OGH 8ObA68/16g

OGH8ObA68/16g16.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und ADir. Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_Innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei U***** GmbH, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 10.920,17 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. September 2016, GZ 10 Ra 29/16g‑32, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00068.16G.1216.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Für die Einstufung in eine bestimmte Tätigkeitsfamilie ist – wie sich dies hier insbesondere auch aus § 15 Abs 4 IT‑KV ergibt – die Art der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich (RIS‑Justiz RS0064705). Die bei den einzelnen Beschäftigungsgruppen angeführten Tätigkeitsbeispiele dürfen bei der Beurteilung der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht vernachlässigt werden, vielmehr kann in der Regel aus dem Zutreffen eines Tätigkeitsbeispiels auf die Einstufung in die betreffende Beschäftigungsgruppe geschlossen werden (9 ObA 33/11k). Werden Mischtätigkeiten verrichtet, dann entscheidet im Allgemeinen das zeitliche Überwiegen (8 ObA 44/14z).

Die Frage der Einstufung anhand der konkreten Tätigkeit in eine Kollektivvertragsgruppe kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit – soweit es nicht um eine allgemeine Auslegungsfrage hinsichtlich des Kollektivvertrags geht – regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0110650 [T2]).

2. Das Berufungsgericht hat sich ausgehend von den umfassenden Feststellungen zu den verschiedenen Tätigkeiten der Klägerin ausführlich mit den Kriterien für die Einstufung in die Tätigkeitsfamilie „Allgemeine Tätigkeit (AT)“ bzw „Spezielle Tätigkeiten (ST1)“ auseinandergesetzt.

Der Revision gelingt es nicht, eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufzuzeigen. Im Falle eines Kollektivvertragswechsels kraft Betriebsübergangs ist eine vollständige Ablösung des Veräußererkollektivvertrags durch den Erwerberkollektivvertrag anzunehmen (RIS‑Justiz RS0120297 [T3]). Auf die Einreihung der Klägerin im früheren Kollektivvertrag kommt es daher nicht an.

Die Einstufung in „ST1“ setzt sowohl die Verrichtung spezieller administrativer, kaufmännischer, technischer sowie IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie)‑Tätigkeiten, die durch Qualifikation und/oder Verantwortung definiert werden, als auch deren selbständige Verrichtung voraus. Die Klägerin hatte keine eigenständige Handlungs- oder Entscheidungskompetenz. Soweit ihr bei Datenerfassungen Kontrollfunktionen zukamen, waren diese auf offensichtliche Unrichtigkeiten (Plausibilitätskontrolle) beschränkt, ohne dass sie eine Berechtigung zur selbständigen Fehlerbehebung hatte.

Help‑Desk/Support, im Wesentlichen eine Anlaufstelle für Serviceanfragen innerhalb einer Organisationsstruktur, ist eine der Tätigkeitsbeschreibungen für die Einstufung in „Allgemeine Tätigkeit (AT)“. Warum die Tätigkeit der Klägerin im Bereich Servicedesk eine höhere Einstufung rechtfertigen soll, lässt sich auch der Revision nicht entnehmen. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts bestehen daher keine Bedenken.

3. Die außerordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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