Spruch:
1.) Es wird gegenüber dem Antragsgegner festgestellt, dass die Bank Austria Creditanstalt AG seit dem am 12. Oktober 2004 stattgefundenen Austritt aus dem österreichischen Sparkassenverband und dem gleichzeitigen Eintritt in den Verband österreichischer Banken und Bankiers dem Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers gemäß § 8 Z 1 ArbVG unterliegt und seit dem 12. Oktober 2004 die Bestimmungen des Sparkassen-Kollektivvertrages für die Bank Austria Creditanstalt AG und deren Arbeitnehmer soweit nicht mehr gelten, als sich nicht aus Punkt 3.) anderes ergibt.
2.) Es wird gegenüber dem Antragsgegner festgestellt, dass jene Teile der „Betriebsvereinbarung 1969" und anderer innerhalb der Bank Austria Creditanstalt AG in Geltung gestandener Betriebsvereinbarungen, soweit sich nicht aus Punkt 3.) anderes ergibt, mit dem Zeitpunkt des Kollektivvertragswechsels (12. Oktober 2004) weggefallen sind, die sich nur auf die Ermächtigungsklausel in Art II des Sparkassen-Kollektivvertrages, jedoch nicht auf eine gesetzliche Ermächtigung (insbesondere § 97 ArbVG) oder eine im Zeitpunkt des Kollektivvertragswechsels (12. Oktober 2004) aufrecht bestehende Ermächtigungsklausel im Bankenkollektivvertrag stützen konnten.
3.) Es wird festgestellt, dass trotz der Anwendbarkeit des Kollektivvertrags für Angestellte der Banken und Bankiers das den schon vor dem 12. Oktober 2004 bei der Bank Austria Creditanstalt AG beschäftigten Angestellten bis zu diesem Zeitpunkt für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende Entgelt, soweit dieses im Sparkassen-Kollektivvertrag bzw in gemäß Art II des Sparkassen-Kollektivvertrags ergangenen Bestimmungen der "Betriebsvereinbarung 1969" geregelt ist, nicht geschmälert werden darf.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung der Arbeitgeber, der Antragsgegner eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung der Arbeitnehmer, die jeweils gemäß § 4 Abs 2 ArbVG kollektivvertragsfähig sind. Sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner sind daher gemäß § 54 Abs 2 ASGG als Parteien legitimiert.
Mit seinem am 23. 12. 2004 beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Antrag gemäß § 54 Abs 2 ASGG begehrt der Antragsteller,
1.) Es werde gegenüber dem Antragsgegner festgestellt, dass die Bank Austria Creditanstalt AG seit dem am 12. Oktober 2004 stattgefundenen Austritt aus dem österreichischen Sparkassenverband und dem gleichzeitigen Eintritt in den Verband österreichischer Banken und Bankiers dem Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers gemäß § 8 Z 1 ArbVG unterliegt und seit dem 12. Oktober 2004 die Bestimmungen des Sparkassen-Kollektivvertrages für die Bank Austria Creditanstalt AG und deren Arbeitnehmer zur Gänze nicht mehr gelten;
2. Es werde gegenüber dem Antragsgegner festgestellt, dass jene Teile der „Betriebsvereinbarung 1969" und anderer innerhalb der Bank Austria Creditanstalt AG gegoltener Betriebsvereinbarungen mit dem Zeitpunkt des Kollektivvertragswechsels (12. Oktober 2004) ersatzlos und ohne Nachwirkung weggefallen sind, die sich nur auf die Ermächtigungsklausel in Art II des Sparkassen-Kollektivvertrages, jedoch nicht auf eine gesetzliche Ermächtigung (insbesondere § 97 ArbVG) oder eine im Zeitpunkt des Kollektivvertragswechsels (12. Oktober 2004) aufrecht bestehende Ermächtigungsklausel im Bankenkollektivvertrag stützen konnten.
Dem Antrag, der mehr als drei Arbeitnehmer betrifft, liegt folgender, vom Antragsteller vorgebrachter Sachverhalt zugrunde:
Die im Jahre 1905 gegründete Zentralsparkasse der Gemeinde Wien brachte im Jahr 1990 als "Zentralsparkasse und Kommerzialbank, Wien" in Anwendung des damals geltenden § 8a KWG ihr bankgeschäftliches Unternehmen in eine Aktiengesellschaft, nämlich die "Zentralsparkasse und Kommerzialbank AG" (Z-AG) ein. Die einbringende Zentralsparkasse erhielt das gesamte Aktienpaket und den Namen "Anteilsverwaltung-Zentralsparkasse" (AVZ). Nach Kapitalerhöhungen und Beteiligungen Dritter war die AVZ mit 45,4 % und der Bund mit 19,0 % am stimmberechtigten Aktienkapital beteiligt. Bezogen auf das Gesamtkapital betrugen diese Anteile 40,1 % bzw 16,8 %.
Im Jahr 1993 änderte die Z-Länderbank Bank Austria AG ihre Firma auf „Bank Austria AG" (im Folgenden „Bank Austria AG [alt]" genannt). 1996 brachte die Sparkasse Stockerau ihr Bankunternehmen gemäß § 92 BWG in die Sparkasse Stockerau AG ein und wurde selbst zur „Anteilsverwaltung Sparkasse Stockerau", die 100 % der Aktien an der Sparkasse Stockerau AG hielt. Unmittelbar danach wurde die Anteilsverwaltung Sparkasse Stockerau mit der AVZ verschmolzen, sodass diese im Wege der Gesamtrechtsnachfolge 100 % der Aktien an der Sparkasse Stockerau AG hielt. In der Folge übertrug die AVZ die Anteile an der Sparkasse Stockerau AG an die Bank Austria AG (alt), die somit im Ergebnis 100 % der Aktien an der Sparkasse Stockerau hielt.
Im Jahr 1997 erwarb die Bank Austria AG (alt) die Creditanstalt-Bankverein mit damals rund 9.845 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von ATS 687,6 Mrd (Stichtag 31. 12. 1996). In der Folge kam es zu einer stufenweisen Integrierung der Creditanstalt-Bankverein, deren Firmenwortlaut später in Creditanstalt AG geändert wurde, in die Bank Austria AG (alt), uzw. durch Zusammenlegung von Aktivitäten etc, wobei die Creditanstalt AG zunächst rechtlich selbständig blieb.
Im Jahre 2000 erfolgte der Zusammenschluss der Bank Austria-Unternehmensgruppe mit der deutschen Hypovereinsbank AG (HVB). Die Privatstiftung AVZ hielt nach dem Zusammenschluss der Bank Austria AG mit der HVB zunächst 6,8 % am Grundkapital der HVB. Dieser Anteil der Privatstiftung AVZ sank in der Folge auf (derzeit) 4,5 %. Sie hielt außerdem 10.000 Namensaktien an der Bank Austria AG. Weitere 100 Namensaktien der Bank Austria AG hielt und hält nach wie vor der Betriebsratsfonds des Betriebsrates der Angestellten der Bank Austria AG. Die HVB war also nach Abschluss der gesamten Transaktion mit 100 % abzüglich 10.100 Namensaktien an der Bank Austria AG beteiligt.
2002 wurde die Creditanstalt AG in die Bank Austria AG verschmolzen und diese in „Bank Austria-Creditanstalt AG (BA-CA)" umbenannt. 2003 brachte die HVB ihre (fast) 100 %-ige Tochter BA-CA im Wege einer Kapitalerhöhung an die Wiener Börse. Beim Börsegang erwarb auch die Privatstiftung AVZ zusätzlich 1 Mio Aktien an der BA-CA. Seit der Emission hält die HVB 77,5 % (abzüglich 10.100 Namensaktien) am Grundkapital der BA-CA; 22,5 % der Aktien befinden sich im Streubesitz. Die Privatstiftung AVZ hatte durch ihre Namensaktien und die zusätzlich erworbenen 1 Mio Aktien nunmehr einen Anteil von 0,69 % am Grundkapital der BA-CA. Sowohl die Creditanstalt-Bankverein (Creditanstalt AG) als auch die Österreichische Länderbank AG waren bis zu ihrer Verschmelzung (siehe oben) ordentliche Mitglieder des Bankenverbandes (= Antragsteller) gewesen.
Die Zentralsparkasse und Kommerzialbank AG beschäftigte 1991, das heißt vor Verschmelzung mit der Österreichischen Länderbank AG, 5.331 Mitarbeiter und hatte eine Bilanzsumme von ATS 254,6 Mrd (Stichtag: 31. 12. 1990). Im Fusionszeitpunkt beschäftigte Österreichische Länderbank AG 3.870 Mitarbeiter und hatte eine (konsolidierte) Bilanzsumme von ATS 286 Mrd (Stichtag: 31. 12. 1990). Im Zeitpunkt des Erwerbes durch die Bank Austria AG beschäftigte die Creditanstalt AG rund 9.845 Mitarbeiter und erzielte eine Bilanzsumme von ATS 687,6 Mrd.
Die Gesamtzahl der heute 11.123 Mitarbeiter der BA-CA samt ihren konsolidierten Beteiligungsunternehmen setzt sich ihrer „Herkunft" nach wie folgt zusammen: 2.829 stammen aus der Zentralsparkasse und Kommerzialbank AG; 2.041 aus der Österreichischen Länderbank AG; 1.419 aus der Bank Austria AG (alt); 4.834 kommen aus der Creditanstalt-Bankverein. Das bedeutet, dass nur 2.829 oder 25 % aller Mitarbeiter der BA-CA aus dem Sparkassenbereich stammen.
Während früher das Schwergewicht der Zentralsparkasse, dem Sparkassenregulativ 1844 entsprechend, vor allem darin bestanden hatte, den „minderbemittelten" Bevölkerungskreisen Gelegenheit zur Aufbewahrung, Verzinsung und Vermehrung kleiner Ersparnisse zu bieten, wozu in notwendiger Ergänzung die Veranlagung durch lokale Kreditfinanzierungen, Anleihefinanzierung öffentlicher Investitionen und Wohnbaudarlehen gekommen war, dominiert nunmehr in der BA-CA als international agierender, auf den Kernmärkten Österreich und Zentral- und Osteuropa mit einem flächendeckenden Netzwerk agierender Universalbank, die ihre Schwerpunkte sowohl im Privatkunden- als auch im Industriekundenbereich hat, der traditionelle Sparkassenbereich nicht mehr. Als an den Börsen Wien und Warschau notierende Aktienbank ist sie gefordert, die vom Kapitalmarkt erwarteten Renditen zu erwirtschaften.
Bereits zu Beginn des Jahres 2004 vertrat der Vorstand der BA-CA die Meinung, dass das Dienstrecht der BA-CA zu einer unfinanzierbaren Dynamik im Personalkostenbereich führen werde. Per 31.12.2003 beliefen sich die durchschnittlichen Gehaltskosten pro Mitarbeiter der BA-CA auf EUR 59.000 jährlich, während diese im übrigen Sparkassensektor bei EUR 47.000, jene von Aktienbanken durchschnittlich bei EUR 40.000 und jene im Durchschnitt aller Banken bei EUR 44.000 und jene von Volksbanken und Bausparkassen bei durchschnittlich EUR 38.000 lagen. Trotz des Abbaus von mehr als 5.000 Mitarbeitern seit 1997 hielten sich die Personalkosten auf einem annähernd gleichbleibenden nominellen Niveau.
Am 12. Oktober 2004 trat die BA-CA nach erfolglosen Gesprächen mit der Belegschaftsvertretung mit sofortiger Wirkung durch - am selben Tag dem Präsidenten des Sparkassenverbandes übergebene - schriftliche Erklärung aus dem Sparkassenverband aus und wurde am 12. Oktober 2004 durch einstimmigen Beschluss des Vorstandes in den Verband österreichischer Banken und Bankiers (= Antragsteller) als ordentliches Mitglied aufgenommen.
Der österreichische Sparkassenverband (Sparkassenverband) ist wie der Antragsteller ein auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhender kollektivvertragsfähiger Arbeitgeberverband. Ihm wurde (damals noch unter der Bezeichnung „Hauptverband der Österreichischen Sparkassen") mit Bescheid des Obereinigungsamtes vom 29. 9. 1948, 31 OEA/48, die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt. § 3 der im Zeitpunkt des Antrages an das Obereinigungsamt vom 10. 2. 1948 geltenden Fassung der Satzung des Sparkassenverbandes lautete, dass der Sparkassenverband als „Gesamtvertretung der österreichischen Sparkassen" auftritt.
Bis zum Inkrafttreten der KWG-Novelle 1986, durch die § 8a KWG eingefügt wurde, konnten nur Sparkassen (als von einer Gemeinde oder einem Verein gegründete juristische Personen ohne Eigentümer) ordentliche Mitglieder des Sparkassenverbandes werden. Durch Änderung seiner Satzung reagierte der Sparkassenverband auf die KWG-Novelle 1986, mit der die Möglichkeit des Entstehens von Sparkassen-Aktiengesellschaften durch Einbringung des bankgeschäftlichen Betriebes einer Sparkasse in eine AG geschaffen worden war. Weiters wurde auf die 2001 in § 27a SparkassenG geschaffene Möglichkeit der formwechselnden Umwandlung von Anteilsverwaltungs-Sparkassen in Sparkassenstiftungen Bedacht genommen.
§ 4 Abs 1 der Satzung des Sparkassenverbandes lautet seither folgendermaßen:
„Ordentliche Mitglieder des Sparkassenverbandes sind:
a) die Sparkassen-Landesverbände,
b) die einem Sparkassen-Landesverband angeschlossenen österreichischen Sparkassen, Anteilsverwaltungssparkassen, Sparkassen Aktienge- sellschaften und Sparkassen-Stiftungen,
c) die Erste Österreichische Spar-Casse Privatstiftung und die Erste Bank der Österreichischen Sparkassen AG (Erste Bank),
d) die Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten und die Bank Austria Creditanstalt AG (BA-CA)."
§ 1 Abs 1 der Satzung lautet:
„Sparkassen sind im Sinne dieser Satzung:
operative Sparkassen gemäß § 1 Abs 1 SpG
Sparkassen-Aktiengesellschaften gemäß § 1 Abs 3 SpG
Anteilsverwaltungssparkassen (einbringende Sparkassen) gemäß § 92 Abs 8 BWG
Sparkassen-Stiftungen."
§ 4 Abs 8 der Satzung des Sparkassenverbandes lautet:
„Die Mitgliedschaften werden beendet:
a) im Falle des Abs 1 lit b durch Beendigung der Mitgliedschaft bei einem Landesverband,
b) im Fall des Abs 2 durch Austrittserklärung oder durch Beschluss des Vorstandes des Sparkassenverbandes
c) im Fall des Abs 3 durch Verzicht oder Ableben bzw durch Beschluss der Vollversammlung,
d) in den übrigen Fällen durch Austrittserklärung, die dem Vorstand schriftlich zu erklären ist."
Dem Verband österreichischer Banken und Bankiers (Antragsteller) wurde mit Bescheid des Obereinigungsamtes vom 10. 2. 1948, 5 OEG/48, die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt. Der Zuerkennungsbescheid enthält keinerlei Einschränkung und im Spruch auch keinen Hinweis auf die (damalige) Satzung des Bankenverbandes. In der Begründung heißt es, dass sich aus den Satzungen des Verbandes und den in der Verhandlung gemachten mündlichen Ausführungen des Vertreters des Verbandes ergäbe, dass der Wirkungsbereich des Verbandes sich auf das gesamte Bundesgebiet erstrecke und dem Verband „sämtliche Aktienbanken und Bankhäuser" angehörten.
Gemäß § 3 der Statuten des Antragstellers konnten damals Mitglieder sein: Aktienbanken, Hypothekenanstalten und Bankiers, welche im Gebiete der Republik Österreich ihren Sitz haben.
§ 3 Abs 1 der Statuten des Antragstellers in der (auch am 12. 10. 2004) geltenden Fassung lautet:
„Ordentliche Mitglieder des Verbandes können Aktienbanken, dem Fachverband der Banken und Bankiers angehörende Bausparkassen, Bankgesellschaften mit beschränkter Haftung und Bankiers sein, welche im Gebiete der Republik Österreich eine Betriebsstätte haben."
§ 3 Abs 3 der Statuten in der aktuellen Fassung lautet:
„Die Aufnahme der Mitglieder erfolgt aufgrund schriftlicher Anmeldung durch Beschluss des Vorstandes. Ablehnende Bescheide werden ohne Angabe von Gründen erteilt. Gegen einen die Aufnahme ablehnenden Bescheid steht dem Aufnahmewerber die Berufung an die Generalversammlung zu. Die Mitgliedschaft beginnt mit dem Tage der Aufnahme. Alle neu eintretenden Mitglieder sind den vom Verband früher gefassten Beschlüssen unterworfen."
Die Statuten des Antragstellers wurden in den Bestimmungen über die Mitgliedschaft seit dem Inkrafttreten der KWG-Novelle 1986 mehrfach (zuletzt 2002) geändert. Beim Begriff „Aktienbanken" erfolgte jedoch niemals eine Änderung bzw Einschränkung.
Anders als beim Sparkassenverband gab es beim Antragsteller keinen Gleichklang zwischen den kraft Gesetzes im Fachverband der Banken und Bankiers (Wirtschaftskammer) zusammengeschlossenen Mitgliedern und den aufgrund freier Entscheidung dem Antragsteller beigetretenen Mitgliedern.
Der Fachverband der Banken und Bankiers (Wirtschaftskammer) umfasst Unternehmen, die nicht ordentliche Mitglieder des Antragstellers sind und es gab in der Vergangenheit ordentliche Mitglieder des Antragstellers, die nicht dem Fachverband angehörten, sondern sektorfremde Bankunternehmen waren. So war die Genossenschaftliche Zentralbank AG (die Rechtsvorgängerin der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG) seit 1948 ununterbrochen Mitglied des Raiffeisen-Fachverbandes (Wirtschaftskammer), gehörte aber von 1946, dh seit der Gründung des Antragstellers, bis 1980 dem Antragsteller als ordentliches Mitglied in ihrer Eigenschaft als „Aktienbank" im Sinne der Statuten des Antragstellers an. 1980 schied sie jedoch auf eigenen Wunsch aus. Die seit 1948 dem Fachverband (Wirtschaftskammer) der Kreditgenossenschaften (Schulze/Delitzsch) angehörende Österreichische Volksbanken AG wurde am 28. 6. 1974 als ordentliches Mitglied des Antragstellers aufgenommen. 1980 wechselte sie auf eigenen Wunsch zu den außerordentlichen Mitgliedern.
In den Erläuterungen zum Entwurf der Statuten des Antragstellers vom 11. 2. 1946 heißt es:
„Ad § 1: Damit kehrt der Bankenverband zu seinem ursprünglichen, bis Anfang 1936 innegehabten Namen zurück, der im Zuge der berufsständischen Organisation in 'Fachverband der Aktienbanken und Bankgewerbetreibenden' abgeändert wurde."
In diesen Erläuterungen wurde auch darauf hingewiesen, dass Aktienbanken als Mitglieder des Antragstellers einem anderen Kostenbeitragsschlüssel (nämlich nach Aktienkapital) unterliegen als beim Fachverband (Wirtschaftskammer), wo der Beitrag von der Anzahl der Beschäftigten abhing. Ein Plan des Antragstellers aus dem Jahre 1948, der Genossenschaftlichen Zentralbank als führendem Mitglied des Fachverbandes (Wirtschaftskammer) der Raiffeisenkassen die außerordentliche anstelle der ordentlichen Mitgliedschaft anzubieten, wurde - zunächst - nicht verwirklicht.
In Österreich bezeichnen sich Kreditinstitute in ihren Web-Auftritten oder sonst als „Aktienbank", auch wenn sie nicht dem Fachverband der Banken und Bankiers (Wirtschaftskammer) und damit nicht dem Bankensektor angehören. Dies gilt zB für die Raiffeisen Centrobank AG und auch für die BA-CA bzw die frühere Bank Austria AG.
Die Sektorengliederung im österreichischen Bankwesen bildete sich nach dem Zweiten Weltkrieg heraus. Ausgangspunkt war die Fachgruppenordnung aus dem Jahre 1947 aufgrund des Bundesgesetzes vom 24. 7. 1946, BGBl 182, betreffend die Errichtung von Kammern der Gewerblichen Wirtschaft (Handelskammergesetz).
§ 4 der Fachgruppenordnung lautete:
„Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen: Für den Bereich der Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen werden folgende Fachverbände errichtet:
1. Fachverband der Banken und Bankiers:
Für die Aktienbanken, für die Bankiers, für die Hypothekenanstalten, für die Pfandleihanstalten, für die Autofinanzierungsunternehmungen, für die Effekten-Sensale und freien Makler.
2. Fachverband der Sparkassen
Für die Sparkassen einschließlich der Girozentrale der österreichischen Sparkassen ....."
Die Fachgruppenordnungsnovelle vom 2. 10. 1974, BGBl 633/ 1974 führte den in der aktuellen Fachorganisationsordnung (FOO) nach wie vor enthaltenen neuen Tatbestand „sonstige Aktiengesellschaften und Gesellschaften .........." ein, sodass Punkt 1. lautete:
„1. Fachverband der Banken und Bankiers:
Für die Aktienbanken, Bankiers, Hypothekenanstalten, sonstige Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Genehmigung aufgrund des Kreditwesengesetzes (wie zB Teilzahlungsbanken, Factoring-Gesellschaften, Kreditbürgschaft- und Garantiegesellschaften), die österreichische Postsparkasse, freie Makler, Wechselstuben, die nicht von Sparkassen oder Kreditgenossenschaften betrieben werden."
Mit Verordnung des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl 787/1994, wurde § 4 Z 1 des Anhanges der Fachgruppenordnung wie folgt geändert, wobei diese Passage bis zur Änderung aus dem Jahre 1999 aufrecht geblieben ist und auch in § 5 Abs 1 der (noch nicht in Kraft getretenen) FOO 2004, übernommen wurde:
„1. Fachverband der Banken und Bankiers:
Für die Aktienbanken, sofern sie nicht ausdrücklich einem anderen Fachverband angehören (wie zB nach Einbringung des Bankbetriebes gemäß § 92 des Bankwesengesetzes (BWG), BGBl 532/1993, idF der Bundesgesetze, BGBl 639/1993 und BGBl 917/1993, dem Fachverband der einbringenden Bank), Bankiers, sonstige Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Genehmigung aufgrund des Bankwesengesetzes und Finanzinstitute gemäß § 1 Abs 2 Z 2 BWG, sofern sie nicht ausdrücklich einem anderen Fachverband angehören, die österreichische Postsparkasse, freie Makler gemäß dem Börsegesetz BGBl 555/1989, idF des BGBl 529/1993, Pfandleihunternehmungen, die Bausparkasse der Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot gemeinnützige registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung."
Am 12. 10. 2004 informierte der Vorstand der BA-CA, nachdem diese einstimmig in den Bankenverband (= Antragsteller) als ordentliches Mitglied aufgenommen war, sämtliche Arbeitnehmer über die Änderungen und gab darüber hinaus Zusicherungen, wie insbesondere die Zusage ab, dass es nicht zu Einbußen beim Gesamtentgelt (inklusive sämtlicher Zulagen) kommen werde und die Bezüge zumindest mit dem VPI valorisiert würden. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass nunmehr der Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers in der jeweils geltenden Fassung anstelle des bisherigen Sparkassen-Kollektivvertrages gelte und dass Betriebsvereinbarungen, die nur auf dem Sparkassen-Kollektivvertrag beruhten, keine Geltung mehr hätten. Konkret wurde auch darauf hingewiesen, dass für die BA-CA AG nunmehr ein Dienstrecht für alle Mitarbeiter gelte, dass zwar bestehende Definitivstellungen bestehen blieben, jedoch keine neuen mehr begründet würden. Weiters liege die wöchentliche Normalarbeitszeit ab 1. 1. 2005 bei 38,5 Stunden (anstelle bisher 37 Stunden), und zwar ohne Lohnausgleich.
Am 22. 7. 2000 hatten die HVB, die Bank Austria AG und die AVZ unter Beitritt des Betriebsratsfonds des Betriebsrates der Angestellten der Bank Austria AG eine „Grundsatzvereinbarung" abgeschlossen, welche unter anderem aus dem sogenannten „Bank-der- Regionen-Vertrag" sowie einem „Syndikatsvertrag" bestand. In dieser „Grundsatzvereinbarung" heißt es, dass mit der Satzungsänderung der BA-NEU vorzusehen ist, dass nur noch für folgende Beschlüsse des Aufsichtsrates die Anwesenheit und die Zustimmung von zwei Drittel der Mitglieder der Stimmen erforderlich ist:
„a) ...
b) Für die Dauer von sechs Jahren ab Rechtswirksamkeit der Einbringung der Aktien der BA-NEU in die HVB Maßnahmen, die zu einem Ausscheiden der BA-NEU aus dem Sparkassensektor führen."
Art II des Sparkassen-Kollektivvertrages enthält eine sehr umfassende Ermächtigungsklausel für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen, die auszugsweise lautet:
„Abs 1: Die nachstehend angeführten Institute und Unternehmen sind ermächtigt, bezüglich Anstellung, Pflichten und Rechten der Angestellten, Auflösung des Dienstverhältnisses, Besoldungs-, Pensions-, Prüfungs-, Reisekosten- und Disziplinarordnung zu diesem Kollektivvertrag durch Betriebsvereinbarungen Änderungen und Ergänzungen vorzunehmen. ... Bank Austria Creditanstalt AG ... Gleiches gilt für Sparkassen, an denen eines der angeführten Institute bzw die Anteilsverwaltungssparkasse (Sparkassenstiftung), die an einem der angeführten Institute anteilsmäßig die Mehrheit hält, zumindest mit 75 % beteiligt ist.
Abs 2: ...
Diese Betriebsvereinbarung darf jedoch in ihrer Gesamtheit nicht ungünstiger als der Kollektivvertrag sein."
Auf diese Ermächtigung des Art II des Sparkassen-Kollektivvertrages gestützt, kam es zum Abschluss der sogenannten „Betriebsvereinbarung 1969". Dieses komplexe und mehrere hundert Paragraphen sowie zahllose Übergangsbestimmungen enthaltende Vertragswerk regelte ein eigenes Dienstrecht mit einer Besoldungs-, Pensions- und Disziplinarordnung.
Mit Schreiben vom 13. 10. 2004 kündigte der Vorstand der BA-CA die Betriebsvereinbarung 1969 soweit auf, "als diese nicht ohnehin durch den Kollektivvertragswechsel ihrer Rechtsgrundlage verloren habe".
An diese Sachverhaltsbehauptungen knüpft der Antragsteller folgende rechtliche Überlegungen:
Bis zu dem am 12. 10. 2004 erfolgten Verbandswechsel der BA-CA zum Antragsteller seien die bis dahin abgeschlossenen Arbeitsverträge kraft Mitgliedschaft im Sparkassenverband dem Sparkassen-Kollektivvertrag unterworfen gewesen. (§ 8 Z 1 ArbVG). Obwohl die Satzung des Sparkassenverbands bei Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit im Jahr 1948 nur Sparkassen, jedoch keine Sparkassen-AGs bzw Sparkassen-Stiftungen gekannt habe, sei von einer entsprechend weiten Kollektivvertragsfähigkeit auszugehen, weil der freie Arbeitgeberverband sonst bei - zulässigen - Umstrukturierungsmaßnahmen der Mitglieder, insbesondere unter Änderung der Rechtsform, immer wieder um die Erweiterung der Kollektivvertragsfähigkeit einkommen müsste. Dennoch passe die BA-CA nicht mehr in den Sparkassenverband, weil das Unternehmen schon längst den Charakter einer privaten Aktienbank angenommen habe.
Der Wechsel zum Verband österreichischer Banken und Bankiers (Antragsteller) sei daher nicht nur sachgerecht, sondern auch mit der Wirkung erfolgt, dass nunmehr der von diesem freien Arbeitgeberverband abgeschlossene Kollektivvertrag auch die Arbeitsverhältnisse der BA-CA umfasse. Der in den Statuten des Antragstellers im Zeitpunkt der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit (1948) enthaltene Ausdruck „Aktienbanken" sei kein gesetzlicher Terminus. Für die Frage, ob auch die BA-CA unter diesen Begriff fallen könne, müsse die Verkehrsauffassung herangezogen werden.
Dem Verständnis der Verfasser der Statuten des Antragstellers habe es schon im Jahr 1948 entsprochen, dass „Aktienbanken" auch sektorfremde, nicht dem Fachverband der Banken und Bankiers angehörende Unternehmen sein könnten, wenn sie in der Rechtsform von Aktiengesellschaften betrieben würden. Dies sei auch dadurch zum Ausdruck gekommen, dass die Genossenschaftliche Zentralbank AG (Rechtsvorgängerin der Raiffeisenzentralbank Österreich AG) als Aktienbank angesehen worden sei und als solche - obwohl sektorfremd - mehr als dreißig Jahre lang ordentliches Mitglied des Bankenverbandes gewesen sei. Schon eine Wortinterpretation des Begriffes „Aktienbank" in den Statuten des Antragstellers führe dazu, dass die BA-CA als Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb von Bankgeschäften sei, diese Aufnahmevoraussetzung erfülle. Auch eine systematische Interpretation der Statuten führe zum selben Ergebnis: Nach § 3 Abs 1 der Statuten sei nur bei Bausparkassen vorgesehen, dass sie, um ordentliche Mitglieder werden zu können, dem Fachverband der Banken und Bankiers (Wirtschaftskammer) angehören müssten. Dies lege aber den Umkehrschluss nahe, dass die Voraussetzungen der Fachverbandszugehörigkeit (Wirtschaftskammer) für alle anderen in den Statuten als mögliche ordentliche Mitglieder genannten Banken, insbesondere also für „Aktienbanken" (aber auch für Banken in der Rechtsform einer GmbH) nicht gelten können.
Durch den Passus „für Aktienbanken, sofern sie nicht ausdrücklich einem anderen Fachverband angehören (wie zB nach Einbringung des Bankbetriebes gemäß § 92 des Bankwesengesetzes ... dem Fachverband der einbringenden Bank)", werde klar, dass durch die Einbringung nach § 92 Abs 2 BWG entstandene Sparkassen-Aktiengesellschaften grundsätzlich als „Aktienbank" aufgefasst würden. Durch die KWG-Novelle 1986 sei auch die frühere Unterscheidung zwischen „Kreditunternehmen" und „Bank" (§ 11 Abs 1 und 2 KWG 1979) gefallen. Vielmehr sei der Begriff „Bank" zum Universalbegriff im Kreditwesen geworden.
Die seinerzeitige Differenzierung zwischen „Aktienbanken" und „sonstigen Aktiengesellschaften mit Genehmigung aufgrund des Bankwesengesetzes" in der FOO sei daher auf die historische Unterscheidung zwischen Aktiengesellschaften, die das „klassische" Bankgeschäft, und Aktiengesellschaften, die „sonstige" Bankgeschäfte betrieben haben, zurückzuführen. Ursache dieser Differenzierung sei also nicht ein Unterschied in der gesellschaftsrechtlichen Qualität von „Aktienbanken" gegenüber „sonstigen Aktiengesellschaften", sondern der Unterschied in deren Tätigkeiten: Aktienbanken haben das klassische Bankgeschäft mit entsprechendem Bezeichnungsschutz, „sonstige Aktiengesellschaften" die anderen Bankgeschäfte (Garantiegeschäft, Factoring) betrieben.
Zwischen „Aktienbanken" im Sinn der Satzungen des Antragstellers und einer „Sparkassen-Aktiengesellschaft" bestehe kein Unterschied:
Gegenstand des Unternehmens der BA-CA sei der Betrieb aller Bankgeschäfte gemäß § 1 Abs 1 BWG mit Ausnahme des Bauspargeschäftes, des Investmentfondsgeschäftes und des Beteiligungsfondsgeschäftes. Dass die BA-CA eine Sparkassen-Aktiengesellschaft sei, liege ausschließlich daran, dass bei Verschmelzung mit der Österreichischen Länderbank AG, dem Zusammenschluss mit der HVB und dem Erwerb und der Verschmelzung mit der Creditanstalt AG stets eine Sparkassen-Aktiengesellschaft iSd § 1 Abs 3 SpG als aufnehmende Gesellschaft fungiert habe. Genauso gut hätte es aber umgekehrt geschehen können, dh dass als aufnehmende Gesellschaft nicht die Sparkassen-Aktiengesellschaft, sondern eine der verschmolzenen Banken fungiert hätte.
Auf der Basis des § 92 BWG sei die Zulässigkeit sektorübergreifender Verschmelzungen von Bankunternehmen mit der Konsequenz, dass der entstehende Rechtsträger aus dem Sparkassensektor ausscheide, geklärt. Es bestehe somit keine Bindung der aus einer Einbringung nach § 8a KWG bzw § 92 BWG entstandenen Aktien an den historischen Eigentümer. Das Beispiel der BA-CA zeige dies deutlich, denn bei ihr würden die Aktien mehrheitlich (nämlich zu über 99 %) außerhalb des ursprünglichen Sektors gehalten. Die formwechselnd in eine Stiftung umgewandelte Anteilsverwaltung Zentralsparkasse (AVZ, nunmehr Privatstiftung AVZ) halte gerade einmal 0,69 % am Grundkapital der BA-CA. § 92 Abs 7 BWG bedeute nicht, dass die Zugehörigkeit zum jeweiligen Sektor versteinert werde, sondern bilde nur den sich unmittelbar nach der Ausgliederung ergebenden Zustand ab und bringe zum Ausdruck, dass die Ausgliederung als solche keinen Sektorwechsel bewirke. Es sei in der Praxis mehrfach geschehen, dass eine aus einer Sparkasse hervorgegangene Aktiengesellschaft aus dem ursprünglichen Sektor ausgeschieden sei und in einen anderen Sektor gewechselt habe, ohne dadurch gesetzliche Bestimmungen verletzt zu haben. Ein weiteres Indiz dafür, dass kein Konnex zwischen Mitgliedschaft beim freiwilligen Berufsverband und der Fachzugehörigkeit in der Wirtschaftskammer bestehe, ergebe sich daraus, dass die Mitgliedschaft beim Sparkassenverband durch ein einfaches Kündigungsschreiben gelöst werden könne, während zum Wechsel eines Fachverbandes in die Wirtschaftskammer die Genehmigung des Wirtschaftsparlaments und die Zustimmung der jeweiligen Fachverbandsmitglieder erforderlich sei.
Als Zwischenergebnis sei festzuhalten, dass die Aufnahme der BA-CA in den Antragsteller statutengemäß erfolgt sei, weil es sich dabei um eine „Aktienbank" handle.
Zur Kollektivvertragsfähigkeit des Antragstellers für Sparkassen-Aktiengesellschaften im Allgemeinen und die BA-CA im Besonderen führte der Antragsteller im wesentlichen Folgendes aus:
Die Auslegung des Zuerkennungsbescheides dürfe nicht am Wortsinn haften bleiben, sondern man müsse auch hier den Zweck und das historische und wirtschaftliche Umfeld bedenken. Weder das Kollektivvertragsgesetz noch das ArbVG untersagten bei freien Berufsvereinigungen einander überschneidende Kollektivvertragsfähigkeiten. Es verbiete sich daher von vornherein, aus der - späteren - Statutenänderung des Sparkassenverbandes durch Erstreckung der Mitgliedschaft auf „Sparkassen-Aktiengesellschaften" eine teleologische Reduktion der Statuten des Antragstellers abzuleiten und daraus die Ausklammerung von Sparkassen-Aktiengesellschaften aus dem Begriff „Aktienbanken" zu folgern. Auch zwei oder mehrere miteinander im Kernbereich oder generell konkurrierende freie Berufsvereinigungen der Arbeitgeber (oder der Arbeitnehmer) könnten „maßgebende wirtschaftliche Bedeutung" iSd § 4 Abs 3 ArbVG erlangen, was zur Zuerkennung einander überschneidender oder gar deckungsgleicher Kollektivvertragsfähigkeiten führen könne. Die parallele Kollektivvertragsfähigkeit von Sparkassenverband und Bankenverband für Sparkassen-Aktiengesellschaften sei daher gesetzeskonform und rechtlich unproblematisch. Dass den Zuerkennungsbescheiden an den Sparkassenverband einerseits und den Bankenverband andererseits "keine messerscharfe Trennung" zugrunde gelegen sei, ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass schon im Zeitpunkt der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit an den Antragsteller die - nach Kammergliederung - sektorfremde Genossenschaftliche Zentralbank AG ordentliches Mitglied des Antragstellers gewesen sei.
Zusammenfassend erstrecke sich daher die Kollektivvertragsfähigkeit des Antragstellers auch auf die BA-CA, sodass diese gemäß § 8 Z 1 ArbVG dem Banken-Kollektivvertrag unterliege. Der Verbands- und damit Kollektivvertragswechsel sei zulässig:
Die Frage nach dem Bestehen eines spezifischen Verschlechterungsschutzes habe im vorliegenden Fall schon deshalb keine Bedeutung, weil - gemessen am Mindeststandard des § 4 AVRAG - ein allenfalls durch § 4 Abs 2 erster Satz AVRAG bewirkter Schutz nicht nur gewährleistet, sondern sogar übererfüllt sei. Mit Schreiben des Vorstandes der BA-CA sei nämlich der gesamte Bezug, dh einschließlich Überstundenpauschalen, die keine Entsprechung im Banken-Kollektivvertrag haben, aufrechterhalten worden. Die Frage nach dem Bestehen eines spezifischen Verschlechterungsschutzes könne daher unerörtert bleiben.
In der Lehre werde die Meinung vertreten, dass bei - grundsätzlich möglichem - Wechsel von einem kollektivvertragsfähigen freiwilligen Berufsverband zum anderen und bei tatsächlichem Bestehen von Kollektivverträgen die Zugehörigkeit zum früheren entweder aufhöre oder durch den aktuellen Kollektivvertrag des neuen Verbandes verdrängt werde. Welche Konstruktion man auch immer wähle, gelange man dazu, dass auf die Arbeitsverhältnisse der BA-CA nunmehr der Kollektivvertrag des Bankenverbandes Anwendung zu finden habe.
Der Verbandswechsel verstoße auch nicht gegen die „Grundsatzvereinbarung" („Bank-der-Regionen-Vertrag"). Wie sich aus deren Text ergebe, unterliegen bis 8. 12. 2006 nur „Maßnahmen, die zu einem Ausscheiden der BA-NEU aus dem Sparkassensektor führen" der Genehmigung durch den Aufsichtsrat der BA-CA mit einer 2/3-Mehrheit. Dies gebe dem Zentralbetriebsrat der BA-CA, der aufgrund einer historisch gewachsenen Sonderbestimmung in der Satzung wegen der ungeraden Anzahl an Kapitalvertretern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats stelle, ein de facto-Vetorecht. Der Austritt aus dem Sparkassenverband (mit oder ohne Eintritt in den Bankenverband) sei aber nach den bisherigen Darlegungen keine solche Maßnahme, die zu einem Ausscheiden der BA-CA aus dem Sparkassensektor führe. Die BA-CA gehöre nämlich nach wie vor dem Fachverband der Sparkassen (Wirtschaftskammer) an, damit sei die Einlagensicherung im Sparkassensektor und gemäß § 24 SpG die Mitgliedschaft beim Revisions- und Prüfungsverband der Sparkassen verbunden. Die Zugehörigkeit zu einem freien Arbeitgeberverband sei unter den Kriterien nach § 92 Abs 7 BWG gar nicht genannt und könnte dort aus verfassungsrechtlichen Gründen auch gar nicht erwähnt werden. Der Wechsel des freiwilligen Berufsverbandes habe daher nicht der Zustimmung des Aufsichtsrats, geschweige denn dem Vorliegen einer qualifizierten Mehrheit im Aufsichtsrat bedurft. Lediglich der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass selbst die Missachtung einer fehlenden Aufsichtsrats - Zustimmung an der vereinsrechtlichen Gültigkeit und kollektivvertragsrechtlichen Wirksamkeit des Verbandswechsels nichts ändern könnte, weil dies die Gültigkeit eines vom Vorstand abgeschlossenen Rechtsgeschäfts nicht hindere.
Zum Wegfall der Betriebsvereinbarung:
Nach der Rechtsprechung („Dorotheums-Entscheidungen"), welche mit der herrschenden Lehre übereinstimme, erlöschen bei Wegfall einer kollektivvertraglichen Ermächtigungsklausel durch Kollektivvertragswechsel die nicht auch durch eine gesetzliche Ermächtigung (§ 97 ArbVG) gedeckten Teile der Betriebsvereinbarung ohne Nachwirkung. Denn mit dem Wegfall der kollektivvertraglichen Ermächtigungsnorm werde die von den Kollektivvertragspartnern abgeleitete Rechtsetzungsbefugnis der Betriebspartner beseitigt, weshalb eine einvernehmliche Änderung - würde die Betriebsvereinbarung weiter gelten - gar nicht mehr erfolgen könnte. Die fehlende Rechtsetzungsbefugnis der Betriebspartner stünde auch einer Kündigung der Betriebsvereinbarung, die eine Nachwirkung auslösen würde, im Wege. Die Sichtweise des Obersten Gerichtshofes sei vom Gesetzgeber im Übrigen in der Regierungsvorlage zum Bundesbahnstrukturgesetz 2003 (EB RV 311 BlgNR XXII. GP) ausdrücklich übernommen worden, wo es heiße: „Bezüglich der Wirksamkeit von echten Betriebsvereinbarungen ist davon auszugehen, dass diese mit dem Wegfall ihrer gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Grundlage grundsätzlich untergehen."
Zusammenfassend sei festzuhalten, dass durch den vom Verbandswechsel der BA-CA ausgelösten Wechsel vom Sparkassen-Kollektivvertrag zum Banken-Kollektivvertrag jene Teile der "Betriebsvereinbarung 1969" und allfälliger anderer Betriebsvereinbarungen ersatzlos ohne Nachwirkung weggefallen seien, die sich nur auf die Ermächtigungsklausel in Art II des Sparkassen-Kollektivvertrages, nicht jedoch auf eine gesetzliche Ermächtigung oder auf eine im Zeitpunkt des Verbandswechsels gültige Ermächtigungsklausel im Banken-Kollektivvertrag stützen könnten.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen und hält den Argumenten des Antragstellers im wesentlichen Folgendes entgegen:
Die BA-CA gehöre grundsätzlich zum Sparkassensektor und wolle dies auch. So habe die Bank Austria AG im Jahr 2000 ihren Geschäftsbetrieb im Wege der Sacheinlage in die Sparkasse Stockerau eingebracht. Lediglich die Holdinggesellschaft habe ihre Anteilsrechte als Sacheinlage in die HVB eingebracht. Die Stellung der BA-CA als „Sparkassen-Aktiengesellschaft" sei dadurch nicht angetastet worden. Dies sei auch durch die Statuten der BA-CA abgesichert worden, indem ein Verlassen des Sparkassensektors an die schon erwähnte, mit qualifizierter Mehrheit zu erteilende Zustimmung gebunden worden sei. Mit dem Schritt vom 12. 10. 2004 sei es der BA-CA darum gegangen, einerseits im Sparkassensektor zu verbleiben und den Kunden gegenüber die damit verbundenen Vorteile ins Treffen zu führen und andererseits gegenüber den Mitarbeitern auf den "billigeren" Banken-Kollektivvertrag auszuweichen und sich gleichzeitig des Sparkassendienstrechts (BV 1969) zu entledigen.
Anlass für den Verbandswechsel durch die BA-CA sei gewesen, dass der Betriebsrat die Unterfertigung eines „Kompromisspapiers" verweigert habe. Die BA-CA versuche zu erreichen, die Betriebsvereinbarung 1969 und andere Regelungen, die auf einer Ermächtigung des Art II des Sparkassen-Kollektivvertrags beruhten, zum Erlöschen zu bringen, insbesondere die Lohnkosten zu senken. Über eine Anwendung des Banken-Kollektivvertrages werde insbesondere die gehaltliche und pensionsmäßige Fortentwicklung der Arbeitnehmer abgeschnitten.
Das Vorgehen der BA-CA beim Kollektivvertragswechsel sei sitten- und grundrechtswidrig gewesen:
Da die BA-CA schon seit vierzehn Jahren eine Aktienbank gewesen sei, sei beim Verbandswechsel "die Absicht im Vordergrund gestanden, die Unanwendbarkeit der Betriebsvereinbarung 1969, insbesondere im Entgelt-, Valorisierungs- und Vorrückungsbereich sowie hinsichtlich Arbeitszeit und Definitivstellungen herbeizuführen". Damit werde "unter eklatanter Verletzung des Vertrauensschutzes ein seit siebzig Jahren gewachsenes Dienstrecht von heute auf morgen zerschlagen". Der Eintritt oder der Austritt einer freiwilligen Interessenvertretung unterliege der Rechtsmissbrauchskontrolle. Die kollektive Rechtsgestaltung sei nach herrschender Ansicht an die Grundrechte gebunden. Es mache keinen Unterschied, ob deren Verletzung durch die Norm selbst oder durch die Ausnützung der sich aus dem Aufeinandertreffen verschiedener Normen bietenden Möglichkeiten erfolge. Auch die Abschaffung der Norm selbst könne eine Grundrechtswidrigkeit verwirklichen.
Zum angeblichen Erlöschen der Betriebsvereinbarung 1969 (Punkt 2 des Antrages):
Der Gesetzgeber habe mit BGBl 460/1993 die Arbeitnehmer vor einem plötzlichen Verlust kollektiver Rechte verstärkt schützen wollen. Auf der Kollektivvertragsebene sei daher die KollV-Unterworfenheit in § 8 ArbVG dahin erweitert worden, dass der Grundsatz der Weitergeltung eines einmal anwendbaren Kollektivvertrages bei einem Verbandsaustritt oder einer Unternehmensübertragung auch dann gelten solle, wenn nur ein Betriebsteil in andere Hände gelange. Eine gleichartige Regelung gelte für Betriebsvereinbarungen gemäß § 31 ArbVG. Diese sollten unabhängig von ihrer unterschiedlichen Rechtsgrundlage (§ 29 ArbVG) weiter gelten, wenn der Betrieb erhalten bleibe. Diese Möglichkeiten der Weitergeltung gemäß § 31 ArbVG seien durch die Gesetzesnovelle erweitert und abschließend geregelt worden. So, wie nach § 8 ArbVG von einer statischen Weitergeltung des Kollektivvertrages auszugehen sei, müsse dieser Gedanke auf die Weitergeltung einer Betriebsvereinbarung angewendet werden, die Regelungen enthalte, welche gemäß § 29 ArbVG von den Kollektivvertragsparteien an die Betriebsparteien delegiert worden seien.
Zur Kollektivvertragsunterworfenheit:
Aus dem Umstand, dass die BA-CA seit nunmehr vierzehn Jahren eine Sparkassen-Aktiengesellschaft sei und sämtliche Bankgeschäfte betreibe, könne der Antragsteller nicht für sich in Anspruch nehmen, seine Kollektivvertragsfähigkeit auch auf solche Institute ausdehnen zu können, zumal es dann überhaupt keine Abgrenzung mehr zu anderen freiwilligen Berufsverbänden, wie dem Genossenschaftsverband, Hypothekenverband oder Raiffeisenverband gebe, die alle Kollektivvertragsfähigkeit besitzen und auch Kollektivverträge abgeschlossen haben. Für die Kollektivvertragsfähigkeit könnten auch nicht die jeweils aktuellen Statuten maßgebend sein, vielmehr sei vom Ist-Zustand auszugehen, den die Behörde ihrer Entscheidung über die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit zugrundegelegt habe. Wenn die vom Antragsteller behauptete Ununterscheidbarkeit der Kreditinstitute und die Ausweitung des Wirkungsbereiches auf den gesamten „Bankenbereich" für die Prüfung gemäß § 5 Abs 3 ArbVG maßgeblich sei, hätte die Behörde infolge Unvergleichbarkeit der damals und heute maßgebenden Kriterien keine geeignete Entscheidungsgrundlage für die Prüfung, ob eine Änderung der Voraussetzungen für die Verleihung der Kollektivvertragsfähigkeit eingetreten sei oder nicht. Eine Behörde müsste entweder alles zulassen oder im gesamten „Kreditsektor" eine Neuüberprüfung der Kollektivvertragsfähigkeit sämtlicher Verbände einleiten. Zu Recht habe das Bundeseinigungsamt in seinem Beschluss vom 16. 12. 2004, 83/BEA/2004 (Satzungsantrag betreffend die BA-CA) die Rechtslage anders gesehen.
Auch der Versuch, auf die konkret ausgeübte bankgeschäftliche Tätigkeit abzustellen, führe nicht weiter. Dies würde bedeuten, dass Kreditinstitute, die das gesamte Spektrum abdecken, im Bankenverband kollektivvertragsangehörig wären, während für „mindere" Kreditinstitute nur die anderen Berufsvereinigungen zur Verfügung stünden. Da aber, wie der Antragsteller selbst vorgebracht habe, seit 1990 eine Entwicklung eingesetzt habe, wonach jedes Kreditinstitut eine „Universalbank" sein könne, würde die Kollektivvertragsunterworfenheit zu einer „Augenblicksgröße". Sie hinge von der Geschäftspolitik des Kreditinstituts und davon ab, inwieweit es diesem gelinge, in andere Sektoren einzudringen. Wenngleich die BA-CA sämtliche Bankgeschäfte ausübe, so könne für eine generell zu treffende Aussage über die Kollektivvertragsfähigkeit nicht auf diesen Einzelfall abgestellt werden.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers komme der sektoralen Gliederung der Wirtschaftskammer sehr wohl wesentliche Bedeutung auch für die Interpretation der Statuten der beiden betroffenen freiwilligen Berufsverbände zu. Insbesondere das Beispiel der Bausparkassen zeige die Unhaltbarkeit der Auffassung des Antragstellers:
Diese gehörten nämlich dem jeweiligen Fachverband (Wirtschaftskammer) an, dem die Muttergesellschaft angehöre. Die sektorale Trennung der Wirtschaftskammer finde daher auch hier Niederschlag. Unrichtig sei der Umkehrschluss des Antragstellers, dass gemäß § 3 Abs 1 seiner Statuten zwar Bausparkassen, nicht aber andere Kreditinstitute dem Fachverband der Banken und Bankiers (Wirtschaftskammer) angehören müssten, um Mitglieder werden zu können. Werde aber auf die sektorale Trennung durch die Wirtschaftskammer Bezug genommen, müsse auch § 4 Z 3 FOO Beachtung finden, wonach Sparkassen-Aktiengesellschaften, soweit sie infolge Gründung gemäß § 92 BWG einem anderen Fachverband angehören, nicht als Aktienbanken dem Fachverband der Banken und Bankiers angehören können.
Am Gleichklang zwischen Verbandszugehörigkeit und Sektorenzugehörigkeit änderten auch die vom Antragsteller angeführten Beispiele nichts:
Hinsichtlich der Mitgliedschaft der Genossenschaftlichen Zentralbank sei sich der Antragsteller selbst bewusst gewesen, dass dieses Kreditinstitut nicht mehr ordentliches Mitgliedes des Bankenverbandes sein solle, weil sie dem Fachverband der Raiffeisenkasse (Wirtschaftskammer) zugehörig sei. Was den Vorschlag der Beibehaltung einer außerordentlichen Mitgliedschaft anlange, spreche dies nicht dagegen, weil dies nur die vereinsrechtliche Mitgliedschaft betreffe. Die Girozentrale und Bank der österreichischen Sparkassen-AG, welche ihre Grundlage in einem eigenen Gesetz aus 1958 habe, sei bis zu ihrer Verschmelzung mit der „Ersten" Mitglied des Sparkassenverbandes und diesem kollektivvertragsangehörig gewesen und habe gleichzeitig dem Fachverband für Sparkassen (Wirtschaftskammer) angehört. Ähnlich verhalte es sich mit der Österreichischen Volksbanken-AG, die dem Verband der Volksbanken angehöre und dem mit diesem Verband abgeschlossenen Kollektivvertrag unterliege.
Bei der Beurteilung der Reichweite der Kollektivvertragsfähigkeit aufgrund des Zuerkennungsbeschlusses sei auch dessen Begründung heranzuziehen, zumal die Behörde über einen Parteienantrag entschieden habe. Da die Verleihung der Kollektivvertragsfähigkeit erkennbar daran angeknüpft habe, dass der Sparkassenverband die Interessen aller Sparkassen und des gesamten Sparkassenwesens vertrete, stelle dieses Begründungselement erkennbar einen tragenden Grund für den vom Obereinigungsamt gefassten Beschluss dar. Dieser Umstand sei bei Auslegung der Reichweite der Kollektivvertrags-Ermächtigung zu beachten. Hätte es daher im Jahre 1948 schon „Sparkassen-Aktiengesellschaften" gegeben, wären diese vom Obereinigungsamt in die Kollektivvertrags-Kompetenz des Sparkassenverbandes einbezogen worden. Dies ergebe sich auch aus § 3 Sparkassengesetz, wonach die Sparkassen-Aktiengesellschaft eine im Bereich des Sparkassensektors tätige gesellschaftliche Sonderform darstelle, die in allen wesentlichen Belangen dem Sparkassengesetz unterliege. Nicht umsonst sei diese Gesellschaft in § 1 SparkassenG definiert und ihre Bildung gemäß § 92 Abs 6 und 7 BWG an die Zugehörigkeit zum Sparkassensektor gebunden. Dasselbe Regelungsprinzip einer Beibehaltung des Sektors gelte für alle anderen nach dieser Bestimmung möglichen Umwandlungen. Die Kollektivvertragsfähigkeit könne sich nicht aus der Vereinsfreiheit (und zulässigen Statutenänderung), sondern nur aus der im Zuerkennungsbeschluss enthaltenen Darstellung über das Vorliegen und den Umfang der maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung für einen bestimmten Wirkungskreis ableiten. Die nachträgliche Statutenänderung des freiwilligen Verbandes können nur insofern Bedeutung haben, als sie im Rahmen der "intrasystematischen Fortentwicklung" in der ursprünglich zugewiesenen Kollektivvertragsfähigkeit gedeckt seien. Diese Voraussetzung sei im Fall der Statutenänderung des Sparkassenverbandes, die eine Einbeziehung der „Sparkassen-Aktiengesellschaften" vorgenommen habe, gegeben. Wenn der Antragsteller hingegen ausführe, dass die Ausweitung der „Sparkassenkonzession" auf alle Bankgeschäfte zu einem anderen Begriffsverständnis der maßgebenden wirtschaftlichen Bedeutung und des hier festgelegten Wirkungskreises führe, gehe diese Interpretation weit über eine intrasystematische Fortentwicklung hinaus. Diese Rechtsansicht müsse dazu führen, dass sich infolge der Entwicklung seit 1948 die auf einen bestimmten räumlichen und fachlichen Geltungsbereich abgestellte Kollektivvertragsfähigkeit faktisch "auflöse". In Ansehung der „Sparkassen-Aktiengesellschaften" wäre dann ein Beitrittswahlrecht und eine Ausweitung des räumlichen und fachlichen Geltungsbereiches auf den gesamten Kreditsektor eingetreten. Stelle man nur auf das Kriterium der „Universalbank" ab, müsste unter Vernachlässigung der Fachverbandszugehörigkeit eine Freizügigkeit für alle „Aktienbanken" herrschen, auch dem Sparkassenverband oder einem x-beliebigen Verband beizutreten. Eine solche, systemungebundene Vorgangsweise sei aber vom Gesetzgeber nicht gewollt und abzulehnen.
Zu den Rechtswirkungen des Neubeitritts:
Diese könnten nur den vereinsrechtlichen Status betreffen, während es für die Kollektivvertragsfähigkeit bei § 8 Abs 1 ArbVG verbleibe. Das Problem des Wechsels von einem freiwilligen zu einem anderen freiwilligen Verband sei bisher in der Literatur kaum behandelt worden, auch fehle es an einer Rechtsprechung hiezu. Soweit sich Autoren näher mit dem Problem befasst hätten, seien sie, auch mit Differenzierungen, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Vertrauensschutz zu beachten sei. § 8 Z 1 und 2 ArbVG, § 4 AVRAG und Art 3 Abs 2 RL 77/187 verfolgten den Zweck, im Fall eines Kollektivvertragswechsels, die Arbeitnehmer in der Beibehaltung jener Arbeitsbedingungen, deren Geltung sie bei Abschluss ihres Arbeitsvertrages voraussetzten und legitimerweise auch für die Zukunft erwarteten, abzusichern. Andernfalls könnten die Interessen der Arbeitnehmer zum Gegenstand taktischer Überlegung gemacht werden und könnte sich auch eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung ergeben, je nachdem ob es sich um einen von einer gesetzlichen oder freiwilligen Interessenvertretung abgeschlossenen Kollektivvertrag handle. Während die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Wirtschaftskammerorganisation „Kollektivvertragsrochaden" ausschließe, könnte der Vorrang der freiwilligen Interessenvertreten dazu benützt werden, einen durch Aus- und Eintritt zum jeweiligen freiwilligen Verband ungesicherten und beliebig abänderbaren Rechtsstatus für die Arbeitnehmer zu schaffen.
Selbst wenn man von einer zulässigen Doppelmitgliedschaft ausginge, käme man zu dem Schluss, dass grundsätzlich der erste Kollektivvertrag weiter gelte. Auch dann, wenn die Mitgliedschaftsnähe als Kriterium herangezogen werde, liege diese in der Zugehörigkeit zum Sparkassensektor. Wenn der Antragsteller behaupte, dass die Kollektivvertragsfähigkeit des Bankenverbandes für Sparkassen nur eine subsidiäre sei, liege darin das Zugeständnis der stärkeren Mitgliedschaftsnähe zum Sparkassenverband. Soweit der Antragsteller eine subsidiäre Kollektivvertragszuständigkeit für Sparkassen-Aktienge- sellschaften in Anspruch nehme, die nicht (mehr) Mitglieder des Sparkassenverbandes sind (§ 8 Abs 1 ArbVG) ergebe sich auch im vorliegenden Fall die primäre Geltung des Sparkassen-Kollektivvertrages, und zwar auch in dem Fall, wenn man nicht von der Beendigung der Geltung des einen oder anderen Kollektivvertrages, sondern nur von einer „Verdrängung" ausgehe.
Der Vorrang des Sparkassen-Kollektivvertrages schließe somit eine Anwendung des Banken-Kollektivvertrages aus.
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Zur Wirksamkeit des Verbandswechsels und zur Frage, ob der Bankenverband für die BA-CA kollektivvertragsfähig ist:
Sparkassen- und Bankenverband sind freiwillige Berufsverbände, denen mit Bescheiden des damaligen Obereinigungsamtes beim Bundesministerium für soziale Verwaltung vom 29. 4. 1948 bzw vom 10. 2. 1948 die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wurde.
Nach dem Vorbringen der Parteien ist nicht strittig, dass die BA-CA gegenüber dem Sparkassenverband eine dessen Statuten entsprechende schriftliche Austrittserklärung abgegeben hat. Ebensowenig ist strittig, dass die BA-CA ihren Beitritt zum Antragsteller erklärt und dass sie daraufhin von dessen Vorstand als ordentliches Mitglied aufgenommen wurde.
Damit ist aber zur Frage, ob der Beitritt der BA-CA zum Antragsteller durch dessen Statuten gedeckt ist bzw ob der Bankenverband für eine Sparkassen-Aktiengesellschaft überhaupt kollektivvertragsfähig ist, noch nichts gesagt.
Der räumliche, personelle und sachliche Geltungsbereich der Kollektivvertragsfähigkeit einer freiwilligen Berufsvereinigung ergibt sich - vorausgesetzt es liegt eine Entscheidung des Bundeseinigungsamtes (früher: Obereinigungsamt) auf Zuerkennung ohne Einschränkungen vor - aus den die innere Organisation und den Aufgabenbereich dieser Berufsvereinigung regelnden Bestimmungen ihrer Statuten (ZAS 2000, 145 [Strasser]; Strasser, aaO § 6 Rz 5).
Die hier maßgebenden Bescheide des Obereinigungsamtes enthalten keine Ausführungen über den Geltungsbereich der durch sie begründeten Kollektivvertragsfähigkeiten, was der (von Strasser [ZAS 2000, 147] zu Recht kritisierten Verleihungspraxis entspricht. Damit bedarf es zur Lösung der hier entstandenen Reichweitenprobleme der Auslegung der damaligen Statuten der beiden in Rede stehenden Verbände. Dabei stellt sich vor allem das Problem, dass im Jahr 1948 Sparkassen-Aktiengesellschaften noch nicht begründet werden konnten. Die Frage, ob eine Sparkassen-Aktiengesellschaft ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zum Sparkassensektor bzw Fachverband der Sparkassen Mitglied des Bankenverbands sein kann, konnte sich daher damals überhaupt nicht stellen.
Der Antragsgegner begründet seinen Standpunkt, dass die Statuten des Bankenverbands den Beitritt der BA-CA nicht decken, vor allem mit zwei Argumenten: Zum einen sei klar zu erkennen, dass die beiden Verbände mit ihren Statuten den damals bestehenden Sektorengrenzen Rechnung trugen, weshalb die Aufnahme eines dem Sparkassensektor angehörigen Instituts in den Bankenverband dessen Statuten widerspreche. Zum anderen mache die Formulierung der Statuten des Bankenverbands deutlich, dass lediglich „Aktienbanken, Hypothekenanstalten und Bankiers" Mitglied dieses Verbands sein könnten; Sparkassen-Aktiengesellschaften seien jedoch keine „Aktienbanken".
Bei der Beurteilung dieser Argumente sind die seit der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit an die beiden Verbände eingetretenen tiefgreifenden Veränderungen zu berücksichtigen, die im Kreditwesen - und speziell im Sparkassenbereich - eingetreten sind:
Die Gliederung des österreichischen Kreditwesens in Sektoren ist historisch gewachsen. Weder das BWG noch das SpG enthalten Begriffsbestimmungen der verschiedenen Sektoren. Allgemein wird die kammerrechtliche Zugehörigkeit (zumindest als primäres) Merkmal für die Zugehörigkeit zu einem Sektor angesehen (Oppitz, Bankrecht, in Holoubek/Potacs, Österreichisches Wirtschaftsrecht 670). Die Unterschiede zwischen den traditionellen Sektoren der österreichischen Kreditwirtschaft beruhten früher auf unterschiedlichen Geschäftsprinzipien, aber auch auf unterschiedlichen Strukturmerkmalen. Für die Sparkassen waren und sind die Eigentümerlosigkeit und die Ausrichtung auf die Gemeinnützigkeit relevant. Für die Banken ieS - die heute nur mehr als Aktienbanken gegründet werden können - war und ist das Vorhandensein von Eigentümern und die Ausrichtung am Gewinn kennzeichnend. 1948 waren diese Unterschiede in den Geschäftsprinzipien und in den Strukturmerkmalen deutlich ausgeprägt. Die damals erfolgte Verleihung der Kollektivvertragsfähigkeit an die beiden genannten Verbände entsprach daher der Vorstellung, dass der Bankenverband die adäquate Vertretung für jene Kreditinstitute ist, die in ihrer fachlichen Ausrichtung den Banken entsprechen bzw dass der Sparkassenverband die geeignete Vertretung sämtlicher - damals ihrer ursprünglichen Konzeption entsprechenden - Sparkassen war.
Mittlerweile üben, wie das BWG zeigt, alle Kreditinsitute, egal welchem Sektor der Kreditwirtschaft sie angehören, das gleiche Gewerbe - das eines Kreditinstituts - aus. Und auch in den für die traditionelle Sektoreinteilung maßgebenden rechtlichen Strukturen sind tiefgreifende Änderungen eingetreten. Im hier interessierenden Zusammenhang ist vor allem die 1986 vorgenommene Novellierung des Kreditwesengesetzes zu nennen, durch die es (ua auch) den Sparkassen ermöglicht wurde, ihr gesamtes Unternehmen oder den bankgeschäftlichen Teilbetrieb in eine AG einzubringen. Diese und die anderen vom Antragsteller erwähnten Gesetzesänderungen haben dazu geführt, dass Sparkassen-Aktiengesellschaften (wie die BA-CA) entstanden, deren Aktien zu einem erheblichen (manchmal zum weit überwiegenden) Teil außerhalb des Sektors gehalten werden, die weder rechtlich noch wirtschaftlich den ursprünglichen Merkmalen einer Sparkasse entsprechen und deren Geschäftstätigkeit sich hin zur Geschäftstätigkeit einer Bank entwickelt hat (siehe dazu näher: Nickerl/Portisch/Riefel, Praxiskommentar zum SpG 5 ff; Oppitz, aaO, 668 ff; Rebhahn, Wechsel des anwendbaren Kollektivvertrages und Verbandswechsel, in RdW 2005, 300 ff [302]). All dies gilt gerade und in besonderem Maße für die BA-CA und entspricht auch deren schon aus ihrem Namen ableitbaren Selbstverständnis. Wie Rebhahn (aaO 303) zutreffend ausführt, zählt sie daher heute ihrem Wesen nach zu den "Banken".
Damit ist aber noch nicht zwingend gesagt, dass der Beitritt der BA-CA den Statuten des Bankenverbands entspricht. Allein mit dem Argument, dass jede Sparkassen-Aktiengesellschaft, die Bankgeschäfte betreibt, begrifflich eine „Aktienbank" sein müsse, ist diese Frage nicht zu lösen. Ebenso wenig aussagekräftig ist der Hinweis des Antragstellers auf die Formulierung des § 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Errichtung der Fachverbände und Fachgruppen (Fachorganisationsordnung - FOO). Zwar ist richtig, dass diese Bestimmung für die Annahme spricht, dass der Verordnungsgeber mit dem Begriff der Aktienbank auch sektorfremde Institute - und daher auch Sparkassen-Aktiengesellschaften - verbindet. Schließlich ordnet sie „alle Aktienbanken" dem Fachverband der Banken und Bankiers zu, die „nicht ausdrücklich einem anderen Fachverband angehören (wie zB nach Einbringung des Bankbetriebes gemäß § 92 des Bankwesengesetzes [BWG] ... dem Fachverband der einbringenden Bank". Darauf, wie die im Jahre 1948 der Verleihung der Kollektivvertragsfähigkeit zu Grunde liegenden Statuten des Bankenverbands auszulegen sind bzw waren, erlaubt dieses auf der Grundlage einer wesentlich geänderten Rechtslage gebildete Verständnis aber keine sicheren Rückschlüsse. Das Hauptargument des Antragsgegners, dass Sparkassen-Aktiengesellschaften, auf die die in § 1 Abs 3 SpG genannten Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden sind und die nach der aus § 92 BWG ersichtlichen Wertung des Gesetzgerbers dem Sparkassensektor angehören, als „Sparkassen" nicht dem unmissverständlich auf den Bankensektor ausgerichteten Bankenverband angehören könnten, wird mit diesen Überlegungen nicht widerlegt. Dennoch ist den Argumenten des Antragsgegners nicht zu folgen:
Entscheidend ist, ob die Statuten der hier beteiligten Verbände primär iS einer strengen Abgrenzung nach Sektoren zu interpretieren sind oder ob damit zwar einerseits auf die (damals) unterschiedlichen Strukturmerkmale von Banken und Sparkassen, andererseits aber auch auf die (damals) unterschiedlichen Geschäftsprinzipien bzw die (damals) unterschiedliche Geschäftstätigkeit abgestellt werden sollte. Für letzteres Verständnis spricht nicht nur der vom Antragsteller ins Treffen geführte Umstand, dass schon zum damaligen Zeitpunkt (zunächst) mit er Genossenschaftlichen Zentralbank AG und (später auch) mit der Österreichischen Volksbanken AG sektorfremde Institute dem Bankenverband angehörten. Vor allem aber ist der Formulierung des Mitgliederkreises (§ 3 der Statuten des Bankenverbands: „ ... Aktienbanken, Hypothekenanstalten und Bankiers...") zwar eine Fokussierung auf das Bankgeschäft ausübende Institute, aber kein sicherer Hinweis auf die Bindung an Sektorzugehörigkeiten zu entnehmen. Die (damals) weitgehende Übereinstimmung mit den Strukturen der gesetzlichen Interessenvertretung bzw den Sektorgrenzen ist vielmehr als Folge des Umstandes zu sehen, dass damals aus den schon oben genannten Gründen die rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Sparkassen und Banken - anders als heute - noch stark ausgeprägt waren und daher das Abstellen auf das Bankgeschäft zwangsläufig zu einer (ohnedies nur weitgehenden) Übereinstimmung mit den Sektorgrenzen führte.
Damit kann aber der Sektorzugehörigkeit für die Frage nach der Möglichkeit der Mitgliedschaft einer Sparkassen-Aktiengesellschaft zum Bankenverband keine allein ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Dass eine Sparkassen-Aktiengesellschaft, deren Schwerpunkt auf dem Gebiet des Bankgeschäfts liegt, nicht Mitglied des Bankenverbands sein kann, ist diesen Statuten daher nicht zu entnehmen.
Dass der Sparkassenverband nach der KWG-Novelle 1986 im Wege einer Statutenänderung die Mitgliedschaft auf Sparkassen-Aktiengesellschaften erstreckte und in § 4 Abs 1 lit d die BA-CA als ordentliches Mitglied nennt, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Dass Sparkassen-Aktiengesellschaften Mitglieder des Sparkassenverbandes sein können (und bislang auch ausnahmslos waren), ist ohnedies nicht strittig. Wie der Antragsteller aber richtig hervorhebt, kann daraus, dass der Sparkassenverband seine Statuten geändert hat, nicht auf eine Einschränkung des statutarischen Wirkungsbereichs des Bankenverbands geschlossen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Wirkungsbereiche der beiden in Rede stehenden Verbände - und auch ihre Kollektivvertragsfähigkeit - im aufgezeigten Umfang überschneiden. Dass dies nicht möglich sei, ist der österreichischen Rechtsordnung nicht zu entnehmen, die vielmehr die Pluralität von freien Berufsvereinigungen ermöglicht bzw voraussetzt (ausführlich Strasser, aaO § 6 Rz 7). Auch den Statuten der beiden Verbände ist nichts zu entnehmen, was eine Überschneidung ihrer Wirkungsbereiche ausschließen würde. In gleicher Weise fehlt es an einer rechtlichen Grundlage für die Annahme, dass die Abgrenzung des Wirkungsbereichs einer freien Berufsvereinigung den Strukturen der gesetzlichen Interessenvertretung folgen muss.
Vor dem Hintergrund dieser Interpretation der Statuten des Bankenverbands ist der Rechtsauffassung des Antragstellers beizupflichten, dass der Beitritt der BA-CA dessen Statuten entsprochen hat und dass der Antragsteller für Sparkassen-Aktiengesellschaften, die nach ihrer Geschäftstätigkeit als „Bank" zu klassifizieren sind, kollektivvertragsfähig ist. Dass § 4 Abs 2 Z 3 ArbVG „eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung" des freiwilligen Berufsverbands als Voraussetzung für die Kollektivvertragsfähigkeit vorschreibt, wirft nach der hier vertretenen Auffassung keine Probleme auf: Interpretiert man nämlich die Statuten dahin, dass sie nicht primär auf Rechtsform oder Sektorzugehörigkeit, sondern auf die Ausübung von Bankgeschäften abstellen, ist nicht daran zu zweifeln, dass dem Bankenverband für jene Kreditinstitute, die diese Geschäfte ausüben, „eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung" iSd § 4 Abs 2 Z 3 ArbVG zukommt.
Verstoß gegen die gegenüber dem Betriebsrat eingegangene Selbstbindung ?
Der Antragsteller meint hiezu, dass die BA-CA die Sektorzugehörigkeit ohnedies nicht gewechselt, sondern trotz ihres Übertritts vom Sparkassen- zum Bankenverband im Sparkassensektor verblieben sei.
Dem hält der Antragsgegner das Schreiben der Vorstände der damaligen Bank Austria AG und der HVB AG an den Betriebsrat der BA entgegen, wonach die BA eine Sparkassen-Aktiengesellschaft gemäß Art II Abs 1 lit f des Sparkassen-Kollektivvertrags sein werde und bei einem eventuellen Wechsel der Zugehörigkeit zum Sparkassensektor vor Ablauf von sechs Jahren ein einvernehmliches Vorgehen mit dem Betriebsrat erfolgen werde. Diese Zusage habe auch der mit der HVB geschlossenen "Grundsatzvereinbarung" entsprochen und in die Satzung der BA-CA Eingang gefunden. Der Wechsel der BA-CA zum Antragsteller verstoße gegen diese Selbstbindung.
Die Frage, ob die Vorgangsweise der BA-CA gegen die gegenüber dem Betriebsrat abgegebenen Zusicherungen verstößt, ist letztlich eine Frage der Auslegung der mit dem Betriebsrat getroffenen Vereinbarung, die aber für die hier zu treffende Entscheidung nicht relevant ist. Selbst wenn nämlich der hier zu beurteilende Mitgliedschaftswechsel gegen diese Vereinbarung verstoßen haben sollte, ändert dies nichts daran, dass er wirksam vollzogen wurde. Ein wirksamer Verbandswechsel löst aber die vom Gesetz daran geknüpften Folgen für die Frage der Kollektivvertragsunterworfenheit aus, ohne dass es darauf ankommen kann, ob der (wirksame) Verbandswechsel gegen eine Vereinbarung verstößt oder nicht. Welche Konsequenzen der Betriebsrat in einem solchen Fall aus einem derartigen Bruch der Vereinbarung ziehen könnte, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Zu den Folgen des wirksamen Verbandswechsels:
Anders als über den Wechsel der Mitgliedschaft zu einer Fachgruppe der Wirtschaftskammer - diese kann nur durch eine an der ausgeübten Tätigkeit orientierten Entscheidung der Kammer erfolgen - kann der Arbeitgeber bei einer freiwilligen Berufsvereinigung auch ohne Änderung seiner Geschäftstätigkeit privatautonom über seinen Aus- bzw Beitritt (mit-)bestimmen. Einem Mitgliedschaftswechsel liegt in diesem Fall ein Austritt aus einem und ein Beitritt zum anderen Verband zu Grunde. Da der Arbeitgeber durch den Beitritt zum zweiten Verband dessen Kollektivvertrag angehörig ist (§ 8 Z 1 ArbVG 2. Alternative: „...werden.."), andererseits durch den Austritt aus dem ersten Verband die durch diesen vermittelte Kollektivvertragsangehörigkeit nicht beendet wird (§ 8 Z 1 ArbVG 1. Alternative: „....waren;"), stellt sich ein im Gesetz nicht bzw jedenfalls nicht ausdrücklich geregeltes Kollisionsproblem.
Nach überwiegender Auffassung ist in diesem Fall mit sofortiger Wirkung jener Kollektivvertrag anzuwenden, der sich aus der aktuellen Verbandsmitgliedschaft ergibt (Strasser, aaO § 8 Rz 15; Tomandl, Arbeitsrecht I 142; Löschnigg, Arbeitsrecht10 82 ff; vgl auch Resch, JBl 1991, 762 [772]; Marhold, Das Ausscheiden aus dem Kollektivvertrag bei Fortbestand des Kollektivvertrags, in Tomandl, Aktuelle Probleme des Kollektivvertragsrechts, 74 ff; zuletzt im Zusammenhang mit dem hier zu beurteilenden Fall: Rebhahn, aaO 304; Marhold, Kollektivvertragswechsel durch Wechsel der Mitgliedschaft zu freiwilligen Berufsvereinigungen - Teil I, RdW 2005, 309 [310 f]).
Jabornegg (Die Wahl des Kollektivvertrages durch den Arbeitgeber - eine Option des geltenden Arbeitsverfassungsrechts?, DRdA 2005, 107) ist - ebenfalls aus Anlass des hier zu beurteilenden Falls - dieser Auffassung entgegen getreten. Er geht ebenfalls von einem Kollisionsproblem aus, für das eine unmittelbar einschlägige Lösung fehle. Selbst wenn man ohne zureichende gesetzliche Basis annehmen wollte, dass die neue Kollektivvertragsangehörigkeit des Arbeitgebers die bisherige einfach verdränge, stelle sich schon unter grundrechtlichen Aspekten bei wesentlicher Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ein Vertrauensschutzproblem, das auf eine Gesetzeslücke hinweise. Umso mehr sei von der Lückenhaftigkeit des Gesetzes auszugehen, wenn man - zutreffend - davon ausgehe, dass ein Fall einer im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Kollision zweier Kollektivverträge vorliege. Zur Schließung dieser Gesetzeslücke könne nur auf die Kollisions- und Vertrauensschutzregelungen beim Betriebs-(teil-)übergang - speziell also auf § 4 AVRAG - zurückgegriffen werden, weil diese Regelungen die einzigen seien, die eine vergleichbare und damit wertungsmäßig verwandte Problematik ausdrücklich behandeln. Die Konsequenzen der analogen Anwendung des § 4 AVRAG seien davon abhängig, wie man diese - unterschiedlich ausgelegte - Bestimmung verstehe: Richtig verstanden, ordne § 4 Abs 1 Satz 2 AVRAG an, dass die bisherigen Arbeitsbedingungen innerhalb eines Jahres zum Nachteil der Arbeitnehmer weder aufgehoben noch beschränkt werden dürften. Dies impliziere die Weitergeltung aller bisherigen günstigeren Regelungen des Sparkassen-Kollektivvertrages einschließlich der Ermächtigung zum Abschluss der BV 69 und damit auch der Arbeitsbedingungen auf Grund dieser Betriebsvereinbarung. Auch über dieses Jahr hinaus bleibe nach § 4 Abs 2 Satz 1 AVRAG für die Arbeitnehmer zwingend das „vor Betriebsübergang für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende kollektivvertragliche Entgelt" erhalten, was auch das günstigere Entgelt gemäß der BV 69 einschließe. Die sinngemäße Anwendung des § 4 Abs 2 Satz 2 AVRAG führe im Übrigen dazu, dass auch die Bestandschutzregelungen der BV 69 Inhalt der Einzelverträge werden, weil der autonome Verbandswechsel des Arbeitgebers nur mit einem Betriebsübergang verglichen werden könne, bei dem kein vom Unternehmen des Erwerbers verschiedenes Unternehmen des Veräußerers zurückbleibe. Nichts anderes gelte, wenn man § 4 Abs 1 Satz 2 AVRAG so verstehe, dass sich der Erwerber-Kollektivvertrag gegenüber dem Veräußerer-Kollektivvertrag nur insoweit durchsetze, als er dieselben Angelegenheiten regle. In diesem Fall müsse jedenfalls Art II des Sparkassen-Kollektivvertrages und die darauf gegründete BV 69 weitergelten. Halte man dagegen § 4 Abs 1 Satz 2 AVRAG - gegen die Meinung des Autors - schon dann für unanwendbar, wenn für den Erwerber eine neue Kollektivvertragsangehörigkeit begründet werde, gäbe es scheinbar nur den § 4 Abs 2 AVRAG als verbleibende Vertrauensschutzregelung, die zwingend auch für den hier zu beurteilenden Problemfall analog anzuwenden wäre.
Die wiedergegebenen Ausführungen Jaborneggs zu § 4 AVRAG gehen aber über weite Strecken von einem Verständnis dieser Bestimmung aus, das nicht der herrschenden Auffassung entspricht und vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt wird.
Nach Jabornegg (s dazu ausführlich aaO 111 ff) erschöpft sich die Bedeutung des § 4 Abs 1 AVRAG nicht nur in der Regelung der Fortgeltung des Veräußerer-Kollektivvertrages beim nicht kollektivvertragsunterworfenen Erwerber; vielmehr regle die Bestimmung auch den Fall des Kollektivvertragswechsels. Sie erhalte ihren eigentlichen Sinn vor allem dadurch, dass - iS ihres zweiten Satzes - bei einem solchen Wechsel die Arbeitsbedingungen des Veräußerer-Kollektivvertrages aufrecht bleiben sollen und innerhalb eines Jahres nach Betriebsübergang weder aufgehoben noch beschränkt werden dürfen.
Die weit überwiegende Auffassung sieht hingegen § 4 Abs 1 AVRAG in seiner Gesamtheit als Regelung der Fortgeltung des Veräußerer-Kollektivvertrages beim nicht kollektivvertragsunterworfenen Erwerber: § 4 Abs 1 Satz 1 AVRAG ordnet demnach an, dass die im Kollektivvertrag des Veräußerers geregelten Arbeitsbedingungen nur so lange aufrechtzuerhalten sind, bis ein anderer Kollektivvertrag in Kraft tritt oder zur Anwendung kommt. § 4 Abs 1 Satz 2 AVRAG, der normiert, dass die Arbeitsbedingungen zum Nachteil des Arbeitnehmers durch Einzelvertrag erst nach Ablauf eines Jahres geändert werden dürfen, bezieht sich demnach auf die kollektivvertraglichen Arbeitsbedingungen beim Veräußerer, die gemäß § 4 Abs 1 Satz 1 AVRAG beim Erwerber zur Anwendung kommen sollen. Auf den Fall der Kollektivvertragskonkurrenz auf Grund unterschiedlicher Kollektivvertragsangehörigkeit bezieht sich hingegen § 4 Abs 2 AVRAG (Marhold, aaO 315 und die dort ersichtliche Zusammenfassung des Meinungsstandes).
Diese zuletzt wiedergegebene Auffassung wird vom Obersten Gerichtshof geteilt. Sie entspricht dem Wortlaut des § 4 AVRAG, der Systematik seiner Absätze 1 und 2 und dem Inhalt und der Zielsetzung der mit dieser Bestimmung umgesetzten Bestimmungen der BetriebsübergangsRL (auch dazu ausführlich Marhold, aaO 316; vgl auch Binder, AVRAG, § 4 Rz 1). Ebenso steht sie in Einklang mit den Entscheidungen SZ 68/183 und Arb 12.425, in denen der Oberste Gerichtshof den Kollektivvertragswechsel ausschließlich auf der Grundlage des § 4 Abs 2 AVRAG beurteilte, von einer völligen Ablösung des Veräußerer-Kollektivvertrages und davon ausging, dass die in dieser Bestimmung genannten Entgeltregeln fortwirken und insofern eine „Überzahlung" bzw ein „Ist-Lohn" gegenüber dem nunmehr anwendbaren Kollektivvertrag vorliegt, der nicht geschmälert werden darf. Der Meinung Jaborneggs, § 4 Abs 1 Satz 2 AVRAG beziehe sich auch auf die Kollektivvertragskonkurrenz, ist daher ebenso wenig zu folgen, wie dem von ihm hilfsweise eingenommenen Standpunkt, dass sich der Erwerber-Kollektivvertrag nach § 4 Abs 1 Satz 2 AVRAG gegenüber dem Veräußerer-Kollektivvertrag nur insofern durchsetze, als er dieselben Angelegenheiten regle (s dazu die ausführlich begründete Ablehnung von Marhold, aaO 317 f; und von Binder, AVRAG, § 4 Rz 10).
Damit bleibt die schon oben wiedergegebene Meinung Jaborneggs zu erörtern, dass selbst dann, wenn man seine Auffassungen über die Auslegung des § 4 Abs 1 AVRAG nicht teile, jedenfalls § 4 Abs 2 AVRAG auf den im Gesetz nicht geregelten Fall des Kollektivvertragswechsels durch den Wechsel der Mitgliedschaft zu freiwilligen Berufsvereinigungen analog anzuwenden sei.
Marhold (aaO 319 f) bestreitet die Richtigkeit dieser Auffassung. Zum einen sei zweifelhaft, ob überhaupt eine Regelungslücke vorliege. Schließlich gelte auf der Grundlage der §§ 6 und 8 Z 1 ArbVG der Grundsatz, dass der neue Kollektivvertrag uneingeschränkt und ohne Berücksichtigung von Günstigkeitsüberlegungen gegenüber dem alten Kollektivvertrag Vorrang besitze. Bejahe man aber eine Regelungslücke, sei davon auszugehen, dass sie vom Gesetzgeber gewollt sei. Schließlich sei gleichzeitig mit der Schaffung des § 4 AVRAG auch § 8 ArbVG in erheblichem Maße novelliert worden, ohne dass allgemein für Fälle, die auf der Grundlage des § 8 ArbVG zu einem Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit führen, ein vergleichbarer Entgeltschutz vorgesehen worden sei. Eine vergleichbare Regelung sei daher offenbar nicht gewollt gewesen. Schließlich seien die von § 4 AVRAG erfassten Sachverhalte mit dem Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit als Folge des Verbandswechsels nicht vergleichbar. § 4 Abs 2 AVRAG stelle sich als Ausnahmevorschrift vom sonst geltenden Grundsatz dar, dass der Kollektivvertragswechsel ohne Rücksichtnahme auf Günstigkeitsüberlegungen und ohne Fortwirkung irgendwelcher Entgeltregelungen aus dem vorherigen Kollektivvertrag vonstatten gehe. Diese Ausnahmevorschrift, die ihre Ursache zumindest mittelbar in ihren europäischen Hintergründen finde, könne keine Grundlage für einen Analogieschluss sein.
Rebhahn (aaO 305 ff) wendet sich zwar ebenfalls gegen die Versuche Jaborneggs, aus § 4 Abs 1 AVRAG einen umfassenden Vertrauensschutz beim Kollektivvertragswechsel abzuleiten. Er plädiert aber für die analoge Anwendung des § 4 Abs 2 Satz 1 AVRAG, nach dem die Arbeitnehmer beim „Normalentgelt" durch einen Kollektivvertragswechsel keine Einbuße erleiden sollen. Diese Norm sei nicht von der BetriebsübergangsRL verlangt gewesen und daher Ausdruck einer eigenständigen Wertung des österreichischen Gesetzgebers. Sie nehme weder im Wortlaut noch in ihrem Inhalt auf Besonderheiten des Betriebsübergangs Bezug, sondern setze nur einen Kollektivvertragswechsel voraus, der durch Umstände auf der Seite des Arbeitgebers veranlasst wurde. Darin liege eine verallgemeinerungsfähige Wertung. Durchgreifende Argumente gegen eine Analogie lägen nicht vor. All dies gelte jedoch nicht für § 4 Abs 2 S 2 AVRAG, der normiere, dass kollektivvertragliche Regelungen über den Bestandschutz Inhalt des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitnehmer und Erwerber werden, wenn das Unternehmen des Veräußerers im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang nicht weiter bestehe. Diese Norm könne nicht analog auf andere Fälle des Kollektivvertragswechsels angewendet werden, weil es sich dabei - anders als bei Satz 1 - inhaltlich um eine für den Betriebsübergang spezifische Regelung handle. Das zeige schon die Relevanz der Frage, ob das Unternehmen nach dem Betriebsübergang weiter bestehe.
Dazu ist wie folgt auszuführen:
Wie bereits dargelegt, unterscheidet sich der nicht durch eine Änderung der Geschäftstätigkeit erzwungene Austritt aus einem freien Berufsverband bei gleichzeitigem Beitritt zu einem anderen - konkurrierenden - Berufsverband vom Wechsel zwischen Fachverbänden der Wirtschaftskammer dadurch, dass der Verbandswechsel eine völlig freie Entscheidung des Arbeitgebers ist. Diese freie Entscheidung des Arbeitgebers hat aber - im Falle eines damit verbundenen Kollektivvertragswechsels - beträchtliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmer. Da es das österreichische kollektive Arbeitsrecht dem Arbeitgeber jederzeit freistellt, einer freien Berufsvereinigung beizutreten oder ihr - und damit dem von ihr abgeschlossenen Kollektivvertrag - fernzubleiben, kann diese Entscheidung des Arbeitgebers höchstens einer Rechtsmissbrauchskontrolle durch das Gericht unterliegen, nicht aber einer generellen Überprüfung ihrer Zweckmäßigkeit oder Angemessenheit (Strasser, aaO § 8 Rz 12).
Von Rechtsmissbrauch kann im hier zu beurteilenden Fall aber nicht gesprochen werden, weil das Streben des Arbeitgebers nach einem Wechsel in einen seiner Geschäftstätigkeit (ebenfalls) entsprechenden Kollektivvertrag nicht deshalb sittenwidrig ist, weil dieser Kollektivvertrag für ihn günstiger ist, als der bisher anwendbare.
Jabornegg und Rebhahn ist aber beizupflichten, dass die damit bejahte Möglichkeit des Arbeitgebers, durch seine freie Entscheidung einseitig uU beträchtliche Verschlechterungen für die Arbeitnehmer herbeizuführen, in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz des Vertrauensschutzes steht und daher die Frage nach der von beiden Autoren bejahten Lückenhaftigkeit des Gesetzes aufwirft.
Die Argumente Marholds, mit denen er eine Regelungslücke verneint, überzeugen nicht. Die §§ 6 und 8 ArbVG bieten - wie schon oben ausgeführt - keine Regelung des hier zu lösenden Problems, dessen Regelungsbedürftigkeit vom Gesetzgeber ganz offenkundig nicht erkannt wurde. Schließlich sind kollektivvertragsfähige freie Arbeitgeberverbände in der österreichischen Rechtswirklichkeit an sich kein weit verbreitetes Phänomen. Dazu kommt, dass sich das hier auftretende Problem überhaupt nur stellen kann, wenn es zwei Berufsvereinigungen gibt, deren Kollektivvertragsfähigkeiten sich überschneiden und die beide für den betroffenen Arbeitgeber kollektivvertragsfähig sind. Da das Gesetz beträchtliche Hürden errichtet - beide Verbände müssen fachlich ausreichend weit tätig und repräsentativ sein - wird dies äußerst selten der Fall sein. Schließlich müssen kollektivvertragsfähige Gewerkschaften mit beiden Verbänden Kollektivverträge abgeschlossen haben, die beide den wechselnden Arbeitgeber erfassen. Es kann daher nicht verwundern, dass der Gesetzgeber das hier zu beurteilende Konkurrenzproblem, das sich - soweit überblickbar - in der Praxis bislang nie gestellt hat, nicht als regelungsbedürftig erkannte.
Aus eben diesem Grund vermag auch die Auffassung Marholds nicht zu überzeugen, dass eine (gegen seinen Standpunkt bejahte) Regelungslücke gewollt sei. Aus dem bloßen Umstand, dass zeitgleich mit der Schaffung des § 4 AVRAG auch § 8 ArbVG novelliert wurde, kann mangels jeglicher Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber das Problem als regelungsbedürftig erkannt hat, nicht auf die bewusste Unterlassung einer Regelung geschlossen werden.
Soweit Marhold die von § 4 AVRAG erfassten Sachverhalte mit dem Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit als Folge des unerzwungenen Verbandswechsels des Arbeitgebers als nicht vergleichbar erachtet, ist ihm ebenfalls nicht zu folgen. Zu Recht verweist Rebhahn auf den Umstand, dass die Regelung des § 4 Abs 2 S 1 AVRAG Ausdruck einer eigenständigen Wertung des österreichischen Gesetzgebers ist. Die Bestimmung, die nach ihrem Inhalt auf Besonderheiten des Betriebsübergangs nicht Bezug nimmt, ist jedenfalls insofern der vorliegenden Konstellation ähnlich, als sie einen Kollektivvertragswechsel voraussetzt, der durch eine Entscheidung des Arbeitgebers herbeigeführt wurde.
Damit liegen aber sämtliche Voraussetzungen für die analoge Anwendung des § 4 Abs 2 S 1 AVRAG auf den hier zu beurteilenden Fall vor.
Keine Einigkeit herrscht zwischen Jabornegg und Rebhahn über die Frage der analogen Anwendung auch des § 4 Abs 2 S 2 AVRAG, nach dem (bisherige) kollektivvertragliche Regelungen über den Bestandschutz des Arbeitsverhältnisses Inhalt des Arbeitsvertrages zwischen dem Arbeitnehmer und dem Erwerber werden, wenn das Unternehmen des Veräußerers im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang nicht weiter besteht. Diese Frage braucht aber hier nicht geklärt zu werden, weil aus dem bindenden Sachverhaltsvorbringen des Feststellungsantrags hervorgeht, dass an den Bestandschutz der vor dem Verbandswechsel eingestellten Arbeitnehmer nicht gerührt wird.
Soweit für dieses Verfahren von Interesse, ist daher als Ergebnis in Übereinstimmung mit der oben wiedergegebenen überwiegenden Lehre festzuhalten, dass zwar infolge des nicht durch eine Änderung der Geschäftstätigkeit erzwungenen Verbandswechsels jener Kollektivvertrag anzuwenden ist, der sich aus der aktuellen Verbandsmitgliedschaft ergibt, dass aber trotz der Anwendbarkeit des neuen Kollektivvertrags für die schon bisher beim Arbeitgeber beschäftigten Angestellten das bisher für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende kollektivvertragliche Entgelt nicht geschmälert werden darf.
Wie schon oben ausgeführt, geht die weit überwiegende Lehre davon aus, dass der sich aus der aktuellen Mitgliedschaft ergebende Kollektivvertrag mit sofortiger Wirkung, und nicht erst mit dem Abschluss eines neuen Kollektivvertrags durch den zuständigen freien Berufsverband anzuwenden ist. Der Oberste Gerichtshof hat diese Frage zuletzt - allerdings aus Anlass des Wechsels vom Kollektivvertrag einer freien Berufsvereinigung zum von der gesetzlichen Interessenvertretung des Arbeitgebers abgeschlossenen Kollektivvertrag - offen gelassen (SZ 73/211 [Dorotheum] = DRdA 2001, 547 [Weiss] = RdW 2001/242 [Runggaldier]). Dies war möglich, weil im damals zu beurteilenden Fall ohnedies zeitgleich mit dem Austritt aus dem freien Berufsverband ein neuer, von der gesetzlichen Interessenvertretung abgeschlossener Kollektivvertrag in Kraft getreten war.
Maßgebender Grund für die Anwendbarkeit des Kollektivvertrags, der sich aus der aktuellen Mitgliedschaft ergibt, ist die Mitgliedschaftsnähe des Arbeitgebers zu jenem Verband, dessen Mitglied er nunmehr ist. Dabei wird von der oben zitierten herrschenden Auffassung der Begriff der „Mitgliedschaftsnähe" auf der Grundlage der aktuellen Mitgliedschaft definiert. Der Begriff der „Mitgliedschaftsnähe" wird aber mitunter auch dahin interpretiert, dass jener Kollektivvertrag maßgebend sein solle, an dessen Abschluss der Arbeitgeber kraft Mitgliedschaft mitwirken konnte. Dieses zuletzt wiedergegebene Verständnis würde dazu führen, dass im Falle eines Verbandswechsels die neue Mitgliedschaft erst dann maßgebend wird, wenn der neue Verband einen Kollektivvertrag aushandelt, allenfalls - worauf Rebhahn hinweist - wohl auch dann, wenn nur der Kollektivvertrag des früheren Verbands wesentlich neu verhandelt wurde (zu all dem Rebhahn, aaO 304 mwN).
Zuletzt hat sich Rebhahn (aaO 304) mit überzeugenden Argumenten der herrschenden Lehre angeschlossen: Dem Gesetz könne nicht die Anordnung entnommen werden, dass der alte Kollektivvertrag auf Dauer - bis zu seinem Erlöschen, das bei einem Mantel-Kollektivvertrag vielleicht erst nach Jahrzehnten eintritt - anwendbar sei. Eine solche Verstetigung übersehe, dass eben auch der Kollektivvertrag des Verbands, dem der Arbeitgeber jetzt angehört, fachlich adäquat sei und damit vom Gesetz als angemessene Regelung angesehen werde. Zudem würde diese Auffassung die Entscheidung des Gesetzes für die Kollektivvertragsfähigkeit freier Berufsvereinigungen unterlaufen, falls für einen Arbeitgeber mehrere Verbände kollektivvertragsfähig seien.
Dieser Auffassung schließt sich auch der Oberste Gerichtshof an. Sie bedeutet, dass auf Grund des hier zu beurteilenden Verbandswechsels mit sofortiger Wirkung der Bankenkollektivvertrag anzuwenden ist, wenn auch mit der oben erläuterten Maßgabe, die sich aus der analogen Anwendung des § 4 Abs 2 S 1 AVRAG ergibt.
Zur Frage der Sitten- bzw Grundrechtswidrigkeit des Verhaltens der BA-CA:
Die Einwände des Antragsgegners, die Vorgangsweise der BA-CA sei sitten- bzw grundrechtswidrig und stehe in Widerspruch zum Grundsatz des Vertrauensschutzes, erweisen sich - jedenfalls auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung, nach der aus Gründen des Vertrauensschutzes § 4 Abs 2 S 1 ArbVG analog anzuwenden ist - als nicht gerechtfertigt.
Auch mit dieser Frage hat sich Rebhahn (aaO 305 ff) ausführlich und überzeugend auseinander gesetzt. Ua weist er darauf hin, dass nach den klaren gesetzlichen Wertungen ein einmal anwendbarer Kollektivvertrag nicht allein deshalb auf Dauer - als Mindeststandard - maßgebend ist, weil er einmal maßgebend war. Rechtlich fundierte Erwartungen auf die dauernde Anwendbarkeit eines einmal geltenden Kollektivvertrages können aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden. Das aus dem Gleichheitssatz abgeleitete Gebot zum Schutz von Vertrauen setzt aber berechtigte Erwartungen der Normunterworfenen voraus. Die Verfassung kann nur den Schutz jener Erwartungen verlangen, die die Normunterworfenen (hier die Arbeitnehmer) überhaupt berechtigterweise haben können (dazu ausführlich: Rebhahn, aaO 306). Das hier erzielte Ergebnis, wonach der sich aus der aktuellen Mitgliedschaft ergebende Kollektivvertrag anzuwenden ist, das den Arbeitnehmern bisher für die regelmäßige Arbeitsleistung in der Normalarbeitszeit gebührende kollektivvertragliche Entgelt aber nicht geschmälert werden darf, erweist sich vor diesem Hintergrund als verfassungs- bzw grundrechtlich unbedenklich.
Daran ändert letztlich auch der Einwand des Antragsgegners nichts, dass im Fall der BA-CA auf Grund einer im Sparkassen-Kollektivvertrag enthaltenen Ermächtigung alle typischen Bestimmungen eines Arbeitsvertrages mit Betriebsvereinbarung - im Speziellen mit der BV 69 - vorgenommen worden seien und dass die Vorgangsweise der BA-CA letztlich in sittenwidriger Weise darauf abziele, durch Beseitigung der Anwendbarkeit des bisherigen Kollektivvertrages die kollektivvertragsab- hängigen Teile der BV 69 zum Wegfall zu bringen und dadurch die Schutzbestimmung des § 31 ArbVG über die Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen zu vereiteln.
Der Antragsgegner verkennt nicht, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine kollektivvertragsabhängige Betriebsvereinbarung dann, wenn der ihr zu Grunde liegende Kollektivvertrag unanwendbar wird, ersatzlos und ohne Nachwirkungen wegfällt (SZ 73/211 [Dorotheum] und 9 ObA 253/00x; zust Runggaldier, RdW 2001, 220; Weiß, DRdA 2001, 552; Strasser/Jabornegg, Arbeitsrecht II 472; zuletzt Rebhahn, aaO 307 f; aA Gahleitner, Kollektivvertragswechsel durch Verbandsaustritt des Arbeitgebers, FS Cerny (2001) 375 [388 f]; Cerny/Gahleitner in Cerny ua, ArbVG II² 185). Dies wird primär damit begründet, dass die Betriebsvereinbarung ihre Ermächtigungsgrundlage nicht überdauern kann.
Jabornegg hat sich in seiner Untersuchung des hier zu beurteilenden Verbandswechsels ebenfalls mit dieser Frage auseinandergesetzt. Auch er ist der Auffassung, dass die BV 69 - soweit sich ihre Gültigkeit auf die Ermächtigungsklausel des Sparkassen-Kollektivvertrags stützt - bei Wegfall dieser Ermächtigung nicht mehr als Betriebsvereinbarung weiter bestehen kann. Es könne unmöglich angenommen werden, dass eine betriebliche kollektive Norm weiterhin in Kraft stehe, wenn die dafür erforderliche Rechtssetzungsbefugnis der betreffenden Betriebsparteien als solche beseitigt wurde. Die offenbare Sachwidrigkeit dieses Ergebnisses lege aber die Annahme einer zu schließenden Regelungslücke nahe. So sei etwa eine Weiterwirkung der Betriebsvereinbarung iS einer analogen Anwendung des § 32 ArbVG zu überlegen, aber auch eine Analogie zu § 13 ArbVG bzw die Nachwirkung der BV 69 unter Berücksichtigung ihres Charakters als besondere Art eines „Firmen-Kollektivvertrages" (siehe im Detail: Jabornegg, aaO 118 ff).
Rebhahn betont hingegen den von der oben zitierten Rechtsprechung vertretenen Grundsatz, dass die von einer Kollektivvertragsermächtigung abhängige Betriebsvereinbarung nicht nur in ihrem Entstehen, sondern auch in ihrem Fortbestand vom ermächtigenden Kollektivvertrag abhängig ist (siehe im Detail Rebhahn, aaO 307 f; s dort auch den Hinweis auf die EBzRV der ArbVG-Nov 1990, 1308 BlgNR 17. GP, 7 sowie auf die EBzRV des BundesbahnstrukturG, 311 BlgNR 22. GP, denen zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber diese Sicht offenkundig teilt). Die Weitergeltung der Betriebsvereinbarung als Firmenkollektivvertrag komme schon allein deshalb nicht in Betracht, weil sich das ArbVG bewusst gegen die Zulässigkeit von Firmenkollektivverträgen entschieden habe. Auch Überlegungen zum Vertrauensschutz könnten keine andere Beurteilung erzwingen, weil die Hoffnung der Arbeitnehmer, dass eine bestimmte Betriebsvereinbarung Bestand habe, schon abstrakt auch ohne Kollektivvertragswechsel geringer als bei einem Kollektivvertrag sei (näher: Rebhahn, aaO 308). Zu erwägen sei aber die analoge Anwendung des § 4 Abs 2 S 1 ArbVG auch auf eine ermächtigte Betriebsvereinbarung. Jene Gründe, die beim Kollektivvertrag für eine derartige Analogie sprächen, kämen gerade wegen der engen Verzahnung der ermächtigten Betriebsvereinbarung mit ihrem Kollektivvertrag zum Tragen.
Der Oberste Gerichtshof sieht keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen, wonach eine kollektivvertragsabhängige Betriebsvereinbarung dann, wenn der ihr zu Grunde liegende Kollektivvertrag unanwendbar wird, grundsätzlich ersatzlos und ohne Nachwirkungen wegfällt (siehe die dazu bereits oben zitierten Belegstellen). Im hier zu beurteilenden Fall, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der Arbeitgeber durch den durch nichts erzwungenen Wechsel der Berufsvereinigung den anwendbaren Kollektivvertrag bestimmen und so die Rechtsstellung der Arbeitnehmer beeinflussen kann, sprechen aber - wie Rebhahn überzeugend ausführt - jene Gründe, die oben für die analoge Anwendung des § 4 Abs 2 S 1 AVRAG ins Treffen geführt wurden, dafür, die genannte Bestimmung auch auf die ermächtigte Betriebsvereinbarung - hier also auf die kollektivvertragsabhängige BV 69 - analog anzuwenden (vgl dazu auch Binder, AVRAG § 4 Rz 2, wonach der Begriff „Kollektivvertrag" iSd § 4 AVRAG sämtliche kollektiven Gestaltungsmittel und daher auch Betriebsvereinbarungen umfasst). Auf die Frage einer analogen Anwendung auch des § 4 Abs 2 S 2 AVRAG ist aus den schon oben genannten Gründen nicht einzugehen.
Vor dem Hintergrund der somit gebotenen analogen Anwendung des § 4 Abs 2 S 1 AVRAG auch auf die kollektivvertragsabhängigen Teile der BV 69 sind auch die Ausführungen des Antragsgegners, das Vorgehen der BA-CA führe zu grundrechtswidrigen Ergebnissen, nicht geeignet, die Richtigkeit der hier vertretenen Rechtsansicht in Frage zu stellen.
Dem Feststellungsantrag war daher mit den sich aus der analogen Anwendung des § 4 Abs 2 S 1 AVRAG ergebenden Einschränkungen stattzugeben.
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