OGH 8ObA77/11y

OGH8ObA77/11y28.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Hermann Furtner und Mag. Regina Bauer-Albrecht als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Zentralbetriebsrat der ÖBB***** AG, *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei ÖBB***** AG, *****, vertreten durch Kunz, Schima, Wallentin, Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (50.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Juni 2011, GZ 10 Ra 36/10b-65, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 24. November 2009, GZ 14 Cga 89/06v-61, keine Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen der beklagten Partei die mit 1.999,44 EUR (darin 333,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Bei der beklagten Partei sind mindestens drei als Personenkassiere an Bahnhöfen beschäftigte Arbeitnehmer, auf deren Dienstverhältnisse die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) anzuwenden sind, davon betroffen, dass sie in einer geringerwertigen Gehaltsgruppe als VI B (Anl ON 683) der Anlage 1 zu den AVB eingereiht sind. Die vorliegende Klage ist auf Feststellung des Anspruchs dieser betroffenen Arbeitnehmer auf Einreihung in die Gehaltsgruppe VI B gerichtet.

Alle Personenkassiere haben eine kommerzielle Fachprüfung, Dienstprüfung oder eine vergleichbare Prüfung erfolgreich abgelegt, eine Einschulung absolviert und sind an Personenkassen mit Verkaufs-, Reisebuchungs- und Beratungstätigkeiten außerhalb des Reisebüros befasst. Österreichweit sind diese Arbeitsplätze mit der gleichen Software ausgestattet, jeder Mitarbeiter ist grundsätzlich zum Einsatz an jeder Personenkasse befähigt. Modifikationen im Tätigkeitsumfang ergeben sich durch Lage und Größe des jeweiligen Bahnhofs, an kleinen Bahnhöfen mit geringer Kartenverkaufsfrequenz müssen Personenkassiere zusätzlich andere Aufgaben übernehmen.

Die Entlohnung der vom Verfahren betroffenen Arbeitnehmer der Beklagten richtet sich nach § 24 AVB, welcher auszugsweise lautet:

„Der ÖBB-Angestellte erhält ein Monatsentgelt. Dieses besteht aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen. …

Die Höhe des Gehalts richtet sich nach der Gehaltsgruppe und der Gehaltsstufe. Die Gehaltsgruppe ergibt sich aus der Verwendung. Die Zuordnung der einzelnen Verwendungen zu den Gehaltsgruppen bestimmt die Anlage 1.“

Die Anlage 1 zu den AVB enthält allgemeine Bezeichnungen der Tätigkeiten der Arbeitnehmer, denen jeweils Gehaltsgruppen zugeordnet sind.

Personenkassiere finden darin keine ausdrückliche Erwähnung, die einzige für sie in Frage kommende Bezeichnung lautet „Bahnhofsbediensteter 5“ (Anl ON 469) bis „Bahnhofsbediensteter 2“ (Anl ON 732) mit den Gehaltsgruppen IV B bis VII A. Die Bezeichnung „Bahnhofbediensteter“ ist in der Anlage nicht näher spezifiziert, bis 2008 gab es keine bestimmten Stellenplatz- oder Tätigkeitsbeschreibungen oder Anforderungsprofile dafür.

Bei der Beklagten besteht ein Stellenplan, mit jeder Planstelle ist nach § 25 AVB eine bestimmte Verwendung verbunden. Im April 2006 waren bei der Beklagten 496 Personenkassiere (davon 27,02 % in Gehaltsgruppen unter VI B), im Juni 2009 noch 395 Personenkassiere (davon 28,61 % in Gehaltsgruppen unter VI B eingestuft) beschäftigt.

Unstrittig ist, dass vor dem Stichtag 30. 4. 2004 regelmäßige Verhandlungen zwischen der beklagten Partei bzw deren Rechtsvorgängerin und dem Betriebsrat stattfanden, in denen eine bestimmte Anzahl von jeweils gewerteten Planstellen für die Beschäftigtengruppen ausverhandelt wurden. Dabei ergaben sich für die Gruppe der Personenkassiere jeweils eine bestimmte Anzahl von Planstellen „Bahnhofsbediensteter 3, 4 und 5“, entsprechend den Gehaltsgruppen VI B, VB und IV B. Es war vorgesehen, dass jene Personenkassiere, welche geringerwertig eingestuft waren, bei Freiwerden einer höherwertigen Planstelle an ihrer Dienststelle die Möglichkeit hatten, aufzusteigen, unter anderem unter Berücksichtigung des Dienstalters.

Die Besetzung erfolgte nach Maßgabe der Wertigkeit der Planstellen, obwohl alle betroffenen Mitarbeiter als Personenkassiere die gleiche Tätigkeit verrichteten. Begann ein neuer Personenkassier seine Tätigkeit an einem Bahnhof, hing seine Einstufung davon ab, welche Planstelle frei war. Handelte es sich um eine „höherwertige“ Planstelle, rückte üblicherweise einer der bereits länger beschäftigten und geringer eingestuften Personenkassiere derselben Dienststelle nach. Bei mehreren Bewerbern hing die Auswahl von Gründen wie Dienstalter, Verwendung und besonderen Verdiensten ab. Durch die Nachrückung erreichten im Laufe der Zeit die meisten, aber nicht alle Personenkassiere eine Planstelle der Wertigkeit VI B.

Durch das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 wurde das Unternehmen der Beklagten sowohl gesellschafts- als auch betriebsverfassungsrechtlich umstrukturiert. Seit dem Stichtag 30. 4. 2004 werden in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle keine Höhereinstufungen für Personenkassiere mehr vorgenommen. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, Personenkassiere seien als „Bahnhofsbediensteter 5“ (Anl ON 469) mit Gehaltsgruppe IV B grundsätzlich richtig eingestuft.

Der Kläger begehrt (soweit noch streitgegenständlich) die Feststellung, die beklagte Partei sei verpflichtet, die nach den Bestimmungen der AVB beschäftigten, als Personenkassier verwendeten Arbeitnehmer, welche in Gehaltsgruppen unter der Gehaltsgruppe VI B (Grundeinstufung) eingestuft sind, in die Gehaltsgruppe VI B, einzureihen; ein Eventualbegehren ist auf die Feststellung dieser Verpflichtung (nur) gegenüber den zum 29. 4. 2004 als Personenkassier verwendeten Arbeitnehmern gerichtet.

Das Erstgericht wies diese Begehren im zweiten Rechtsgang zur Gänze ab.

Der Kläger habe nicht unter Beweis stellen können, dass die tatsächliche Einstufung zahlreicher Personenkassiere in die Gehaltsgruppe VI von der beklagten Partei in der Vergangenheit aufgrund ihres Tätigkeitsprofils vorgenommen worden sei. Das Klagebegehren könne auch nicht auf eine den Arbeitgeber für die Zukunft bindende betriebliche Übung gestützt werden, weil die in der Vergangenheit gepflogenen Höherreihungen von Arbeitnehmern von diversen Zufällen abhängig gewesen seien. Es sei nicht hervorgekommen, dass Nachbesetzungen von Planstellen der Gehaltsgruppe VI B aufgrund eines Nachbesetzungssystems plan- und regelmäßig erfolgten, vielmehr sei die Anzahl und Verteilung der höherwertigen Planstellen unter anderem vom Standort abhängig gewesen.

Das generelle Unterbleiben weiterer Vorreihungen nach dem Stichtag 30. 4. 2004 sei sachlich begründet, einerseits mit der notorisch schlechten wirtschaftlichen Lage der Beklagten, andererseits weil damit das Aufklaffen der Einkommensschere zwischen den noch den AVB unterliegenden Arbeitnehmern und den neu eingestellten, deren Entlohnung nach dem jetzt geltenden Kollektivvertrag „DBO“ sogar unter der Gehaltsgruppe IV B liege, auf das unvermeidbare Maß beschränkt werde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichts.

Aufgrund von Verwendungsmerkmalen sei mangels konkreter Verwendungsbezeichnungen oder sonstiger zur Anknüpfung geeigneter Tätigkeitsmerkmale in der Anlage 1 der AVB keine eindeutige Gehaltsgruppeneinstufung der Personenkassiere möglich. Die Klagsseite könne auch keine betriebliche Übung als Anspruchsgrundlage heranziehen, weil es an dem erforderlichen, vorbehaltslos wiederholten gleichförmigen Verhalten des Arbeitgebers mangle. Trotz einer mehrheitlichen faktischen Umsetzung sei die Einstufung eines Personenkassiers in die nächsthöhere Gehaltsgruppe nämlich ausnahmslos vom Freiwerden (oder der Neuschaffung) einer höherwertigen Planstelle abhängig gewesen. Dies widerspreche gerade der Annahme, die Beklagte hätte ihren Willen, jeden neu eingesetzten Personenkassier alleine aufgrund seiner Verwendung entsprechend höher zu reihen, zum Ausdruck gebracht.

Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liege vor, wenn der Arbeitgeber von einem erkennbaren generalisierbaren Prinzip im Einzelfall willkürlich oder ohne sachlichen Grund abweiche und Einzelnen das vorenthalte, was er anderen zubillige. Von einem generalisierbaren Prinzip sei bei dem festgestellten System der „Nachbesetzungen“ jedoch nicht auszugehen. Die zu prüfende Stichtagsregelung könne nicht als willkürlich bezeichnet werden.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil der Beurteilung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Entlohnung von Dienstnehmern der Beklagten mit der gleichen Verwendung, insbesondere der Frage, welche Kriterien allgemein vorliegen müssten, um von der Annahme eines erkennbaren generalisierbaren Prinzips im Zusammenhang mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sprechen zu können, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

In seiner von der Beklagten beantworteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsstattgebung, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zwar zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Das Dienstverhältnis der Arbeitnehmer (ehemals: Beamten) der Österreichischen Bundesbahnen ist grundsätzlich ein privatrechtliches (RIS-Justiz RS0052676). Vor der Ausgliederung der Österreichischen Bundesbahnen mit dem BundesbahnG 1992 wies es aber einen starken öffentlich-rechtlichen Einschlag auf, der nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Folge hatte, dass sich die Gehaltseinstufung der Arbeitnehmer nicht nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit richtete, sondern nach jenem Dienstposten, der dem „Beamten verliehen“ war (RIS-Justiz RS0052662).

2. Diese Rechtslage änderte sich grundlegend nach dem Inkrafftreten der AVB mit 1. 1. 1996. In der Entscheidung 8 ObA 110/01m setzte sich der erkennende Senat ausführlich mit der Entwicklung des Dienstrechts der Österreichischen Bundesbahnen, insbesondere dem Wegfall des öffentlich-rechtlichen Einschlags in den AVB, auseinander und gelangte zu dem Ergebnis, dass jene Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen, deren Verträge den als Vertragsschablone (RIS-Justiz RS0054759 ua) anzusehenden AVB unterliegen, nunmehr unabhängig von der Ernennung auf eine entsprechende Planstelle nach ihrer konkreten Tätigkeit zu entlohnen sind.

3. Der Entscheidung 8 ObA 110/01m lag ein Sachverhalt zugrunde, der eine eindeutige Zuordnung der vom betroffenen Dienstnehmer ausgeübten Tätigkeit zu einer bestimmten Verwendungsbezeichnung und der dazu gehörenden Gehaltsgruppe nach Anlage 1 der AVB ermöglichte. Im vorliegenden Fall ist eine solche Zuordnung auf der Grundlage der Verwendungsbezeichnungen der AVB nicht möglich, weil Personenkassiere in der Anlage 1 nicht genannt sind und die allgemeine Bezeichnung „Bahnhofsbediensteter“ gleich in vier Gehaltsgruppen von IV B bis VII A auftritt, ohne dass dazwischen nach irgendwelchen Tätigkeitsmerkmalen differenziert wird.

Der Revision ist zuzustimmen, dass die AVB ein umfassendes, für sämtliche in den Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin wirksames Dienstrecht schaffen wollten, sodass auch für die Angelegenheiten der Personenkassiere kein regelungsfreier Raum besteht und ihre Zuordnung zu einer bestimmten Gehaltsgruppe geboten ist.

Welche der für „Bahnhofsbedienstete“ möglichen Gehaltsgruppen aber für sie als die „richtige“ anzusehen ist und damit Inhalt der individuellen Dienstverträge wurde, kann mangels normierter Tätigkeitsmerkmale aber nicht durch eine wörtliche Interpretation der Anlage 1 der AVB ermittelt werden. Ein Analogieschluss unter Zuhilfenahme anderer Verwendungen und der diesen zugeordneten Gehaltsgruppen scheitert an ihren völlig unterschiedlichen Tätigkeitsinhalten und Voraussetzungen.

4. Auch der von der Revision unternommene Versuch einer ergänzenden Vertragsauslegung durch Ermittlung eines hypothetischen Willens der Beklagten, alle Personenkassiere in die Gehaltsgruppe VI B einzureihen (vgl nur Bollenberger in KBB3 § 914 Rz 8 f; auch RIS-Justiz RS0113932), lässt sich mit den Verfahrensergebnissen nicht begründen.

Unstrittig ist nämlich, dass die Personenkassiere der Beklagten völlig regelmäßig zu Beginn ihrer Verwendung nicht in die Gehaltsstufe VI B eingereiht wurden, und erst im Laufe der Zeit sowie abhängig von verschiedenen Faktoren dorthin gelangen konnten. Da alle Personenkassiere gleichartige und -wertige Tätigkeiten ausüben, konnte diese Praxis der Einstufung aber objektiv nur zum Ausdruck bringen, dass die zu Beginn konkret vereinbarte Gehaltsstufe auch tatsächlich die nach Ansicht des Dienstgebers der Verwendung entsprechende war.

Nach dem Rechtsstandpunkt der Klägerin wären ansonsten alle Personenkassiere von der Beklagten ab Beginn ihrer Tätigkeit jahrelang systematisch vertragswidrig entlohnt worden und hätten sich ihre eigentlich von Anfang an zustehende höhere Gehaltsstufe jeweils erst im Verhandlungsweg oder mit Hilfe des Betriebsrats erstreiten müssen.

Ein solches Ergebnis (das mit der in 8 ObA 110/01m kritisierten Praxis, Dienstnehmer bei Beförderung zumindest auf eine gewisse Zeit nicht ihrer Funktion entsprechend zu entlohnen, vergleichbar wäre) wird aber nicht einmal vom eigenen Vorbringen des Klägers getragen, der die überkommene, vom Betriebsrat stets mitgetragene Vorgangsweise des Nachrückens auf besser dotierte Planstellen als solche gar nicht in Frage stellt, sondern lediglich deren Fortsetzung für die betroffene Personengruppe anstrebt.

5. Die Vorinstanzen haben aber völlig zutreffend erkannt, dass es offenkundig nichts mit der Wertigkeit der Verwendung zu tun hatte, die ja inhaltlich unverändert blieb, wenn Personenkassiere im Lauf ihres Dienstverhältnisses in höhere Gehaltsgruppen überstellt wurden, sondern mit dem überkommenen Planstellensystem der Beklagten.

Wie der Kläger selbst einräumt, ist aber der Stellenplan der Beklagten im Anwendungsbereich der AVB nicht das entscheidende Kriterium für den Entlohnungsanspruch (vgl 8 Ob 110/01m), sondern die tatsächliche Tätigkeit, der nach dem System der Anlage 1 der AVB keine bloß durch Zeitablauf ansteigende Wertigkeit beigemessen werden kann.

Den Vorinstanzen ist daher beizupflichten, dass ein Anspruch der Personenkassiere, allein aufgrund ihrer Verwendung in die Gehaltsgruppe IV B der „Bahnhofsbediensteten“ eingereiht zu werden, durch Vertragsauslegung nicht ableitbar ist.

6. Regelmäßig war allerdings für die Beklagte in der Vergangenheit das Freiwerden oder die Neuschaffung einer besser dotierten internen Planstelle ein Anlass, länger beschäftigten Personenkassieren einen mit Gehaltserhöhung verbundenen Karriereschritt in Form der Überstellung in eine höhere Gehaltsstufe zuteil werden zu lassen.

Wenn der Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer eine betriebliche Übung begründet, die seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, wird diese Übung durch die - gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) - Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge. Entscheidend dabei ist, welchen Eindruck die Arbeitnehmer vom schlüssigen Verhalten des Arbeitgebers haben mussten und was die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers entnehmen können, nicht aber das Vorhandensein eines Erklärungswillens auf Seiten des Arbeitgebers (RIS-Justiz RS0014543; RS0014539). Wesentlich bei einer Betriebsübung ist der generelle Charakter (RIS-Justiz RS0014543 [T9] = SZ 70/141).

Der aus den Feststellungen gezogene Schluss der Vorinstanzen, dass es im vorliegenden Fall an einem derartigen generellen Charakter mangelt und die verbliebenen Arbeitnehmer daher nie auf eine konkrete Umreihung vertrauen durften, ist frei von Rechtsirrtum und steht in Übereinstimmung mit der Judikatur (vgl 9 ObA 24/02y). Die Vorinstanzen haben völlig zutreffend darauf hingewiesen, dass die höhere Einstufung erst nach Freiwerden einer Planstelle gerade nicht dafür spricht, dass jeder neu eingesetzte Personenkassier alleine aufgrund seiner Verwendung eine entsprechende Einreihung erwarten durfte.

7. Zu prüfen bleibt daher, ob die Ansprüche der betroffenen Personenkassiere auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden können, der den Arbeitgeber verpflichtet, einzelne Arbeitnehmer nicht willkürlich, also ohne sachliche Rechtfertigung, schlechter zu behandeln als die übrigen.

Die praktische Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstreckt sich nicht nur auf die sachgerechte Gewährung von freiwilligen Leistungen, sondern auch auf vertraglich festgelegte Ansprüche, sofern diese gemeinsam für Gruppen von Arbeitnehmern oder doch für mehrere, in vergleichbarer Position befindliche Arbeitnehmer vereinbart werden (RIS-Justiz RS0060204 [T15]).

Die neuere Rechtsprechung stellt dabei die Prüfung in den Vordergrund, ob der Behandlung bessergestellter Arbeitnehmer ein erkennbares generalisierendes Prinzip - bei dessen Bestimmung der Arbeitgeber grundsätzlich im gesetzlichen und kollektivvertraglichen Rahmen frei ist - zu Grunde liegt, von dem der Arbeitgeber im Einzelfall willkürlich oder ohne sachlichen Grund abgewichen ist und dem Einzelnen das vorenthält, was er anderen zubilligt (9 ObA 24/02y; 9 ObA 99/06h; 9 ObA 78/10a).

Im vorliegenden Fall könnte ein generalisierbares Prinzip der Beförderung von Personenkassieren insofern gesehen werden, als Nachbesetzungen von der Beklagten stets nach Maßgabe der vorhandenen freien Planstellen und bestimmter individueller Qualifikationsmerkmale der Bewerber vorgenommen wurden, jedoch wäre für den Kläger damit im Ergebnis nichts gewonnen. Es ist unstrittig, dass die Beklagte bei jeder Nachbesetzung in der Vergangenheit auf die gleiche Weise vorgegangen ist, sodass insoweit keine Diskriminierung der vom Klagebegehren betroffenen Minderheit zu erkennen ist.

8. Der Gleichbehandlungsgrundsatz hindert den Arbeitgeber jedoch nicht daran, in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren und Vergünstigungen den ab einem bestimmten Zeitpunkt dafür in Betracht kommenden Arbeitnehmern nicht mehr zu gewähren (RIS-Justiz RS0060204). Das gilt nicht nur für Arbeitnehmer, die erst ab dem Stichtag eingestellt werden, sondern maßgeblich ist der Zeitpunkt des Anstehens der bisher gewährten Vergünstigung (9 ObA 24/02y; 4 Ob 27, 28/83 = DRdA 1985, 294 [Binder]).

Eine willkürliche, sachlich nicht zu rechtfertigende Unterscheidung ist dann nach der ständigen Rechtsprechung zu verneinen, wenn sich eine zulässige Stichtagsregelung als Reaktion auf Veränderungen der Ertragslage, der Unternehmensstruktur oder auch der Unternehmensphilosophie darstellt (RIS-Justiz RS0060204 [T25; T26]; 9 ObA 601/90 = DRdA 1991/27 [Mayer-Maly]; 9 ObA 24/02y [Reaktion auf öffentliche Kritik]).

Die von den Vorinstanzen für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellten Gründe für die Einstellung der Beförderungspraxis, nämlich einerseits die Umstrukturierung sowie die notorisch bedrängte Ertragslage der Beklagten, andererseits das Bestreben nach Vermeidung eines allzu großen Einkommensunterschieds zwischen den nach AVB entlohnten Personenkassieren und jenen, die einer geringeren Entlohnung nach der DO ÖBB unterliegen, sind nicht unsachlich, noch weniger lassen sie eine geradezu willkürliche Vorgehensweise erkennen.

Auch der vom Revisionswerber erblickte Feststellungsmangel ist zu verneinen, weil es angesichts der Mehrzahl von Rechtfertigungsgründen nicht auf eine detaillierte Analyse der Ertragslage der Beklagten ankommt.

9. Der in der Revision kritisierte Umstand, dass durch eine zulässige Einstellung der Beförderungen ab einem bestimmten Stichtag auf Dauer für völlig gleichartige Tätigkeiten unterschiedlich entlohnte Arbeitnehmergruppen geschaffen werden, ist eine unvermeidliche Konsequenz.

Diese Folge ergibt sich im Bereich der Beklagten aber schon zwangsläufig auch dadurch, dass die Entlohnung der neu eintretenden Personenkassiere nach der DO ÖBB erfolgt und unstrittig sogar die Gehaltsgruppe IV B unterschreitet. So verständlicherweise demotivierend dies für die persönliche Karriereplanung der vom Verfahren Betroffenen sein mag, eine Willkür der Stichtagsregelung kann daraus noch nicht abgeleitet werden.

Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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