Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.778,94 (darin EUR 296,49 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Gegenstand des Unternehmens der beklagten Partei ist die Veranstaltung von Sprachreisen für Schüler, daneben auch die Veranstaltung von Gruppenreisen, Auslandsaufenthalten von Studenten und Auslandsstudien von Schülern. Der Kläger war seit 1. 1. 1979 als Angestellter, zuletzt als leitender Mitarbeiter, bei der beklagten Partei beschäftigt. Seine Aufgaben umfassten neben Standardbüroarbeiten auch Kalkulation, die Durchführung von Besprechungen mit Fluglinien, die Abwicklung der Flugarrangements sowie die Kontaktaufnahme mit den Auslandspartnern, die vor Ort mit der Abwicklung der Schüleraufenthalte betraut waren. Mit ausdrücklicher Bewilligung des seinerzeitigen Geschäftsführers durfte der Kläger Datensätze aus der Betriebs-EDV ausdrucken und mit nach Hause nehmen, um sie dort zu korrigieren bzw auf den neuesten Stand zu bringen. Bei diesen Ausdrucken hatte es sich im Wesentlichen um Kundendateien gehandelt, welche als "Teilnehmerverzeichnisse" bezeichnet wurden. In der ersten Zeit nach Einführung der EDV war es dem Kläger nicht möglich, E-Mails an seine Privatadresse zu versenden; dies wäre nur über den PC des Geschäftsführers möglich gewesen. Nach dem Geschäftsführerwechsel per 1. 1. 2000 wurde das im Betrieb existierende EDV-System technisch erweitert und allen Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, von ihren PCs aus E-Mails zu versenden. Dem Kläger wurden seitens der Geschäftsführer auch dienstliche E-Mails an seine Privatadresse übersandt. Ohne dass dies den Geschäftsführern zur Kenntnis gelangt wäre, übersandte der Kläger auch Kundendateien an seine private E-Mail-Adresse, um diese dort zu aktualisieren und danach die bearbeiteten Dateien wieder an den PC der beklagten Partei zurückzusenden. Die Geschäftsführer zeigten sich insbesondere ab Beginn des Jahres 2001 mit der Arbeit des Klägers nicht mehr zufrieden, weshalb es zu regelmäßigen Arbeitsgesprächen, konkreten Aufträgen und Berichtspflichten kam. Ab März 2001 wurde zunächst noch allgemein über die Möglichkeiten einer Trennung gesprochen, am 6. 7. 2001 kam der Kläger mit den Geschäftsführern grundsätzlich überein, dass das Dienstverhältnis nur mehr bis zum Jahresende 2001 andauern solle. Nach Kundenbeschwerden im Juli 2001 wurde gegenüber dem Kläger am 30. 7. 2001 die Kündigung zum 31. 12. 2001 ausgesprochen. Mit dem Kläger war vereinbart worden, dass er im Anschluss an den Ausspruch der Kündigung seinen Resturlaub konsumieren solle, daran anschließend solle er dienstfrei gestellt werden. Der Kläger sollte sich nach seinem Urlaub im Unternehmen melden, um einen Termin für die Abschlussübergabe zu fixieren. Am 30. 7. 2001 wurden ihm auch die Dienstschlüssel und ein Dienst-Handy abgenommen. Die Frage, ob er noch Firmenunterlagen zu Hause aufbewahre, verneinte der Kläger. Vereinbart war, dass der Kläger bis zum Abschlussgespräch noch Aufstellungen über die mit einem schwedischen Geschäftspartner erfolgten Verhandlungen abliefern solle. Dafür war es nicht notwendig, in eine Kartei mit Namen und Adressen von Lehrern Einsicht zu nehmen.
Am 20. 8. 2001 erschien der Kläger überraschend im Betrieb. Einer der Geschäftsführer ersuchte ihn, zu einem anderen Termin wieder zu kommen, woraufhin als Termin für das Abschlussgespräch der 29. 8. 2001, 14.00 Uhr, fixiert wurde. Schon während seines Urlaubes waren der Arbeitsplatz des Klägers abgebaut, sein Computeranschluss stillgelegt und die Aktenordner anderen Mitarbeitern zur Bearbeitung zugeteilt worden. Zur Vorbereitung des Abschlussgespräches übermittelte der Geschäftsführer dem Kläger an dessen Privatadresse konkrete Dateien mit Listen über Aussendungen an Lehrer und Schüler mit der Bitte, diese Dateien zu ordnen.
Am 29. 8. 2001 erschien der Kläger im Betrieb der beklagten Partei und musste feststellen, dass sein Arbeitsplatz bereits abgebaut war. Er setzte sich daraufhin an den Schreibtisch einer gerade auf Urlaub befindlichen Mitarbeiterin und sandte von deren PC aus ein E-Mail an seine Privatadresse, wobei er diesem E-Mail als Attachment die gesamte Lehrerdatei der beklagten Partei anschloss. Diese wies einen Umfang von ca 12,5 Megabyte auf und enthielt Daten von ca 7.000 Lehrern, die in den letzten 30 Jahren mit der beklagten Partei in Vertragsbeziehung gestanden waren. (Darin waren neben den Namen und den Adressen der Lehrer auch die an sie geleisteten Zahlungen sowie persönliche Daten der Lehrer, wie Krankheiten, Krankenstände udgl angeführt. Lehrer sind für die beklagte Partei potenzielle Akquisitionsansprechpartner, über sie kommt die beklagte Partei zu den Daten jener Schüler, welche dann als eigentliche Kunden für die Veranstaltungen der beklagten Partei gewonnen werden sollen.)
Danach begab sich der Kläger zum Geschäftsführer, um noch einzelne Agenden durchzusprechen. Zum Ende dieses Gespräches brachte der Geschäftsführer zum Ausdruck, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht erwünscht sei und nun die Dienstfreistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist greife. Die Frage des Geschäftsführers, ob er noch irgend etwas zu Hause habe, was der Firma gehöre und ob in der Firma noch private Gegenstände des Klägers aufbewahrt würden, verneinte dieser ausdrücklich. Als sich der Kläger entfernt hatte, kontrollierte der Geschäftsführer routinemäßig den PC der auf Urlaub befindlichen Mitarbeiterin, um nachzusehen, ob irgendwelche wichtigen E-Mails hereingekommen wären. Dabei fiel ihm eine Returnmessage auf, welche vom privaten PC des Klägers stammte. Mangels Speicherkapazität war nämlich von diesem Privat-PC das zuvor vom Kläger dorthin abgesandte E-Mail samt Attachment zurückgekommen. Dies nahm der Geschäftsführer der beklagten Partei zum Anlass, den Kläger mit Schreiben vom 30. 8. 2001 zu entlassen.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger den Zuspruch von Kündigungsentschädigung, Weihnachtsremuneration, Abfertigung sowie Urlaubsentschädigung. Er bestritt, einen Entlassungsgrund gesetzt zu haben.
Die beklagte Partei berief sich auf die Berechtigung der Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit des Klägers.
Das Erstgericht erachtete die Entlassung gemäß § 27 Z 1 AngG als berechtigt und wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Kläger durch den Datentransfer den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 letzter Fall AngG gesetzt habe. Für die Vertrauensverwirkung komme es nicht darauf an, ob der Kläger in der Zeit, in der er sich des Vertrauensbruches schuldig gemacht habe, dienstfrei gestellt gewesen sei, Vertrauensverletzungen könnten auch noch während der Kündigungsfrist gesetzt werden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Frage, ob die Überspielung fremder Daten auf einen eigenen Datenträger des Arbeitnehmers ohne Zustimmung und Kenntnis des Arbeitgebers Vertrauenswürdigkeit im Sinn des § 27 Z 1 letzter Fall AngG begründe, erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragte, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist entgegen dem das Revisionsgericht nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Frage, ob eine unbefugte Datenübertragung eines Arbeitnehmers den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit erfüllt, kann nicht generell beantwortet werden, vielmehr ist auch hier auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, die Bedeutung des Eingriffs, dessen Umfang und die Begleitumstände, unter denen die Tat erfolgt, abzustellen. Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit kommt es allgemein darauf an, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens aus die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern an das Gesamtverhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des einzelnen Falles und nach der gewöhnlichen Verkehrsauffassung angewendet zu werden pflegt (stRsp RIS-Justiz RS0029833). Im hier vorliegenden Fall kann nicht übersehen werden, dass der Kläger, zumal er ja zum Abschlussgespräch erschien, keinerlei Daten des Unternehmens mehr benötigen konnte, weshalb sein Eingriff durch keinerlei Dienstinteresse indiziert war. Die Beurteilung durch das Berufungsgericht, wonach die Geschäftsführer der beklagten Partei wie jeder andere Arbeitgeber (Vertreter) an ihrer Stelle darin die Vorbereitung konkurrenzierender Tätigkeit unter Benützung nicht allgemein zugänglicher Daten verstehen mussten, ist daher jedenfalls vertretbar. Das Berufungsgericht verweist auch richtig auf die Judikatur, nach der das Vorliegen einer Vertrauensverwirkung entscheidend ist und es nicht darauf ankommt, ob für den dienstfrei gestellten Arbeitnehmer noch die Gelegenheit besteht, dienstliche Interessen des Arbeitgebers in Zukunft wieder zu verletzen (RIS-Justiz RS0029797). Es entspricht überdies der Rechtsprechung, dass ein Arbeitnehmer, der während der Kündigungsfrist Unternehmensunterlagen für private Zwecke kopiert, dadurch einen Entlassungsgrund setzen kann (RIS-Justiz RS0029749).
Auch der Kläger vermag sohin keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, welche eine Revision zulässig erscheinen ließe.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil die beklagte Partei darin auf die Unzulässigkeit der Revision hinwies.
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