Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen abweislichen Teils zu lauten haben:
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 3.616,53 EUR samt 8,38 % Zinsen seit 1. 10. 2012 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.332,21 EUR (darin 347,37 EUR USt und 248 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit 345,31 EUR (darin 57,55 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 222,91 EUR (darin 37,15 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der Beklagten von 1. 5. 1996 bis 30. 9. 2012 beschäftigt. Er erhielt von Beginn an Jahresprämien, die in den Jahren 2002 bis 2006 erfolgs- und leistungsabhängig waren. Aufgrund einer Änderung des Dienstvertrags gewährte die Beklagte dem Kläger ab 2007 Jahresprämien als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch. Diese Jahresprämien gelangten jeweils für das abgelaufene Geschäftsjahr (1. 10. bis 30. 9.) im Jänner des Folgejahres zur Auszahlung. Dementsprechend erhielt der Kläger ua im Jänner 2009 eine Jahresprämie von 1.750 EUR, im Jänner 2010 von 1.800 EUR, im Jänner 2011 von 1.500 EUR, im Jänner 2012 von 3.250 EUR und zusätzlich infolge Umstellung des Geschäftsjahres auf das Kalenderjahr für das 4. Quartal 2011 813 EUR. Für das Geschäfts‑ und Kalenderjahr 2012 zahlte die Beklagte keine (anteilige) Prämie aus. Die Bemessungsgrundlage der dem Kläger ausbezahlten Abfertigung beinhaltete keine Prämien.
Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob die dem Kläger für das 4. Quartal 2011 gewährte Prämie von 813 EUR abfertigungswirksam ist und ihm daher an Abfertigung ein weiterer Betrag von 406,24 EUR zusteht.
Der Kläger begründet die Einbeziehung der anteiligen Jahresprämie in die Bemessungsgrundlage der Abfertigung, soweit für die Revisionsentscheidung noch relevant, damit, dass die jährlichen Prämien unabhängig von ihrer Bezeichnung Bestandteil des Entgelts seien.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte dagegen ein, dass die freiwillig und ohne Rechtsanspruch gewährte anteilige Prämie von 813 EUR nicht abfertigungswirksam sei. Für das Geschäftsjahr 2012 habe der Kläger keine Prämie ausbezahlt erhalten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 406,24 EUR sA (Prämie monatlich 67,70 EUR x 6 Monate an Abfertigung) an restlicher Abfertigung statt und wies das Mehrbegehren von 3.210,29 EUR sA ab. Auch wenn der Kläger keinen Anspruch auf die ihm von der Beklagten regelmäßig gewährten freiwilligen Jahresprämien gehabt habe, so sei dennoch die ihm im Rumpfgeschäftsjahr 2011 ausbezahlte anteilige Jahresprämie bei der Abfertigungsberechnung zu berücksichtigen. Für die Einbeziehung von Sonderzahlungen, Gewinnbeteiligungen, aber auch einfachen Prämien sei der Zeitraum der letzten 12 Monate vor Beendigung des Dienstverhältnisses heranzuziehen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, wobei es den regelmäßigen Charakter der Jahresprämie und den für die Durchschnittsbetrachtung zu berücksichtigenden Jahreszeitraum betonte.
In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung.
Der Kläger beantragt in seiner vom Obersten Gerichtshof freigestellten (§ 508a ZPO) Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Nach § 23 Abs 1 AngG stellt das für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührende Entgelt die Basis der Berechnung des Abfertigungsanspruchs dar (9 ObA 22/11t = ZAS 2012/31 [A. Mair] = ASoK 2011, 416 [Friedrich]; 9 ObA 159/11i; 9 ObA 124/12v ua). Dabei umfasst der weit zu verstehende Begriff des Entgelts jede Leistung des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer als Gegenleistung dafür bekommt, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (9 ObA 22/11t; 9 ObA 159/11i ua; Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 23 Rz 28; K. Mayr in ZellKomm² § 23 AngG Rz 25). Darunter ist der sich aus den mit einer gewissen Regelmäßigkeit ‑ wenn auch nicht jeden Monat ‑ wiederkehrenden Bezügen ergebende Durchschnittsverdienst zu verstehen, der sich aus den regelmäßig im Monat wiederkehrenden Bezügen zuzüglich der auch in größeren Abschnitten oder nur einmal im Jahr zur Auszahlung gelangenden Aushilfen, Remunerationen, Zulagen usw zusammensetzt (9 ObA 125/01v; 9 ObA 124/12v ua; vgl RIS‑Justiz RS0028490). Die Abfertigung darf diesen als Bemessungsgrundlage dienenden Durchschnittsverdienst weder übersteigen noch hinter ihm zurückbleiben (RIS‑Justiz RS0028943).
Gewinnbeteiligungen (9 ObA 22/11t ua) und Erfolgsprämien (9 ObA 125/01z ua) sind, wenn sie regelmäßig erbracht werden, in die Berechnungsgrundlage der Abfertigung einzubeziehen. Abfertigungswirksam sind aber auch freiwillige regelmäßige Leistungen des Arbeitgebers, weil sie am Entgeltcharakter der Leistung nichts ändern (9 ObA 11/91; 9 ObA 2019/96v; Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 23 Rz 35; Wachter in Reissner AngG § 23 Rz 46; Migsch,Abfertigung Rz 249, 252; Schrank, Rechtsprobleme der Berechnung der Abfertigung, ZAS 1990,1 [4]; derselbe in Runggaldier, Abfertigungsrecht 161).
Schwankt die Höhe des Entgelts innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist ein Zwölftel des gesamten Entgelts dieses Jahres als Bemessungsgrundlage der Abfertigung zugrunde zu legen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Schwankungen durch variable Prämien, Zulagen, Provisionen, Sonderzahlungen oder Überstundenentgelte bewirkt werden (RIS‑Justiz RS0043295).
Diese auf das letzte Jahr vor Beendigung des Dienstverhältnisses abzustellende Durchschnittsberechnung kommt jedoch nur für eine Leistung des Arbeitgebers in Betracht, die für den letzten Monat (noch) gebührt (vgl 4 Ob 110/58 = Arb 6957 und 9 ObA 268/89; vgl auch RIS‑Justiz RS0127201).
Im Anlassfall erhielt der Kläger für September 2012, dem letzten Monat vor Beendigung des Dienstverhältnisses, keine Prämie. Die Beklagte war auch zu keiner Prämienzahlung verpflichtet. Die dem Kläger von der Beklagten zuletzt gewährte freiwillige (anteilige) Jahresprämie gebührte für 1. 10. 2011 bis 31. 12. 2011 und honorierte somit die Arbeitsleistung des Klägers für diesen Zeitraum und nicht jene für die vom Kläger im Folgejahr im letzten Monat vor Beendigung des Dienstverhältnisses erbrachte. Der Kläger war auch nicht infolge Krankheit, Unglücksfall oder aus anderen wichtigen Gründen gehindert, im letzten Monat sein Entgelt in vollem Umfang zu verdienen (vgl 8 ObA 279/94 mwN), gewährte doch die Beklagte ihren Mitarbeitern schon seit Beginn des Jahres 2012 keine (freiwillige) Prämie mehr. Dass die Beklagte diese Vorgangsweise wählte, um sich die Zahlung einer höheren Abfertigung zu ersparen, hat der Kläger auch nie behauptet. Vielmehr brachte die Beklagte ‑ vom Kläger nicht substantiiert bestritten ‑ vor, dass sie für das Geschäftsjahr 2012 deshalb keine Prämie ausschüttete, weil sie das dafür vorgesehene Budget zur Erhöhung der Sozialplanleistungen verwendete (ON 3). Damit kommt eine Einbeziehung dieser früheren Prämie in die Berechnungsgrundlage der Abfertigung nicht in Betracht. Nur dieses Ergebnis wird auch dem Zweck der Abfertigung, dem Arbeitnehmer für den durch die Abfertigung abgedeckten Zeitraum den zuletzt bezogenen Durchschnittsverdienst zu sichern und damit eine gewisse Kontinuität des zuletzt bezogenen Verdienstes für diesen fiktiven Zeitraum zu gewährleisten (RIS‑Justiz RS0028943), gerecht.
Der Revision der Beklagten ist danach Folge zu geben und das Klagebegehren in Abänderung der teilweise klagsstattgebenden Entscheidung der Vorinstanzen zur Gänze abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kosten für die Urkundenvorlage vom 29. 5. 2013 samt zweckentsprechenden Ausführungen ist nach TP 2 RATG zu honorieren ( Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 685). Die Kosten für die Berufungsanmeldung errechnen sich auf Basis des Berufungsstreitwerts von 406,24 EUR.
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