OGH 8ObA53/09s

OGH8ObA53/09s28.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter (§ 11a Abs 3 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, wegen 1.728,14 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Juni 2009, GZ 12 Ra 50/09y-17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

I. Mit ihrem Klagehauptbegehren begehrte die Klägerin von der Beklagten als Drittschuldnerin die Zahlung von Teilen der gesetzlichen Pension des Verpflichteten, deren Pfändung und Überweisung ihr gerichtlich bewilligt wurde.

I.1. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs ist der Wortlaut des Klagebegehrens und der in der Klage behauptete Sachverhalt maßgeblich (Ballon in Fasching/Konecny² I § 1 JN Rz 72; RIS-Justiz RS0045584; RS0005896). Auf das Vorbringen der Beklagten ist grundsätzlich erst in der Sachentscheidung Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0045584 [T18]). Es ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs irrelevant und kann nur insoweit herangezogen werden, als dadurch das Klagevorbringen verdeutlicht wird (RIS-Justiz RS0045584 [T44], [T57]; 4 Ob 131/09g).

I.2. Durch die Pfändung einer Forderung wird die Natur des Anspruchs nicht verändert, denn die Überweisung zur Einziehung berechtigt den betreibenden Gläubiger gemäß § 308 EO lediglich, die Forderung so geltend zu machen, wie sie dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner zusteht. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch wie der hier gepfändete gesetzliche Pensionsanspruch wird durch die Pfändung und Überweisung nicht zu einem privatrechtlichen (RIS-Justiz RS0003861). Die Überprüfung der Auszahlung einer bereits zuerkannten, dem Grunde und der Höhe nach unbestrittenen Pensionsleistung ist daher keine Leistungssache iSd § 65 Abs 1 Z 1 ASGG. Dies gilt nicht nur für den Anspruch auf Auszahlung einer zuerkannten Leistung an den Versicherten, sondern insbesondere auch dann, wenn sich aufgrund von Abtretungen, Verpfändungen oder Pfändungen die Berechtigung zur Empfangnahme von Leistungen ändert und darüber Streit besteht, an wen die Leistung auszuzahlen ist (Neumayr in ZellKomm, § 65 ASGG Rz 10 mwN; 9 ObA 62/89 = SZ 62/108; RIS-Justiz RS0003883, RS0085474). Seit der ASGG-Nov 1994 (BGBl 1994/624) beruft sich der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang darauf, dass die leistungszuerkennenden Bescheide der Sozialversicherungsträger in § 1 Z 11 EO als Exekutionstitel genannt seien und daher der Rechtsschutz des Auszahlungsgläubigers ausreichend gewährleistet ist (Neumayr in ZellKomm, § 65 ASGG Rz 10 mwN; 10 ObS 108/00f; RIS-Justiz RS0085474).

I.3. Richtig ist, dass der über eine Aufrechnung (§ 103 ASVG) zu erlassende Bescheid gemäß § 2 ASGG durch Klage bei Gericht angefochten werden kann, weil es dabei um den Bestand oder den Umfang eines Anspruchs auf eine Versicherungsleistung geht und daher eine Sozialrechtssache iSd § 65 Abs 1 Z 1 ASGG vorliegt (Neumayr in ZellKomm, § 65 ASGG Rz 11 mwN). Daraus ist aber für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil in ihrer Klage von einer Aufrechnung und insbesondere von einem darüber ergangenen Bescheid mit keinem Wort die Rede ist. Dass die Beklagte im Laufe des Verfahrens die Verweigerung der Auszahlung des von ihr geforderten Betrags mit einer Aufrechnung begründet hat, ändert daran nichts, weil es - wie schon ausgeführt - für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs auf das Vorbringen des Klägers und nicht auf die Einwände der beklagten Partei ankommt. Die Klägerin hat aber ihre Klage nie im Sinne einer Bescheidklage iSd § 65 Abs 1 Z 1 ASGG modifiziert und bis zuletzt (auch im Revisionsrekurs) die im Laufe des Verfahrens aufgestellte Behauptung der Beklagten, sie habe einen Bescheid über die Aufrechnung erlassen, in Frage gestellt. Ihre Auffassung, auch ohne Erlassung eines Aufrechnungsbescheids sei von einer Leistungssache auszugehen, ist aber - wie auch schon die zweite Instanz zutreffend ausgeführt hat - unzutreffend.

II. Mit ihrem ersten Eventualbegehren begehrt die Klägerin die Herausgabe einer Ausfertigung des der gepfändeten Forderung zugrunde liegenden Titels, also des Pensionsbescheids. Dazu hat schon das Erstgericht zutreffend darauf verwiesen, dass die Frage, an wen von einer Behörde, die über einen öffentlich-rechtlichen Anspruch entschieden hat, der Bescheid herauszugeben bzw zuzustellen ist, durch die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts geregelt wird und demgemäß dem öffentlich-rechtlichen Verfahren zuzurechnen ist. Einen wie immer gearteten Rechtsgrund, aus dem auf das Vorliegen eines auf den Rechtsweg gehörigen Anspruchs geschlossen werden könnte, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

III. Die Zurückweisung ihres zweiten Eventualbegehrens wird von der Klägerin im Revisionsrekurs nicht bekämpft.

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