OGH 9ObA137/95

OGH9ObA137/9525.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Wolf und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Aloisia W*****, diplomierte Logopädin, ***** vertreten durch Dr.Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Land Tirol, vertreten durch Dr.Iris-Claudia Ammann, Rechtsanwältin in Hall in Tirol, wegen Feststellung (Streitwert S 180.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.April 1995, GZ 3 Ra 12/95-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10.November 1994, GZ 48 Cga 157/94t-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

9.135 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.522,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die entscheidende Frage, ob das Dienstverhältnis der Klägerin zufolge Unzulässigkeit befristeter Kettendienstverträge gemäß § 4 Abs 4 VBG als unbefristet anzusehen ist, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der beklagten Partei, daß nicht ausreichend qualifiziertes Lehrpersonal nur zur Abdeckung eines notwendigen Bedarfes vorübergehend aufgrund befristeter Dienstverhältnisse beschäftigt werden könne und die Unterlassung der Ausschreibung der Planstelle an der fehlenden Qualifikation der Klägerin nichts zu ändern vermöge, entgegenzuhalten:

Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt entschieden, daß das in § 4 Abs 4 VBG normierte Verbot von Kettendienstverträgen einer extensiven Interpretation von Ausnahmebestimmungen entgegensteht (Arb 10.693, 9 Ob A 171/93, 9 Ob A 250/93). Jede Umgehung der Bestimmungen, die den sozialen Schutz des Vertragsbediensteten bei Dienstverhältnissen auf unbestimmte Zeit gewährleisten, soll verhindert werden. Dem Schutzzweck der Norm entspricht es, daß dann, wenn keine zulässige Befristung vereinbart wurde, vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses auf unbestimmte Zeit auszugehen ist (8 Ob A 214/95).

§ 38 Abs 3 VBG und Art X Abs 3 der 39.VBG-Novelle (BGBl 1982/350) sehen als den Grundsatz, daß auf bestimmte Zeit eingegangene Dienstverhältnisse mit Ausnahme einer einmaligen Verlängerung im Verlängerungsfalle grundsätzlich als solche auf unbestimmte Zeit anzusehen sind (§ 4 Abs 4 VBG), durchbrechende Ausnahmebestimmungen gemeinsam eine Aufnahme von Vertragslehrern für vorübergehende Verwendung vor. Eine solche ist ein aushilfsweises Tätigwerden, das durch kurzfristige Sonderverhältnisse auf seiten des Dienstgebers veranlaßt wird und einen absehbaren Zeitraum nicht überschreitet (Arb

10.693 = DRdA 1990/27 [Schindler], 9 Ob A 250/93 mwN). Da mit der Klägerin seit 1985 bis zu ihrem Dienstantritt am 23.8.1989 und seit ihrer Weiterverwendung ab 16.10.1989 immer nur befristete Dienstverhältnisse geschlossen wurden, kann von der in § 38 Abs 3 VBG vorgesehenen vorübergehenden Verwendung infolge des schon unabsehbaren Zeitraumes keine Rede sein. Eine vertretungsweise Anstellung erfolgte ebenfalls nicht. Durch Art X Abs 3 der 39. VBG-Novelle sollte der Unterrichtsverwaltung eine Flexibilisierungsstrategie ermöglicht werden, für die Zeit als noch nicht für alle Schulen und Gegenstände entsprechend geprüfte Lehrer zur Verfügung stehen und trotz Ausschreibung der Planstelle nicht gefunden werden, Vertragslehrer vorübergehend anzustellen, welche die für die Verwendung notwendige Qualifikationserfordernisse nicht aufweisen (1128 BlgNR 15.GP, 7).

Gerade der Umstand, daß befristete Dienstverhältnisse die Ausnahme und Dienstverhältnisse auf unbestimmte Zeit der Regelfall sind (8 Ob A 214/95), macht entgegen der Ansicht der beklagten Partei die Voraussetzung der vergeblichen Ausschreibung der Planstelle nicht zu einer "reinen Pflichtübung ohne Sinnhaftigkeit". Nur diese gesetzlich geregelte Vorgangsweise schafft die Gewähr, daß durch ihre objektive Nachvollziehbarkeit eine Umgehung der zwingenden Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG durch die Ausnahmebestimmung des Art X Abs 3 der 39. VBG-Novelle verhindert wird. Ob in Tirol ein Mangel an Sprachheillehrern mit Lehramt notorisch ist und Lehrer nach Abschluß der PädAK "automatisch" kommen, macht die durchaus sinnhafte Voraussetzung der Ausschreibung für den Abschluß eines befristeten Dienstverhältnisses nicht überflüssig, weil auch Bewerbungen aus anderen Bundesländern durchaus denkbar sind. Ob der Klägerin bewußt war, daß Logopäden nicht eingestellt werden und ob sie nicht die Absicht hatte, die mangelnde Einstellungsvoraussetzung der Lehrbefähigung zu beheben, entband die Beklagte nicht davon, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Abschluß von befristeten Dienstverhältnissen einzuhalten. Die mangelnde Lehrbefähigung der Klägerin hätte bei ordnungsgemäßer Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine vorübergehende Verwendungsanstellung durch die Beklagte die befristete Anstellung grundsätzlich nicht verhindert, weil der Gesetzgeber die vorübergehende Anstellung gerade für diese Fälle geschaffen hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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