OGH 8Ob95/05m

OGH8Ob95/05m19.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach den am 7. Februar 1996 verstorbenen Bernhard T*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Mag. Nikolaus T*****, vertreten durch Steiner & Steiner Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen den Beschuss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Juni 2005, GZ 42 R 84/05x-65, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Oberste Gerichtshof hat mit seinem Beschluss vom 27. 2. 2003 zu 8 Ob 159/02v den außerordentlichen Revisionsrekurs des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers betreffend die Aufnahme der behauptetermaßen unwirksam durch den Erblasser veräußerten Liegenschaft in das Inventar des Nachlassvermögens sowie die Bestellung eines Verlassenschaftskurators zum Zwecke der Anstrengung einer Löschungsklage bzw der Anfechtung des Schenkungsvertrages zurückgewiesen. Er hat dies im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Frage einer allfälligen Nichtigkeit der Schenkung im Abhandlungsverfahren nicht zu prüfen ist und dass der damals als Noterbe einschreitende Rechtsmittelwerber kein Teilnahmerecht an der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses hat. Es bleibe dem Noterben vielmehr unbenommen, einen allfälligen Geldanspruch im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

Der Rechtsmittelwerber hat darauf hin eine bedingte Erbserklärung auf Grund des Gesetzes abgegeben, die vom Erstgericht angenommen und ihm auch die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen. In weiterer Folge hat dann die Tochter des Erblassers auf Grund des bereits kundgemachten Testamentes als Alleinerbin eine bedingte Erbserklärung abgegeben und beantragt, ihr die Benützung und Besorgung des Nachlasses zu überlassen, da sie den stärkeren Titel habe. Das Erstgericht hat mit dem gegenständlichen Beschluss unter anderem die bedingte Erbserklärung angenommen (Punkt 2 des Beschlusses), die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an den Enkel aufgehoben (Punkt 3 des Beschlusses) und einen Verlassenschaftskurator bestellt (Punkt 4 des Beschlusses). Weiters hat es sowohl dem Enkel als auch der Tochter des Erblassers die Möglichkeit eingeräumt, zur Frage der Zuteilung der Parteienrolle im Erbrechtsstreit Stellung zu nehmen.

Mit seinem Rekurs hat der Enkel jedenfalls auch alle die genannten Punkte des Beschlusses angefochten und ausgeführt, dass kein Grund dafür bestanden habe, die dem Rekurswerber übertragene Besorgung und Verwaltung des Nachlasses aufzuheben, einen Kurator zu bestellen und Äußerungen zur Frage der Verteilung der Parteienrolle im Erbrechtsstreit einzuholen. Vor allem hat sich der Enkel aber darauf berufen, dass die Tochter des Erblassers sich wirksam des Erbes entschlagen habe.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs nur insoweit Folge gegeben, als es die Bestellung des Verlassenschaftskurators ersatzlos behoben hat. Es ist zusammengefasst davon ausgegangen, dass von einer unwiderruflichen Erbsentschlagung durch die Tochter des Erblassers nicht ausgegangen werden könne. Zwar könne es Abweichungen vom Schriftlichkeitsgebot und unter qualifizierten Voraussetzungen auch eine „stillschweigende Entschlagung" geben, jedoch nur dann, wenn kein vernünftiger Grund, an dem Willen einer solchen Erklärung zu zweifeln, übrig bleibe. Davon könne hier aber nicht die Rede sein, da sich die Tochter des Erblassers ja nur erstaunt gezeigt habe, dass das Verlassenschaftsverfahren überhaupt fortgesetzt werde, obwohl der Oberste Gerichtshof bereits judiziert habe, dass die ihr geschenkte Liegenschaft nicht zu inventarisieren sei. Der Widerruf hinsichtlich der Übertragung und Besorgung der Verwaltung an den Enkel sei gerechtfertigt, da dessen Erbserklärung der auf Grund des Testaments abgegebenen Erbserklärung der Tochter des Erblassers widerspreche. Auch wenn eine später abgegebene Erbserklärung für sich allein keinen Grund für die Abänderung der Besorgung und Verwaltung durch den Testamentserben bilden müsse, sei dies hier deshalb anzunehmen, da es begründete Zweifel an der Erbeigenschaft des Enkels gebe. Ein Verlassenschaftskurator sei hier deshalb nicht zu bestellen, weil dringende Rechtshandlungen im Namen des Nachlasses derzeit nicht erforderlich seien. Für die in Aussicht genommene Löschungsklage bestehe ohnehin keine Verjährungsfrist. Der gesetzliche Erbe könne sich gegen einen allfälligen gutgläubigen Liegenschaftserwerb durch Dritte durch eine Streitanmerkung absichern.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 AußStrG als nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Enkels ist nicht zulässig.

Der außerordentliche Revisionsrekurs richtet sich gegen die Annahme der Erbserklärung durch die Tochter des Erblassers. Er geht davon aus, dass sich diese dem Gerichtskommissär gegenüber zumindest schlüssig entschlagen habe. Dazu ist auf die allgemeine Rechtsprechung zu verweisen, wonach die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage darstellt (vgl dazu allgemein RIS-Justiz RS0042555 mwN; zuletzt etwa 8 ObA 9/05i). Auch ist darauf zu verweisen, dass eine Zurückweisung einer Erbserklärung nur dann in Betracht kommt, wenn die Entschlagung „unzweifelhaft" zu bejahen ist (vgl RIS-Justiz RS0111824). Soweit sich der Rechsmittelwerber auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 8 Ob 527/86 stützt (krit. Findeis NZ 1988, 42), vermag er ebenfalls keinen Widerspruch zur vorliegenden Entscheidung aufzuzeigen, da das Rekursgericht ohnehin auch auf diese Entscheidung eingegangen ist. Der Oberste Gerichtshof hat damals auch ausdrücklich festgehalten, dass die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die absichtliche Unterlassung der Geltendmachung von Rechten aus einem Testament als stillschweigende Ausschlagung der Erbschaft zu beurteilen sei, unbekämpft geblieben war.

Aber auch die Ausführungen zur Aufhebung der Kuratorbestellung vermögen im Ergebnis keine im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Zwar ist es zutreffend, dass der Oberste Gerichtshof zuletzt wiederholt ausgesprochen hat, dass dann, wenn Personen, denen gemeinschaftlich die Rechte nach §§ 810 ABGB zukommen, sich über die Art der Vertretung oder einzelner Vertretungshandlungen nicht einigen können, das Verlassenschaftsgericht erforderlichenfalls einen Verlassenschaftskurator zu bestellen hat (vgl dazu OGH 28. 4. 2005, 8 Ob 119/04i ebenso OGH 20. 10. 2004, 7 Ob 236/04p). Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass etwa zur Anfechtung eines von einem handlungsunfähigen Erblasser geschlossenen Vertrages nach dessen Tod nur seine Verlassenschaft, vertreten durch einen Kurator oder die Erben gemeinsam, keinesfalls aber einer von mehreren Miterben ohne Zustimmung der übrigen Erben legitimiert ist. Davon unterschieden wurden Fälle, in denen es um die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Miterben ging (vgl 8 Ob 119/04i unter Hinweis auf OGH 8 Ob 574/88 und 8 Ob 168/63 = EvBl 1964/463); vgl dazu auch RIS-Justiz RS0013041). Die wesentliche Abgrenzung wurde darin gesehen, ob es nur die in den Streit verwickelten Erben gibt -wie hier -, oder auch noch weitere Miterben (vgl dazu auch ausführlich OGH 20. 1. 2004, 7 Ob 236/04p). Eine Auseinandersetzung des Rekurses mit dieser Rechtsprechung erfolgte jedoch nicht. Der Revisionsrekurs vermag im Hinblick auf die bereits vorliegende Rechtsprechung insoweit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG darzustellen. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass der Rechtsmittelwerber ja gar keinen Antrag auf Bestellung eines Verlassenschaftskurators gestellt hat und insoweit auch gar keine Anhörung erfolgt ist (vgl dazu RIS-Justiz RS0007581 mwN).

Soweit im Revisionsrekurs auch noch geltend gemacht wird, dass im Rekurs in erster Linie die Beibehaltung der Position als Verwalter angestrebt worden sei, releviert er im Ergebnis die Auslegung des Parteienvorbringens im Einzelfall. Nach stRsp stellt dies aber ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG dar (vgl RIS-Justiz RS0044273 mwN).

Die Ausführungen zur Dringlichkeit der Bestellung eines Verlassenschaftskurators gehen im Wesentlichen dahin, dass das Anfechtungsrecht hinsichtlich des Schenkungsvertrages mit der Einantwortung des Nachlasses an die Tochter des Erblassers, der diese Liegenschaft geschenkt wurde, untergehen würde. Warum aber die Anfechtung deshalb dringend durchzuführen wäre, wenn selbst der Rechtsmittelwerber davon ausgeht, dass die Liegenschaft - wenn schon nicht auf Grund des Schenkungsvertrages - so doch auf Grund des Erbrechtstitels - insoweit finden sich auch keine Bestreitungen - der Tochter des Erblassers zufällt, ist nicht nachvollziehbar. Auf die einleitenden Ausführungen wird verwiesen.

Insgesamt vermag es der Revisionsrekurs jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte