Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger begehrt Insolvez-Ausfallgeld ausschließlich für die Abfertigung nach fristwidriger Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 30. 4. 1997. Über das Vermögen der ehemaligen Dienstgeberin, einer GesmbH., wurde am 20. 1. 1998 das Konkursverfahren eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren noch drei Monatsraten der der Höhe nach unstrittigen, zwölf Monatsentgelte umfassenden, Abfertigung des Klägers nicht fällig (§ 23 Abs. 4 AngG). Der Kläger hat von seinem Bruder, dem Geschäftsführer und zu 80% Mehrheitsgesellschafter der ehemaligen Dienstgeberin, im Mai und Juni 1997 die fälligen Abfertigungsraten urgiert und wurde jeweils vertröstet.
Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kann die Rechtsprechung zur atypischen, einem Fremdvergleich nicht Stand haltenden Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, das deshalb vom Schutzzweck des IESG nicht umfasst ist (ZIK 1999, 141; DRdA 1999, 494; 8 ObS 57/00s; 8 ObS 153/00h u.v.a.), auf diesen Fall nicht angewendet werden, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers bis zu dessen Beendigung keine derartigen Auffälligkeiten aufwies und der Kläger andere beendigungsabhängige Ansprüche, wie laufendes Entgelt bis Ende der Kündigungsfrist, nicht geltend macht. Die von den Umständen des Einzelfalls abhängige Beurteilung der Vorinstanzen, das Zuwarten mit der gerichtlichen Durchsetzung des Abfertigungsanspruchs bis zu dessen gesamter Fälligkeit halte schon deshalb einem "Fremdvergleich" Stand, weil der Kläger auf die Zahlungszusagen seines Bruders vertrauen durfte, ist nicht grob unrichtig und ist mit der Lebenserfahrung vereinbar.
Der Kläger war ab Beginn des Jahres 1997 zu 20% Gesellschafter seiner Dienstgeberin. Davor hielt er einen Geschäftsanteil von 4%. Er hatte nie die Möglichkeit Kontrollrechte auszuüben, weil der Bruder ihm jede Einsicht in Geschäftsunterlagen verweigerte. Der Bruder selbst hatte wegen Malversationen und Verschleierungshandlungen der Buchhalterin keinen Überblick über die (schlechte) finanzielle Situation der GesmbH. Das Unternehmen bilanzierte für das Jahr 1996 - tatsachenwidrig - positiv. Erst die Beiziehung eines Wirtschaftsprüfers brachte im Juni 1997 die wahren Gegebenheiten an den Tag. Im zweiten Halbjahr 1997 wurden, ohne dass der Kläger davon informiert worden wäre, intensive Verhandlungen mit der Hausbank gepflogen und Ende Dezember 1997 von dieser die Kredite fällig gestellt. Erst in den Weihnachtsferien 1997/98 teilte der Bruder dem Kläger den wahren Vermögensstatus mit.
Der erkennende Senat hat insbesondere in seinen Entscheidungen SZ 69/208; SZ 70/232 und 8 ObS 69/00f ausführlich zu Fragen des eigenkapitalersetzenden Darlehens von Gesellschaftern Stellung genommen und judiziert in ständiger Rechtsprechung (RIS Justiz RS0018227), dass es nicht Zweck des IESG sei, den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Finanzierungsrisiko abzunehmen. In diesem Zusammenhang wurde immer wieder betont, dass es bei Beurteilung des Darlehens als kapitalersetzend darauf ankomme, ob der Gesellschafter die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft kennen musste. Der Tatbestand der Kreditunwürdigkeit und damit der eigenkapitalersetzende Charakter zum Zeitpunkt der Kreditvergabe sei objektiv zu beurteilen (SZ 69/208; SZ 70/232 m.w.H.). Die Vorinstanzen haben die Rechtsfrage, ob der Kläger die schlechte finanzielle Situation der GesmbH. bei nicht sofortiger Geltendmachung der einzelnen Abfertigungsteile habe kennen müssen, verneint. Diese stets von den Umständen des Einzelfalls abhängige Beurteilung ist auf Basis des oben kurz zusammengefassten Sachverhalts nicht offenbar unrichtig und steht nicht im Widerspruch zur dargestellten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. auch die weitere Schlussfolgerung, dem Kläger sei ab Erkennbarkeit eine angemessene, 60 Tage (vgl. § 69 Abs. 2 KO) nicht übersteigende, Überlegungsfrist zuzubilligen, steht im Einklang mit der Rechtsprechung (SZ 70/232 u. a.).
Das Vorbringen in der Revision, der Kläger habe am Weiterbestand der GesmbH. ein eigenwirtschaftliches Interesse gehabt, wurde im Verfahren erster Instanz nicht erstattet und ist daher als Neuerung unbeachtlich.
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