European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:008OBA00083.22X.1121.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
[1] Die Revision stellt die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Grundsätze der zur Unfallversicherung nach dem ASVG bestehenden Rechtsprechung auch auf die teilweise wortgleichen Regelungen des hier anwendbaren OÖ Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes übertragbar sind, nicht in Frage. Allein der Umstand, dass diese inhaltlich unbekämpfte Auslegung bisher noch nicht an das Höchstgericht herangetragen wurde, begründet die Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs 1 ZPO nicht.
Rechtliche Beurteilung
[2] 1. Ob eine Veranstaltung als unter Unfallversicherungsschutz stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung anzusehen ist, ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung aus einer Abwägung verschiedener Kriterien (vgl 10 ObS 284/91; RIS-Justiz RS0084647).
[3] 2. Zu den wesentlichen Kriterien für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zählt vor allem die betriebliche Zielsetzung einer Förderung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander.
[4] Die Gemeinschaftsveranstaltung muss daher, soweit es Größe oder Erfordernisse des Betriebs erlauben, allen Betriebsangehörigen offen stehen. An ihr sollen, wenn auch ohne ausdrücklichen Zwang, alle Betriebsangehörigen, denen es möglich ist, teilnehmen, jedenfalls soll sie eine gewisse Mindestbeteiligung aufweisen (RS0084544 [T4]).
[5] Eine dem Versicherungsschutz unterliegende Gemeinschaftsveranstaltung muss vom Betriebsleiter entweder selbst veranstaltet oder zumindest bei der Planung und Durchführung von seiner Autorität getragen werden (RS0084544). Wichtige Anhaltspunkte dafür sind die Anwesenheit des Betriebsinhabers oder eines Organs, die gänzliche oder teilweise Übernahme der Kosten, die Durchführung der Veranstaltung während der Arbeitszeit oder die eigens dafür organisierte Gewährung arbeitsfreier Zeit (RS0084647).
[6] Auch sportliche Betätigungen wie etwa ein Skitag ohne Wettkampfcharakter (10 ObS 13/20i; 10 ObS 121/05z) können im betrieblichen Interesse liegen und der Betriebsverbundenheit dienen.
[7] 3. Sind nicht alle Kriterien erfüllt, muss dies noch keinen Versicherungsausschluss bedeuten, doch kommt es darauf an, in welcher Intensität die Gemeinschaftsveranstaltung betrieblichen Zwecken dient und in welchem Umfang außerbetriebliche private Interessen beteiligt sind (10 ObS 13/20i mwN; RS0084544; RS0084647).
[8] Entscheidend sind immer die konkreten Verhältnisse im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung. Eine solche Einzelfallentscheidung ist im Revisionsverfahren aber nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RS0044088 [T8, T9]).
[9] 4. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
[10] Das angefochtene Urteil weicht insbesondere nicht von den Grundsätzen der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung 10 ObS 13/20i ab.
[11] Beiden Verfahren liegen Unfälle bei der Teilnahme an einem für Betriebsmitglieder veranstalteten Skitag zugrunde. Nach dem maßgeblichen Sachverhalt des Verfahrens 10 ObS 13/20i, in dem eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung verneint wurde, war allerdings der Dienstgeber bei der Veranstaltung nicht vertreten, die Teilnehmerzahl war von vornherein auf die Kapazität eines Busses beschränkt und es gab kein die Gemeinschaft zwischen den Bediensteten untereinander förderndes Rahmenprogramm.
[12] Im Unterschied dazu war im hier zu beurteilenden Fall die Teilnahme für alle Bediensteten grundsätzlich offen und nur durch die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung eines Dienstbetriebs und das persönliche Interesse der Mitarbeiter begrenzt. Die Organisation war vom Dienstgeber gewünscht und wurde teilweise mit seinen Mitteln durchgeführt.
[13] Der Bürgermeister der Beklagten hat als Vertreter der Dienstgeberin selbst am Skitag teilgenommen. Es waren gemeinsame Mittags- und Abendessen sowie ursprünglich auch ein Après Ski als Rahmenprogramm geplant. Die Kosten dieser geselligen Programmpunkte, die wegen des Unfalls der Klägerin nicht mehr stattfanden, wären vom Bürgermeister übernommen worden.
[14] Auch wenn die Anzahl der Teilnehmer am Skitag relativ gering war und dadurch Aspekte der Gemeinschaftspflege innerhalb der Belegschaft in den Hintergrund traten, diente die Veranstaltung jedenfalls durch die organisatorische Unterstützung und das finanzierte Rahmenprogramm unter Beteiligung des Bürgermeisters der Förderung der Verbundenheit mit dem Dienstgeber.
[15] 5. Davon ausgehend hält sich die angefochtene Entscheidung im Rahmen der dargestellten Grundsätze der ständigen Rechtsprechung. Die Beklagte zeigt keine Überschreitung des den Instanzgerichten bei der Abwägung offen stehenden Ermessensspielraums auf.
[16] Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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