OLG Wien 34R68/15t

OLG Wien34R68/15t13.7.2015

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke ***** über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 10.12.2014, WM 150/2013-9, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2015:03400R00068.15T.0713.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Die Antragstellerin beruft sich auf ihre

a) Wortmarke *****, eingetragen für die Warenklasse 25 (Schuhwaren, Socken), und ihre

b) Wortbildmarke *****, eingetragen für die Warenklasse 25 (Schuhwaren [ausgenommen orthopädische Schuhwaren]; Socken).

Sie widersprach der Wortmarke (angegriffene Marke) *****, eingetragen für folgende Waren der Klasse

25 Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke, nämlich Hosen, Shorts, Hemden, T‑Shirts, Pullover, Sweatshirts, Jogginghosen, Unterwäsche, Sport-BHs, Kleider, Röcke, Sweater, Jacken, Socken, Kappen, Hüte, Blendschirme, Schweißbänder, Handschuhe, Gürtel, Strickwaren, Armbänder, Mäntel, Westen, Jerseys, Windjacken.

Die angegriffene Marke sei insbesondere wegen der Warenidentität zur Verwechslung mit den Widerspruchsmarken geeignet.

Die Antragsgegnerin bestritt in ihrer Äußerung vom 28.1.2014 die Verwechselbarkeit und erhob die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarken gemäß § 29b Abs 1 zweiter Satz MSchG.

In Erwiderung darauf legte die Antragsstellerin mit Eingabe vom 1.4.2014 Nachweise zur Benutzung der Widerspruchsmarken vor.

Die Antragsgegnerin replizierte, die Unterlagen beträfen teilweise einen Zeitraum, der außerhalb des „relevanten Zeitraums“ liege. Aus den Beilagen./1 und ./8 sei die Benutzung der Marke ***** nicht zu entnehmen, auch seien die Beilagen./17, ./19 und ./20 nicht zum Nachweis dafür geeignet, dass das Zeichen markenmäßig verwendet worden sei. Es seien auch Rechnungen vorgelegt worden, die der Antragstellerin nicht zuzuordnen seien.

In weiterer Folge legte die Antragstellerin keine Unterlagen mehr vor und führte nur aus, dass die „G*****“ eine Schwestergesellschaft der „I*****“ sei. Es sei daher von einer konkludenten Einwilligung der Zeichenbenutzung auszugehen. Die Schuhe würden nicht nur in Sofia, sondern in drei weiteren Städten von der „R***** Ltd.“ in Bulgarien verkauft werden. Der Preis pro Paar liege ca bei USD 15,-- bis 20,--. Derzeit würden weiteren Absatzmärkte in Europa erschlossen.

Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Patentamt den Widerspruch mit der wesentlichen Begründung ab, dass aus den vorgelegten Unterlagen für den relevanten Beobachtungszeitraum vom 20.6.2008 bis 20.6.2013 keine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarken ableitbar wäre.

Es ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

«Die Widersprechende hat im Zeitraum von September 2012 bis September 2013 tausende Paar Schuhe an ein Geschäft in Bulgarien [...] geliefert. Diese Schuhe waren mit Wortlauten „*****“ (teils in Schreibschrift) versehen. Eine Grafik, wie sie die CTM ***** zeigt, war nicht zu erkennen.»

Teilweise beweiswürdigend wird weiters angeführt:

«Die von der Widersprechenden genannte Zahl an gelieferten Paar Schuhen im Bereich von 41.000 ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht zweifelsfrei ableitbar, weil

Es ist also von einer deutlich unter 41.000 Paar liegenden Zahl auszugehen.

Eine Benutzung betreffend die Waren Socken wurde nicht ansatzweise glaubhaft gemacht, die Widersprechende bringt dazu lediglich vor, aufgrund der ähnlichen Eigenschaften und Zweckbestimmung mit Schuhen seien die Marken auch insofern als benutzt anzusehen. Selbst für den Fall, dass man sich diesem Argument anschließen sollte, teilen diese Waren aber das Schicksal der Schuhwaren.

Der Widersprechenden wurde die umfassende Stellungnahme der Inhaberin der angefochtenen Marke zu den Unterlagen übermittelt und die Möglichkeit gegeben, sich zu äußern. Die Äußerung enthielt Angaben, insbesondere betreffend die Firma „G*****“ („Schwestergesellschaft“) sowie den Vertrieb der Schuhe in anderen Städten. Zu der Behauptung betreffend die drei weiteren Städte in Bulgarien fehlen aber jegliche Nachweise. Auch dass es sich bei der Firma „G*****“ um eine Schwestergesellschaft der Widersprechenden handle, wurde nicht belegt bzw. kann eine Zustimmung zum Gebrauch der Marke im Rahmen einer Unternehmensorganisation nicht automatisch angenommen werden. Die jeweiligen Umstände (Tochtergesellschaft; Schwestergesellschaft) erfordern eine differenzierte Betrachtung, welche die Widersprechende schuldig bleibt. Die dahingehenden Angaben können daher ebenfalls keine Berücksichtigung finden.»

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin – erkennbar aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung – mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Rekurs abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Die Antragstellerin stellt nur (erneut) die Behauptung auf – ohne aber konkret und näher darauf einzugehen –, dass aus den von ihr vorgelegten umfangreichen Benutzungsnachweisen in hinreichender Weise hervorgehe, dass die Widerspruchsmarke ***** mit einem ernsthaften Gebrauchswillen in wirtschaftlich sinnvoller Weise und stetig über Jahre hinweg benutzt worden sei. Die Umsatzzahlen seien ausreichend groß, um über einen bloßen Scheingebrauch hinauszugehen. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass gerade bei Schuhen ein höchst vielfältiges Angebot gegeben sei, kaum Marktlücken vorlägen und ein hoher Konkurrenzdruck bestehe, weshalb es – besonders für Anbieter günstiger Schuhbekleidung – sehr schwierig sei, auf einem solchen Markt Fuß zu fassen und sich zu etablieren.

Es werde mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Inhaberin der Widerspruchsmarken derzeit weitere Absatzmärkte in Europa erschließe und ausbaue und folglich damit begonnen habe, Schuhwaren unter dem Namen ***** auch in anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere in Deutschland zu vertreiben. Sie habe ein schutzwürdiges Interesse am Schutz ihrer *****-Marken.

Es sei auch klargestellt worden, dass die Firmen „G*****“ und „I*****“ Schwesterngesellschaften seien, wobei der Vorstandsvorsitzende für beide Gesellschaften derselbe sei und deshalb vom Vorliegen der konkludenten Zustimmung der Markeninhaberin auszugehen sei. Wenn das Patentamt ausführe, dass das Gesellschaftsverhältnis nicht belegt worden sei, hätte man Gelegenheit für eine Verbesserung einräumen müssen. In Bezug auf die Wortbildmarke werde betont, dass diese zwar in einer von ihrer Eintragung abweichenden, die Unterscheidungsart aber nicht beeinflussenden Form benutzt werde.

2. Vorausgeschickt werden kann, dass das Rekursgericht die Begründung der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen für zutreffend hält, sodass vorweg auf sie verwiesen werden kann (§ 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

2.1 Die durch das Europarecht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs determinierten Grundsätze des Nachweises der Benutzung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (EuGH C‑40/01 – Ansul [Rn 43], C‑416/04 P – Sunrider [Rn 70], C‑259/02 – La Mer Technology [Rn 27]; 17 Ob 11/08d – BUZZ!; RIS-Justiz RS0123519; Om 8/11 – WEG). Nur eine kennzeichenmäßige Benutzung kann daher rechtserhaltend sein. Sie liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf sie so gebraucht wird, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart (zum Beurteilungsmaßstab EuGH C‑342/97 – Lloyd) annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (4 Ob 391/84 – Ford-Spezialwerkstätte; 4 Ob 79/06f – Smiley; 4 Ob 134/06v – BUZZ!; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; RIS-Justiz RS0066671; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 27 ff). Dieses Zeichen muss daher als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047 – OTTO; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rz 19 – LOTTOCARD; Om 2/10 – Flügerl).

2.2 Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig ausreicht, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt von mehreren Faktoren und von einer Einzelfallbeurteilung ab. Dabei sind die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Häufigkeit und die Regelmäßigkeit der Benutzung der Marke, die Frage, ob die Marke benutzt wird, um alle identischen Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers oder nur manche von diesen zu vermarkten, oder auch die Beweise über die Benutzung der Marke, die der Inhaber vorlegen kann, zu berücksichtigen. Es gibt kein Mindestmaß einer Benutzung; selbst eine geringfügige, aber wirtschaftlich tatsächlich gerechtfertigte Benutzung kann ausreichen, um die Ernsthaftigkeit zu belegen (EuGH C‑416/04 P, Slg 2006 I‑4237 – Vitafruit; Om 14/06 – Dreher; Om 4/09 – Sallaki; Om 10/10 – Nuke mwN).

2.3 Auch eine mengenmäßig geringfügige Benutzung kann ernsthaft sein, wenn sie im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile zu behalten oder zu gewinnen (EuGH C‑259/02 – La Mer Technology; EuGH C‑416/04 P – Sunrider, Rn 72). Die Größe des Vertriebsgebietes ist dabei nur einer der zu berücksichtigenden Faktoren (EuGH C‑416/04 P – Sunrider, Rn 76). Auch die Eigenschaften des Markts, die einen unmittelbaren Einfluss auf die kaufmännische Strategie des Markeninhabers haben können, können dabei herangezogen werden (EuGH C‑259/02 – La Mer Technology, Rn 3; Om 10/10 – Nuke; Om 11/09 – BT). Letztlich ist auch zu unterscheiden, ob die Marke zur Kennzeichnung von Massenartikeln oder von Nischenprodukten verwendet wird (Om 11/09 – BT).

Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu stellen, (Om 3/11 – Jones; Om 5/10 – Coolwater; RIS-Justiz RS0066797 [das Löschungsverfahren betreffend]).

2.4 Dass der Verkauf möglicherweise nicht nur unter der registrierten Marke, sondern unter abgewandelten Zeichen (§ 33a Abs 4 MSchG) erfolgt, schadet der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nicht von vornherein: Die Marke muss jedoch auch in der tatsächlich benutzten (erweiterten) Form eindeutig das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnende Element bilden (4 Ob 119/06p = RIS-Justiz RS0121289 – SIERRA Tequila; Om 1/91 = PBl 1991, 193 – ALPO/ALPOFLEX; Om 10/07 – Rothmans; Om 13/10 – Goudina [Gestaltungsspielraum]).

3. Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung des Patentamts im Ergebnis nicht zu beanstanden, wobei unstrittigerweise davon auszugehen ist, dass es sich bei den mit den Widerspruchsmarken gekennzeichneten Waren um Massenartikel des täglichen Gebrauchs handelt.

3.1 Soweit die Antragstellerin (ohne nähere und/oder nachvollziehbare Begründung) ausführt, dass die Umsatzzahlen ausreichend groß seien, um über einen bloßen Scheingebrauch hinauszugehen, so verkennt sie, dass der Großteil der von ihr vorgelegten Unterlagen dies nicht objektivieren. Sie lässt auch offen, von welchen Umsatzzahlen sie selbst ausgeht und warum aus den vorgelegten Unterlagen doch eine (kontinuierliche) ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarken (innerhalb der Europäischen Union) hervorgehen soll. Betrachtet man die einzelnen Nachweise, so können teilweise die angeführten Lieferungen (ohne Verwendung des Markenwortlauts) nur in Kombination mit der Artikelnummer und der Katalogabbildung zugeordnet werden (vgl Beilage./1 und ./2; die Beilage./7 entspricht jenen der ./1 und ./2). Des weiteren betreffen die Rechnungen Beilagen./9, ./10, ./11, ./12 und ./16 die Firma „G*****“ und die Rechnungen Beilagen./12, ./13, ./14 und ./15 liegen außerhalb des relevanten Zeitraums vom 20.6.2008 bis 20.6.2013.

3.2 Eine Marke wird (erst) dann ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die alleine der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 33a Rz 28; EuGH C‑149/11 – Onel [Rn 29] ua; RIS-Justiz RS0123519).

Beim Begriff der ernsthaften Benutzung handelt es sich um einen eigenständigen Begriff des Unionsrechts, der auch einheitlich auszulegen ist. Der EuGH hat auch festgestellt, dass die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wird, nur einer der Faktoren ist, der neben anderen bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist, ob die Benutzung ernsthaft ist. Bei dieser Beurteilung sind die Grenzen des Hoheitsgebiets der Mitgliedsstaaten außer Betracht zu lassen; bei einem solchen Fall könnte eine Benützung der Gemeinschaftsmarke in diesem Gebiet gleichzeitig die Voraussetzung der ernsthaften Benutzung einer Gemeinschaftsmarke und die der ernsthaften Benutzung einer nationalen Marke erfüllen.

3.3 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt – dem die Antragsstellerin argumentativ nichts Substantielles im Rekurs (mehr) hinzufügt, hat die Antragstellerin im Zeitraum September 2012 bis September 2013 „tausende“ (weit unter 41.000 liegende) Paar Schuhe mit den Wortlauten „*****“ (teils in Schreibschrift) an ein Geschäft in Bulgarien geliefert [...]. Schon aufgrund des Aspekts, dass es sich um einen (preisgünstigen) Massenartikel des täglichen Bedarfs handelt und dieser nur an ein Geschäft in Bulgarien – wenn auch in tausenden Paaren – geliefert wurde, ist sowohl in Bezug auf die Wortmarke als auch die Wortbildmarke in der Gesamtbetrachtung von keiner ernsthaften Benutzung der Zeichen in Bulgarien und somit innerhalb der Europäischen Union auszugehen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass im Beobachtungszeitraum keine kontinuierliche Vertriebstätigkeit stattgefunden hat (vgl Beilagen./17 iVm mit den Beilagen./7 und ./8). Zwar gibt es kein Mindestmaß einer Benutzung (EuGH C‑416/04 P – Vitafruit ua), doch erscheint diese Menge eines üblichen notwendigen Gebrauchsartikels bezogen auf den europäischen Raum von zu geringer Bedeutung für eine ernsthafte Markenbenutzung.

Das Rekursgericht hat auch keine Bedenken gegen die vom Patentamt angestellten rechnerischen Vergleiche zur Einschätzung der quantitativen Benutzung in Bezug auf die Einwohnerzahl innerhalb der Europäischen Union und von Österreich (in Bezug auf Bulgarien sind die Werte aufgrund der vergleichbaren Einwohnerzahl zu jener von Österreich annähernd übertragbar [7,4 Millionen]). Dies schon deshalb nicht, weil die Antragstellerin nach ihren Informationen im Internet beispielsweise in der Türkei über 1000 Verkaufsgeschäfte und -quellen hat, was jedenfalls – im Gegensatz zu Bulgarien (mit einer Verkaufsstelle) – jedenfalls für eine ernsthafte Benutzung eines Massenartikels sprechen würde. Vergleicht man dazu die Verkaufszahlen des Partners R***** Ltd., so berichten diese (im Jahr 2011 [...]) von 1,5 Millionen (Schuh‑)Verkäufen nur am Balkan. Daher reichen die vorgelegten Unterlagen betreffend diesen Vertragspartner in Bulgarien insgesamt nicht aus, um für die Widerspruchsmarken eine ernsthafte Benutzung sowohl „national“ in Bulgarien als auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ansatzweise nachzuweisen.

Eine andere Beurteilung würde nur dazu führen, dass die Gemeinschaftsmarken der Antragsstellerin, obwohl sie nicht benutzt werden, das Spektrum der Zeichen, die andere Marktteilnehmer als Marken eintragen lassen können, beschränken und den Mitbewerbern die Möglichkeit der Verwendung dieser oder ähnlicher Marken nehmen, wenn diese im Binnenmarkt Waren oder Dienstleistungen anbieten, die mit den durch die fragliche Marke geschützten identisch oder ihnen ähnlich sind. Folglich würde die Nichtbenützung der Gemeinschaftsmarken auch den freien Warenverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr beschränken.

3.4 Auch wenn die Antragstellerin erneut die „Schwesterneigenschaften“ der Gesellschaften „G*****“ und „I*****“ behauptet, verabsäumt sie es auch im Rahmen des Rekursverfahrens, allfällige Nachweise dafür vorzulegen (neue Tatsachen oder Beweismittel hätten zur Stützung der in der ersten Instanz vorgebrachten Tatsachen und Beweise vorgebracht werden dürfen [§ 139 Z 3 PatG]). Zudem sind ihr die zu bescheinigenden Aspekte bekannt und sie kann nicht davon ausgehen, dass ihr Unterlagen zugeordnet werden, die schon namentlich nicht mit ihr in Zusammenhang zu bringen sind.

Im Übrigen hat das Rekursgericht erst kürzlich klargestellt (34 R 82/14z und 34 R 100/14x), dass das Patentamt grundsätzlich nicht verpflichtet ist, (patent-)anwaltlich vertretenen Parteien darüber anleitend zu belehren, welche Bescheinigungsmittel zum Nachweis der ernsthaften markenmäßigen Benutzung für die zukünftige Entscheidung als ausreichend anzusehen sein werden.

3.5 Warum ein hoher Konkurrenzdruck und/oder fehlende Marktlücken gerade bei der günstigen Schuhbekleidung für die ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarken von Relevanz sein soll, ist für das Rekursgericht unter Bezugnahme auf die oben dargestellten Grundsätze nicht nachvollziehbar. Auch bleibt es für die Beurteilung ohne Einfluss, wenn die Antragstellerin derzeit (also zeitlich außerhalb des Beurteilungszeitraumes) weitere Absatzmärkte in Europa erschließt und begonnen hat, Schuhwaren unter dem Namen ***** auch in anderen Ländern der Europäischen Union, insbesondere in Deutschland zu vertreiben.

3.6 Im Ergebnis war daher dem Widerspruch nicht stattzugeben, weil die ernsthafte kennzeichnungsmäßige Benutzung der Widerspruchsmarken fehlt.

Die Verwechslungsgefahr kann daher ungeprüft bleiben.

4. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

5. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.

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