Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern des mj. Rudolf B*** ist geschieden. Die elterlichen Rechte und Pflichten stehen der Mutter zu, in deren Pflege und Erziehung sich das Kind befindet (ON 60). Am 10.9.1985 (ON 57) stellte die Mutter den Antrag, den Vater ab Antragstag zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.300,-- für das Kind zu verpflichten. Der Vater wurde vom Erstgericht zu diesem Antrag der Mutter vernommen (ON 59a) und erklärte aus diesem Anlaß, die bereits im Akt erliegende Lohnauskunft (ON 59) sei richtig und er sei "mit einer Unterhaltsfestsetzung in der Höhe von 20 % in Schilling ausgedrückt seines Nettoeinkommens einverstanden". Das Erstgericht verhielt den Vater entsprechend dem Antrag der Mutter zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für das Kind von S 2.300,-- ab 10.9.1985 (ON 61). Es stellte im wesentlichen fest, daß der Vater als Bediensteter der W*** S*** in der Zeit vom 1.7. bis 30.9.1985 ein monatliches Nettoeinkommen von S 11.585,-- (einschließlich aller Zulagen und anteiligen Sonderzahlungen) bezog, wobei die Familienbeihilfe nicht eingerechnet wurde. Er hat keine weiteren Sorgepflichten. Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß zur Deckung des Unterhaltes eines zehn- bis fünfzehnjährigen Kindes ein Betrag von 20 % des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen angemessen sei. Dies entspreche im vorliegenden Fall einem Betrag von S 2.300,--, der das Leistungsvermögen des Vaters nicht übersteige und es dem Kind ermögliche, an den Einkommens- und Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen angemessen teilzuhaben.
Dieser Beschluß wurde dem Vater nach der Aktenlage erst am 9.9.1986 wirksam zugestellt (ON 92).
Bereits am 28.1.1986 langte ein Rekurs des Vaters gegen diesen Beschluß beim Erstgericht ein (ON 69). Der Vater hatte nach seiner Darstellung (ON 97) vom Bezirksjugendamt den Inhalt des bekämpften Beschlusses erfahren und brachte in seinem Rechtsmittel im wesentlichen vor, daß er schon seit Jahren Rückzahlungen an Banken zu leisten habe, die ebenso wie seine Lebenshaltungskosten bei der Unterhaltsfestsetzung zu berücksichtigen seien.
Das Erstgericht faßte dieses Rechtsmittel des Vaters zunächst als Unterhaltsherabsetzungsantrag auf und übermittelte es zur Stellungnahme dem zum besonderen Sachwalter bestellten Bezirksjugendamt für den 15.Bezirk Wien (ON 71). Dieses teilte mit, daß es dem Herabsetzungsantrag des Vaters bis zur Höhe einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.900,-- zustimme (ON 72), und zwar ab Antragstag (ON 94).
In der Folge wurden dann noch zwei vom Rechtsanwalt des Vaters verfaßte Rekurse gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluß des Erstgerichtes ON 61 eingebracht (ON 82 und ON 95).
Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs des Vaters ON 69 keine Folge und wies die vom Rechtsanwalt des Vaters in dessen Namen verfaßten Rekurse ON 82 und ON 95 zurück. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß ein Rekurs bereits vor Zustellung der anzufechtenden Entscheidung erhoben werden könne. Der Rekurs des Vaters ON 69 sei daher zulässig. Der Rekurswerber dürfe aber nur einen einzigen Rechtsmittelschriftsatz einbringen. Eine Ergänzung von Rechtsmitteln, auch innerhalb der Rekursfrist, sei unzulässig. Es sei nur der erste Schriftsatz der sachlichen Erledigung zuzuführen, die anderen seien zurückzuweisen. Dem Rekurswerber sei es verwehrt, im Rekurs neue Tatsachenbehauptungen aufzustellen, die er bereits im Verfahren erster Instanz hätte deponieren können. Der Vater habe in seiner Stellungnahme zum Unterhaltsfestsetzungsantrag der Mutter die im Akt erliegende Lohnauskunft für richtig erkannt und sich ausdrücklich mit einer Unterhaltsfestsetzung in der Höhe von 20 % seines Nettoeinkommens einverstanden erklärt; von seinen Krediverpflichtungen habe er anläßlich seiner Vernehmung vor dem Erstgericht nichts erwähnt. Sein diesbezügliches Vorbringen in seinem Rekurs ON 69 stelle sich daher als unzulässige Neuerung dar. Der festgesetzte Unterhaltsbetrag entspreche 20 % des Einkommens des Vaters, wie es sich aus der im Akt erliegenden Gehaltsauskunft ON 59 ergebe.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters. Er bekämpft sie nur insoweit, als seinem Rekurs ON 69 nicht Folge gegeben wurde, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß (in diesem Umfang) dahingehend abzuändern, daß er ab 10.9.1985 nur zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.500,-- verhalten werde, allenfalls dahin, daß er ab 28.1.1986 nur zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.900,-- verhalten werde; hilfsweise stellt er schließlich noch einen Aufhebungsantrag. Dieser Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die im § 14 Abs.2 AußStrG normierte Rechtsmittelbeschränkung steht der Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels nicht entgegen, weil sich dieses nicht gegen die Unterhaltsbemessung durch die Vorinstanzen richtet, sondern nur die unrichtige Lösung verfahrensrechtlicher Fragen geltend gemacht wird (RZ 1968,137 uva.; zuletzt 7 Ob 693/85; 2 Ob 503/86).
Gemäß § 16 Abs.1 AußStrG findet aber gegen bestätigende Entscheidungen der zweiten Instanz nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt. Der Vater erblickt den Rechtsmittelgrund der "offenbaren Gesetzwidrigkeit bzw. der Nichtigkeit" zunächst darin, daß er auch vom Rekursgericht zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.300,-- ab 10.9.1985 verhalten worden sei, obwohl das zum besonderen Sachwalter bestellte Bezirksjugendamt sich dahin geäußert habe, daß es dem Herabsetzungsbegehren des Vaters ab 28.1.1986 mit einem Betrag von S 1.900,-- monatlich zustimme. Der Vater behauptet hier nicht die unrichtige Anwendung materiellrechtlicher Vorschriften (sodaß der Rechtsmittelgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit ausscheidet), sondern einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften vom Gewicht einer Nichtigkeit. Davon kann aber schon deswegen keine Rede sein, weil das Rekursgericht die sachliche Richtigkeit der Entscheidung des Erstgerichtes nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen hatte, wie sie sich zur Zeit der Fällung dieser Entscheidung darstellte; eine Äußerung des besonderen Sachwalters zu einer späteren Eingabe des Vaters, die als Herabsetzungsantrag für spätere Zeiträume gewertet wurde, war daher für die vom Rekursgericht zu treffende Entscheidung ohne Belang. Im übrigen begründet im außerstreitigen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung selbst ein das Begehren überschreitender Zuspruch keine Nichtigkeit (JBl.1954,45 ua.; zuletzt 1 Ob 508/86). Ferner macht der Vater in seinem Revisionsrekurs geltend, daß zu Unrecht auf die in seinem Rekurs geltend gemachten Neuerungen nicht eingegangen worden sei.
Dem ist zu entgegnen, daß die Nichtbeachtung von Neuerungen grundsätzlich einen Verfahrensmangel darstellt, der im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nur aufgegriffen werden könnte, wenn er in seinen Auswirkungen einer Nichtigkeit gleichkommt. Dies wurde in der Rechtsprechung etwa dann bejaht, wenn eine Neuerung geeignet ist, die gesamten Entscheidungsgrundlagen zu verändern oder umzustoßen (EFSlg.19.053 ua.) oder wenn durch die Nichtbeachtung solcher Neuerungen tragende Grundsätze des Pflegschaftsverfahrens wie die Beachtung des Kindeswohles vernachlässigt werden (EvBl.1965/133 ua.). Hingegen wurde wiederholt entschieden, daß von einer einem Nichtigkeitsgrund gleichzuhaltenden Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht gesprochen werden kann, wenn die Berücksichtigung vom Rekursgericht unbeachtet gelassener im Rekurs vorgebrachter Neuerungen allenfalls zur Bemessung des Unterhaltes in geringerer Höhe geführt hätte (6 Ob 670/81; 6 Ob 831/81).
Im übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß § 10 AußStrG nur die Möglichkeit eröffnet, in einem Rekurs das vorliegende Tatsachenmaterial zu berichtigen oder zu ergänzen und für unbewiesen gebliebene Behauptungen neue Beweismittel vorzubringen, daß aber diese Gesetzesbestimmung dem Rekurswerber nicht die Möglichkeit gibt, von den bisherigen Behauptungen abweichende oder bisher noch gar nicht aufgestellte Tatsachenbehauptungen vorzubringen (EvBl.1974/226; SZ 47/141; 8 Ob 530/82; 5 Ob 718/82; 3 Ob 517/85 uva.). Unter diesem Gesichtspunkt wird in ständiger Rechtsprechung der Standpunkt vertreten, daß es einem Beteiligten, der nach § 185 Abs.3 AußStrG zu einer Äußerung aufgefordert wurde und dieser Aufforderung nicht nachkam, verwehrt ist, dem Sachverhaltsbild, von dem das Gericht bei seiner Entscheidung im Hinblick auf das Schweigen des Betroffenen ausgehen durfte, im Rekurs Neuerungen in Form von davon abweichenden Behauptungen tatsächlicher Art entgegenzuhalten (EFSlg.XVI/2 uva.; zuletzt 5 Ob 597/83; 3 Ob 587/84). Wenn dies in einem Fall zutrifft, in dem das Gericht bloß auf Grund einer gesetzlichen Anordnung annehmen kann, daß der Beteiligte dem Antrag keine Einwendungen entgegensetzt, dann muß es um so mehr dann gelten, wenn er, wie im vorliegenden Fall, sein ausdrückliches Einverständnis zu einer bestimmten Entscheidung erklärt, mag dies auf welche Motive immer zurückzuführen sein.
Im außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters wird somit das Vorliegen eines Rechtsmittelgrundes im Sinne des § 16 Abs.1 AußStrG nicht aufgezeigt, sodaß dieses Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen war.
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