OGH 9Ob92/99s

OGH9Ob92/99s1.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dr. Georg Rüdiger B*****, Arzt, 2.) Dr. Talin B*****, Ärztin, beide *****, beide vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) H***** Bauträger Gesellschaft mbH i. L., *****, vertreten durch Dr. Walter Lattenmayer und andere, Rechtsanwälte in Wien, 2.) Max P*****, Baumeister, *****, vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 1,000.000 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 23. Februar 1999, GZ 5 R 123/98i-51, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1) Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

2) Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

§ 1299 ABGB begründet keine besonderen Pflichten, sondern hebt - im Vergleich zu § 1297 ABGB - nur den Verschuldensmaßstab an (JBl 1985, 625 [Iro], JBl 1993, 389; Koziol/Welser I10 § 479 mwN). Die Pflicht selbst beruht in der Regel auf einem Vertrag, allenfalls unmittelbar auf dem Gesetz. Die von den Revisionswerbern zitierte Entscheidung 1 Ob 587/90 = JBl 1991, 249, ist auf den hier festgestellten Sachverhalt schon deshalb nicht anwendbar, weil dort eine Haftung nach § 1300 ABGB (Gutachtertätigkeit eines Sachverständigen) zur Beurteilung stand. Auch aus der Vorentscheidung 2 Ob 169/61 = EvBl 1961/359 = SZ 34/68 ist für den Standpunkt der Kläger nichts zu gewinnen, zumal es dort darum gegangen ist, daß ein "Taferlbaumeister" durch die Zurverfügungstellung seiner Tafel und Namhaftmachung als Bauführer erst die Gefahrensituation, nämlich die Bauführung als solche, in deren Zuge Schutzgesetze verletzt wurden, herbeigeführt hat. Daß im vorliegenden Fall ein Auftrag an die Erstbeklagte unterblieben wäre, wenn die Kläger gewußt hätten, daß der Zweitbeklagte nur zu Zwecken der Baubewilligung Baupläne unterfertigt habe, konnte nicht festgestellt werden.

Auch eine Berufung der Rechtsmittelwerber auf § 125 der Wiener Bauordnung als Schutzgesetz ist nicht zielführend: Schutzgesetze verfolgen einen bestimmten Schutzzweck, d. h. die Hintanhaltung von Schädigungen oder Gefährdungen. Voraussetzung für eine Ersatzpflicht ist der Rechtswidrigkeitszusammenhang, d. h. es müssen Schäden eingetreten sein, welche die übertretene Norm verhindern wollte (Reischauer in Rummel II2 Rz 10 zu § 1311 ABGB). Auch eine sehr weite Auslegung des § 125 der Wiener Bauordnung ergibt jedoch keinen Schutzzweck dahin, die mängelfreie Vertragserfüllung zu sichern. Die Kläger leiten indes ihre Ansprüche, soweit sie sich auch gegen den Zweitbeklagten richten, aus Schäden aufgrund mangelhafter Vertragserfüllung ab.

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, wonach sich der Zweitbeklagte nur gegenüber einem Subunternehmer der Erstbeklagten und nur hinsichtlich der Einreichung der Baupläne verpflichtet, hingegen darüber hinausgehende Verpflichtungen weder gegenüber seinem Vertragspartner noch gegenüber den Klägern übernommen habe, ist das Ergebnis vertretbarer Auslegung und somit einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen. Die Auffassung der Kläger, wonach der Zweitbeklagte allein mit seiner Unterfertigung der Baupläne "als Bauführer" Schutzpflichten zugunsten Dritter, in diesem Fall der Bauherrn, eingegangen sei, kann in dieser Allgemeinheit nicht geteilt werden. Vielmehr kann die Annahme derartiger Schutzpflichten nur im Einzelfall beurteilt werden. Eine diesbezüglich grobe Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht vermögen die Kläger nicht aufzuzeigen.

§ 916 Abs 2 ABGB vermag den Klägern schon deshalb nicht zu nützen, weil aufgrund der für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen keine Rede von einem "Scheingeschäft" sein kann, soweit vom Vertrag zwischen dem letzten Subunternehmer und dem Zweitbeklagten nur dessen Verpflichtung zur Planunterfertigung umfaßt war.

Letztlich findet auch der Vorwurf der bewußten Täuschung in den Feststellungen keine Deckung.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsgegner die Beantwortung der von den klagenden Parteien erhobenen außerordentlichen Revision nicht iS § 508 Abs 2 Satz 1 ZPO freigestellt. Die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gilt daher gemäß § 508a Abs 2 und Abs 3 ZPO nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

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