European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:E106246
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 1.238,52 EUR samt 4 % Zinsen seit 27. 7. 2011 binnen 14 Tagen zu bezahlen, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 836,03 EUR (darin 137,87 EUR USt und 8,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit 458,52 EUR (darin 52,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 334,60 EUR (darin 55,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte war bei der Klägerin von 10. 3. 2003 bis zur berechtigten, von der Beklagten verschuldeten Entlassung am 30. 6. 2011 als diplomierte Gesundheits‑ und Krankenschwester beschäftigt. Sie verrichtete Angestelltentätigkeiten. Mit der Endabrechnung im Juli 2011 nahm die Klägerin eine Rückverrechnung des der Beklagten mit der Juniabrechnung für 2011 bereits ausbezahlten Urlaubsgeldes (2.369,26 EUR brutto) vor. Daraus errechnet sich unter Berücksichtigung offener Ansprüche der Beklagten ein Saldo von 1.238,52 EUR netto (1.261,29 EUR brutto). Eine Weihnachtsremuneration gelangte 2011 nicht zur Auszahlung, wurde von der Beklagten aber mit Schreiben vom 23. 8. 2011 geltend gemacht.
Das Dienstverhältnis unterlag dem Kollektivvertrag für Dienstnehmer der Privatkrankenanstalten Österreichs (idF: KV). Dessen § 15, der für alle Dienstnehmer, also auch Angestellte gilt, lautet:
„Urlaubsgeld (13. Monatsbezug) und Weihnachtsremuneration (14. Monatsbezug):
1. Allen Dienstnehmern gebührt jährlich ein Urlaubsgeld und eine Weihnachtsremuneration in der Höhe eines laufenden Monatsentgeltes (Funktionszulage, Überstundenpauschale, Pflegedienstzulage und sämtliche, dem jeweiligen Dienstnehmer tatsächlich gewährte kollektivvertragliche Zulagen inbegriffen).
Der Anspruch auf Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration gebührt nicht, wenn der Dienstnehmer schuldhaft entlassen wird oder ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder die Kündigungsfrist nicht einhält.
2. Bei einer Dienstzeit von weniger als einem Jahr gebührt der aliquote Teil. Ein über den aliquoten Teil des Urlaubsgeldes hinausgehendes bereits empfangenes Urlaubsgeld kann mit dem Anspruch auf das aliquote Weihnachtsgeld aufgerechnet werden und umgekehrt.
3. Das Urlaubsgeld ist den Dienstnehmern vor Urlaubsantritt, spätestens aber am 30. Juni, das Weihnachtsgeld spätestens am 30. November des laufenden Jahres zur Auszahlung zu bringen.
4. Arbeitsunfälle und meldepflichtige Infektionskrankheiten infolge der Tätigkeiten in der Krankenanstalt, die zu entgeltlosen Dienstzeiten führen, sind bei der Berechnung der Sonderzahlungen voll zu berücksichtigen (keine Aliquotierung).“
Die Klägerin begehrt, gestützt auf § 15 Z 1 2. Satz KV, den offenen Saldo von 1.238,52 EUR netto.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde nach und beantragte Klagsabweisung. § 15 Z 1 zweiter Satz KV widerspreche der zwingenden (§ 40 AngG) Bestimmung des § 16 AngG und sei daher rechtsunwirksam. Unter Berücksichtigung der der Beklagten zustehenden aliquoten Weihnachtsremuneration (1. 1. 2011 bis 30. 6. 2011) und des Anspruchs der Klägerin auf Rückverrechnung des aliquoten Urlaubsgeldes (1. 1. 2011 bis 30. 6. 2011) stehe der Klägerin nichts mehr zu. In eventu werde die der Beklagten zustehende aliquote Weihnachtsremuneration (1.184,36 EUR brutto) compensando gegen die Klagsforderung eingewendet.
Das Erstgericht sprach aus, dass die Klagsforderung zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe und gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Übereinstimmend mit dem Erstgericht gelangte es zum Ergebnis, dass § 15 Z 1 zweiter Satz KV nicht gegen § 16 AngG verstoße, weil diese Aliquotierungsverpflichtung keinen Anspruch auf eine Remuneration schaffe, sondern einen solchen voraussetze. Einen derartigen Anspruch habe die Beklagte hier aber aufgrund der berechtigten Entlassung nicht erworben. Die Beklagte sei auch ohne ausdrückliche Rückverrechnungsregel zur Rückzahlung der zuviel ausbezahlten Sonderzahlung verpflichtet. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dem in einem Angestelltenkollektivvertrag normierten Entfall der Sonderzahlung bei berechtigter verschuldeter Entlassung vorliege.
In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsabweisung.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist es den Kollektivvertragsparteien unbenommen, das Entstehen des Anspruchs auf Sonderzahlungen, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht, an bestimmte Bedingungen zu knüpfen (RIS‑Justiz RS0048332), soweit deren Ausgestaltung nicht gegen die gesetzlichen Rahmenbedingungen bzw gegen grundlegende Wertungen der Arbeitsrechts‑ und Sozialrechtsordnung verstößt (9 ObA 85/10f). Regelungen in (Arbeiter‑)Kollektivverträgen, wonach der Anspruch auf die aliquoten Sonderzahlungen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis unter anderem dann entfällt (erlischt), wenn der Arbeitnehmer unberechtigt vorzeitig ausgetreten ist oder berechtigt entlassen wird, wurden für zulässig erklärt (9 ObA 40/95; 8 ObA 75/07y; 9 ObA 97/08t ua). Bei einer gerechtfertigten Entlassung des Arbeitnehmers wird dieser Anspruch auf Sonderzahlungen dann gar nicht erworben und eine bereits enthaltene Sonderzahlung ist auch ohne ausdrückliche Rückzahlungsverpflichtung zurückzuzahlen (RIS‑Justiz RS0048332).
§ 16 Abs 1 AngG lautet: „Falls der Angestellte Anspruch auf eine periodische Remuneration oder auf eine andere besondere Entlohnung hat, gebührt sie ihm, wenngleich das Dienstverhältnis vor Fälligkeit des Anspruches gelöst wird, in dem Betrage, der dem Verhältnisse zwischen der Dienstperiode, für die die Entlohnung gewährt wird, und der zurückgelegten Dienstzeit entspricht.“
Nach ständiger Judikatur schafft § 16 AngG keinen gesetzlichen Anspruch auf Sonderzahlungen, sondern setzt einen solchen ‑ aufgrund eines Einzelvertrags, eines Kollektivvertrags oder einer sonstigen (neben dem AngG anwendbaren) Norm bestehenden ‑ Anspruch voraus (RIS‑Justiz RS0028232, RS0030313). Allerdings kann die nach § 40 AngG zwingende Bestimmung des § 16 AngG weder durch Dienstvertrag noch durch Kollektivvertrag (RIS‑Justiz RS0029931; Drs in ZellKomm² § 40 AngG Rz 1 mwN) dadurch umgangen werden, dass die Entstehung des nicht mit einer spezifischen Leistung des Arbeitnehmers verknüpften, sondern für die gesamte Arbeitsleistung im Kalender- oder Arbeitsjahr gebührenden Remunerationsanspruchs an das Erreichen eines bestimmten Stichtags gebunden wird (RIS‑Justiz RS0028850). Dem liegt der Zweck der zwingenden Bestimmung des § 16 AngG, dem Angestellten das durch die Arbeitsleistung quotenmäßig fortlaufend von Tag zu Tag verdiente Entgelt auch dann zu sichern, wenn er vorzeitig ausscheidet, zugrunde (RIS‑Justiz RS0028235; 8 ObA 127/00k mwN; Preiss in ZellKomm² § 16 AngG Rz 3).
Sonderzahlungen sind eine Form aperiodischen Entgelts, dh mit abweichenden Fälligkeitsterminen, gehören aber zum „laufenden Entgelt“ (8 ObA 11/08p mwN). Sonderzahlungen sind keine freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers, sondern aufgrund des Kollektivvertrags geschuldetes echtes Entgelt. Sie sollen die Tag für Tag geleistete Arbeit abgelten (RIS‑Justiz RS0102516), werden daher als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit geleistet (Preiss in ZellKomm² § 16 AngG Rz 2).
Vereinbarungen, wonach der Anspruch des Arbeitnehmers auf den aliquoten Teil der bereits ins Verdienen gebrachten periodischen Sonderzahlung unter gewissen Voraussetzungen entfällt, sind grundsätzlich unwirksam (8 ObA 11/08p; 9 ObA 104/02p mwN).
Der Oberste Gerichtshof hat bislang noch nicht ausdrücklich zur Frage Stellung genommen, ob auch im Angestelltenrecht Regelungen in Kollektivverträgen, wonach der Anspruch auf die aliquoten Sonderzahlungen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis unter anderem dann entfällt (erlischt), wenn der Arbeitnehmer unberechtigt vorzeitig ausgetreten ist oder berechtigt entlassen wird, zulässig sind.
In 9 ObA 77/94 (9 ObA 78/94) wurde betreffend einer zum Entgeltbestandteil gehörenden Erfolgsprämie festgehalten, dass der Arbeitgeber aufgrund der Aliquotierungsbestimmung des § 16 AngG dem Arbeitnehmer diesen bereits erworbenen Entgeltbestandteil nicht einmal dann rückwirkend entziehen hätte können, wenn der Arbeitnehmer gerechtfertigt entlassen worden wäre.
In 8 ObA 240/94 wurde zwar obiter ausgesprochen, dass (auch) aus § 16 AngG nicht abgeleitet werden könne, dass in Kollektivverträgen das Entstehen eines Anspruchs auf Remuneration nicht sonst beschränkt werden dürfe, weil nach dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle durch diese der Anspruch auf Sonderzahlung nicht begründet, sondern vorausgesetzt werde. Diese Entscheidung betraf aber einen Arbeiterkollektivvertrag.
In 9 ObA 104/02p wurde unter Bezugnahme auf Lehrmeinungen im Zusammenhang mit einem Angestelltenkollektivvertrag entschieden, dass Arbeitnehmer, sofern ihnen laut Arbeits‑ oder Kollektivvertrag eine Sonderzahlung gebühre, auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Jahres Anspruch auf jenen Teil der Sonderzahlung hätten, der ihrer Dienstzeit während des laufenden Jahres entspreche. Aus der zwingenden Wirkung des Gesetzes ergebe sich, dass Vereinbarungen, wonach der Anspruch des Arbeitnehmers auf den aliquoten Teil der bereits ins Verdienen gebrachten periodischen Sonderzahlung unter gewissen Voraussetzungen entfalle, unwirksam seien.
In 8 ObA 161/02p prüfte der Oberste Gerichtshof, ob es sich bei einer Aktienoptionszusage des Dienstgebers, deren Verfall bzw Erlöschen mit der Beendigung des Dienstverhältnisses verknüpft war, um eine „Umgehung“ des § 16 AngG bzw „Vernichtung“ von „erdientem“ Entgelt gehandelt habe. Diese Frage wurde im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass dieser Zusage weder ein bestimmter Arbeitserfolg gegenüber gestanden sei (nur „Motivation“) noch davon ausgegangen werden könne, dass sie die Arbeitsleistung in einer bestimmten Periode auch nur mit einem bestimmbaren Entgelt abgelte. Eine klare synallagmatische Beziehung habe weder zu einer bestimmten Periode der Arbeitszeit noch der Arbeitsleistung bestanden. Die Zusage habe vor Ablauf der Wartezeit keinen selbständigen wirtschaftlichen Wert gehabt und es hätten die Aktienoptionen doch auch ganz wesentlich der freiwilligen Belohnung bereits erbrachter Dienste gedient. Jabornegg (in DRdA 2004/23) kritisierte diese Entscheidung unter anderem mit dem Argument, dass bedingtes Entgelt nicht nur deshalb nicht als Entgelt angesehen werden dürfe, weil es eben bloß bedingt sei. Bei der Zuteilung von Aktienoptionen handle es sich daher zweifelsfrei um zusätzliches Arbeitsentgelt, nämlich um eine „andere besondere Entlohnung“ iSd § 16 AngG, die für eine bestimmte Periode, nämlich für das abgelaufene und (in der Regel) die nachfolgenden fünf Jahre gewährt werde. Das mögliche Argument, dass § 16 AngG nicht selbst den Anspruch schaffe, sondern ihn voraussetze und erst auf dieser Basis eine zwingende Aliquotierung vorsehe, vermöge in dem Augenblick nicht mehr zu greifen, in dem Aktienoptionen effektiv zugeteilt worden seien.
Die Entscheidung 8 ObA 73/04z begründete die Zulässigkeit einer Bestimmung in einem Angestelltenkollektivvertrag, wonach für die ersten sechs Monate des Dienstverhältnisses kein Anspruch auf Sonderzahlungen bestehe, im Hinblick auf § 16 AngG damit, dass der Anspruch weder an einen Stichtag gebunden noch mit der Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses verknüpft sei.
Im Schrifttum finden sich unterschiedliche Meinungen:
Tomandl/Schrammel (Arbeitsrecht II7 81) teilen zwar die Ansicht, dass § 16 AngG keinen Anspruch begründet, halten aber fest, dass § 16 AngG dem Angestellten einen aliquoten Anspruch sichern wolle, also ein Zwölftel des Anspruchs auf Sonderzahlungen je Dienstmonat in diesem Jahr. Die Art der Beendigung sei ‑ im Gegensatz zu gleichartigen Bestimmungen in Arbeiter-kollektivverträgen ‑ unbeachtlich. Das AngG sehe in diesen Sonderzahlungen ein Entgelt, das zwar in jeder Arbeitsstunde mitverdient werde, aber nur einmal pro Jahr fällig werde.
Marhold/Friedrich (Arbeitsrecht² 136) verweisen unter Bezugnahme auf den Zweck des § 16 AngG zunächst darauf, dass es für das Entstehen des aliquoten Remunerationsanspruchs nicht auf die Art der Beendigung des Dienstverhältnisses ankomme. Auch (kollektiv‑)vertraglich könne daher nicht vereinbart werden, dass ein aliquoter Remunerationsanspruch im Falle der Selbstkündigung, gerechtfertigter Entlassung oder ungerechtfertigten Austritts nicht entstehen solle, da es sich um bereits verdientes Entgelt handle.
Nach Schrank (Arbeits- und Sozialversicherungsrecht 150) gebühren Angestellten die Sonderzahlungen bei verschuldeter fristloser Entlassung oder unbegründetem vorzeitigen Austritt aliquot.
Rabl (in Reissner,AngG § 16 Rz 37) teilt die Rechtsansicht von Marhold/Friedrich und Schrank.
Kraft (Sonderzahlungsrückverrechnung bei nachträglichem Anspruchsentfall, taxlex 2009, 489 [490]) spricht in diesem Zusammenhang von bereits aliquot „angewachsenen“ Sonderzahlungen, deren gänzlicher Entfall in einem Angestelltenkollektivvertrag der zwingenden Wirkung des § 16 AngG widerspreche.
Spitzl (inZAS 2000/18, 176 [179]) hält Wegfallsregelungen, wie die hier vorliegende, unter dem Gesichtspunkt des § 16 AngG ebenfalls für unzulässig und daher teilnichtig.
Nach Radner (in ZellHB AV‑Klauseln Rz 39.09) widersprechen derartige in Arbeiterkollektivverträgen für zulässig angesehene Klauseln im Angestelltenrecht einerseits dem Gesetzeswortlaut des § 16 AngG, andererseits dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Gedanken, dass ‑ auch freiwillig gewährte ‑ periodische Sonderzahlungen keine Schenkung, sondern Entgelt für die Bereitstellung der Arbeitskraft darstellten, welches parallel zur erbrachten Dienstleistung erworben werde.
Löschnigg (Arbeitsrecht11 Rz 6/213) hält ebenfalls fest, dass weder der Umstand der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses noch die Art der Lösung ausschlaggebend sein könnten, in bereits erworbene Entgeltansprüche und damit in wohlerworbene Rechte einzugreifen.
Demgegenüber vertreten Binder/Schindler (in Löschnigg, AngG II9, § 16 AngG Rz 89), Marhold (in Marhold/Burgstaller/Preyer,§ 16 Rz 77), Schindler (in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, System und Praxiskommentar Kap XX Rz 24) und Rauch (Die jüngere arbeitsrechtliche Judikatur zu den Sonderzahlungen, ASoK 2000, 75), alle jedoch unter Bezugnahme vor allem auf ‑ die grundsätzlich einen Arbeiterkollektivvertrag betreffende Entscheidung -8 ObA 240/94, die gegenteilige Ansicht. Allerdings sehen Binder/Schindler an anderer Stelle (in Löschnigg, AngG II9, § 16 AngG Rz 111) in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis in pönalisierter Form beendet werde (verschuldete Entlassung, unberechtigter Austritt), es unter Hinweis auf Naderhirn, DRdA 2011/35, 365 [369] und Runggaldier, RdW 1997, 340 [341] für dogmatisch unklar an, dass im Gegensatz zu laufendem Entgelt bereits verdiente Sonderzahlungsanteile wegfallen könnten, ja sogar zurückzuzahlen seien.
Der erkennende Senat teilt die von der überwiegenden Lehre mit überzeugenden Argumenten vertretene Rechtsansicht, dass § 16 AngG dem nachträglichen Wegfall eines bereits aliquot erworbenen Sonderzahlungsanspruchs entgegensteht. Soweit in 8 ObA 240/94 obiter eine gegenteilige Auffassung bezüglich § 16 AngG zum Ausdruck kommt, wird an dieser nicht festgehalten.
Im vorliegenden Fall gewährt der anzuwendende Kollektivvertrag grundsätzlich ‑ zunächst ohne Einschränkung und ohne Bedingung ‑ allen Dienstnehmern jährlich ein Urlaubsgeld und eine Weihnachtsremuneration (§ 15 Z 1 erster Satz KV). Da § 16 AngG darauf abzielt, die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung (Arbeitsleistung und Entgelt) zu wahren, zumal der Angestellte die Ansprüche auf Sonderzahlung bereits (anteilig) „verdient“ hat, verstößt die weitere Kollektivvertragsbestimmung, wonach dieser Sonderzahlungsanspruch im Falle einer schuldhaften Entlassung, eines unberechtigten Austritts des Dienstnehmers oder einer Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch den Dienstnehmer als gar nicht erworben gilt (§ 15 Z 1 zweiter Satz KV), gegen die nach § 40 AngG zwingende Bestimmung des § 16 AngG. Diese Regelung ist daher für die dem Kollektivvertrag für Dienstnehmer der Privatkrankenanstalten Österreichs unterliegenden Angestellten unwirksam, weil (teil‑)nichtig.
Der Revision der Beklagten ist danach Folge zu geben und das Klagebegehren in Abänderung der klagsstattgebenden Entscheidung der Vorinstanzen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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