OGH 9ObA43/05x

OGH9ObA43/05x16.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Verica M*****, Hausbesorgerin, *****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei K***** Gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 96.928,41 brutto sA (Rekursinteresse EUR 92.892,01), über die Rekurse der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. November 2004, GZ 8 Ra 65/04x-33, womit das (End-)Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Mai 2004, GZ 43 Cga 78/03t-28, in seinem klagestattgebenden Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.907,51 (darin EUR 317,92 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin war ab 1. 10. 1999 bei der Beklagten beschäftigt und betreute zwei im Eigentum der Beklagten stehende Wohnhausanlagen (die zweite erst ab 1. 5. 2000) in F*****. Der Monatsverdienst der Klägerin betrug ATS 9.200 (EUR 668,59), ab 1. 5. 2000 weitere ATS 3.200 (EUR 232,55). In den beiden zugrundeliegenden Arbeitsverträgen vom 1. 10. 1999 und 20. 4. 2000 wurde die Klägerin als "Haussprecher" bezeichnet. Tatsächlich war sie mit den im Ersturteil näher bezeichneten Aufgaben der Überwachung, Kontrolle, Pflege, Reinigung, Wartung und Beflaggung der beiden Wohnhausanlagen betraut. Die Wohnraumnutzflächen betrugen insgesamt 5.293 m² und 2.400 m², die Grünflächen 7.025 m² und 3.890 m². Unternehmenszweck der Beklagten ist die Errichtung und Verwaltung von Wohnungen. Sie ist Mitglied beim Arbeitgeberverein der Bauvereinigungen Österreichs und beim Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband. Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 14. 10. 2002 zum 31. 10. 2002.

Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage von der Beklagten Zahlung von EUR 96.928,41 brutto sA und führte dazu aus, dass sie ungeachtet ihrer Bezeichnung („Haussprecher") als Hausbesorgerin anzusehen sei, weil sie mit der Reinhaltung, Wartung und Beaufsichtigung zweier Wohnhausanlagen beauftragt worden sei. Es seien daher die Bestimmungen des Hausbesorgergesetzes anzuwenden. Für die Entlohnung seien der jeweils gültige Mindestlohntarif und die Entgeltverordnung heranzuziehen. Auf dieser Basis wäre ihr ein wesentlich höheres Entgelt zugestanden. Der Klagebetrag stelle die Differenz zwischen dem ihr gebührenden Entgelt, Sonderzahlungen und Abfertigung abzüglich den erhaltenen Zahlungen der Beklagten dar. Die Kollektivvertragsfähigkeit des Arbeitgebervereins erstrecke sich nicht auf Hausbesorger, die als Arbeitnehmer von Mitgliedern des Arbeitgebervereins in deren eigenen, von ihnen selbst verwalteten Häusern tätig seien (8 ObA 338/98h). Der Mindestlohntarif sei daher anwendbar.

Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass die Klägerin nicht als Hausbesorgerin zu qualifizieren sei, weil sie nicht für die Reinhaltung der Wohnhäuser zuständig gewesen sei. Mindestlohntarife seien hier nicht anzuwenden, weil sie nicht für Arbeitgeber gelten, die einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft angehören. Dies sei bei der Beklagten der Fall (Arbeitgeberverein, Revisionsverband). Aus der Entscheidung 8 ObA 338/98h sei für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen. Das Ergebnis dieses Vorprozesses sei nämlich auf Behauptungsmängel beim Prozessvorbringen der dort Beklagten und eine nicht fachgerechte Ausführung der Revision zurückzuführen. Hier werde vorgebracht, dass sich aus den Statuten des Arbeitgebervereins der Bauvereinigungen Österreichs ergebe, dass die Verwaltung von Wohnungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zum Hauptgeschäft gemeinnütziger Bauvereinigungen gehöre. Im Übrigen sei der von der Klägerin begehrte Klagebetrag überhöht.

Nach dem über Antrag der Klägerin erlassenen Teilanerkenntnisurteil (ON 7), mit dem die Beklagte schuldig erkannt wurde, der Klägerin EUR 2.102,66 brutto sA zu zahlen, verpflichtete das Erstgericht die Beklagte mit (End-)Urteil, der Klägerin weitere EUR 92.892,01 brutto sA zu zahlen, wohingegen es das Mehrbegehren von EUR 1.933,74 brutto sA abwies. Unter Zugrundelegung des einleitend wiedergegebenen Sachverhalts und weiterer für die Höhe der Klageforderung relevanter Feststellungen ging das Erstgericht rechtlich davon aus, dass das Verhältnis zwischen den Parteien als Hausbesorgerdienstverhältnis zu qualifizieren sei. Hierauf sei noch das Hausbesorgergesetz anzuwenden, weil das Dienstverhältnis bereits vor dem 1. 7. 2000 begonnen habe. Da auf Arbeitgeberseite keine kollektivvertragsfähigen Körperschaften existieren (8 ObA 338/98h), seien für die Entlohnung der Klägerin der Mindestlohntarif und die Entgeltverordnung für Hausbesorger anzuwenden. Die der Klägerin danach zustehende Klageforderung errechne sich mit EUR 92.892,01 brutto sA; das Mehrbegehren der Klägerin von EUR 1.933,74 brutto sA sei abzuweisen.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil in seinem klagestattgebenden Teil über Berufung der Beklagten auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es bejahte gleichfalls das Vorliegen eines Hausbesorgerdienstverhältnisses. Der vorliegende Fall unterscheide sich in Bezug auf das Vorbringen der Beklagten vom Vorprozess zu 8 ObA 338/98h. Der Begriff Verwaltung beziehe sich nicht bloß auf die Geschäftsbesorgung, sondern schließe auch alle Maßnahmen zur Instandhaltung, wie sie von einem Hausbesorger verrichtet werden, mit ein. Somit wäre auch der Abschluss eines Hausbesorgervertrags vom Unternehmensgegenstand der Beklagten umfasst. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren mit der Beklagten zu erörtern und Feststellungen zu treffen haben, inwieweit sich Unternehmensgegenstand und -zweck der Mitglieder auf die gemeinnützige Wohnungswirtschaft beziehen. Dazu werden die Statuten des Arbeitgebervereins, die der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit zugrundeliegen, vom Bundeseinigungsamt (vormals Obereinigungsamt) beizuschaffen sein. Der Revisionsverband habe vom Gesetz her nicht die Funktion, die Interessen seiner Mitglieder in deren Funktion als Arbeitgeber zu vertreten, sondern habe er Bezug auf gemeinnützige Bauvereinigungen die Einhaltung der Bestimmungen des WGG zu überprüfen (§ 5 WGG). Der Umfang der Kollektivvertragsfähigkeit ergebe sich aus dem Anerkennungsbescheid. Nach Erörterung dieser Punkte mit der Beklagten werde das Erstgericht die entsprechenden Erhebungen beim Bundeseinigungsamt durchzuführen haben. Erst nach diesbezüglicher Abklärung könne gesagt werden, ob die Beklagte Mitglied einer Vereinigung sei, deren Kollektivvertragsfähigkeit sich auch auf den Abschluss von Dienstverträgen mit Hausbesorgern erstrecke. Bejahendenfalls wäre der Mindestlohntarif nicht anwendbar. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil es sich bei der Beurteilung der Kollektivvertragsfähigkeit um eine wesentliche Rechtsfrage handle und das Berufungsgericht teilweise von 8 ObA 338/98h abgewichen sei.

Gegen den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss des Berufungsgerichts richten sich die Rekurse beider Parteien. Die Klägerin beantragt, gestützt auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Beklagte beantragt, gestützt auf denselben Rekursgrund, die Klageabweisung; hilfsweise wird die Aufhebung der Berufungsentscheidung und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht begehrt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Klägerin ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt. Der Rekurs der Beklagten ist unzulässig.

Zum Rekurs der Beklagten:

Die Beklagte geht in ihrem Rekurs weder auf jene Frage ein, die das Berufungsgericht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO angesehen und zur Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof bewogen hat, noch begründet sie die Erheblichkeit anderer Fragen. Sie bestreitet in ihrem Rekurs neben der Berechnung des Entgelts lediglich das Vorliegen eines Hausbesorgerdienstverhältnisses; die Klägerin habe weder eine Innenreinigung vorgenommen noch Gehsteige oder Gehwege iSd § 93 StVO gereinigt. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird damit von der Beklagten nicht aufgezeigt.

Zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, dass das Hausbesorgergesetz (HbG), BGBl 1970/16, weiterhin auf Dienstverhältnisse anzuwenden ist, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1. 7. 2000 abgeschlossen wurden (§ 31 Abs 5 HbG). Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den für das Vorliegen eines Hausbesorgerdienstverhältnisses maßgebenden Kriterien richtig wiedergegeben. Danach ist ein Hausbesorgerdienstverhältnis anzunehmen, wenn nach dem Vertragszweck und den sonstigen Vereinbarungen die vom Dienstnehmer wahrzunehmenden Pflichten kumulativ die in § 2 Z 1 HbG aufgezählten Essentialia eines Hausbesorgervertrags enthalten, nämlich die Beaufsichtigung, die Wartung und die Reinigung. Das Fehlen einer im Gesetz im einzelnen unter diesen drei Bereichen angeführten Verpflichtung schließt die Annahme eines Hausbesorgerdienstverhältnisses nicht aus; wohl aber müssen dem Dienstnehmer Dienstpflichten aus allen drei Bereichen übertragen worden sein (RIS-Justiz RS0062815 ua). Obliegen also neben der Wartung und Beaufsichtigung des Hauses auch gewisse Reinhaltungsarbeiten, so liegt in der Regel ein Hausbesorgerdienstverhältnis vor (9 ObA 151/87 ua).

Die Frage der „Reinhaltung des Hauses" ist in § 4 HbG näher geregelt. Entgegen der Auffassung der Beklagten obliegt dem Hausbesorger nach dessen Abs 1 nicht unmittelbar die Reinigung der dort näher genannten Bereiche des Hauses; vielmehr formuliert das Gesetz, dass dem Hausbesorger „die Sorge" für die regelmäßige Reinigung obliegt (Z 1). Von einer solchen gingen die Vorinstanzen übereinstimmend aus. Nachdem die detailliertere Regelung des § 4 Abs 1 HbG den bloßen Begriffsbestimmungen in § 2 HbG jedenfalls insoweit vorgeht, als darin im Einzelnen festgelegt wird, welche Pflichten den Hausbesorger im Hinblick auf die Reinhaltung des Hauses treffen, liegt entgegen der Annahme der Beklagten eine gesetzliche Basis für die Annahme einer höchstpersönlichen Pflicht zur Reinigung nicht vor (9 ObA 128/05x). Der rechtlichen Qualifikation als Hausbesorger steht auch nicht entgegen, dass der Dienstnehmer eine Reihe der in § 4 Abs 1 HbG aufgezählten Reinigungsarbeiten schon deshalb nicht ausführen kann, weil für solche Tätigkeiten in einer modernen Wohnhausanlage die Voraussetzungen fehlen (RIS-Justiz RS0062876 ua).

Die Bezeichnung der Klägerin als "Haussprecher" ist angesichts des mit ihr vereinbarten Leistungskatalogs nicht nur irreführend, sondern falsch, schadet jedoch nicht weiter, weil es auf die bloße Bezeichnung des Vertragsverhältnisses ohnehin nicht ankommt (RIS-Justiz RS0062853 ua). Letztlich ist die Anwendung der vorstehenden Kriterien auf den zu beurteilenden Sachverhalt eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts abgesehen - keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet (9 ObA 228/00w; 9 ObA 141/02d ua). Von einer unvertretbaren Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts kann aber hier keine Rede sein. Der Rekurs der Beklagten ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Rekurs der Klägerin:

Ein Mindestlohntarif darf - soweit hier von Interesse - nur für Arbeitnehmergruppen festgesetzt werden, für die ein Kollektivvertrag nicht abgeschlossen werden kann, weil kollektivvertragsfähige Körperschaften auf Arbeitgeberseite nicht bestehen (§ 22 Abs 3 Z 1 ArbVG). Arbeitnehmern, deren Lohnbedingungen wegen des Fehlens einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft auf Arbeitgeberseite nicht durch Kollektivvertrag (oder Satzung) geregelt werden können, soll durch eine behördliche Festsetzung des Entgelts der notwendige soziale Schutz gewährt werden. Dies trifft insbesondere auf Hausgehilfen, Hausbesorger, Privat-, Musik- und Sprachlehrer etc zu (Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 22 Rz 2 mwN). Bereits der Bestand einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitgeber allein ist ausschlaggebend dafür, dass eine Festsetzung von Mindestlohntarifen nicht mehr erfolgen kann, gleichgültig, ob auch tatsächlich ein Kollektivvertrag abgeschlossen wurde oder nicht. Die behördliche Festsetzung eines Mindestlohntarifs soll nur einen fehlenden Kollektivvertragspartner auf Arbeitgeberseite ersetzen, nicht jedoch einen vorhandenen, aber nicht abschlussbereiten Partner zu Verhandlungen zwingen (Cerny in Cerny/Gahleitner/Kundtner/Preiss/Schneller, ArbVG Bd 2³ § 22 Erl 10 mwN; 8 ObA 338/98h, ZAS 2000/15 [Strasser] = DRdA 2000/17 [Weiss] ua). Es kommt also für die Festsetzung des Mindestlohntarifs darauf an, ob für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nicht durch Kollektivvertrag geregelt ist, ein solcher abgeschlossen werden könnte, weil eine kollektivvertragsfähige freie Berufsvereinigung existiert (Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 22 Rz 10 mwN). Erlangt eine Berufsvereinigung während des Bestands eines Mindestlohntarifs die Kollektivvertragsfähigkeit für dessen Geltungsbereich (bzw tritt der Arbeitgeber einer kurz zuvor kollektivvertragsfähig gewordenen Berufsvereinbarung bei), so führt dieser Umstand allein nicht zum Erlöschen des Mindestlohntarifs. Erst der Abschluss eines Kollektivvertrags bewirkt die Beendigung seiner Rechtswirkungen (9 ObA 236/02z, DRdA 2004/36 [Weiss] ua).

Aus dem persönlichen Geltungsbereich eines Mindestlohntarifs ("Arbeitgeber, die in ihrer Eigenschaft als Hausbesitzer nicht Mitglieder einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft sind") ist entgegen der Annahme der Klägerin für die Lösung des Falls nichts zu gewinnen, weil ein Mindestlohntarif keinesfalls eine auf Grund des ArbVG verliehene Kollektivvertragsfähigkeit einschränken kann. Im Gegenteil diese verhindert bzw schränkt die Geltung eines Mindestlohntarifs ein (§ 24 Abs 3 ArbVG; Strasser in ZAS 2000/15, 148).

Außer Streit steht im vorliegenden Fall, dass die Beklagte Mitglied des Arbeitgebervereins der Bauvereinigungen Österreichs (im Folgenden Arbeitgeberverein) und des Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen - Revisionsverband (im Folgenden Revisionsverband) ist. Bestritten wurde jedoch von der Klägerin die von der Beklagten behauptete Kollektivvertragsfähigkeit dieser beiden Körperschaften. Dabei geht es nicht um das Ob, sondern um den Umfang dieser Kollektivvertragsfähigkeit. Die Sorge der Klägerin, es gehe hier um "irgendeine" Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers (arg "Trojanisches Pferd"), ist allerdings ebenso unbegründet wie ihre Befürchtung, ein Verband von Bauvereinigungen wäre "automatisch" eine freie Berufsvereinigung der Arbeitgeber von Hausbesorgern. Es ist selbstverständlich zu prüfen, ob sich die Kollektivvertragsfähigkeit einer der beiden Körperschaften, denen die Beklagte angehört, auch auf Hausbesorger erstreckt, die als Arbeitnehmer ihrer Mitglieder in deren eigenen, von ihnen selbst verwalteten Häusern tätig sind. Auf Hausbesorger, die in von Mitgliedern verwalteten Häusern Dritter tätig sind, kann sich die Kollektivvertragsfähigkeit der Körperschaft von vornherein nicht erstrecken, weil die Mitglieder insoweit nicht Arbeitgeber solcher Hausbesorger sind (8 ObA 338/98h, ZAS 2000/15 [Strasser] = DRdA 2000/17 [Weiss]). Die Frage nach den Grenzen einer Kollektivvertragsfähigkeit ist immer ident mit der Frage, für welche Arten von Arbeitsverhältnissen die betreffende Körperschaft auf Arbeitgeberseite berechtigt wäre, Kollektivverträge abzuschließen. Dies führt zur weiteren Frage, inwieweit die Mitglieder der Körperschaft in dieser ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber auftreten bzw aufzutreten berechtigt sind (vgl Strasser in ZAS 2000/15, 148).

Die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit an freiwillige Interessenvertretungen iSd § 4 Abs 2 ArbVG erfolgt durch rechtsgestaltenden Bescheid des Bundeseinigungsamts (vormals: Obereinigungsamt). Wie bei jedem Bescheid muss grundsätzlich auch im Zuerkennungsbescheid der Spruch bestimmt sein und hat sich auf jenen Sachverhalt zu beziehen, der im Zeitpunkt der Erlassung bestand; dies umso mehr, als mit der Erteilung der Kollektivvertragsfähigkeit die Verleihung einer Rechtssetzungsbefugnis verbunden ist und der Bescheid daher nicht nur auf den Bescheidadressaten Auswirkungen hat. Aus diesem Grund ist der Umfang der Kollektivvertragsfähigkeit auch statisch zu betrachten. Nachträgliche Änderungen des satzungsgemäßen Aufgabenbereichs vermögen den Umfang der Kollektivvertragsfähigkeit der Körperschaft weder auszuweiten noch einzuschränken. Dafür wäre eine bescheidmäßige Erweiterung oder (teilweise) Aberkennung nötig (vgl Weiss in DRdA 2000/17, 165 mwN).

Liegt eine bescheidmäßige Zuerkennung ohne Einschränkung vor, wie dies bei stattgebenden Entscheidungen der überwiegend geübten Verleihungspraxis entspricht und von der Lehre zutreffend kritisiert wird (vgl Strasser in ZAS 2000/15, 147), dann erschließt sich der räumliche, personelle und sachliche Geltungsbereich der Kollektivvertragsfähigkeit nicht mit Hilfe von Spekulationen darüber, was das Bundes- oder Obereinigungsamt möglicherweise trotz Fehlens einer Einschränkung "zuerkennen wollte". Der Umfang der Kollektivvertragsfähigkeit ergibt sich diesfalls aus den die innere Organisation und den Aufgabenbereich dieser Berufsvereinigung regelnden Bestimmungen ihrer Statuten (8 ObA 338/98h, ZAS 2000/15 [Strasser] = DRdA 2000/17 [Weiss]; 9 ObA 127/04y; 9 ObA 128/04w ua). Zu deren Inhalt erstattete die Beklagte ein gegenüber dem Vorprozess 8 ObA 338/98h modifiziertes Vorbringen. Insbesondere ergebe sich aus den Statuten, dass die Verwaltung von Wohnungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zum Hauptgeschäft gemeinnütziger Bauvereinigungen gehöre. Diese Statuten wurden allerdings vom Erstgericht in offenbar fälschlich angenommener Bindung an das Vorbringen bzw die Tatsachenfeststellungen in dem zwischen anderen Parteien geführten Vorprozess nicht näher geprüft. Das Berufungsgericht trug daher dem Erstgericht in seinem Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss zurecht auf, vorerst die Statuten des Arbeitgebervereins, die der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit zugrundeliegen, vom Bundeseinigungsamt (vormals: Obereinigungsamt) beizuschaffen.

Das Geschäftsfeld der Verwaltung von eigenen Wohnungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bezeichnet grundsätzlich die Hauseigentümerstellung. Damit sind auch alle Arbeitgeberfunktionen in Betracht zu ziehen, die für einen Hauseigentümer in dieser Eigenschaft in Frage kommen (vgl Strasser, ZAS 2000/15, 148; Weiss, DRdA 2000/17, 166). Zutreffend ging das Berufungsgericht davon aus, dass sich die Verwaltung von Wohnungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung nicht bloß auf die Geschäftsbesorgung beziehen, sondern auch alle Maßnahmen zur Instandhabung miteinschließen kann, wie sie von einem Hausbesorger verrichtet werden (vgl auch § 7 Abs 1 Satz 2 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz [WGG], BGBl 1979/139, der einen weiten Verwaltungsbegriff enthält, der ausdrücklich auch die Instandsetzung und Instandhaltung der im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Wohnungen umfasst). Ob auch der Abschluss eines Hausbesorgervertrags vom Unternehmenszweck der Verwaltung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung umfasst ist, wird jedoch abschließend erst nach Beischaffung des Bescheids über die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit und Beischaffung der Statuten des Arbeitgebervereins beantwortet werden können.

Bezüglich des Revisionsverbands fehlen im Ersturteil ebenfalls nähere Feststellungen. Hiezu verwies das Berufungsgericht darauf, dass der Revisionsverband vom Gesetz her nicht die Funktion habe, die Interessen seiner Mitglieder in deren Funktion als Arbeitgeber zu vertreten; vielmehr habe er in Bezug auf gemeinnützige Bauvereinigungen die Einhaltung der Bestimmungen des WGG zu überprüfen (§ 5 WGG). Der Umfang der Kollektivvertragsfähigkeit ergibt sich auch hier primär aus dem Zuerkennungsbescheid, hilfsweise aus den Statuten. Auch diese werden vom Erstgericht beizuschaffen sein. Erst nach diesbezüglicher Abklärung kann gesagt werden, ob die Beklagte in Bezug auf den Revisionsverband Mitglied einer Vereinigung ist, deren Kollektivvertragsfähigkeit sich auch auf den Abschluss von Dienstverträgen mit Hausbesorgern erstreckt.

Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179 ua). Dem Rekurs der Klägerin ist daher ein Erfolg zu versagen. Auf die in den Rekursen beider Parteien angesprochene Berechnung des Entgelts ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht einzugehen, solange noch nicht feststeht, ob das Hausbesorgerdienstverhältnis zwischen den Parteien einem Mindestlohntarif unterlag.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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