European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0090OB00049.23F.1018.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Ein unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossener Vertrag bindet bereits die Vertragspartner insoweit, als der bedingt Verpflichtete alles tun und vorkehren muss, was notwendig ist, um den Eintritt der Bedingung erfüllen zu können und alles unterlassen muss, was die Erfüllung verhindern würde (RS0017406). Bei einem bedingten Vertrag ist jede Beeinflussung des Ablaufs der Ereignisse wider Treu und Glauben unzulässig. Eine Partei darf demnach auf die Bedingung nicht in einer Art und Weise einwirken, die die andere nach dem Sinn und Zweck des Vertrags redlicherweise nicht erwarten konnte (RS0017391). Ob eine treuwidrige Bedingungsvereitelung vorliegt, richtet sich folglich nach dem (hypothetischen) Willen redlicher und vernünftiger Vertragsparteien, nach dessen Maßgabe zu beurteilen ist, wie weit der betreffenden Partei nach dem Vertragszweck eine Einflussnahme auf den Eintritt der Bedingung geboten, untersagt oder freigestellt war (Beclin in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 897 Rz 70).
[2] 2. Wird der Eintritt einer Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten (RS0012728). Die Beurteilung, ob der Eintritt einer Bedingung zu fingieren ist, stellt sich als ein Sonderfall ergänzender Vertragsauslegung und damit als eine Frage des Einzelfalls dar (8 Ob 52/07s).
[3] 3. Die außerordentliche Revision des Klägers stellt diese von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze nicht in Frage. Sie zeigt aber auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung von diesen Grundsätzen nicht abgewichen ist.
[4] 4. Nach den Feststellungen veräußerte der Kläger den ihm gehörigen Geschäftsanteil der Z* GmbH an die Beklagte. Die zugrunde liegende Abtretungsvereinbarung vom 19. 9. 2018 beinhaltete eine „Besserungsvereinbarung“, wonach sich der Abtretungspreis um 100.000 EUR erhöht, sollten insgesamt 20 Mitarbeiter aus den Unternehmen der Z*‑Gruppe bis zum 31. 12. 2018 ein Anstellungsverhältnis bei der Beklagten (in dem von ihr übernommenen und neu gegründeten Unternehmen) Z* Fenster GmbH haben. Tatsächlich waren jedoch zum Stichtag insgesamt lediglich 16 Mitarbeiter der ehemaligen Z*-Gruppe bei der Beklagten beschäftigt. Der Beklagten war zum Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarung selbst daran gelegen, entsprechendes Personal der Z*‑Gruppe zu übernehmen. Eine Beschäftigung von mehr Mitarbeitern als jenen, mit denen nach dem Betriebsurlaub am 7. 1. 2019 in das neue Jahr gestartet wurde (18 Mitarbeiter), wäre für die Beklagte aus wirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar gewesen. Für die Beschäftigung einer höheren Anzahl an Mitarbeitern lagen keine ausreichenden Aufträge vor.
[5] 5. Die übereinstimmende Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die Beklagte habe den Bedingungseintritt nicht treuwidrig vereitelt, weil ihre – durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelte – Mitwirkungspflicht bei Herbeiführung der Bedingung mit ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen an der Führung des Unternehmens begrenzt sei, bewegt sich im Rahmen der oben dargestellten Grundsätze zu den Voraussetzungen der treuwidrigen Vereitelung eines Bedingungseintritts.
[6] 6. Richtig ist zwar, dass – so der Revisionswerber – unmögliche oder unerlaubte Bedingungen ungültig sind. Daraus kann aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Nichterfüllung jeder erlaubten und möglichen Bedingung durch den Vertragspartner immer treuwidrig sein muss. Da der wirtschaftliche Erfolg, den sich die Beklagte hier unstrittig aus dem Vertrag erhofft hat, nicht bzw nicht im erhofften Ausmaß eingetreten ist, gereicht es ihr nicht zum Nachteil, dass sie nicht weitere Anstrengungen unternommen hat, um die für den Bedingungseintritt erforderliche Anzahl an Mitarbeitern zu akquirieren. Redlicherweise durfte sich der Kläger auch nicht erwarten, dass die Beklagte trotz der festgestellten negativen wirtschaftlichen Entwicklung ihres Unternehmens weitere Mitarbeiter einstellt und damit ihren bereits im Rumpfjahr ab der Übernahme und Neugründung des Unternehmens im September 2018 entstandenen Verlust vergrößert.
[7] 7. Da sich schon aus diesen Gründen die Entscheidung des Berufungsgerichts als vertretbar erweist, musste zur Frage, ob die Einstellung von weiterem Personal im Widerspruch zur Business Judgement Rule des § 25 Abs 1a GmbHG gestanden wäre, nicht mehr Stellung genommen werden.
[8] Mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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