Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Der Kläger war bei der Beklagten seit August 2000 als Leiter des Marketings und des Vertriebes tätig. Seine Gehälter wurden von der Beklagten abgerechnet und auch bezahlt. Sie meldete ihn auch als Angestellter bei der Gebietskrankenkasse an. Die Beklagte gehört zu einem deutschen Konzern und ist die "Enkelin" (100 %ige Tochtergesellschaft einer 100 %igen Tochtergesellschaft) einer deutschen Firma die den gleichen Firmenwortlaut hat, jedoch noch die Beifügung "& Co KG". Für die gesamte Konzerngruppe ist ein Personalchef zuständig, der auch die Verhandlungen mit dem Kläger führte und die Korrespondenz und den Dienstvertrag zeichnete. In diesem Dienstvertrag wird die Funktion des Klägers schon als Leiter des Marketings und des Vertriebes der Beklagten festgelegt.
Im Juli 2001 wurde dem Kläger noch die Position eines Geschäftsführers der Beklagten angeboten. Er wurde jedoch dann auf Grund eines E-Mails vom 5. 9. 2001 am 26. 9. 2001 entlassen, ohne dass ihm die Möglichkeit geboten wurde, Erklärungen zum Inhalt dieses E-Mails abzugeben. Im Wesentlichen ging es dem Kläger bei dem E-Mail darum, den Adressaten, einen ihm unterstehenden Außendienstmitarbeiter zu motivieren, weil es im Hinblick auf die Einstellung der Produktion in Österreich und die Verlegung nach Deutschland zeitweilig zu Lieferschwierigkeiten und Umsatzrückgängen gekommen war. Die Vorinstanzen haben übereinstimmend die Passivlegitimation der Beklagten bejaht. Die Entlassung wurde jedoch als unberechtigt eingestuft.
Rechtliche Beurteilung
Grundsätzlich zutreffend wendet sich die Beklagte nun gegen die in ihrer Verkürzung allenfalls irreführend dahin zu verstehende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass bei ungerechtfertigten Entlassungen jedenfalls der höhere Zinssatz nach § 49a ASGG zur Anwendung komme. Hat doch der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 13. 11. 2002 zu 9 ObA 158/02d ausgesprochen, dass dann, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers aus der Sicht des Arbeitgebers als Grenzfall angesehen werden durfte, die Verzögerung der Zahlung der aus der Entlassung entstehenden Ansprüche auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhen kann. Dies schlägt aber hier schon deshalb nicht durch, weil nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes unzutreffende Tatsachenbehauptungen nicht geeignet sind, eine Minderung der in § 49a ASGG vorgesehenen Zinsen auf den gesetzlichen Zinssatz wegen Vorliegens einer "vertretbaren Rechtsansicht" des Schuldners zu begründen (vgl RIS-Justiz RS0116030 mwN zuletzt etwa OGH 9 ObA 108/03b). Hier hat aber die Beklagte ihre Entlassung allein auf die aus dem Zusammenhang gerissenen und insoweit entstellten Ausführungen des Klägers in einem E-Mail gestützt und im Übrigen diesem auch keinerlei Möglichkeit zur Aufklärung geboten. Insoweit ist also von unzutreffenden Tatsachenbehauptungen auszugehen und im Sinne der bereits herrschenden Rechtsprechung der in § 49a ASGG festgelegte höhere Zinssatz heranzuziehen.
Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf den 1. 7. 2003 als Stichtag für die Bemessung der Zinsen nach § 49a ASGG bezieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung auf den am Tag "nach dem Eintritt der Fälligkeit geltenden Basiszinssatz" abstellt, hier also im Wesentlichen auf den 27. 9. 2001. Dass der Basiszinssatz damals unter 2 % gelegen wäre, führt auch die Beklagte nicht aus (im Übrigen beträgt er nach der Bekanntmachung der Österreichischen Nationalbank seit März 2000 3 %).
In weiterer Folge bekämpft die Beklagte die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten. Soweit sie dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die Rechtsansicht unterstellt, dass die Holding Gesellschaft als solche nicht Vertragspartner des Klägers hätte sein können, liegt eine unzutreffende Interpretation der Darstellung des Berufungsgerichtes vor. Ging es diesem doch offensichtlich nur darum, klar zu machen, dass nicht der Konzern selbst Rechtspersönlichkeit habe, sondern nur die einzelnen Konzerngesellschaften und daher der Kläger auch nicht bei dem "Konzern", sondern nur bei einer der Gesellschaft angestellt sein konnte. Die Frage, welche dieser Gesellschaften nun als Arbeitgeber zu betrachten ist, ist naturgemäß eine solche, die nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles gelöst werden kann. Sie stellt dementsprechend regelmäßig keine Rechtsfrage dar, deren Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof zur Wahrung der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO besondere Bedeutung zukommen würde (vgl allgemein dazu Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Das Berufungsgericht hat sich sehr ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, mit wem hier das Arbeitsverhältnis begründet wurde. Es ist dabei von durch die Judikatur des Obersten Gerichtshof bereits gesicherten Grundsätzen ausgegangen. Dabei ist im Sinne der Vertrauenstheorie zu prüfen, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers objektiv gesehen darauf vertrauen darf, dass der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber bzw als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber aufgetreten ist. Dann, wenn mehrere Personen Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen, ist aus der Wahrnehmung von Einzelpflichten nach den Grundsätzen eines beweglichen Systems auf die mögliche Arbeitgeberstellung im Sinne des Arbeitsvertragsrechts zu schließen (vgl RIS-Justiz RS0014455 mit zahlreichen weiteren Nachweisen etwa DRdA 1994, 402 [Kürner]; RIS-Justiz RS0020493 mwN; DRdA 1997/15 [Kürner]). Der Arbeitsvertrag selbst wurde hier vom Personalleiter für den gesamten Konzernbereich geschlossen. In dem Arbeitsvertrag wurde die Beklagte in die Arbeitgeberfunktion eingesetzt. Das Briefpapier, auf dem dieser Arbeitsvertrag geschrieben ist, entspricht keiner juristischen Person. Unter der Fertigungsklausel zum Anbot für den Arbeitsvertrag befindet sich die Firma der "Großmutter" der Beklagten. Die Fertigung selbst erfolgte allerdings durch den Personalleiter, der für alle Konzernunternehmen zuständig ist, und sich auch als Leiter eines "Bereiches" bezeichnete. Er ist im Kopf des Anbotes des zum Anstellungsvertrag auch als der genannt, der "schreibt".
Ausgehend von der beabsichtigten Integration des Klägers in den Betrieb der Beklagten kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass hier ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten bestehe, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden.
Wird doch regelmäßig, mangels ausdrücklicher Klarstellung davon auszugehen sein, dass ein für verschiedene Gesellschaften zuständiger Personalleiter dann, wenn ein Arbeitsvertrag für eine bestimmte Gesellschaft geschlossen wird, auch für diese Gesellschaft auftritt. Dass dies auch von den Parteien übereinstimmend so verstanden wurde, ergibt sich schon aus der Abwicklung des Arbeitsvertrages, bei dem die Beklagte die wesentlichen Dienstgeberrechte und -pflichten wahrgenommen hat und vorweg auch nicht die mangelnde passive Klagslegitimation geltend machte.
Schließlich releviert die Beklagte noch, dass bestimmte, von ihr aus dem E-Mail des Klägers an seinen Außendienstmitarbeiter herausgegriffene Wortpassagen einen Entlassungsgrund darstellten. Rechtliche Ausführungen dazu, welcher Entlassungsgrund damit verwirklicht werden sollte, finden sich in der Revision nur insoweit, als dies eine Ehrenbeleidigung darstellen könne. Der von der Beklagten hergestellte Zusammenhang ist aber aus dem internen E-Mail dessen Abfassung typischerweise weniger Sorgfalt als der eines Briefes gewidmet wird, nicht klar ersichtlich. Wie sich aus den Feststellungen ergibt sollte mit dem Ausdruck der "Beamtenmentalität" auch niemand bestimmter beleidigt werden, sondern nur eine routinegebundene und nicht flexible Behandlung von Bestellungen innerhalb der Produktionsgesellschaft und die verschiedensten Lieferschwierigkeiten angeprangert werden. Eine grobe Ehrverletzung setzt auch voraus, dass die Äußerung nicht nur objektiv geeignet ist, ehrverletzend zu wirken, sondern in concreto auch diese Wirkung gehabt hätte (vgl RIS-Justiz RS0029845 mwN zuletzt etwa 8 ObA 196/02k). Nähere Ausführungen dazu, wer hier in seiner Ehre gekränkt gewesen wäre, hat die Beklagte im erstgerichtlichen Verfahren gar nicht erstattet (vgl etwa OGH 8 ObA 35/03k).
Insgesamt vermag die Beklagte also keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.
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