European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00002.20G.0124.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der geltend gemachte Verfahrensmangel wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
2. Ob zwischen den Parteien ein befristetes oder unbefristetes Dienstverhältnis vereinbart wurde bzw unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung möglich sein sollte, ist eine Frage der Vertragsauslegung und von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936), wovon im vorliegenden Fall nicht auszugehen ist.
3. Der Kläger, der bereits über einen unbefristeten Dienstvertrag verfügte, wurde wiederholt befristet mit Funktionsposten betraut. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass dessen ungeachtet weiter ein unbefristetes Dienstverhältnis vorlag und durch die Vereinbarung der befristeten Ausübung einer bestimmten Tätigkeit das Dienstverhältnis nicht in ein auf die Dauer der Bestellung befristetes umgewandelt werden sollte, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Beurteilungsspielraums.
Dass die befristete Vereinbarung einer bestimmten Funktion während aufrechtem Dienstverhältnis nur durch Zeitablauf endet und allenfalls nicht einseitig widerrufen werden kann, ändert nichts daran, dass das zugrunde liegende unbefristete Dienstverhältnis grundsätzlich kündbar bleibt. Nichts anderes ist der in der Revision zitierten Entscheidung 9 ObA 22/18b zu entnehmen. Das macht die befristete Betrauung mit einer bestimmten Funktion nicht zum „rechtlichen nullum“, sondern bewirkt unter der Bedingung des aufrechten Dienstverhältnisses eine bestimmte Verwendung.
Davon, dass die Beklagte für die Zeit der Betrauung mit einem Funktionsposten generell auf eine Kündigung verzichtete, konnte der Kläger schon deshalb nicht ausgehen, weil zwischen den Parteien zu einem Zeitpunkt, als er bereits befristet Funktionsposten ausübte, eine Vereinbarung über Kündigungsfristen getroffen wurde, von der in der Folge auch nicht abgegangen wurde.
4. Bei der Anfechtung einer Kündigung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ist zunächst zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer durch die Kündigung erhebliche soziale Nachteile entstehen, die über die normale Interessenbeeinträchtigung bei einer Kündigung hinausgehen (RS0051746 [T7]). Ist dies der Fall, so ist das Vorliegen von subjektiven oder objektiven Kündigungsrechtfertigungs-gründen zu prüfen und anschließend eine Interessenabwägung vorzunehmen (RS0116698).
Eine Kündigung ist dann iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG durch betriebliche Erfordernisse begründet, wenn sie im Interesse des Betriebs notwendig ist. Im Fall einer betrieblichen Rationalisierung ist die Beurteilung der Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der Maßnahme grundsätzlich dem wirtschaftlichen Ermessen des Betriebsinhabers vorbehalten (vgl RS0051649). Die konkrete Kündigung muss aber zur Verwirklichung des beabsichtigten Erfolgs geeignet sein (8 ObA 95/11w mwN).
5. Davon, dass die im Rahmen der Änderungskündigung dem Kläger angebotene Beschäftigung wesentliche Interessen des Klägers beeinträchtigt hätte, sind die Vorinstanzen ohnehin ausgegangen.
Das Erstgericht hat aber dennoch das Vorliegen einer Interessenbeeinträchtigung deshalb verneint, weil der Kläger innerhalb von sechs Monaten bei einem anderen Arbeitgeber eine vergleichbare Beschäftigung bei einer Einkommenseinbuße von bis zu 20 % (ausgehend von einem Einkommen von 9.678 EUR brutto vierzehnmal jährlich) finden kann. Das Berufungsgericht hat auf die Begründung des Erstgerichts verwiesen (§ 500a ZPO) und ging jedenfalls auch von überwiegenden betrieblichen Erfordernissen aus.
Entgegen den Ausführungen der Revision lässt sich der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch nicht entnehmen, dass für die Frage der Interessenbeeinträchtigung bei Änderungskündigungen nicht auch auf die Vermittlungschancen am allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen wäre. Der Oberste Gerichtshof hat unabhängig von der Zumutbarkeit des Änderungsanbots auch das Vorliegen der sozialen Beeinträchtigung geprüft (etwa 9 ObA 64/11v). Gegenteiliges lässt sich auch weder den Ausführungen von Trost (in Strasser/Jabornegg/Resch ArbVG Rz 326 „... zunächst einmal, ...“) noch von Gahleitner (in Gahleitner/Mosler Arbeitsverfassungsrecht 5 3, 545 „... keinesfalls eine soziale Benachteiligung ...“) oder der vom Kläger herangezogenen Entscheidung zu 9 ObA 79/91 („... ungewöhnlichen Lohn‑ und Arbeitsbedingungen ...“) entnehmen. Vielmehr geht es regelmäßig darum, dass bei Arbeitnehmern, die am allgemeinen Arbeitsmarkt keinen die wesentliche Interessenbeeinträchtigung ausschließenden Arbeitsplatz erlangen könnten, jene trotzdem verneint wird, weil das Änderungsanbot zumutbar ist. Wollte man in Fällen – wie dem vorliegenden – in dem die Interessenbeeinträchtigung aufgrund der guten Vermittlungslage am allgemeinen Arbeitsmarkt zu verneinen ist, die Interessenbeeinträchtigung doch bejahen, weil das Änderungsanbot (hier vor allem auch wegen des Reputationsverlustes) als unzumutbar angesehen wird, so würde dies wohl Arbeitgeber davon abhalten, bei ausreichend vermittelbaren Arbeitnehmern solche Änderungsangebote vor oder bei einer Kündigung überhaupt zu unterbreiten.
Schon die wesentliche Interessenbeeinträchtigung wurde hier im Ergebnis vertretbar verneint.
6. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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