Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.676,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.400,- - an Barauslagen und S 1.479,71 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 4. Juni 1981 wurde der Kläger bei einem von Sonja S***, einer Versicherungsnehmerin der Beklagten, verschuldeten Verkehrsunfall schwer verletzt. Die alleinige Haftung der Beklagten für die Folgen dieses Verkehrsunfalles ist nicht mehr strittig.
Der Kläger erlitt bei diesem Verkehrsunfall einen Bruch der rechten Stirnhöhle, Prellungen und Hautabschürfungen am rechten Brustkorb und an der Schulter (Schlüsselbeingegend), einen offenen Stückbruch der rechten Kniescheibe, einen offenen Bruch des linken Ellbogens, einen hohen Wadenbeinbruch rechts, einen Bruch des rechten Sprungbeines und im körperfernen Ende des linken Schienbeines sowie einen schweren Verrenkungsbruch des linken Fersen-, Sprung- und Kahnbeines, weiters eine offene Weichteilverletzung am Kinn, einen Bruch des linken Oberschenkels, einen Abbruch des rechten oberen Schneidezahnes sowie einen Bruch im Halsbereich des linken Schulterblattes sowie der 4. Rippe links.
Diese Verletzungen waren lebensgefährlich und bewirkten zusammen mit der notwendigen Heilbehandlung weit überdurchschnittliche Schmerzperioden, die bis Ende 1985 zusammengefaßt und gerafft dargestellt mit 39 Tagen starke Schmerzen, 150 Tage mittelstarke Schmerzen und 381 Tage leichte Schmerzen anzunehmen sind. 48 Tage hindurch befand sich der Kläger im Krankenhaus; er mußte sich mehrmalig Operationen unterziehen. Damit sowie mit der Aussicht auf weitere Operationen zur Entfernung des restlichen Osteosynthesematerials sowie auch mit der langwierigen Rehabilitationsbehandlung waren seelische Beeinträchtigungen verknüpft. Eine Minderung der Lebensfreude des 1942 geborenen Klägers ist damit verbunden, daß er vor dem Unfall sportlich sehr aktiv war und nunmehr eine weitgehende Behinderung weiterer Sportausübung besteht. Der Kläger war aufgrund der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen und deren Folgen bis November 1982 zur Gänze arbeitsunfähig. Ohne daß dies auf Kosten seiner Gesundheit gegangen wäre, war er in der Lage, im Dezember 1982 5 Wochenstunden, im Jänner 1983 12 Wochenstunden und im Februar 1983 16 Wochenstunden in seiner Funktion als Alleinvorstand der J*** L*** AG zu arbeiten. Die Bezüge des Klägers als Alleinvorstand der J*** L*** AG wurden ab 5. Juni 1981 nicht mehr ausgezahlt. Er erhielt für die Zeit bis Ende Februar 1982 (gesamter Zeitraum, der dem Verdienstentgangsbegehren des Klägers zugrundeliegt) keinerlei Bezüge von der genannten AG, die als Fortzahlung des Entgelts als Alleinvorstand anzusehen wären. Der Kläger war in dieser Zeit (1981 bis Ende Februar 1982) Mehrheitsaktionär der J*** L*** AG (60 %ige Beteiligung am Grundkapital). Er unternahm der J*** L*** AG gegenüber nichts, um eine Fortzahlung seines Vorstandsbezuges nach dem Unfall zu erreichen. Das Unternehmen besteht schon seit etwa 100 Jahren. Im September 1975 wurde das davor etwa 8 Jahre vom Kläger als Einzelkaufmann geführte Unternehmen zum Stichtag 1. Jänner 1975 in eine AG umgewandelt. Seit 1. Jänner 1975 ist der Kläger, der damals auch schon Mehrheitsaktionär war, Alleinvorstand der AG. Es wurde zwar ein Dienstvertragsentwurf im Verhältnis zwischen dem Kläger und der J*** L*** AG unter Bezugnahme auf das Angestelltengesetz vorbereitet, der Abschluß eines schriftlichen Dienstvertrages unterblieb jedoch, weil der Kläger mit dem vorgelegten Vertragsentwurf vor allem wegen ihm unzureichend erscheinender Pensionsregelungen für sich und seine Angehörigen nicht einverstanden war. Er wollte auch weitergehende Entgeltfortzahlungsrechte im Krankheits- und Urlaubsfall als nach dem Angestelltengesetz. Der Kläger sprach damals immer von einem "Sondervertrag". Die tatsächlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Aktiengesellschaft gestalteten sich wie folgt:
Der Kläger war gegenüber der J*** L*** AG verpflichtet, für seinen Vorstandsbezug Arbeitsleistungen in seiner Funktion als Alleinvorstand ständig und kontinuierlich zu erbringen. Seine wöchentliche Arbeitszeit lag dabei kaum jemals unter 70 Stunden und ging nicht über 110 Stunden hinaus. Er war praktisch immer für das Unternehmen da und wirtschaftlich von diesem abhängig. Dabei stellte er 90 bis 95 % seiner gesamten Arbeitskapazität dem Unternehmen zur Verfügung. Nur der Rest auf 100 % verfolgte er geschäftliche Interessen, die keine Verbindung mit der J*** L*** AG hatten. Die Arbeitsleistungen des Klägers für das Unternehmen wurden mit dessen Mitteln erbracht. Haftungsfragen, nämlich in welcher Art und in welchem Umfang der Kläger der AG gegenüber für seinen Arbeitserfolg einzustehen hat, wurden in der Vergangenheit im Verhältnis zwischen den Partnern nicht relevant. Die Bezüge des Klägers basieren auf Eigenentnahmen, die über ein Verrechnungskonto abgewickelt wurden, dies jeweils bei nachträglicher Genehmigung der Entnahmen durch den Aufsichtsrat. Die Bezüge sind weder sozialversicherungs- noch lohnsteuerpflichtig. Der Kläger wird zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahre 1981 betrug sein monatlicher Durchschnittsbezug bis zum Unfallstag S 65.722,--. Dieser Bezug wäre bis Ende Februar 1982 auch weiter zur Auszahlung gelangt, wäre das Unfallsereignis unterblieben. Abgesehen von diesen Vorstandsbezügen bis zum Unfallstag flossen dem Kläger 1981 und 1982 keine weiteren Beträge von der J*** L*** AG zu. Bei der J*** L*** AG trat durch den Entfall der Vorstandsbezüge ab 5. Juni 1981 keine Ergebnisverbesserung ein. Weder die Gattin des Klägers, die Angestellte der J*** L*** AG ist, noch andere Angestellte des Unternehmens erhielten nach dem 4. Juni 1981 überhöhte Bezüge. Mit Schreiben vom 27. Juli 1981, welches bei der Beklagten auch einlangte, ersuchte der Kläger um "acontierung des Verdienstentganges" für die Monate Juni, Juli und August 1981 im Gesamtbetrag von S 216.013,45. Eine Androhung sonstiger Kreditaufnahme unterblieb. Mit Schreiben vom 30. November 1981 übersandte der Klagevertreter der Beklagten den Klageentwurf und bat um Mitteilung, ob die Beklagte bereit sei, einen Teil der Forderungen außergerichtlich zu bereinigen. Auch dieses Schreiben enthält keine terminisierte Zahlungsaufforderung bei sonstiger Kreditaufnahme. Ob der Kläger den gegenständlichen Verdienstentgang oder Teile davon mit Kredit vorfinanzierte, ist nicht feststellbar. Die Beklagte leistete schon vor Klagseinbringung eine Teilzahlung von S 200.000,--, die nicht näher gewidmet war. Doch wurde von der Beklagten eine Zahlung für frustrierte Jagdpachtkosten schon vor Klagseinbringung ausdrücklich abgelehnt. Der Ersatz solcher Kosten wurde gegenüber der Beklagten auch erstmals nach Erbringung der genannten Teilleistung begehrt. Am 21. Dezember 1982 erbrachte die Beklagte eine weitere für Schmerzengeld gewidmete Teilzahlung von S 150.000,--.
Mit der am 23. Dezember 1981 erhobenen Klage begehrte der Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall ua den Zuspruch eines Schmerzengeldes von S 600.000,-- sowie für die Zeit bis Ende Februar 1982 einen Verdienstentgang in der Höhe von S 668.134,63. Wegen der Unfallsfolgen sei er lange Zeit arbeitsunfähig gewesen; deshalb seien seine Bezüge als Alleinvorstand der J*** L*** AG mit dem Unfallstag eingestellt worden. Den daraus resultierenden Verdienstentgang habe er zum Teil durch einen Kredit vorfinanzieren müssen, weil die Beklagte trotz Aufforderung nicht bereit gewesen sei, Vorauszahlungen zu leisten.
Die anrechenbaren Teilzahlungen der Beklagten betrügen S 350.000,--. Die Beklagte bestritt das Klagebegehren lediglich der Höhe nach und beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Das Schmerzengeldbegehren sei überhöht, ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstentgang bestehe nicht, weil der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht dadurch verstoßen habe, daß er als Alleinvorstand und Mehrheitsaktionär der AG nicht dafür Sorge getragen habe, einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen die AG für nach dem Unfall liegende Zeiträume durchzusetzen. Durch den Entfall der Entgeltzahlungen sei aber auch eine Ergebnisverbesserung bei der AG eingetreten, die dem Kläger indirekt als Aktionär zugutegekommen sei.
Mit Endurteil vom 24. Jänner 1986 (ON 83) sprach das Erstgericht dem Kläger den Betrag von S 662.493,16 samt 4 % Zinsen zu und wies das Mehrbegehren von S 527.739,12 sowie das 4 % übersteigende Zinsenmehrbegehren ab.
Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes hinsichtlich der im Revisionsverfahren strittig gebliebenen Ansprüche (Schmerzengeld und Verdienstentgang) ging das Erstgericht davon aus, daß das Schmerzengeld gemäß § 1325 ABGB global auszumessen sei und unter Berücksichtigung der seelischen Schmerzenkomponente mit dem begehrten Betrag von S 600.000,-- angemessen sei. Davon sei die ausschließlich für Schmerzengeld gewidmete Teilzahlung von S 150.000,-- in Abzug zu bringen, sodaß dem Kläger an Schmerzengeld noch S 450.000,-- zustünden. Ausgehend von einem monatlichen Verdienstentgang von S 65.722,-- errechnete das Erstgericht den Verdienstentgang des Klägers für Juni 1981 (26 Tage) mit S 56.959,06 und jenen für die folgenden 8 Monate mit S 525.776,-- (S 65.722 x 8), den Verdienstentgang des Klägers daher insgesamt mit S 582.735,06. Zutreffend sei der Einwand der Beklagten, daß der Kläger im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht für eine Fortzahlung seines Entgelts hätte sorgen müssen. Die über das Verhältnis zwischen der J*** L*** AG und dem Kläger getroffenen Feststellungen rechtfertigten nämlich den Schluß, daß zwischen diesen Partnern ein Dienstverhältnis bestehe, da die für diese Qualifikation erforderlichen Komponenten überwiegend vorlägen. Wenn es sich auch um ein "freies Dienstverhältnis" handle, sei für die Beurteilung der Entgeltfortzahlung durch den Dienstgeber doch das AngG heranzuziehen, da der Kläger bei den seinerzeitigen, nicht zu einem schriftlichen Vertragsabschluß führenden Verhandlungen Entgeltfortzahlungsrechte gewollt habe, die über jene des AngG hinausgegangen seien. Wenn es auf Basis dieses Begehrens auch zu keinem Vertragsschluß gekommen sei, so sei doch davon auszugehen, daß die die Anwendung des AngG vorschlagende J*** L*** AG nach der konkreten Gestaltung des Dienstverhältnisses verpflichtet gewesen wäre, eine Entgeltfortzahlung wenigstens im Rahmen dieses Gesetzes zu leisten. Daß der Kläger ein solches Begehren gegenüber der Aktiengesellschaft nicht erhoben habe, sei ihm als eine "den Schädiger entlastende Sorglosigkeit" in eigenen Angelegenheiten anzulasten, dies umso mehr, da er zu dieser Zeit auch noch Mehrheitsaktionär gewesen sei und keine großen Probleme bei der Willensdurchsetzung gehabt hätte. Da das Dienstverhältnis zur Unfallszeit schon länger als fünf Jahre angedauert habe, hätte er gemäß § 8 Abs. 1 AngG für acht Wochen = 56 Tage Anspruch auf Fortzahlung des vollen Entgeltes gehabt, was bis einschließlich 30. Juli 1981 einen Betrag von S 120.561,-- ergebe, der vom Klagebegehren abzuziehen sei. Für weitere vier Wochen = 28 Tage hätte er nach dieser Gesetzesstelle Anspruch auf Fortzahlung seines halben Entgeltes gehabt, bis 27. August 1981 also einen Betrag von S 29.680,90, sodaß sich eine Zwischensumme von S 432.493,16 ergebe. Unter Bedachtnahme auf die weitere Teilzahlung der Beklagten vor Klagseinbringung in der Höhe von S 200.000,-- gebühre dem Kläger ein Zuspruch von S 662.493,16 (rechnerisch richtig S 682.493,16). Das Gericht zweiter Instanz gab keiner der von beiden Teilen erhobenen Berufungen (vom Kläger hinsichtlich der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens, von der Beklagten im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens) Folge. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Ausgehend von diesen Feststellungen erachtete es auch die in beiden Berufungen erhobenen Rechtsrügen als unberechtigt. Das Erstgericht habe mit Recht auch auf die seelische Komponente bei der Schmerzengeldbemessung Bedacht genommen. Im vorliegenden Fall stünden die Schwere der Verletzung, der langwierige Heilungsverlauf des Klägers, der auch heute noch eine Stützkrücke benötige, ebenso im Vordergrund wie auch der Verlust an Lebensfreude durch die weitgehende Behinderung nicht zuletzt bei weiterer Sportausübung. Auch wenn im Einklang mit der Rechtsprechung frühere Teilzahlungen aufgewertet würden, könne die Bemessung des Schmerzengeldes durch das Erstgericht nicht als überhöht gewertet werden. Zu dem in der Berufung vorgebrachten Argument, die (nicht näher gewidmete) Teilzahlung von S 200.000,-- vor Klagserhebung sei gemäß § 1416 ABGB auf die Schmerzengeldforderung zu verrechnen, sei bemerkt, daß nach der Rechtsordnung gerade die Forderung wegen des Verdienstentganges beschwerlicher sei als die wegen Schmerzengeldes, weil Kreditkosten nur bei der ersteren dem Schädiger angelastet werden könnten. Anderseits hätte nach dem Standpunkt der Lehre der Kläger keinen Anlaß, mit der Anschaffung der "Ausgleichsgüter" bis zum rechtskräftigen Abschluß des bereits mehrjährigen Verfahrens über den Schmerzengeldanspruch zuzuwarten, statt Bankkredit aufzunehmen und sich die ihm zustehenden Annehmlichkeiten sofort zu verschaffen. Es wäre daher gerade im Hinblick auf die Aufwertungsmöglichkeit erst recht Sache der Beklagten gewesen, die Anrechnung des Geldbetrages durch eine unmißverständliche Widmung rechtzeitig klarzustellen. Das Erstgericht habe somit zu Recht den Restbetrag von S 250.000,-- für Schmerzengeld zugesprochen. Die Beklagte sei aber auch nicht im Recht, soweit sie den Zuspruch von S 432.493,16 unter dem Titel des Verdienstentganges mit der Begründung bekämpfe, selbst ohne einen diesbezüglichen Vertrag hätte der Kläger als Vorstand und Mehrheitsaktionär sein Gehalt auch nach der vom Angestelltengesetz eingeräumten Zeitspanne aus der "Firma" entnehmen und bei einer "Einmischung" des Aufsichtsrates diesen notfalls abberufen können. Zunächst richte sich die Schadensminderungspflicht nach der Verkehrssitte und den Umständen des Einzelfalles (SZ 49/19 = ZVR 1976/361 uza), sodaß es zu weit ginge, Vorstandsmitglieder im Interesse gerade zukünftiger Schädiger dazu zu verpflichten, Verträge mit der Gesellschaft abzuschließen, in denen sie im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung günstiger gestellt werden als dies dem AngG entspräche. Es stelle sich daher nur die Frage, ob der Kläger als Mehrheitsaktionär sich ein über diese Zeitspanne hinausreichendes Gehalt hätte zuweisen lassen und notfalls den Aufsichtsrat abberufen dürfen. Hiebei sei jedoch maßgeblich, daß es weder dem Mehrheitsaktionär selbst noch dem Vorstand, dem Aufsichtsrat oder der Mehrheit der Hauptversammlung frei stehe, allein und unter Außerachtlassung aller anderen Interessen diejenigen des Mehrheitsaktionärs zu berücksichtigen. Der auch für die übrigen Organe maßgebliche § 70 Abs. 1 AktG (Kastner, Gesellschaftsrecht4 203) sehe vor, daß der Vorstand die Gesellschaft so zu leiten habe, wie es das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer sowie des öffentlichen Interesses erfordere. Vorstand und Aufsichtsrat seien damit dem Unternehmensinteresse verpflichtet, wobei nicht nur die Interessen der Aktionäre, sondern die sämtlicher Unternehmensbeteiligter zu wahren seien und selbst die Zweckverfolgung der Aktionäre zugunsten anderer (sozialer, öffentlicher usw.) Aspekte relativiert werde (ausführlich hiezu Raisch, Begriff und Bedeutung des Unternehmensinteresses, FS Hefermehl 347 ff). Sollte sich der Vorstand somit eindeutig an den Interessen des Mehrheitsaktionärs orientieren, laufe er ebenso wie der Aufsichtsrat Gefahr, von der Hauptversammlung gemäß § 122 Abs. 1 AktG in Anspruch genommen zu werden, wobei nach dieser Gesetzesstelle einerseits auch Minderheiten dieses Recht geltend machen könnten und anderseits gemäß § 114 Abs. 5 AktG der Aktionär, gegen welchen ein Anspruch geltend gemacht werden solle, nicht stimmberechtigt sei. Die von der Beklagten dem Kläger nahegelegte Handlungsweise würde somit nicht nur dessen gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen widersprechen, sondern ihn auch Schadenersatzansprüchen der Minderheitsaktionäre aussetzen und damit letztlich den Schaden nicht mindern, sondern nur vergrößern. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 2 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung der Revision keine Folge zu geben.
Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Streitgegenstandes zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
In ihrer Revision wendet sich die Beklagte in erster Linie gegen die Ausmessung des Schmerzengeldes durch die Vorinstanzen mit S 600.000,--. Wenn nach allgemeiner Erfahrung auch mit seelischen Schmerzen zu rechnen sei, bedeute dies nicht, daß in einem konkreten Fall auch tatsächlich seelische Schmerzen entstanden bzw. gespürt worden seien. Gerade bei Menschen aus einer höheren Gesellschaftsschicht und mit einem entsprechend hohen Einkommen könnten durchaus Unlustgefühle durch Annehmlichkeiten, die sie aufgrund ihres Einkommens und ihrer gesellschaftlichen Stellung sich leisten könnten, kompensiert werden, mit anderen Worten solchen Menschen kämen seelische Unlustgefühle überhaupt nicht zu Bewußtsein. Wenn auch "abstrakt im konkreten Fall" mit seelischen Schmerzen habe gerechnet werden können, dann seien solche dennoch nicht zuzuerkennen, wenn keine spezifischen Behauptungen aufgestellt würden. Dem kann nicht gefolgt werden.
Das Schmerzengeld ist Ersatz ideellen Schadens, der im Zusammenhang mit körperlichen Verletzungen entsteht. Dieser Ersatz umfaßt nach Lehre und Rechtsprechung nicht nur körperliche, sondern auch seelische Schmerzen (Wolff in Klang2 VI 135; Ehrenzweig II/1, 630; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 138 samt Rechtsprechungsnachweis). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Berücksichtigung seelischer Schmerzen weder konkreter Behauptungen noch Beweiserhebungen bedarf, auf seelische Schmerzen somit dann Bedacht zu nehmen ist, wenn nach der Lage des Falles mit solchen zu rechnen ist (ZVR 1972/10, 1971/204, 1973/111; EvBl. 1982, 263 uva). Da selbst nach den Feststellungen der Vorinstanzen mit den Verletzungen des Klägers und deren Folgen seelische Beeinträchtigungen verbunden waren und im Hinblick auf die wegen der weitgehenden Behinderung bei der weiteren Sportausübung auch in Zukunft gegebenen Minderung der Lebensfreude auch weiterhin bestehen werden, kann in der Berücksichtigung seelischer Schmerzen bei der Schmerzengeldbemessung kein Rechtsirrtum erblickt werden. Es entspricht weiters der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die sozialen Verhältnisse des Beschädigten für die Höhe des Schmerzengeldanspruches ohne Bedeutung sind (SZ 23/71; JBl. 1953, 382 ua; Jarosch-Müller-Piegler, Das Schmerzengeld4 159). Ausgehend von der Vielzahl der Knochenbrüche, die der Kläger bei dem gegenständlichen Unfall erlitten hat und den übrigen Verletzungen, mit welchen Lebensgefahr verbunden war, der Art und dem Ausmaß der Schmerzen und sonstigen Unlustgefühle, die der Kläger wegen der Unfallsfolgen erdulden mußte, kann unter Berücksichtigung der mit der langwierigen Rehabilitationsbehandlung verbundenen weiteren Unlustgefühle - entgegen der Meinung der Revisionswerberin - auch nicht gesagt werden, daß das von den Vorinstanzen mit S 600.000,-- global ausgemessene Schmerzengeld im Vergleich zu anderen ähnlich gelagerten Fällen zu hoch wäre, insbesondere wenn man bedenkt, daß der bis dahin sportlich sehr aktive Kläger nach seiner spitalsärztlichen Behandlung mehrere Wochen hindurch einen Rollwagen und im Anschluß daran monatelang zwei Stützkrücken benützen mußte und er auch heute noch eine Stützkrücke braucht.
Im Zusammenhang mit dem Schmerzengeldbegehren wendet sich die Revisionsrekurswerberin auch noch gegen die Unterlassung der Anrechnung ihrer Teilzahlung von S 200.000,-- auf das Schmerzengeld durch die Vorinstanzen. Da dem Kläger keine Kreditkosten für seine Verdienstentgangsforderung zugebilligt worden seien, sei die Verdienstentgangforderung für die Beklagte keineswegs "beschwerlicher" gewesen. Die beschwerlichere Forderung sei vielmehr die Schmerzengeldforderung gewesen, weil diese im Verlaufe des Verfahrens eine Aufwertung erfahren habe. Es hätte daher gemäß § 1416 ABGB die Teilzahlung von S 200.000,-- auf das Schmerzengeld angerechnet werden müssen, wobei dann das Schmerzengeld "selbstverständlich" zu reduzieren gewesen wäre. Auch hier kann der Beklagten nicht gefolgt werden. Nach der im § 1416 ABGB als letztlich maßgeblich bestimmten Reihenfolge der Tilgung mehrerer Schuldposten ist zunächst jene Kapitalforderung zu tilgen, die schon eingefordert oder wenigstens fällig ist. Auf die Frage der Beschwerlichkeit der einzelnen Schulden für den Schuldner kommt es erst in letzter Linie an, nämlich dann, wenn eine Reihung unter den Gesichtspunkten der bereits eingeforderten und dann schon fälligen Schulden nicht möglich ist (SZ 51/24). In erster Linie ist von mehreren Kapitalien somit zuerst das Eingeforderte abzurechnen, wobei unter Einforderung auch schon das außergerichtliche Verlangen zu verstehen ist; das bloß fällige Kapital folgt nachrangig erst nach eingeforderten Kapitalien (vgl. Gschnitzer in Klang2 VI 384; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 13 zu § 1416). Im vorliegenden Fall wurden sowohl der Verdienstentgang als auch das Schmerzengeld außergerichtlich eingefordert; das Verlangen auf Akontierung des mit S 216.013,45 geltend gemachten Verdienstentganges wurde allerdings bereits mit Schreiben vom 27. Juli 1981 gestellt, Schmerzengeld hingegen erst anläßlich der Übersendung des Entwurfes der Klage an die Beklagte mit Schreiben vom 30. November 1981 begehrt. Wenngleich das Gesetz selbst für den Fall, daß mehrere Kapitalien eingefordert sind, keine Regel aufstellt, so ist sinnvollerweise doch davon auszugehen, daß für die Tilgungsfolge der Reihenfolge nach die gesetzlichen Kriterien heranzuziehen sind, also in erster Linie wieder die Reihenfolge der Einforderung, sodann jene der Fälligkeit und in letzter Linie erst das Kriterium der Beschwerlichkeit. Sind - so wie hier - zwei Kapitalien zur Zahlungszeit gleich intensiv eingemahnt, so gilt das früher Eingemahnte als getilgt (vgl. Reischauer, aaO, Rz 13 zu § 1416; SZ 22/161). Da der Kläger seinen Verdienstentgang zeitlich vor dem Schmerzengeld eingefordert hat, ist die von der Beklagten vor Klagseinbringung erbrachte Teilzahlung von S 200.000,-- auf das Verdienstentgangsbegehren als dieses teilweise tilgend anzurechnen. Auf die Frage, welche der beiden Forderungen für die Beklagte die beschwerlichere ist, kommt es somit rechtlich nicht an. In der Unterlassung der Vorinstanzen, die genannte Teilzahlung von S 200.000,-- auf das Schmerzengeld anzurechnen, kann daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Hinsichtlich des vom Kläger gestellten Verdienstentgangbegehrens erachtet sich die Revisionswerberin insofern beschwert, als die Vorinstanzen dieses Begehren überhaupt als zu Recht bestehend erkannt haben. Die Vorinstanzen hätten zu Unrecht auch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger als nicht gegeben angenommen. Es sei nicht einzusehen, warum sich der Kläger nicht gegen die Nichtauszahlung seines Gehaltes für die Zeit seiner Erkrankung gewehrt habe. Mangels Vorliegens eines schriftlichen Vorstandsbeschlusses oder eines Beschlusses des Aufsichtsrates hätte sich der Kläger "seinen Gehalt" weiter aus der "Firma" entnehmen können, und zwar ohne sich Schadenersatzansprüchen auszusetzen, zumal der Aufsichtsrat erst hätte widersprechen müssen und der Kläger einem solchen Widerspruch hätte gerichtlich begegnen können. Auch mit diesen Ausführungen wird keine unrichtige rechtliche Beurteilung der Rechtssache durch die Vorinstanzen aufgezeigt. Abgesehen davon, daß die Revisionswerberin nicht einmal den Versuch unternimmt, auf die vom Berufungsgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht über die mit dem von der Beklagten gewünschten Vorgehen des Klägers verbundenen rechtlichen Konsequenzen gebrauchten Argumente einzugehen, übersieht sie, daß selbst dann für ihren Rechtstandpunkt nichts gewonnen wäre, wollte man annehmen, der Kläger wäre tatsächlich in der Lage gewesen, kraft seiner Persönlichkeit und seiner die Gesellschaft praktisch beherrschenden Stellung die vom Berufungsgericht aufgezeigten, mit der von der Beklagten gewünschten Handlungsweise möglicherweise verbundenen Konsequenzen auszuschalten. In der vom Kläger tatsächlich gezeigten Untätigkeit könnte nämlich keinesfalls eine Verletzung der Schadensminderungspflicht erblickt werden, die zu weiteren als den von den Vorinstanzen bereits gezogenen Konsequenzen führen könnte. Dem Geschädigten kann die Unterlassung der Schadensminderung nämlich überhaupt nur dann zugerechnet werden, wenn ihm die Schadensabwehr zumutbar gewesen wäre (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I 266 samt Rechtsprechungsnachweis). Was dem Geschädigten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs, wobei es - wie das Berufungsgericht auch zutreffend erkannte - immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (SZ 47/69; ZVR 1978/172;
ZVR 1979/305; ZVR 1982/137;
SZ 55/104 uva). Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall zeigt, daß die Maßnahmen, die der Kläger nach Ansicht der Beklagten - zur Vermeidung jeglichen Verdienstentganges - hätte ergreifen müssen, diesem tatsächlich nicht zumutbar waren. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war nämlich der Kläger schon viele Jahre vor dem gegenständlichen Unfall bemüht, mit der Aktiengesellschaft einen "Sondervertrag" abzuschließen, in dem ihm über die Bestimmungen des Angestelltengesetzes hinausgehende Rechte, ua weitergehende Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall eingeräumt werden sollten, daß er aber eine solche Besserstellung nicht erlangen konnte. War es aber dem Kläger nicht einmal für den Normalfall seiner Erkrankung möglich, eine solche dienstrechtliche Besserstellung zu erwirken, so kann ihm auch bei einer durch einen von ihm nicht verschuldeten Verkehrsunfall verursachten Arbeitsunfähigkeit nicht zugemutet werden, durch eigenmächtige, über ein Verrechnungskonto abzuwickelnde "Eigenentnahmen" die Gesellschaft zu belasten, nur um den an seinem Arbeitsausfall schuldtragenden Verkehrsteilnehmer zu entlasten, zumal unter solchen Umständen kein verständiger Durchschnittsmensch (ZVR 1979/304, ZVR 1980/153 ua) solche einem Vertrauensbruch gleichkommende Maßnahmen gesetzt hätte. Von einer den Kläger zur Mittragung des Schadens in einem über das von den Vorinstanzen bereits angenommene Ausmaß hinausreichenden Umfang verpflichtenden Sorglosigkeit kann somit keine Rede sein.
Eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Vorinstanzen erblickt die Beklagte schließlich noch in der Errechnung des dem Kläger zuerkannten Verdienstentganges. Da der Kläger für einige Monate einen niedrigeren Verdienstentgang begehrt habe, als er dem vom Sachverständigen errechneten monatlichen Durchschnittsverdienst entsprochen habe, hätten die Vorinstanzen dem Kläger für die betreffenden Monate nur die begehrten geringeren Beträge zusprechen dürfen. Die Beklagte übersieht hier, daß bei der Frage, was eine Partei unter bestimmten Voraussetzungen erworben hätte, niemals volle Gewißheit zu erwarten ist, daher bloß eine gewisse Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, die unter Zugrundelegung des Wissensstandes zur Zeit des Verhandlungsschlusses erster Instanz zu beurteilen ist (SZ 56/39 ua). Dementsprechend gelangten die Vorinstanzen nach Durchführung eines Sachverständigenbeweises zu dem Ergebnis, daß der monatliche Durchschnittsbezug des Klägers nach dem Unfall bis einschließlich Februar 1982 S 65.722,-- betragen hätte. Von dieser ausschließlich dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Feststellung ausgehend errechneten die Vorinstanzen den dem Kläger für die begehrte Zeit gebührenden Verdienstentgang. Da sie sich dabei im Rahmen des diesbezüglichen Klagebegehrens hielten und an die von anderen Sachgrundlagen, insbesondere einem kürzeren Beobachtungszeitraum ausgehende Berechnung des Klägers nicht gebunden waren, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen auch hinsichtlich des Verdienstentgangsbegehrens frei von Rechtsirrtum. Im Rahmen einer auf Wahrscheinlichkeitswerten beruhenden Ermittlung des hypothetischen Verdienstes des Verunglückten für die Zeit nach dem Unfall geht es jedenfalls - wie das Berufungsgericht auch richtig dargelegt hat - nicht an, der Berechnung des Verdienstentganges für einzelne Monate die der vom Kläger selbst angestellten Schätzung entsprechenden, unter dem im Verfahren ermittelten hypothetischen monatlichen Durchschnittsverdienst liegenden Beträge zugrunde zu legen, bei anderen Monaten hingegen, bei welchen der Kläger bei seiner Berechnung von einem höheren Verdienstentgang ausgegangen ist, als dem vom Gericht als wahrscheinlich angenommenen, die höheren Beträge außer Betracht zu lassen.
Damit erweist sich aber die Revision als unberechtigt, weshalb ihr der Erfolg versagt werden mußte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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