OGH 8ObA59/14f

OGH8ObA59/14f26.2.2015

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00059.14F.0226.000

 

Spruch:

Entscheidungsgründe:

„1. Dienstbeginn täglich wochentags ab 6:30 Uhr möglich

2. Dienstbeginn am Wochenende (Sa, So, Feiertag) ab 6:00 Uhr möglich

3. Dienstende wochentags 17:00 Uhr

4. Dienstende Wochenende wann immer

5. Montags immer frei

6. Zweiter freier Tag nicht fix, sondern alternierend auf Freiwunschkalender“

Klägerin

Beklagte

Erstgericht

Berufungsgericht

Rechtliche Beurteilung

I.

II.1 Wolligger Gahleitner Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller 4

II.2 von § 105 Abs 5 ArbVG geforderte Glaubhaftmachung ist eine besondere Form der Tatsachenfeststellung, wobei ein geringerer Grad der Überzeugung des Richters von der Richtigkeit der Tatsachenbehauptung genügt (RIS‑Justiz RS0040276 [T2]). Nach diesen Grundsätzen sind daher Tatsachenfeststellungen über die jeweils geltend gemachten Motive der Kündigung zu treffen.

II.3 Das Erstgericht hat hier zunächst umfangreiche Feststellungen zu den Differenzen der Streitteile über die Dienstplanerstellung getroffen und daran anschließend festgestellt, dass es „neben dem Verhalten der Klägerin in Bezug auf die Dienstplaneinteilung … mehrere Zwischenfälle mit der Klägerin [gab], die schlussendlich die Kündigung nach sich gezogen haben“. Damit wird deutlich, dass die Differenzen über die Dienstplanerstellung jedenfalls nicht das einzige Motiv der Beklagten für die Kündigung der Klägerin waren.

In weiterer Folge stellte das Erstgericht diese „Zwischenfälle“ fest, bei denen es sich um die bereits oben wiedergegebenen Vorfälle mit der Klägerin handelt, die vom Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung ‑ wenn auch im Zusammenhang mit der Anfechtung als sozialwidrig ‑ als „für den Betriebsfrieden abträglich“, „abschätzig gegenüber anderen Mitarbeitern“, als Ausdruck der „mangelnden Fähigkeit sich ... einzuordnen“ und als Störung des Betriebsklimas über eine längere Dauer qualifiziert wurden. In diesem Zusammenhang hat das Erstgericht überdies ausgeführt, dass offenkundig dieses Verhalten „für die Kündigung ... ausschlaggebend“ gewesen sei.

Mit dieser zuletzt wiedergegebenen Formulierung hat das Erstgericht ‑ wenn auch disloziert in Rahmen der rechtlichen Beurteilung ‑ eine Tatsachenfeststellung getroffen, aus der sich ergibt, dass in Wahrheit nicht die Differenzen der Streitteile um die Dienstplangestaltung, sondern das den Betriebsfrieden störende Verhalten der Klägerin das (überwiegend) ausschlaggebende Kündigungsmotiv war und der Beklagten daher die Gegenbescheinigung iSd § 105 Abs 5 ArbVG gelungen ist.

II.4 Die Vorgangsweise des Berufungsgerichts, das den Erfolg der Gegenbescheinigung dennoch mit der Begründung verneint hat, dass die festgestellten Vorkommnisse „aus rechtlichen Erwägungen nicht geeignet“ seien, das von der Klägerin glaubhaft gemachte Motiv in den Hintergrund zu drängen, ist verfehlt. Die von § 105 Abs 5 ArbVG geforderte Glaubhaftmachung ist ‑ wie bereits oben ausgeführt ‑ keine Frage der rechtlichen Beurteilung, sondern eine solche der Tatsachenfeststellung. Es ist daher nicht entscheidend, ob das vom Arbeitgeber bescheinigte Motiv in rechtlicher Hinsicht „gravierend“ genug ist, um eine Kündigung „zu rechtfertigen“; vielmehr bedarf es nachvollziehbarer Feststellungen, die erkennen lassen, ob das vom Arbeitnehmer oder das vom Arbeitgeber behauptete Motiv letztlich für die Kündigung ausschlaggebend bzw überwiegend ausschlaggebend war. Eine solche Feststellung hat das Erstgericht aber hier ‑ wenn auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ‑ getroffen.

Im Übrigen hat das Berufungsgericht in seiner Bewertung der vom Arbeitgeber als Kündigungsmotiv geltend gemachten Vorfälle ua auch Überlegungen darüber angestellt, ob es „wahrscheinlich“ ist, dass einzelne dieser Vorfälle ausschlaggebendes Motiv für die Kündigung waren. Für derartige, dem Tatsachenbereich zuzurechnende Überlegungen und ‑ auf deren Grundlage ‑ für vom im Ersturteil festgestellten Sachverhalt abweichende Feststellungen des Berufungsgerichts hätte es aber einer entsprechenden Rüge in der Berufung und einer Beweiswiederholung durch das Berufungsgericht bedurft. An beiden Voraussetzungen hat es hier gefehlt.

II.5 Auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen ist daher davon auszugehen, dass die Beklagte glaubhaft gemacht hat, dass die von ihr ins Treffen geführten Vorfälle mit der Klägerin überwiegend

II.6

nicht nur die Geltendmachung von Geldansprüchen, sondern auch anderer vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche (RIS‑Justiz RS0104686 [T4]). Bei diesem Kündigungsanfechtungsgrund geht es also darum, dass der Arbeitgeber nach Meinung des Arbeitnehmers bestehende Ansprüche nicht erfüllt, dass der Arbeitnehmer diese nicht erfüllten Ansprüche dem Arbeitgeber gegenüber geltend macht, und dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen dieser Geltendmachung kündigt (RIS‑Justiz RS0051666). Vom Schutzzweck sind nicht nur schon entstandene Ansprüche, sondern zusätzlich Ansprüche auf Wahrung der Rechtsposition aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis gegen einseitige Eingriffe erfasst (8 ObA 63/12s; 8 ObA 298/99b ua).

II.7

II.8 Gahleitner Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller 4

II.9

III.1

III.2

IV. Der Revision war daher Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

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