OGH 8ObA53/16a

OGH8ObA53/16a30.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und ADir. Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. S***** K*****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, wegen Anfechtung einer Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 21. Juni 2016, GZ 7 Ra 8/16x‑61, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00053.16A.0830.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin bemängelt in ihrer außerordentlichen Revision neuerlich das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen. Die Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens fallen allerdings in den Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0113643). Dies gilt ebenso für die Frage, ob ein von den Tatsacheninstanzen verwertetes Sachverständigengutachten die getroffenen Feststellungen stützt und das Gutachten erschöpfend ist. Auch die Grundlagen eines Sachverständigengutachtens können nicht mit Revision bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0043163; RS0040579).

Abgesehen davon, dass die Klägerin ihre Rüge zum Sachverständigengutachten im Revisionsverfahren somit nicht wiederholen kann, besteht diese vor allem in pauschalen Vorwürfen und Gegenbehauptungen zu den Ausführungen des Sachverständigen. Der gerichtliche Sachverständige ist sowohl auf die Argumente der Klägerin als auch auf die von ihr herangezogenen Zeitungsartikel eingegangen und hat auch ihre Recherchen und Bewerbungsbemühungen gewürdigt. Eine Mangelhaftigkeit des Sachverständigengutachtens, geschweige denn einen Verstoß gegen zwingende Denkgesetze (vgl dazu RIS‑Justiz RS0043404), vermag die Klägerin nicht darzulegen.

2. Zur unterlassenen Einvernahme weiterer Zeugen hat das Berufungsgericht eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verneint (vgl RIS‑Justiz RS0042963). Das Berufungsgericht ist bei dieser Beurteilung nicht von einer falschen Rechtsansicht ausgegangen.

3.1 Zu der von der Klägerin behaupteten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts über eine Beweisrüge dann mängelfrei ist, wenn es sich mit dieser befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft sowie nachvollziehbare Überlegungen dazu angestellt und in seiner Entscheidung festgehalten hat (RIS‑Justiz RS0043150; RS0043268).

Auch die hier von der Klägerin erhobene Rüge betrifft wiederum das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen. Das Berufungsgericht hat sich mit den Kritikpunkten der Klägerin auseinandergesetzt, ist diesen aber nicht gefolgt. Dies gilt auch für die Frage der Heranziehung externer Erkenntnisquellen durch den Sachverständigen. Ebenso hat der Sachverständige auf die persönlichen Umstände der Klägerin Bedacht genommen.

3.2 Auch im Revisionsverfahren zeigt sich, dass die Klägerin bei ihren Überlegungen von zum Teil nicht relevanten Beurteilungsfaktoren ausgeht. So hält sie an der Maßgeblichkeit ihrer erfolglosen Bewerbungsversuche fest, die der Sachverständige allerdings als unzureichend qualifiziert hat. Weiters bezieht sie sich auf Zeitungsartikel zu Umstrukturierungsmaßnahmen im Pharmabereich, aus denen sich keine direkten Schlussfolgerungen für die konkrete Situation der Klägerin gewinnen lassen. Ähnliches gilt für die Internetrecherchen der Klägerin in der Branchendatenbank eines Personalvermittlers.

3.3 Eine mangelhafte Behandlung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht und eine fehlerhafte Begründung dazu vermag die Klägerin ebenfalls nicht aufzuzeigen.

4. Beruft sich der Arbeitnehmer zur Anfechtung der Kündigung auf ein verpöntes Motiv, so hat er diesen Umstand glaubhaft zu machen. Ob die Glaubhaftmachung gelungen ist oder nicht, stellt das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung dar. Gelingt es dem Arbeitnehmer, das Motiv glaubhaft zu machen, so kann der Arbeitgeber das Gericht ebenfalls durch Glaubhaftmachung überzeugen, dass bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes vom Arbeitgeber geltend gemachtes Motiv bzw ein anderer Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend war. In diesem Fall ist die Anfechtungsklage abzuweisen (8 ObA 59/14f; 8 ObA 62/15y).

Nach der ermittelten Sachverhaltsgrundlage wurde die Klägerin aufgrund der Einführung eines neuen pharmazeutischen Produkts gekündigt. Entgegen ihren Behauptungen hat die Beklagte nicht ihren damaligen Krankenstand angezweifelt und ihr eine damit im Zusammenhang stehende Rechtsposition streitig gemacht.

5. Zu der von der Klägerin behaupteten Sozialwidrigkeit der Kündigung wurde festgestellt, dass die Klägerin zum Kündigungszeitpunkt bei gehöriger Anstrengung in der Lage gewesen wäre, innerhalb von drei bis vier Monaten eine adäquate Ersatzarbeitsstelle mit einer (zumindest vorübergehend) nicht auszuschließenden Gehaltseinbuße bis zu 10 % zu finden. Zudem hat das Erstgericht – im Rahmen der rechtlichen Beurteilung – festgehalten, dass die von der Klägerin bei der Beklagten bezogenen Diäten im Fall einer vergleichbaren Arbeitsstelle in einem ähnlichen Ausmaß ebenso zu erwarten sind. Mit dem Argument, die Tagesdiäten für den Außendienst seien in ihrem Fall als Bestandteil des Gehalts anzusehen, weil sie von zu Hause mitgebrachte Speisen und Getränke konsumiert habe, vermag die Klägerin ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

6. Insgesamt spricht die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage an. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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