OGH 9ObA87/04s

OGH9ObA87/04s15.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Heidemarie P*****, Fachärztin, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, wegen EUR 19.225,89 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. April 2004, GZ 7 Ra 56/04p-7, womit der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. März 2004, GZ 32 Cga 40/04t-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt mit der am 26. 2. 2004 eingebrachten Klage von der Beklagten, die sie mit "Republik Österreich (Bund) Medizinische Fakultät, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien, Bundesbedienstete AKH" bezeichnete, Zahlung einer Abfertigung von EUR 19.225,89sA. Sie sei vom 1. 7. 1997 bis 31. 8. 2002 als Assistenzärztin an der Universitätsklinik für ***** beschäftigt gewesen. Dabei habe es sich um ein öffentlich-rechtliches Beamtendienstverhältnis nach dem BDG gehandelt, aus dem ihr gemäß § 54 GehaltsG eine Abfertigung von 6 Monatsbezügen in Höhe des Klagebetrages zugestanden sei. Ab 1. 9. 2002 sei sie von der Beklagten in ein Assistentendienstverhältnis nach dem VBG übernommen worden. Gemäß § 3a VBG trete der Bund als privatrechtlicher Arbeitgeber in das zuvor bestehende Dienstverhältnis ein. Dies bedeute, dass er als privatrechtlicher Arbeitgeber auch für die mit 31. 8. 2002 angefallene Abfertigung aus dem öffentlichen-rechtlichen Beamtendienstverhältnis hafte. Das Vertragsbedienstetenverhältnis sei in weiterer Folge aufgelöst worden.

Über Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes, die Beklagte "eindeutig zu bezeichnen", benannte die Klägerin die Beklagte "Republik Österreich Universität Wien (Medizinische Fakultät), 1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20". Hierauf wies das Erstgericht die Klage als zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung ungeeignet zurück. Auch nach der von der Klägerin über Verbesserungsauftrag bekanntgegebenen Bezeichnung der Beklagten bestünden entgegen § 75 Z 1 ZPO weiterhin Unklarheiten, welcher Rechtsträger als Beklagter in Anspruch genommen werden solle. Gemäß § 4 Universitätsgesetz (UG) 2002 seien Universitäten von der Republik Österreich verschiedene juristische Personen des öffentlichen Rechts, darunter gemäß § 6 UG 2002 auch die Universität Wien und die Medizinische Universität Wien. Der Klage sei kein Hinweis zu entnehmen, dass die Klägerin zwei Rechtsträger klagen wolle.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge. Die Universitäten hätten ihre Vollrechtsfähigkeit mit 1. 1. 2004 erlangt. Da die Klage im Februar 2004 eingebracht worden sei, könnten mit der von der Klägerin gewählten Bezeichnung der Beklagten drei parteifähige Rechtssubjekte gemeint sein, nämlich die Republik Österreich, die Universität Wien und die Medizinische Universität Wien. Auch die weiteren Klageangaben bieten keine ausreichende Information, um die Beklagte eindeutig zu bestimmen. Wann das Vertragsbedienstetenverhältnis beendet worden sei, könne der Klage nicht entnommen werden. Hätte es über den 31. 12. 2003 hinaus gedauert, wäre es auf eine der ab 1. 1. 2004 vollrechtsfähig gewordenen Universitäten übergegangen. Die Klägerin sei daher dem berechtigten Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes nicht nachgekommen. Der Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer über den Einzelfall hinausgehenden erheblichen Rechtsfrage abhänge.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der erstgerichtliche Beschluss aufgehoben werde; alternativ wird die Aufhebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung begehrt.

Der Revisionsrekurs ist wegen unrichtiger Beurteilung der Frage, wer als Beklagter in Anspruch genommen werden sollte, zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klage muss alle Angaben enthalten, die ihre geschäftliche Behandlung durch das Gericht ermöglichen, insbesondere hat jeder Schriftsatz gemäß § 75 Z 1 ZPO die Bezeichnung der Parteien nach Namen (Vor- und Zuname), Beschäftigung, Wohnort und Parteistellung zu enthalten. § 75 Z 1 ZPO spricht nur von natürlichen Personen; zu bezeichnen sind jedoch alle Parteien, also auch jene, die juristische Personen oder sonst parteifähig sind (Konecny in Fasching/Konecny² II/2 § 75 Rz 5). Die Vorschrift des § 75 Z 1 ZPO dient der einwandfreien Identifizierung der Parteien (2 Ob 650/84). Eine einzelne Person soll so genau individualisiert werden, dass es zu keinen Verwechslungen kommt. Das Fehlen oder die Unrichtigkeit von Angaben schadet nicht, soweit nach den im Schriftsatz vorhandenen Informationen eine einzige Person klar und unzweifelhaft festgelegt ist (Konecny aaO § 75 Rz 4).

Wer Partei ist, bestimmt der Kläger. Bei Unklarheiten ist jene Person als Partei anzusehen, die bei objektiver Betrachtung der Klageangaben als solche erkennbar ist. Zu dieser objektiven Auslegung sind nicht nur die gemäß den §§ 226 Abs 3, 75 Z 1 ZPO vorgeschriebenen Angaben im Kopf des Schriftsatzes heranzuziehen, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift (Gitschthaler in Rechberger, ZPO² § 75 Rz 3 mwN; 7 Ob 599/86; 1 Ob 502/89; 6 Ob 50/97i; RIS-Justiz RS0035060 ua).

Nach dem Inhalt der Klageerzählung nimmt die Klägerin den Bund als privatrechtlichen Arbeitgeber für eine bereits per 31. 8. 2002 angefallene Abfertigung in Anspruch. Für den Bund und die anderen Gebietskörperschaften gilt, dass die Republik Österreich ebenso parteifähig ist (3 Ob 9/92 ua) wie die Länder und die Gemeinden (Fasching II 120; Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz 863). Die Republik Österreich ist als Träger von Rechten und Pflichten ein einheitliches Rechtssubjekt, ohne Rücksicht auf die Gliederung in einzelne Ressorts oder Ämter; deren Beifügung ist üblich und erleichtert (in der Regel) die Zuordnung bei der Finanzprokuratur (Schubert in Fasching/Konecny² II/1 Vor § 1 ZPO Rz 52).

Überlegungen des Rekursgerichtes zur Parteifähigkeit der Universitäten nach § 4 UG 2002 stellen sich hier nicht, weil die Klägerin keine Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis zu einer Universität erhebt, sondern ausschließlich aus ihrem früheren Arbeitsverhältnis zum Bund. Den Vorinstanzen ist zuzugeben, dass die sonst bei Klagen gegen die Republik Österreich übliche Anführung des Ressorts oder Amtes im Fall von Universitäten ab dem 1. 1. 2002 (In-Kraft-Treten des UG 2002) bzw 1. 1. 2004 (volles Wirksamwerden des UG 2002) wenig hilfreich ist. Verschärft wurde dies aber vor allem durch den erstgerichtlichen Verbesserungsauftrag, weil dieser die (vermeintlichen) Mängel nicht einzeln und konkret bezeichnete (Gitschthaler aaO § 85 Rz 29), sondern bloß dahin lautete, die Beklagte "eindeutig" zu bezeichnen, was die Klägerin - ohne nähere Aufklärung, worin das Erstgericht hier eine Zweideutigkeit erblickte - nur zu einer geringfügigen Modifikation der Parteibezeichnung der Beklagten veranlasste, weil sie für das Erstgericht erkennbar nicht verstand, was es von ihr wollte. Dies ist dem mangelhaften Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes zuzuschreiben; eine Verbesserung blieb daher weiterhin möglich (vgl 3 Ob 546/87 ua). Nachdem aber nach dem Inhalt der Klageerzählung klar ist, dass ausschließlich die Republik Österreich - und nicht eine der in § 6 UG 2002 genannten Universitäten - geklagt werden soll, erübrigen sich weitere Verbesserungsaufträge; der sonst übliche Ressort-Zusatz (hier: "Universität Wien [Medizinische Fakultät]") kann allerdings als überflüssig entfallen.

Die Klage eignet sich entgegen der Auffassung der Vorinstanzen durchaus zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren daher aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen. Die Berechtigung des auf das privatrechtliche Arbeitsverhältnis zum Bund gestützten Abfertigungsanspruchs ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht zu prüfen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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