OGH 3Ob587/84

OGH3Ob587/8420.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Pflegschaftssache für die mj Kinder 1.) M***** P*****, geboren 7. Juli 1971, und 2.) I***** P*****, geboren 4. März 1975, wohnhaft bei der Mutter M***** B*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt als besonderen Sachwalter infolge Revisionsrekurses des besonderen Sachwalters gegen den Beschluss des Kreisgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 20. August 1984, GZ R 271/84‑104, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 6. Juni 1984, GZ 418/80‑101, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der besondere Sachwalter zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche (§ 22 JWG) beantragte eine Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbetrags für die beiden Kinder 1.) M***** P*****, geboren 7. 7. 1971, und 2.) I***** P*****, geboren 4. März 1975, von je 1.000 S auf je 2.000 S. Im Antrag wurde behauptet, der Vater betreibe ein Mähdreschergewerbe, verfüge laut einem beigelegten Prospekt über 7 Mähdrescher, wobei einer allein einen Wert von 1 Mio S darstelle, und besitze einen PKW.

Das Erstgericht ersuchte ein Rechtshilfegericht um Vernehmung des Vaters zum Erhöhungsantrag und Befragung über seine Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse und sonstigen Sorgepflichten, wobei § 185 Abs 3 AußStrG angewendet werden solle.

Trotz Erhalt der Ladung mit dem Hinweis auf § 185 Abs 3 AußStrG erschien der Vater nicht zur Vernehmungstagsatzung.

Das Erstgericht unterließ weitere Erhebungen und gab dem Unterhaltserhöhungsantrag statt, wobei es einerseits auf § 185 Abs 3 AußStrG verwies und anderseits ausführte, es könne kein Zweifel darüber bestehen, dass der Vater als selbständiger Mähdrescher mit einem relativ großen Maschinenpark tätig sei und daher offenbar imstande sei, den auferlegten höheren Unterhaltsbetrag zu zahlen.

Der Vater erhob gegen diesen Beschluss einen Rekurs, in dem er seinen Beruf nicht als selbständiger Mähdrescher sondern als vorzeitiger Pensionist angab und die Behauptung aufstellte, er sei besitzlos und könne keine Unterhaltszahlungen leisten.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs Folge, hob den Beschluss des Erstgerichts auf und verwies die Pflegschaftssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, dass zwar gemäß § 185 Abs 3 AußStrG davon ausgegangen werden könne, dass der Vater dem Antrag keine Einwendungen entgegensetzen wolle, es liege aber weder eine Zustimmung zum Antrag vor, noch könne auf eine Feststellung der entscheidenden Tatsachen verzichtet werden. Sowohl der Bedarf des Kindes als auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters müssten daher erhoben werden. In diesem Sinne seien die bisherigen Angaben im Erhöhungsantrag nicht ausreichend. Man wisse nicht, ob die einzelnen Maschinen wirklich dem Vater gehörten, wieviel er monatlich an Kreditraten für die Anschaffung der Maschinen abzahlen müsse und welches monatliche Einkommen er wirklich erziele.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs des besonderen Sachwalters mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts abzuändern.

Der besondere Sachwalter vertritt die Ansicht, dass der Vater durch seine Säumigkeit zugestanden habe, dass alle Behauptungen im Erhöhungsantrag zuträfen. Die jetzt vorgebrachten Neuerungen würden den von den beiden Minderjährigen dadurch schon erworbenen Rechtsanspruch auf höhere Unterhaltsleistungen beeinträchtigen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, soweit ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 185 Abs 3 AußStrG geltend gemacht wird (EFSlg 35.130/2, SZ 52/155, ÖA 1984, 47). Es kommt ihm aber keine Berechtigung zu.

Wie der Oberste Gerichtshof schon wiederholt unter anderem in den soeben angeführten Entscheidungen ausgesprochen hat, folgt aus der Nichtäußerung des Unterhaltspflichtigen trotz Aufforderung nach § 185 Abs 3 AußStrG lediglich, dass das tatsächliche Vorbringen des Antragstellers als zugestanden gilt und auch keine neuen Umstände nachgetragen werden können. Wenn aber der Akteninhalt gegen das dem Tatsachenbereich zuzuordnende Vorbringen des Antragstellers spricht oder wenn es keine ausreichenden Entscheidungsgrundlagen zu bieten vermag, dann kann nicht von der Berechtigung des Antrags ausgegangen werden, sondern dann sind die gemäß dem Akteninhalt zutreffenden Feststellungen zugrunde zu legen, bzw sind die fehlenden Tatumstände durch entsprechende Erhebungen festzustellen (siehe auch EFSlg 35.131 und 42.453; ebenso die vom besonderen Sachwalter zitierte Entscheidung 6 Ob 746/81).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bei der Entscheidung über den Unterhaltserhöhungsantrag nur davon ausgegangen werden konnte, dass der Vater ein Mähdreschergewerbe betreibe, dass er über 7 Mähdrescher verfüge (wovon einer einen Wert von über 1 Mio S repräsentiere) und einen PKW besitze. Angaben über die Höhe seines Einkommens oder über den Wert seines Vermögens (wer ein Gewerbe betreibt, muss noch nicht leistungsfähig sein, wer über bestimmte Maschinen verfügt, muss nicht Eigentümer derselben sein oder kann so verschuldet sein, dass er weniger zu leisten imstande ist als ein Unterhaltspflichtiger, der über keine Maschinen verfügt) waren aber im Antrag nicht enthalten. Schon das Erstgericht zog daher lediglich aufgrund allgemeiner Lebenserfahrungen den Schluss, dass ein Unterhaltspflichtiger, der als selbständiger Mähdrescher mit einem relativ großen Maschinenpark tätig sei, offenbar imstande sei, monatlich je 2.000 S für seine beiden Kinder zu leisten. Im Sinne der obigen Ausführungen kann hingegen zB auf die Neuerung des Vaters, er sei gar nicht selbständiger Lohndrescher, sondern Pensionist, nicht eingegangen werden.

Das Gericht zweiter Instanz brachte in seinem Aufhebungsbeschluss aber nicht zum Ausdruck, dass es unter Missachtung der Verfahrensvorschrift des § 185 Abs 3 AußStrG etwa auf diese Neuerung Bedacht nehmen wolle oder auch schon als zugestanden geltende Tatumstände (zB etwa, dass der Vater einen PKW besitze) überprüfen wolle, sondern das Gericht zweiter Instanz erachtete im Gegensatz zum Erstgericht lediglich die Tatsachengrundlage als zu dürftig, um die nötigen rechtlichen Schlüsse ziehen zu können. Es war insbesondere entgegen dem Erstgericht nicht der Auffassung, dass aufgrund der vom besonderen Sachwalter vorgebrachten Tatumstände schon auf die Leistungsfähigkeit des Vaters geschlossen werden könne. Diese Frage gehört jedoch zum Komplex der Unterhaltsbemessung, sodass es diesbezüglich dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, zu prüfen, ob der Aufhebungsbeschluss unter diesem Gesichtspunkt berechtigt ist oder nicht, wozu übrigens auch der besondere Sachwalter im Revisionsrekurs in diesem Sinne zutreffenderweise nichts ausführt. Im Rahmen der Bemessungsfrage stünde daher auch gegen einen Aufhebungsbeschluss kein Rechtsmittel zu (EFSlg 37.334 ua).

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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