Zulassung
§6. (1) Über erstmalige Unterbringung in einer Betreuungsstelle eines Bundeslandes entscheidet der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit der zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes. Dem Asylwerber ist formlos mitzuteilen, in welcher Betreuungsstelle (§1 Z4) ihm künftig die Grundversorgung gewährt wird und es ist ihm die kostenlose Anreise zu dieser zu ermöglichen.
(2) Bis zur Herstellung des Einvernehmens mit der zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes kann der Asylwerber im unbedingt erforderlichen Ausmaß in der Betreuungsstelle des Bundes (§1 Z4) weiter versorgt werden, jedoch nicht für einen 14 Tage übersteigenden Zeitraum.
(3) Werden auf Grund anderer Rechtsvorschriften oder aus faktischen Gründen Personen in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt, so ist das Bundesamt zuständige Behörde. §2 Abs4 bis 7 gilt sinngemäß.
[...]"
III. Erwägungen
1. Die Klage ist nicht zulässig:
1.1. Gemäß Art137 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
1.2. Die klagende Partei macht zunächst einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen das Land Oberösterreich geltend, dessen Wurzeln im öffentlichen Recht, nämlich im Oö. GVG, liegen. Die Gewährleistung der Grundversorgung von Fremden, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den noch nicht rechtskräftig abgesprochen wurde, wird in Umsetzung unionsrechtlicher Vorschriften sowie der GVV im Wege der Hoheitsverwaltung vollzogen. Diesbezügliche Rechte von Asylwerbern ergeben sich damit aus dem öffentlichen Recht (vgl. VfSlg 18.447/2008; Matti, Effektiver Rechtsschutz für Asylsuchende im Grundversorgungsrecht?, in: Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht – Jahrbuch 2016, 2016, 123 [132 ff.]). Damit scheidet es auch aus, dass dieser Anspruch im ordentlichen Rechtsweg auszutragen ist.
2. Die Zulässigkeit einer Klage nach Art137 B‑VG setzt aber weiters auch voraus, dass eine bescheidmäßige Erledigung des Anspruchs durch eine Verwaltungsbehörde nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben:
2.1. Soweit Personen, wie hier die Klägerin, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, fällt das Oö. GVG in den Anwendungsbereich der Aufnahme‑RL, seine Regelungen ergehen insoweit in Durchführung des Rechts der Union im Sinne des Art51 Abs1 GRC (siehe VfSlg 19.632/2012, 19.865/2014 mwN). Art17 Abs1 Aufnahme‑RL normiert einen Anspruch des Fremden auf die in der Richtlinie vorgesehenen materiellen Leistungen und somit innerstaatlich gesehen auf Leistungen aus der Grundversorgung ab dem Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz (schon zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung in Art13 Abs1 der RL 2003/9/EG sprach der Gerichtshof der Europäischen Union aus, dass "der Zeitraum, in dem den Asylwerbern die materiellen Aufnahmebedingungen gewährt werden müssen, mit der Antragstellung beginnt", EuGH 27.2.2014, Rs. C‑79/13, Saciri, Rz 33 f.). Nach Art20 Abs5 der Aufnahme‑RL setzt die Einschränkung bzw. der Entzug von Grundversorgungsleistungen eine im Einzelfall begründete Entscheidung voraus, die im Rahmen eines im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Rechtswegs letztlich vor einem Gericht bekämpfbar sein muss (Art26 Abs1 Aufnahme‑RL). Art20 Abs6 der Aufnahme‑RL besagt, dass "im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen nicht entzogen oder eingeschränkt werden" dürfen, bevor nicht eine solche im Einzelfall begründete Entscheidung ergangen ist.
Schon im Hinblick auf das Rechtsschutzsystem der früheren RL 2003/9/EG – und nichts anderes kann für die insoweit vergleichbaren Regelungen der Aufnahme‑RL, insbesondere des Art20 Abs5 und 6 in Verbindung mit Art26 dieser Richtlinie gelten – hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss VfSlg 18.447/2008 zum Oö. GVG ausgesprochen, "dass die Grundversorgung nur infolge eines rechtsgestaltenden Bescheides entzogen oder eingeschränkt werden darf" (die bloß eine bescheidförmige ex-post-Feststellung der faktischen Einschränkung bzw. Entziehung vorsehenden Regelungen des §4 Oö. GVG sind daher, wie sich schon aus VfSlg 18.447/2008 ergibt, auf Grund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts im Anwendungsbereich der Aufnahme‑RL unangewendet zu lassen).
In der erwähnten Rechtssache Saciri hat der Gerichtshof der Europäischen Union zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach der RL 2003/9/EG in der Folge hervorgehoben, dass sowohl die allgemeine Systematik und der Zweck der Aufnahme‑RL wie auch insbesondere Art1 GRC "dem entgegen[stehen], dass einem Asylwerber, und sei es auch nur vorübergehend nach Einreichung eines Asylantrags, der mit den in dieser Richtlinie festgelegten Mindestnormen verbundene Schutz entzogen wird" (EuGH, Rs. C‑79/13, Rz 35). Im Lichte des Art1 GRC verlangt also die Aufnahme‑RL nach dieser Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, dass Personen, die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, unmittelbar mit diesem Antrag ein Anspruch auf die in der Aufnahme‑RL vorgesehen materiellen Leistungen, mithin ein Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung zukommt, der nur durch eine förmliche hoheitliche Entscheidung, die einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist, verweigert, eingeschränkt oder entzogen werden kann.
2.2. Aus diesen nunmehrigen unionsrechtlichen Vorgaben folgt, dass – anders als dies der Verfassungsgerichtshof noch für Fälle der (gänzlichen) Verweigerung von Grundversorgung mangels Vorliegens der Voraussetzungen in VfSlg 18.525/2008 (also vor der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rs. Saciri) angenommen hat – im Gefolge eines Antrages auf internationalen Schutz Versorgungsleistungen im Sinne der Aufnahme‑RL und damit der Grundversorgung nach dem einschlägigen Grundversorgungsgesetz vorläufig ungeachtet des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen erbracht werden müssen, bis ein Bescheid ergeht, der den gesetzlichen Anspruch auf diese Leistungen verweigert, einschränkt oder entzieht.
3. Wird dieser Verpflichtung zuwider die Leistung, noch bevor ein entsprechender Bescheid ergangen ist, faktisch vorenthalten, so ist der Asylwerber auf die Beschreitung des Rechtsweges angewiesen, um diese Leistung – gegebenenfalls vorläufig – durchzusetzen.
3.1. In VfSlg 18.447/2008 hat der Verfassungsgerichtshof für Fälle der Einschränkung oder des Entzugs von schon gewährten Grundversorgungsleistungen solange, bis ein entsprechender Bescheid ergeht, den Rechtsweg nach Art137 B‑VG für eröffnet gesehen. Der Asylwerber könnte "bei faktischer Vorenthaltung der Grundversorgung eine Klage nach Art137 B‑VG erheben, solange und insoweit die Entziehung der Grundversorgung noch nicht durch Bescheid verfügt wurde". In VfSlg 18.525/2008 hat der Gerichtshof demgegenüber in den Fallkonstellationen, in denen Grundversorgungsleistungen (mangels Vorliegens von Voraussetzungen) von vorneherein nicht gewährt (also verweigert) werden, den Asylwerber auf den Rechtsweg der Bekämpfung des den Anspruch auf Grundversorgungsleistung abweisenden Bescheids verwiesen (vgl. auch schon VfSlg 17.985/2006). Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt zum GVG‑B die Auffassung, dass ein Asylwerber bei unzureichender Gewährung von Grundversorgung durch das Stellen eines entsprechenden Antrags einen Bescheid (des BFA auf Grund des GVG‑B) zu erwirken und diesen gegebenenfalls (nach §9 Abs2 GVG‑B) mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten hat (VwGH 14.4.2016, Ra 2015/21/0190).
3.2. Es stellt sich daher die Frage, ob ein Asylwerber bis zur Erlassung eines Leistungen aus der Grundversorgung verweigernden, einschränkenden oder entziehenden Bescheids den ihm kraft Gesetzes zustehenden Anspruch auf solche Leistungen, werden sie ihm faktisch vorenthalten oder begehrt der Asylwerber Ersatz für entfallene oder mangelhafte Leistungen, im Wege einer Klage nach Art137 B‑VG oder im Wege der Bekämpfung des jedenfalls notwendigen Bescheids durchzusetzen hat:
Art26 Abs1 der Aufnahme‑RL sieht vor, dass dem Asylwerber gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Gewährung, dem Entzug oder der Einschränkung von Grundversorgungsleistungen ein Rechtsbehelf nach dem im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verfahren, letztlich eine gerichtliche Überprüfung offenstehen muss. Die Aufnahme‑RL verweist also – nach Maßgabe des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes (vgl. zB EuGH 1.12.1998, Rs. C‑326/96, Levez, Rz 18; Öhlinger/Potacs, EU‑Recht und staatliches Recht5, 2014, 103 ff.) – auf die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen, letztlich gerichtsförmigen Rechtsschutzverfahren, die denjenigen in vergleichbaren innerstaatlichen Rechtssachen in ihrer Wirksamkeit gleichkommen müssen (lässt aber zunächst die Entscheidung durch eine administrative Instanz damit ausdrücklich zu, siehe dazu schon VwGH 14.4.2016, Ra 2015/21/0190).
Aus der Sicht des Asylwerbers und der unionsrechtlichen Vorgaben für den Rechtsschutz, insbesondere auch des Art47 GRC, ist für den Asylwerber entscheidend, dass er im Regelfall seinen bestehenden (Ersatz‑)Leistungsanspruch wirksam durchsetzen kann. In diesem Zusammenhang ist, worauf der Verfassungsgerichtshof schon in VfSlg 18.525/2008 und auch der Verwaltungsgerichtshof (in seiner Entscheidung vom 14. April 2016, Ra 2015/21/0190) hingewiesen haben, zu betonen, dass §73 AVG vorsieht, dass die Behörde "ohne unnötigen Aufschub" zu entscheiden hat. Gerade in Fällen der Grundversorgung ist von einer Behörde zu erwarten, dass sie das Ermittlungsverfahren möglichst rasch abschließt und sofort einen Bescheid erlässt, schon um im Falle schuldhafter Säumnis eine Rechtswidrigkeit zu vermeiden, die zu einer Amtshaftung führen würde (siehe mwN VfSlg 18.525/2008). Angesichts dieser Verpflichtung und der Sachnähe der für die Vollziehung hier des Oö. GVG im Anwendungsbereich der Aufnahme‑RL zuständigen Behörde (die Leistungen der Grundversorgung mit Bescheid zu verweigern, einzuschränken oder zu entziehen hat) sowie des bloß subsidiären Charakters einer Klage nach Art137 B‑VG (siehe dazu VfSlg 3287/1957, 11.395/1987; VfGH 29.2.2016, A7/2015, uva.) ist der gebotene Rechtsschutz gewährleistet, wenn der Asylwerber in jedem Fall, also sowohl für die Durchsetzung als auch für die Geltendmachung von (Ersatz‑)Ansprüchen bei faktischer Verweigerung der Grundversorgungsleistungen auf den Verwaltungs(gerichts)weg verwiesen ist.
Damit ist nämlich sichergestellt, dass über (alle) Ansprüche auf Leistungen aus der Grundversorgung (zunächst) jene Behörde entscheidet, der die Konkretisierung der dem einzelnen Asylwerber jeweils in einer bestimmten Situation zustehenden Leistungen aus der Grundversorgung im Rahmen der Vollziehung des Gesetzes zukommt. Angesichts der bestehenden gesetzlichen Verpflichtung, einem Asylwerber ab Antragstellung auf internationalen Schutz solange Grundversorgung zu gewährleisten, bis dieser Anspruch durch bescheidförmige Entscheidung (sei es im Asylverfahren, sei es in einem Verfahren nach dem einschlägigen Grundversorgungsgesetz) verweigert, eingeschränkt oder entzogen wird, ist im Lichte des Art18 B‑VG auch davon auszugehen, dass Fälle, in denen dieser Anspruch bloß faktisch vorenthalten wird, wenn überhaupt dann eine Ausnahme bilden, sodass die notwendige verwaltungsbehördliche Entscheidung in diesen Fällen auch entsprechend rasch ergehen kann (für außergewöhnliche Situationen trifft Art18 Abs9 Aufnahme‑RL Vorsorge).
3.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 14. April 2016, Ra 2015/21/0190, mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass diese Konstruktion des Rechtsschutzes mit den Anforderungen des Unionsrechts, insbesondere mit Art26 der Aufnahme‑RL in Verbindung mit Art47 GRC und auch mit dem Effektivitätsgrundsatz im Einklang steht (weshalb der Verwaltungsgerichtshof auch keinen Anlass gesehen hat, gemäß Art267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass im Zuge der Beantragung eines entsprechenden Bescheids auch ein auf das Unionsrecht gestützter Antrag auf einstweilige Anordnung mit der Behauptung in Betracht kommt, die unzureichende Gewährung von Grundversorgung, mithin die faktische Vorenthaltung der Leistungen, auf die der Asylwerber bis zur Erlassung eines rechtsgestaltenden Bescheids einen gesetzlichen Anspruch hat, widerspreche der Aufnahme‑RL. Dabei geht es, so der Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf die Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 2015, Fr 2015/21/0012), "darum, vorläufigen Rechtsschutz einzuräumen, um die Effektivität des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbehelfs sicherzustellen. […] Dass ein derartiger Antrag (verbunden mit dem Antrag in der Hauptsache) an das BFA zu richten ist, das darüber – selbstredend: unverzüglich – zu entscheiden hat, beeinträchtigt nicht die Effektivität des Rechtsschutzes, sondern ermöglicht im Gegenteil der zuständigen Behörde eine sofortige Reaktion – dies freilich unter der nachprüfenden Kontrolle des mit Beschwerde anrufbaren und ebenfalls zur unverzüglichen Entscheidung verpflichteten Verwaltungsgerichtes".
4. Der Verwaltungsrechtsweg ist damit aber auch für jene Konstellationen wie die hier vorliegende eröffnet, in der die Klägerin, der nunmehr Grundversorgungsleistungen gewährt werden, Ersatz dafür beansprucht, dass ihr vordem (ihrer Meinung nach zu Unrecht) Grundversorgungsleistungen faktisch vorenthalten wurden. Gleiches gilt im Übrigen für jene Fallkonstellationen, in denen ein Asylwerber die (bloß faktische) Einschränkung ihm zustehender Grundversorgungsleistungen im Sinne einer mangelhaften Grundversorgung behauptet und dafür einen entsprechenden Ersatz begehrt. Auch in diesen Fällen bleibt der Asylwerber darauf verwiesen, einen Bescheid zu beantragen, weil wegen des Sachzusammenhangs auch die Entscheidung über allfällige Ersatzansprüche dem Rechtsweg in der Hauptsache der Entscheidung über die Leistung selbst folgt. Der Asylwerber ist damit gehalten, bei faktischer Verweigerung oder Einschränkung der Grundversorgung jedenfalls einen Bescheid zu beantragen. Er muss in diesen Fällen also seinen Anspruch gegenüber der Verwaltung geltend machen und kann nicht zunächst hinnehmen, dass ihm behaupteterweise zustehende Leistungen aus der Grundversorgung vorenthalten werden und (nur) im Nachhinein (Geld-)Ersatz begehren. Das ist verfassungsrechtlich wie unionsrechtlich nicht zu beanstanden (dazu, dass bis zur Erlassung eines entsprechenden Bescheides jedenfalls Grundversorgung zu gewähren ist, siehe Punkt 2.2.).
4.1. Die Klägerin muss also, ungeachtet des Umstandes, dass sie zwischenzeitig Grundversorgung bezieht, einen Bescheid nach §3 Abs2 iVm Abs6 Oö. GVG erwirken, mit dem darüber abgesprochen wird, ob der Klägerin für den von ihr beanspruchten Zeitraum Grundversorgungsleistungen zustehen. Damit kommt für die Klägerin aber eine bescheidmäßige Erledigung ihres Anspruchs in Betracht, was die Zulässigkeit einer Klage nach Art137 B‑VG ausschließt.
IV. Ergebnis
1. Die Klage ist daher zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung gründet auf §41 VfGG, wonach dem unterliegenden Teil (im Verfahren nach Art137 B‑VG) auf Antrag der Ersatz der Prozesskosten auferlegt werden kann. Nach Lage des vorliegenden Falles war es jedoch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof einen Rechtsanwalt mit der Vertretung des Landes Oberösterreich zu betrauen (vgl. auch VfSlg 9281/1981, 9507/1982, 15.041/1997, 17.673/2005, 17.985/2006, 18.192/2007, 19.806/2013, 19.998/2015).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)