OGH 8ObS12/07h

OGH8ObS12/07h18.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Thomas Neumann und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Franz Krainer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei IAF-Service GmbH, ***** vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 7.782 EUR netto Insolvenz-Ausfallgeld, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Februar 2007, GZ 8 Rs 144/06t-31, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 3a Abs 1 IESG idF der Nov BGBl I 142/2000 kann allein aus der Komponente des „Stehenlassens" von Ansprüchen nicht mehr darauf geschlossen werden, dass der Arbeitnehmer das Finanzierungsrisiko missbräuchlich auf den Insolvenz-Ausfallgeldfonds überwälzen wollte. Nur dann, wenn zu dem „Stehenlassen" der Entgeltansprüche weitere Umstände hinzutreten, die konkret den Vorsatz des Arbeitnehmers erschließen lassen, das Finanzierungsrisiko auf den Fonds zu überwälzen, kann die Geltendmachung eines Anspruches auf Insolvenz-Ausfallgeld missbräuchlich sein (RIS-Justiz RS0119679; 8 ObS 16/06w; 8 ObS 18/06i).

Die auf den Umständen des Einzelfalls beruhende Beurteilung der Vorinstanzen, solche Umständen lägen hier nicht vor, beruht auf einer vertretbaren Rechtsauffassung: Die Klägerin war bei der späteren Gemeinschuldnerin, einer GmbH, 16 Jahre als Kellnerin beschäftigt. Ihr Lebensgefährte war Alleingesellschafter der GmbH. Die Klägerin war jedoch weisungsgebunden, hielt die vereinbarten Dienstzeiten ein und verrichtete die ihr aufgetragenen Arbeiten. Die Entgeltrückstände umfassen zwar etwa 17 Monatsgehälter. Allerdings erhielt die Klägerin in den letzten zwei Jahren regelmäßig monatliche Teilzahlungen, die insbesondere in den letzten Monaten vor Beendigung des Dienstverhältnis auch den tatsächlich geschuldeten Gehältern entsprachen. Aus dem über lange Zeiträume angewachsenen Gesamtrückstand lässt sich ein Missbrauchsvorsatz nicht ableiten (8 ObS 109/02s). Eine Kenntnis der Klägerin, die auch nicht Gesellschafterin der GmbH war, von der konkreten Finanzlage des Unternehmens wurde nicht festgestellt. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von der in der Revision zitierten Entscheidung 8 ObS 16/06w.

Daraus, dass die Klägerin nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses Gesellschaftsanteile an der GmbH erwarb, lässt sich ohne weitere, hier nicht feststehende Tatsachengrundlagen nicht der Schluss ziehen, dass die Klägerin davor die Absicht hatte, das Finanzierungsrisiko auf den Fonds zu überwälzen.

Die nicht aufgetragene Revisionsbeantwortung ist nicht zu honorieren (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO).

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