Spruch:
Aus Anlass der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen und das diesen zugrunde liegende Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Verfahrenskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 23. 12. 1996 wurde dem am 15. 8. 1936 geborenen Kläger eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ab 1. 8. 1995 gewährt. Mit weiterem Bescheid vom 22. 7. 1998 anerkannte die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Ausgleichszulage ab 1. 12. 1995, sprach aus, in welcher Höhe die Ausgleichszulage jeweils für bestimmte Zeiträume gebühre bzw für bestimmte Zeiträume wegen Richtsatzüberschreitung und Auslandsaufenthalts nicht gebühre, und kündigte an, dass über die ab 1. 6. 1998 gebührende Ausgleichszulage gesondert entschieden werde. Im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung wies die beklagte Partei noch darauf hin, dass von der gebührenden Nachzahlung an Ausgleichszulage von S 265.977,50 abzüglich des Krankenversicherungsbeitrags von S 9.885,20 und Einbehalts für die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach von S 256.092,30 kein Nachzahlungsbetrag verbleibe. Über die Verrechnung des einbehaltenen Betrages erhalte der Kläger eine gesonderte Verständigung. Ab Juni 1998 werde die Ausgleichszulage vorläufig im Betrag von S 10.632,80 ausbezahlt. Mit Verständigung vom 2. 9. 1998 wurde der Kläger von der beklagten Partei informiert, dass von dem mit Bescheid vom 22. 7. 1998 einbehaltenen Betrag von S 256.092,30 ein Betrag von S 91.946 an die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach und ein Betrag von S 41.785,10 an das Arbeitsmarktservice Mistelbach überwiesen worden sei; der verbleibende Betrag von S 122.361,20 werde an den Kläger überwiesen. Die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach übermittelte dem Klagevertreter mit Schreiben vom 1. 10. 1998 eine Aufstellung über die an den Kläger und dessen Ehegattin im Zeitraum vom 15. 4. 1997 bis 2. 6. 1998 als Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 9 NÖ Sozialhilfegesetz ausbezahlten Beträge von insgesamt S 91.946.
Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage für den Zeitraum 1. 12. 1995 bis 31. 5. 1998 Zahlung einer Ausgleichszulage von S 91.946. Gemäß § 292 Abs 4 lit f ASVG hätten Bezüge aus Leistungen der Sozialhilfe bei der Bemessung der Ausgleichszulage außer Betracht zu bleiben. Mangels Anrechenbarkeit von Sozialhilfeleistungen gebühre dem Kläger sohin an Ausgleichszulage der zu Unrecht einbehaltene Betrag von S 91.946.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der Kläger habe zunächst von der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vorschussweise Leistungen im Rahmen der Sozialhilfe erhalten, weil die Erhebungen für die Gewährung der Ausgleichszulage noch nicht abgeschlossen gewesen seien. Die beklagte Partei habe in der Folge den von der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach gemäß § 43 NÖ Sozialhilfegesetz als Ersatzforderung bekannt gegebenen Betrag von S
91.946 an Sozialhilfekosten von der einbehaltenen Ausgleichszulagennachzahlung gemäß § 324 ASVG an den Sozialhilfeträger überwiesen. Zwei grenzwertabhängige Leistungen der öffentlichen Hand dürften nicht nebeneinander gewährt werden.
Der Kläger replizierte, dass der Einbehalt für Sozialhilfeleistungen gemäß § 324 ASVG nur von Versicherungsleistungen, also etwa einer Pensionsnachzahlung, zulässig gewesen wäre. Die Ausgleichszulage stelle jedoch keine Versicherungsleistung im Sinne des § 222 ASVG, sondern eine vom Versicherungsprinzip unabhängige staatliche Leistung dar. Gemäß § 327 ASVG dürften andere Leistungen der Pensionsversicherung als Pensionen zur Befriedigung des Ersatzanspruchs nicht herangezogen werden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts ab. Die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach habe als Sozialhilfeträger den Kläger, dessen vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts gereicht habe, unterstützt. Die beklagte Partei habe der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach gemäß § 324 ASVG die von ihr aufgewendeten Unterstützungsbeträge direkt überwiesen. Andernfalls wäre es für jenen Zeitraum, in dem der Kläger Sozialhilfe bezogen habe, zu einer Doppelversorgung des Klägers gekommen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts bei. Der Kläger könne nicht von zwei verschiedenen Rechtsträgern "die gleiche Ausgleichszulage" bekommen.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Zur Begründung führt der Kläger aus, dass er von der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach keine Ausgleichszulage erhalten habe. Im Übrigen sei der Bescheid der beklagten Partei widersprüchlich; die Anerkennung der Ausgleichszulage in voller Höhe stehe der Anrechnung der Sozialhilfeleistungen der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach entgegen. Es seien auch nicht die Vorschriften über den Rückersatzanspruch des Sozialhilfeträgers gemäß §§ 324 bis 330 ASVG beachtet worden.
Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlass der zulässigen Revision war von Amts wegen die Nichtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen wahrzunehmen, weil mit ihnen über eine nicht auf den Rechtsweg gehörige Sache erkannt wurde (§ 477 Abs 1 Z 6 ZPO).
Der vorliegende Bescheid des beklagten Pensionsversicherungsträgers wird vom Kläger nur insoweit angefochten, als die dem Grund und der Höhe nach unstrittige Nachzahlung der Ausgleichszulage für den Zeitraum 1. 12. 1995 bis 31. 5. 1998 nicht an ihn, sondern an einen Dritten, nämlich die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, überwiesen wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten, dem Grund und der Höhe nach unbestrittenen Leistung weder eine Sozialrechtssache iSd § 65 ASGG noch eine bürgerliche Rechtssache iSd § 1 JN und daher den ordentlichen Gerichten entzogen (SSV-NF 1/42, 1/55, 4/89, 5/4, 5/36, 12/11, 12/97 ua; RIS-Justiz RS0085474).
Angesichts der inzwischen eingeführten Vollstreckbarkeit der in § 1 Z 11 EO erfassten leistungszuerkennenden Bescheide besteht keine Veranlassung, von dieser Judikatur abzugehen. In den Gesetzesmaterialien zur ASGG-Nov 1994, BGBl 624 (RV 1654 BlgNR 18. GP 28) wurde diesbezüglich ausgeführt, "derzeit" könne der Versicherte die ihm durch Bescheid des Versicherungsträgers zuerkannte Leistung nicht zwangsweise durchsetzen; die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung sei weder als Leistungssache noch als bürgerliche Rechtssache im Sinn des § 1 JN anzusehen und daher der Überprüfung der Gerichte entzogen (SSV-NF 1/55). Andererseits fehle auch den Versicherungsträgern die Möglichkeit, ihre Bescheide, mit denen zu Unrecht gewährte Leistungen zurückgefordert werden, gerichtlich vollstrecken zu lassen. Es werde deshalb vorgeschlagen, alle diese Bescheide der Versicherungsträger in die Aufzählung der Exekutionstitel des § 1 EO aufzunehmen. Die geänderte Rechtslage bietet noch weniger Anlass, Auszahlungsstreitigkeiten zuzulassen, zumal nunmehr der Rechtsschutz des Auszahlungsgläubigers hinreichend gewährleistet ist (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen, 654 ff mwN; Kuderna ASGG2 430; SSV-NF 12/97).
Diese Grundsätze haben auch im vorliegenden Fall zu gelten, in dem es nicht um die Frage des Bestands, des Umfangs oder des Ruhens eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG und auch nicht um Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe nach § 65 Abs 1 Z 3 ASGG (SSV-NF 4/89) geht, sondern nur um die Frage, an wen eine konkrete Versicherungsleistung auszuzahlen ist. Die beklagte Partei hat keine Aufrechnung vorgenommen, sondern lediglich die Nachzahlungssumme statt an den Kläger an einen Sozialhilfeträger auf dessen Ersuchen überwiesen. Die Rechtslage ist insoweit nicht anders, als würde ein Versicherungsträger eine bestimmte Leistung mit Bescheid zuerkennen, jedoch in der Folge an den Versicherten nicht auszahlen: Auch hier stünde keine "Liquidierungsklage" zur Verfügung (SSV-NF 12/97).
Mangels Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs war die vorliegende Klage nach § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens zurückzuweisen. Die Urteile der Vorinstanzen, in denen diese Prozessvoraussetzung nicht erörtert wurde, waren samt den ihnen zugrunde liegenden Verfahren als nichtig aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an den Kläger aus Billigkeit liegen nicht vor.
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